Jörg Seidel schreibt über das fundamental Fremde des Fremden

Einer, der es wissen mußte, war Rudyard Kipling (1865-1938) gewesen. In Indien geboren, im heutigen Pakistan gelebt, ein Weltreisender, der den Kontakt mit anderen Kulturen immer gesucht hatte. Man kennt ihn heutzutage fast nur noch wegen seiner Kinderbücher („Dschungelbuch“, „Kim“), zu Lebzeiten galt er als einer der Meister der Kurzgeschichten, für die er auch den Nobelpreis erhielt.

„The return of Imray“ ist so ein Klein­od, wun­der­sam erzählt, ganz und gar bri­tisch iro­nisch, zugleich düs­ter und unheim­lich, vor allem aber mit einer ent­schei­den­den Aus­sa­ge. (Quel­le: Rudyard Kipling: Life’s Han­di­cap. Being Sto­ries of Mine Own People.)

Der jun­ge und erfolg­rei­che Kolo­ni­al­of­fi­zier Imray ver­schwin­det plötz­lich über Nacht und alle Nach­for­schun­gen im gan­zen Land füh­ren ins Nichts. Also wird sein indi­scher Bun­ga­low ver­kauft, der eis­kal­te Strick­land nebst einem rie­si­gen Hund zieht ein. Aber das Ver­hal­ten des Tie­res ver­än­dert sich; etwas bleibt mys­te­ri­ös an die­sem Haus, das Tier wit­tert etwas.

Der Erzäh­ler, der für eini­ge Tage Strick­lands Gast ist, wird Zeu­ge einer selt­sa­men Sze­ne. Zwei sich lie­ben­de Schlan­gen hän­gen inein­an­der ver­wun­den von der Decke. Um sie zu fan­gen, kriecht Strick­land in den dunk­len Decken­be­reich aus Bam­bus­stäm­men und Decken­tuch. Her­un­ter fällt, zusam­men mit den gif­ti­gen Tie­ren, der Leich­nam Imrays, die Keh­le von einem Ohr zum ande­ren aufgeschlitzt.

„Imray was gui­l­e­l­ess and inof­fen­si­ve, wasn’t he?“

Imray war arg­los und fried­fer­tig, nicht wahr?,

meint Strick­land und doch muß­te er ster­ben. Schnell über­führt er den lang­jäh­ri­gen Die­ner des Hau­ses, „Bha­dur Khan, a gre­at green tur­ba­ned, six-foot Moha­me­dan.“ Der wie­der­um gesteht, daß ihm kei­ne ande­re Wahl geblie­ben sei, nach­dem Imray sei­nen vier­jäh­ri­gen Sohn mit „dem bösen Blick“ gestraft hat­te. Als der Jun­ge an einem Fie­ber litt, strich Imray ihm lie­be­voll über den Kopf – in den Augen des Inders ein Sakri­leg, das den Tod des Kin­des besiegelte.

„Imray made a mista­ke. Sim­ply and sole­ly through not kno­wing the natu­re of the Ori­en­tal, and the coin­ci­dence of a litt­le sea­so­nal fea­ver. Baha­dur Khan had been with him for four years.”

„Imray hat einen Feh­ler gemacht. Schlicht und ergrei­fend durch die Unkennt­nis der Natur des Ori­en­ta­len, und durch den Zufall eines klei­nen sai­so­na­len Fie­bers. Baha­dur Khan war schon seit vier Jah­ren bei ihm.“

