Und inspirierend, denn das Entzücken und das Entrücken reißen mit – und die Weite der beackerten Felder läßt niemanden unbelehrt zurück.
Wolffs neues Buch enthält 24 Doppelporträts – die meisten auf drei, vier Seiten gebannt – von sich durchdringenden Dyaden seltener Menschen, deren einigendes Band ihr Katholizismus ist. Wolff selbst ist Konvertit und feiert diese Befreiung und Erlösung vor dem Leser. Was er entfaltet, durchzieht die Jahrtausende, und so beginnt sein Reigen des Außergewöhnlichen bei Jesus selbst und endet bei Johannes Paul II.
Die Texte wenden sich in erster Linie an die Glaubensgenossen und sollen auch Übungen im Glauben sein; doch wagen sie dennoch die Ansprache an alle anderen und dürfen als Einladung gelesen werden. Man muß sie langsam lesen, einen nach dem anderen, mit Pausen, besser noch Nächten dazwischen. Anders wird man sich die assoziationsreichen Artikel, die schnell zwischen Zeiten und Orten wandern können, die auch einiges an Wissen und Willen voraussetzen, kaum in ihrer Fülle erschließen können.
In jedem Beitrag gibt es einen Wesenssatz, der zeitlos sein soll, aber nirgendwo fehlt auch der Verweis ins Jetzt und Hier. Wolff konfrontiert so – fast nebenbei – das Ewige mit dem Vergänglichen und erdet – oder soll man besser sagen: himmelt den Leser. »Geniale Freunde« sind für ihn »von Ewigkeit her füreinander bestimmt«, weshalb die Texte auch den langen Atem haben: Sie zeigen das zeitlos Wahre solcher Paare, aber sie weisen auch über das Momentane hinaus: »Das Leben der Kirche entfaltet sich in sehr langsamen Zeiträumen.« Man könnte meinen, Wolff wolle seine Helden und Heiligen, deren oft »sperriges Leben«, aus dem Gewand der Theologie, in welches sie oft eingesponnen sind, befreien, um einen unmittelbareren Zugang zu bekommen, einen, der auch das Wunder nicht ausschließt.
Viele der Wirkstätten hat sich der Autor offenbar leibhaftig erschlossen. Neben Deutschland ist eine gewisse Vorliebe für Skandinavien und die Schweiz nicht zu übersehen. So werden den meisten Lesern neben bekannten Gottesdienern wie Benedikt von Nursia, Franz von Assisi, Teresa von Ávila, Nikolaus von Flüe, Hildegard etc. auch weit weniger bekannte historische Gestalten aus anderen Kulturen begegnen.
Besondere Auszeichnung erlangen schon aufgrund der ungewöhnlichen Länge Katharina Emmerick und Clemens Brentano, die Droste-Hülshoff sowie Hans Urs von Balthasar und Adrienne von Speyr. Während im letzteren Fall auch eine gewisse Skepsis mitschwingt, ist im Porträt der Droste-Hülshoff wohl der ergreifendste Text gelungen.
Bei aller Begeisterung ist auch ein gewisser ironischer Ton nicht zu überhören, insbesondere dann, wenn Wolff das Neue ins Alte verpflanzt, wenn er etwa von »Diversität« oder »geschlechtersensibler Sprache« schreibt und gerade dadurch das Vergängliche greifbar macht. Auffällig auch die Bedeutung der Frauen in diesen Zweierbeziehungen, die sich im übrigen nicht an die Geschlechterdifferenz halten; heute würde man von »starken Frauen« sprechen, ganz gleich, ob sie »im Hintergrund wirkten« oder direkt die Protagonisten eines Gespannes waren.
Die »Lichterkette großer Menschen« mag den einen Erbauung sein, auch wenn sie den Predigtton meidet, den anderen ein Geschichts- und Traditionsbuch, das bedeutende Teile »des abendländischen Erbes zum Leuchten« bringt. Es liegt am Leser, sich erleuchten zu lassen oder sich zu verschließen, vielleicht, weil man selbst gegen die sanften missionarischen Untertöne noch empfindlich ist.
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Uwe Wolff. Geniale Paare. Eine Kulturgeschichte der Kirche, Kißlegg: Fe-Medienverlag 2023. 208 S., 12,80 €
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