Auch nach Jah­ren des Zusam­men­seins und der schein­ba­ren Ver­traut­heit – das will uns Kipling aus eige­ner Erfah­rung sagen – kann es ein wirk­li­ches Ver­ständ­nis zwi­schen den Kul­tu­ren nicht geben, und ein ein­fa­cher „Feh­ler“ kann fata­le Fol­gen haben. Es wäre Non­sens, Kipling mit moder­nen Begrif­fen wie “Ras­sis­mus” oder “Euro­zen­tris­mus” und der­glei­chen zu bele­gen. Kipling wuß­te, wovon er sprach. Mag die­se Geschich­te in ihrer Kon­kret­heit erfun­den wor­den sein, so gibt sie doch eine Haupt­leh­re des Weit­ge­reis­ten wie­der. In sei­nen berühm­ten poe­ti­schen Wor­ten lau­tet sie:

Oh, East is East and West is West, and never the twa­in shall meet,
Till Earth and Sky stand pre­sent­ly at God’s gre­at Judgment Seat …

Oh, Ost ist Ost und West ist West, und nie wer­den die zwei sich sehn,
Bis Erd und Him­mel gemein­sam vor Got­tes gro­ßem Rich­ter­stuhl stehn …

Doch geht die Bal­la­den­stro­phe wei­ter und auch die­se Aus­sa­ge darf nicht ver­ges­sen wer­den. Ist die Begeg­nung auf Augen­hö­he auch in der Abs­trak­ti­on auf lan­ge Zeit unmög­lich, so kann sie indi­vi­du­ell sehr wohl gelin­gen, wenn bei­de Sei­ten stark, selbst­be­wußt und auf­recht sind:

… But the­re is neither East nor West, Bor­der, nor Breed, nor Birth,
When two strong men stand face to face, though they come from the ends of the earth!

Doch da ist kein Ost noch West, kei­ne Gren­ze, oder Ras­se, noch Werden,
Wenn zwei star­ke Mann stehn Aug in Aug, und kom­men von den Enden der Erden!

Nichts schreibt sich
von allein!

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Kommentare (33)

Le Chasseur

6. Januar 2025 12:08

Vorzeigeflüchtling schneidet Friseurchefin in den Hals: https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2017/vorzeigefluechtling-schneidet-friseurchefin-in-den-hals/

RMH

6. Januar 2025 12:25

Bei einem Beitrag über Kipling darf der Song to Mithras nicht fehlen. In der Vertonung von Blood Axis als "Lord of Ages" zur Melodie von "Overture to the Sun" (Soundtrack von "A Clockwork Orange", erste Vertonung aber von Sunforest) wurde das Gedicht fast schon populär. Hier in der allerersten Version von Blod Axis
https://www.youtube.com/watch?v=xea44WRGmMA
hier in der späteren, bekannteren Fassung
https://www.youtube.com/watch?v=SJ89377-k8o
Wohl kaum ein Lied hat in den 90er Jahren die sog. "schwarze Szene", die prinzipiell die friedlichste aller "Szenen" war (und vermutlich ist), dermaßen mobilisiert und am Ende gespalten. Hail to the Lions.
PS: Danach trauten sich viele DJs so etwas wie "Ernte - Sonnenwende" nicht mehr zu spielen. War damals aber noch eine "diskursoffene" Zeit. Lange vorbei.
 
 
 

A. Kovacs

6. Januar 2025 12:28

Ein wunderbarer Beitrag. Aber die zweite Balladenstrophe würde ich nicht so optimistisch interpretieren. In der "Begegnung" zweier "starker Männer" wird die Fremdheit nicht überwunden, nur gezähmt wie im nuklearen Patt des Kalten Krieges. Sie bleiben einander auf furchtbare Weise fremd. Zur Fremdheit gehört auch, dass es trotz 8-10 Millionen Mohammedanern in Deutschland, die sich bei Bedarf durchaus organisieren können, nie Kundgebungen, Lichterketten o. Ä. gibt, um sich von ihren angeblich unislamischen Glaubensbrüdern zu distanzieren, die mit SUVs durch Weihnachtsmärkte rasen. "Bahadur Khan war schon seit vier Jahren bei ihm" – "ihm sei keine andere Wahl geblieben." So ist es wohl.

Laurenz

6. Januar 2025 12:35

@JS ... 3 Weise aus dem Morgenland, ein antikes Hollywood-Märchen. Die Raunächte sind vorbei. ... Als ich Ihren kurzen Artikel des Fremden im Fremden las, fiel mir sofort das alte Video einer Podiumsdiskussion mit Mark Steyn aus 2007 ein. https://youtu.be/CdEGJb5W5ks Um international auf dem Planeten zu kommunizieren, ist es aber nötig über das Bekannte im Fremden Bescheid zu wissen, so wie man hier, auf der SiN, über das artfremde Christentum & Christentum für Araber, den Islam Bescheid wissen muß. Als die völlig bildungsbefreite Frau Minister Bärbock jetzt nach Damaskus flog, weiß sie nichts über die Kultur der Besuchten. Sie hält es auch nicht für notwendig, sich im Ministerium auch nur andeutungsweise schlau zu machen. Um uns im nachhinein zu erzählen, daß finanzielle Aufbauhilfe Deutschlands & der EU von dem westlichen Wohlverhalten der lokalen Machthaber abhängig ist, völlig ignorierend, das Deutschland & die EU seit Merkels Flüchtlingsabkommen an dieselben Leute in Ankara Milliarden pumpt. Es gibt in der Deutschen Sprache überhaupt kein Wort, welches das unendliche Ausmaß grüner Dummheit auch nur annähernd beschreiben könnte.

ilmiocantolibero

6. Januar 2025 13:29

Ein solches "Mißverständnis" hat heute ein sechstes Todesopfer in Magdeburg verursacht! 

Karl Otto

6. Januar 2025 13:54

Ich empfehle die Bücher das amerikanischen Historikers Tyler Anbinder:
https://en.wikipedia.org/wiki/Tyler_Anbinder
Er zeigt, wie das Zusammenleben von Menschen aus verschiedenen Kulturen durchaus funktionieren kann.
Voraussetzung ist eigentlich nur, dass es keinen Sozialstaat für Migranten und keine multikulturalistische Ideologie gibt, die den Anpassungsdruck vermindert.

Ekstroem

6. Januar 2025 13:56

Danke, daß Sie an diese Erzählung auf SiN erinnern, werter @Jörg Seidel. Vor ein paar Tagen hatte ich sie bei einem Treffen einer Freundin erzählt. Zufälle gibt es. Oder Synchronizitäten? Ein Bild sagt mehr als tausend Worte, heißt es. Aber auch eine gute Geschichte malt ein Bild, das Wesentliches verdeutlicht.

FraAimerich

6. Januar 2025 17:58

Hach ja, arglos und friedfertig, wie junge, erfolgreiche Kolonialoffiziere nun mal so sind; britische Gentlemen zumal - Romantik pur!

Gracchus

6. Januar 2025 19:28

Man darf bezweifeln
a) dass Kim ein Kinder(!)buch ist,
b) dass das - durch abergläubische Vorstellungen ausgelöste, offenbar von Sitten gedeckte -  Verhalten Khans irgendeiner Natur des Orientalen entspricht oder entspringt; diese Schlussfolgerung erscheint doch erläuterungsbedürftig,
c) die Ballade mehr als 100 Jahre später und infolge der Globalisierung tatsächlich noch so stimmt; mir leuchtet so oder so die Schlusstrophe nicht ein.
 
 

Hesperiolus

6. Januar 2025 19:43

War Kipling „Fassungspoetiker“; vergleichend "The Recrudescence of Imray"  und "The Return of Imray" ? - 'If I call in all the servants they will stand fast in a crowd and lie like Aryans. What do you suggest?' Gradezu epimenideisch, diese Lügenhaftigkeit der Arier. Passt zu den reiterierten Kollokationen von „artfremdem Christentum“ - SiN doch aber, nicht die „Nordische Zeitung“ lesend: mithin befremdet.

fw87

6. Januar 2025 19:51

Kann es etwas geben, dass die Unterschiede zwischen Völkern und Nationen tatsächlich überbrückt und eine übergeordnete Einheit schafft? Meiner Überzeugung nach geht dies nur durch den gemeinsamen Glauben. Ich selbst mache oft die leidvolle Erfahrung, dass ich  durch meine religiösen Überzeugungen und rechte Weltsicht mit Ausländern besser zurechtkomme als mit den eigenen Landsleuten. Auch das Eigene kann einem fremd werden, wenn man bezüglich der Vorstellung vom Leben nicht mehr eines Sinnes ist. Der Geist schafft so eine stärkere Bande als das Blut. Allerdings sagte Kardinal Faulhaber einmal, dass selbst wenn alle Menschen den kath. Glauben annähmen, es immer noch der Wille Gottes sei, dass sich die Menschheit in Nationen aufgliedert. Eine Menscheitsfamilie jedoch geordnet in eine Vielfalt von Nationen und Völkern, die es zu erhalten gilt. Entsprechend deutet Anselm von Feuerbach, ein früher Kritiker des Weltstaatgedankens, den Weltstaat als direkten Angriff auf die göttliche Schöpfungsordnung. Weltstaat als dämonisches Gebilde, der Versuch nicht zueinander passendes gewaltsam zu verschmelzen. Die frühere christliche Kritik am Weltstaat und damit an Multikultur ist heute leider wenig bekannt. Das ist bedauernswert, da die christliche Sicht von Menschheit und Staat so etwas wie eine Synthese einer universalistischen und partikularistischen Politiksicht bieten könnte. 

Majestyk

6. Januar 2025 20:23

Von Rudyard Kipling, der übrigens nicht gerade deutschfreundlich war, stammt eines meiner Lieblingsgedichte If. Ricki-Ticki-Tavi habe ich als Kind geliebt.
Passend zum Säbelrasseln welches wieder in aller Munde ist fällt mir folgende Zeile ein:
If any question why we died,Tell them, because our fathers lied. 
Kipling, anfangs kriegsbegeistert, änderte seine Einstellung als sein Sohn an der Westfront gefallen war.
 
@ Karl Otto:
Selbst wenn, wozu?

links ist wo der daumen rechts ist

6. Januar 2025 21:04

Warum nur muss ich auch an "Benito Cereno" von Melville denken? Melville, Kipling, Conrad...

Nath56

6. Januar 2025 22:08

I.
Zwei Dinge sollte man nicht miteinander vermengen: den literarschen Rang eines Autors und die Ideologie, der er verpflichtet ist. Dies gilt fuer die Groessten ihres Fachs (z.B. Dante) ebenso wie fuer diejenigen im mittleren Bereich. Wenn aber jemand wie Kipling hier herbeizitiert wird, dann doch wohl nicht seiner aesthetischen Bedeutung wegen sondern um ihn als Protagonist einer bestimmten Weltanschuung positiv herauszustellen. Und diese war nun einmal sehr wohl eurozentristisch und rassistisch, auch wenn obiger Artikel darueber gleichsam mit einer Handbewegung ("Es waere Nonsens,...") hinwegzuparlieren sucht. Kipling war vielleicht nicht der einzige, wohl aber einer der vehementesten Verteidiger des englischen Imperialismus und seines perfiden Weltmachtanspruchs. Seine diesbezueglichen Auesserungen lassen an Eindeutigkeit wahrlich nichts zu wuenschen uebrig. Niedere Voelker und Rassen (wie etwa Inder oder Indonesier) beduerften der Kolonisierung durch ueberlegene und zivilisierte Voelker. Diese - gemeint sind natuerlich die Europaeer - haetten das Recht, den Rest der Welt ihrem globalen Herrschaftsanspruch zu unterwerfen, selbstverstaendlich zu deren eigenem Guten! In folgendem beruechtigten Gedicht WHITE MEN'S BURDEN appellierte er im Geiste eines "wohlmeinenden" Paternalismus an die USA, sich Indonesien einzuverleiben:
(Siehe Teil II)

Nath56

6. Januar 2025 23:04

II. WHITE MEN'S BURDEN Rudyard Kipling (1899, an die USA gerichtet)
erste drei Strophen: 
 
Take up the White Man's burden—    Send forth the best ye breed—Go bind your sons to exile    To serve your captives' need;To wait in heavy harness    On fluttered folk and wild—Your new-caught, sullen peoples,    Half devil and half child.
Take up the White Man's burden—    In patience to abide,To veil the threat of terror    And check the show of pride;By open speech and simple,    An hundred times made plain.To seek another's profit,    And work another's gain.
Take up the White Man's burden—    The savage wars of peace—Fill full the mouth of Famine    And bid the sickness cease;And when your goal is nearest    The end for others sought,Watch Sloth and heathen Folly    Bring all your hopes to nought.

ofeliaa

6. Januar 2025 23:18

Das erinnert mich an ein Video, in demman  ganz junge rechte Demonstranten fragte, was denn deutsche Kultur, was denn Deutsch Sein bedeute. Diese Kinder konnten die Frage nur spärlich beantworten, das sorgte bei einigen anderen für Belustigung. Sie sagten etwas von Maibaum aufstellen, aber wirkten eher überrumpelt von der Frage. Nun, ist es nicht so, dass man Kultur schlecht beschreiben kann? Weil es alltäglich ist - man so aufgewachsen ist. Ein Italiener (darf man „ein Italiener“ schreiben?) steht auch ganz salopp gesagt nicht morgens auf und sagt: Nun trinke ich einen ganz besonders italienischen Kaffee und sinniert darüber, wie italienisch sein Frühstück ist. Wie wir als Deutsche kommunizieren, wie unser Alltag aussieht - das ist trotz soziookönomischer Differenzen oft sehr ähnlich, es ist eine gewachsene Kultur, die unsere Normalität bedeutet. Wir führen nicht Buch darüber, was deutsch ist. Trotzdem muss niemand vermuten, dass Deutschland das einzige Land sei, dass keine eigene Kultur entwickelt hat - Kulturen zu entwickeln ist das Urmenschlichste und findet überall statt. Wir müssen nicht beschreiben, was deutsch ist, wir dürfen es bewahren wollen, weil wir wissen, dass es soetwas gibt. Oder wie ich es in einem Film hörte: ,,Wer fremd ist, und wer nicht, das entscheidet eben nicht der Fremde." Übermut nämlich gab es immer auf beiden Seiten. Die weissen Retter halten sich für Eingeborenen-Flüsterer, die Hinzugereisten aus Asien, Afrika, ... halten sich für integriert.

Nath56

7. Januar 2025 00:07

III. 
Und fuer alle diejenigen - seien es gelaeuterte Ethnopluralisten oder klammheimliche Neo-Kolonialisten - welche nun vielleicht allzuschnell den "Geist vergangener Zeiten" verstaendnisvoll ins Feld fuehren, erstens ist dieser imperiale Appell an Amerika s o lange nun auch wieder nicht her, zweitens hat der "weisse Mann" (Frankreich) noch bis 1954 seine schwere Buerde in Vietnam weiter brav zu tragen beabsichtigt, drittens haben die USA sie ihm ab 1964 gerne abgenommen und viertens hat Goethe zum Thema "Zeitgeist" alles Wesentliche gesagt:
"Was ihr den Geist der Zeiten heisst.
Das ist im Grund der Herren eigner Geist
In dem die Zeiten sich bespiegeln."
Und keine guten, erlaube ich mir hinzuzufuegen.
PS. Noch zum Thema Fremdheit zwischen Ost und West: Kipling wurde in Mumbai (damals noch Bombay) geboren. Wenn ihm doch die Fremdheit so auf die Seele drueckte, wieso hat er sich dann als junger Mann in die "Fremde" zurueck begeben? Niemand haette ihn zwingen koennen, nach der Kindheitsphase weiter in seiner englischen "Heimat" zu bleiben. Er blieb eben bis in die letzte Faser seines Wesens vom weissen Ueberlegenheitswahn  durchdrungen. Daher, ihr modernen Englaender: Keine Krokodilstraenen ueber Prabhu Singh und Deepak Kumar in West-London!

RMH

7. Januar 2025 09:54

Der "unvermeidliche weiße Mann" von Jack London aus seinen Geschichten aus der Südsee darf in der beginnenden Literaturaufzählung auch nicht fehlen:
https://www.projekt-gutenberg.org/london/suedsee2/chap007.html

Monika

7. Januar 2025 10:00

Danke für den interessanten Beitrag u.Kommentare. In seinem Büchlein "DIE ANNAHME SEINER SELBST" bezieht sich Romano Guardini ganz ausdrücklich auf Kiplings Roman "KIM", wenn er über Fremdheit, be-fremden, Selbst-verständlichkeit spricht. Guardini beschreibt ( heute: nicht woke)die Überlegenheit des abendländischen Geistes gegenüber dem asiatischen. Kim, der Sohn eines irischen Vaters und einer indischen Mutter widersteht durch die "Entschiedenheit seiner geistigen Selbst-behauptung" der magischen Weltsicht eines indischen Mannes. Zugleich stellt Guardini die Frage nach der "übergeordneten Einheit ". Siehe Frage @ fw87. Als Jugendliche liebte ich die Bücher der amerikanischen Schriftstellerin und Nobelpreisträgerin Pearl S. Buck, die den Zusammenprall der amerikanischen Lebensweise mit der chinesischen bäuerlichen Kultur unter ähnlicher Sicht beschreibt.ff

ilmiocantolibero

7. Januar 2025 10:08

Es lohnt sich in diesem Zusammenhang den wichtigen Vortrag "Understanding India" von Jayant Bhandari anzuhören, auch in Hinblick auf die indische Migrationseuphorie. 
https://www.youtube.com/watch?v=-1Mg4nXJ21Y&ab_channel=PropertyandFreedomSociety

Monika

7. Januar 2025 10:17

Guardini in dem Buch "Die Annahme seiner selbst": Alle Versuche, mich aus Voraussetzungen in der Gemeinschaft, der Geschichte, der Natur zu erklären, sind Missverständnisse. Denn worauf diese "Erklärungen" antworten, sind Fragen nach dem allgemeinen Zusammenhang der materiellen, biologischen, geschichtlichen Ursachen. Die Frage aber, um die es hier geht, ist eine ganz andere. Sie richtet sich auf etwas, das es nur einmal gibt: nämlich auf mich...Und nicht, weil ich etwas Wichtiges wäre, etwas Außergewöhnliches, sondern weil ich eben Ich-selbst bin, und damit jede Einordnung ins Allgemeine aufhört."  Und weiter: "Das heißt : Ich kann mich selbst nicht erklären, noch mich beweisen, sondern muss mich annehmen." Nach Guardini heißt Glauben, seine Endlichkeit aus der höchsten Instanz, aus dem Willen Gottes zu verstehen. Ein enthnopluralistischer Ansatz, der meint, den Einzelmenschen aus o.g. Faktoren erklären zu können, verkennt fatalerweise die konkrete Person, seine eigene und die fremde. 

Karl Otto

7. Januar 2025 10:25

@Majestyk: Weil es zeigt, dass ethnisch reine Gesellschaften nicht anstrebenswert sind. Und wohl auch nicht realisierbar.

Diogenes

7. Januar 2025 11:37

@Karl Otto
"Weil es zeigt, dass ethnisch reine Gesellschaften nicht anstrebenswert sind."
Was wird das hier eigentlich für "Gedankenexperiment" von Ihnen, "Multikulti-Mischmasch" von "Rechts" (?)
"Und wohl auch nicht realisierbar."
Hat hat ja auch nur Jahrtausende lang funktioniert. Wo "Germanen" in der Mehrheit sind kann auch "Germanisiert" werden. Wo "Nichtgermanen" in der Mehrheit sind, beginnt andersherum ein "Antigermanisierung" einzusetzen und der "Germane" muss sich assimilieren lassen. Ist das in „Germanien“ wünschenswert? Wenn ja, muss man sich fragen lassen was man hier eigentlich noch verloren hat.

Majestyk

7. Januar 2025 12:12

@ Karl Otto:
"Weil es zeigt, dass ethnisch reine Gesellschaften nicht anstrebenswert sind. Und wohl auch nicht realisierbar."
Zeigt es Ihnen vielleicht, mir nicht. Was interessiert mich das Geschwätz eines amerikanischen Historikers, der notgedrungen in einer zusammengewürfelten Einwanderergesellschaft leben muß. Hier ist Europa. Hier leben Völker mit einer Geschichte von mehr als tausend Jahren, da braucht es keine Angleichung an amerikanische Verhältnisse. 
Seltsam, daß Deutschland oder Japan in ihren stärksten Jahren ethnisch recht homogen waren, bei den nordischen Ländern war das bis Anfang der 90er ähnlich, in Südkorea ist der Anteil der Fremden heute noch vernachlässigbar. 
Das Problem ist doch wohl eher, daß Leute wie Sie sich einreden lassen, Vermischung müsse sein und sich damit auch wohl fühlen so lange man nicht von Nachteilen betroffen ist. Naja, jetzt haben Sie ja ihre "heterogene Gesellschaft", werden Sie glücklich damit. Wir waren 82 beim Abitur, 80 Deutsche, 1 Griechin, 1 Jugoslawe. Mir war das bunt genug.
 

Majestyk

7. Januar 2025 12:17

@ Nath56:
Sie leiden auch an Morbus Weißscham.

Olmo

7. Januar 2025 12:20

Zumindest hatten Silvester 2015/16 bereits viele aus dem Orient stammende Fremde verstanden, daß Deutsche harmlos sind. Und wenn der Furor Teutonicus doch noch entfacht wird? Ja, was dann? Remigration. 

Olmo

7. Januar 2025 13:34

@ofeliaa
"... der Nabel der Zeit, von der der heilige Augustin sagt, daß er wisse, was sie sei, wenn ihn keiner nach ihr frage, daß er aber nicht wisse, was sie sei, wenn ihn einer bitte, sie ihm zu erklären." 
So geht es mir mit dem Deutschen, aber vor allem auch deshalb, weil Abstammung ein Tabu ist. Der Versuch sich allein über Kultur zu definieren, wird für einen Normi wie mich schnell eine peinliche Nummer, weil ich nicht einmal den Bergriff Kultur sicher definieren könnte. 
Ich lebe in Italien und bin deutsch. Ohne Maibaum.

Majestyk

7. Januar 2025 13:50

@ Olmo:
Diese Fremden halten Deutsche nicht nur für harmlos, sie verachten Deutsche auch wegen deren als Gutmütigkeit getarnten Schwäche. Alman und Kartoffel sind keine Komplimente. 
Für eine erfolgreiche Remigration, die die Bezeichnung und den Aufwand rechtfertigt, müßten die Deutschen aber bereit sein auf ihre Lieblingsausländer zu verzichten und endlich auf all die Differenzierungen und all das Verständnis, auch von rechts. In den meisten europäischen Ländern, insbesonders auch in Deutschland scheut die Opposition aber jede echte Konfrontation, der eine oder andere möchte auch nicht polarisieren, als könnte man am Abgrund stehend mit dem Feind noch Kompromisse finden.

Karl Otto

7. Januar 2025 17:24

"„Und jetzt stellen Sie sich doch mal Ihre Ahnenreihe vor – seit Christi Geburt. Da war ein römischer Feldhauptmann, ein schwarzer Kerl, braun wie ne reife Olive, der hat einem blonden Mädchen Latein beigebracht. Und dann kam ein jüdischer Gewürzhändler in die Familie, das war ein ernster Mensch, der ist noch vor der Heirat Christ geworden und hat die katholische Haustradition begründet. – Und dann kam ein griechischer Arzt dazu, oder ein keltischer Legionär, ein Graubündner Landsknecht, ein schwedischer Reiter, ein Soldat Napoleons, ein desertierter Kosak, ein Schwarzwälder Flözer, ein wandernder Müllerbursch vom Elsaß, ein dicker Schiffer aus Holland, ein Magyar, ein Pandur, ein Offizier aus Wien, ein französischer Schauspieler, ein böhmischer Musikant – das hat alles am Rhein gelebt, gerauft, gesoffen und gesungen und Kinder gezeugt – und – und der Goethe, der kam aus demselben Topf, und der Beethoven und der Gutenberg, und der Matthias Grünewald, und – ach was, schau im Lexikon nach. Es waren die Besten, mein Lieber! Die Besten der Welt! Und warum? Weil sich die Völker dort vermischt haben. Vermischt – wie die Wasser aus Quellen und Bächen und Flüssen, damit sie zu einem großen, lebendigen Strom zusammenrinnen. Vom Rhein – das heißt: vom Abendland. Das ist natürlicher Adel. Das ist Rasse. Seien Sie stolz darauf, Hartmann – und hängen Sie die Papiere Ihrer Großmutter in den Abtritt. Prost.“

Karl Otto

7. Januar 2025 17:24

Zitat von Karl Zuckmayer, "Des Teufels General".

RMH

7. Januar 2025 17:49

@Karl Otto, das Zitat dürften hier im Debattenraum die meisten ohne Quelle kennen, aber danke (es lesen ja auch passive Teilnehmer mit). Wichtig bei der Betrachtung: Das Ganze ist unter dem Schlagwort Völkermühle Europas breiter bekannt geworden. Das Rheinland mag die Völkermühle Europas gewesen sein (so kreuz und quer gings aber in der Masse offenbar meist nicht zu, wie ich schon "enttäuschte" Familienstammbaumersteller habe berichten hören, die traurig waren, wie wenig "fremdes Blut" und so rein gar nichts exotisches in ihren Linien zu finden ist), aber nicht die der Welt - und darin liegt ein zu beachtender Unterschied. Deutschland soll nun zur Weltvölkermühle werden, beschickt meist mit Menschen von Ländern, die in ihren Stammlanden fast gar keinen "Mühlprozess" hatten (und haben!), ja oftmals bevorzugt innerhalb der Linien sich paarten. Wers mag ...

Vultus Animi

7. Januar 2025 18:03

Dank an @JS für den Text und die literarische Empfehlung.
Über literarische Anknüpfungspunkte sprechend: ich musste bei den Silvesterbildern und Nachrichten an Heino Bosselmanns seinerzeitige Erinnerung an Kafkas Parabel "Ein altes Blatt" denken.
Kafka - Ein altes Blatt
 

Majestyk

7. Januar 2025 18:55

@ Karl Otto:
Schön, daß Sie Carl Zuckmayers Stück komplett aus seinem historischen Kontext reißen um Deutsche zur Passivität gegenüber jeglicher Ausdünnung zu verdammen. Denn wer sich dagegen stemmt, der kann ja nur ein Schurke sein. Aber Sie sahen ja schon zwischen Weißen und Schwarzen keinen Unterschied außer ein paar Pigmenten. Am besten Sie bewerben sich beim Zentrum für politische Schönheit. 

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