Ich bin dabei nicht der Meinung, daß sich der Wert einer Person daran bemißt, ob sie sich fortgezeugt habe. Ich sehe nur so viele Männer und Frauen, die es dringend wollten (und es eigentlich MÜSSTEN, weil es großartige Charaktere sind, denen man wunderbare Kinder wünschte), aber die an, sagen wir, „neumodischen“ Problemen und überflüssigen Fragen scheitern.
Dramen! Es ist oft, als wäre man ein Filmzuschauer: “Er/sie muß doch jetzt einfach nur das richtige sagen! Wie kann man so aneinander vorbeireden…!” Sehr alt, das Thema.
Es könnte glatt langweilig sein, das Ding mit der Paarfindung – wenn es nicht so virulent wäre. Die Leute tun sich nicht nur schwer mit Liebesdingen – sie haben vor allem eine echte Ladehemmung, wenn es gilt, ernst zu machen, nämlich: eine Familie zu gründen. Das eine ist Sozialpsychologie und endlos diskutierbar, das andere ist knallharte Demographie.
Die legendäre Intellektuelle Sawsan Chebli (SPD) hatte jüngst auf Twitter proklamiert:
Vor allem der 3. und 4.[Migrations-] Generation sage ich: Dieses Land ist auch euer Land. Kämpft dafür. Migration wird Fakten schaffen.
Martin Sellner hatte darauf korrekt geantwortet, daß es hier wohl um einen
langen Marsch durch die Entbindungsstationen
gehe. Klingt fies (nämlich allzu materialistisch), aber trifft exakt den Punkt: Den jungen (oder „jungen“) biodeutschen Leuten eignet heute neben Anbahnungsschwierigkeiten im „echten Leben“ eine daraufhin passend seltsam verschüchterte Zeugungs- und Gebärzurückhaltung. Es ist eine Tragödie! Manchmal wünsche ich mir ernsthaft „arrangierte Ehen“ zurück – es wäre einfach viel unkomplizierter und, wer weiß, vielleicht glücklicher?
Ich habe eben junge von „jungen“ Paaren unterschieden. Aus Gründen. Klassischerweise (und rechtlich) endet die Jugend mit dem 18. Geburtstag. Sowohl die berühmten Shell-Jugendstudien als auch die UN-Generalversammlung lassen „die Jugend“ erst mit 25 Jahren enden.
Wenn wir es heute realistisch sehen, ist kaum ein 21jähriger wirklich „erwachsen“. Das ergibt ein Paradox zum Frühreife-Befund: Ins sogenannte Geschlechtsleben tritt eine Großzahl der jungen Menschen lange davor ein. Man darf sich durchaus fragen, was sich „die Natur“ dabei gedacht hat, daß Vierzehnjährige im Normalfall zeugungsreif sind, wenn die soziale Reife so arg hinterherhinkt….
Aber, um bei den spröden Zahlen zu bleiben: In den frühen Neunzehnhundertsiebzigern war die Braut im Durchschnitt dreiundzwanzigjährig und der Bräutigam fünfundzwanzig. Heute tritt die sogenannte Erst-Ehe laut Statistischen Bundesamt im Alter von dreiunddreißig (w) bzw. fünfunddreißig (m) ein. Wir wollen diese Zahlen lieber nicht auf die nächsten fünfzig Jahre extrapolieren… Gott bewahre!
Nun denn: 11% der in den späteren 1930er-Jahren geborenen Frauen sind kinderlos geblieben. (Und hier lassen sich triftige Gründe leicht ausrechnen. Die guten Männer waren ja gefallen bzw. in Gefangenschaft. Was die durch Vergewaltigungen entstandenen Traumatisierungen angeht – obwohl die allerwenigsten Frauen damals diese Schandtaten anzeigten – verweise ich mal auf diesen hochoffiziellen Link.
In den Geburtsjahrgängen 1947–1950 blieben 14% ohne Kinder. Die Frauen-Kinderlosenquote der Jahrgänge 1972- 1974 differiert recht drastisch zwischen Ost- und Westdeutschland. Im Westen sind in dieser Kohorte 20% kinderlos geblieben, im Osten 13 %.
Die „letztgültige“, also heutige, gesamtdeutsche Kinderlosenquote liegt bei traurigen 20%. In den Stadtstaaten Hamburg und Bremen changiert sie bei 24%; im „Osten“ liegt sie interessanterweise bei etwa „nur“ 15%. Außerdem interessant ist, daß es in Westdeutschland hingegen deutlich mehr Frauen mit 3+ Kindern gibt als in Ostdeutschland. Hier darf man rätseln.
Natürlich gibt es in Westdeutschland deutlich mehr Migrationshintergründler, die eher zum „3plus Kinderkonzept“ neigen. Ob das als Begründung ausreicht? Ich vermute – ungedeckt -, daß es etwas mit dem (eher „westlerischen“) Mut zu Individualismus und Nonkonformität zu tun hat.
Was sagt uns das? Erstens natürlich, daß die Zukunft offen ist und die Geschichte bekanntlich ungeahnte Sprünge macht. Wäre es nicht so, könnten wir ohnehin aufgeben. Wir MÜSSEN an solche Sprünge glauben!
In den Jahren 2005/6 hatte diese Problematik (das demographische Drama) zuletzt ein breites Echo gefunden. Damals hatte der Bevölkerungswissenschaftler Herwig Birg (*1939) in der FAZ einen mehrteiligen „Grundkurs Demografie“ veröffentlicht. Im Rahmen dessen verdeutlichte er, daß es heute bereits im Grunde „5 nach 12“ sei, weil sich seit Jahrzehnten ein deutsches Paar im Durchschnitt quantitativ nicht einmal selbst reproduziere! Solche Reproduktion findet bei einer durchschnittlichen Kinderzahl von 2,1 statt.
Weil wir diese Zahlen längst nicht mehr haben, befinden wir uns in einer reduktiven Kettenreaktion, die unweigerlich auf eine Dezimierung hinausläuft. Die Diskussion darüber lief im Hauptstrom ein, zwei Jahre. Gunnar Heinsohns überaus einflußreiches Buch Söhne und Weltmacht (Stichwort Youth bulge, der Jugendüberschuß in den arabischen Ländern) flankierte die Debatte. Sprich, man war alarmiert. Man schrieb Texte a´la „Mut zum Drittkind“, und wie toll es sei, wenn man als älterer Feuilletonredakteur Spuckeflecken vom Säugling (aus zweiter Ehe) auf dem Anzug vorweise.
Dann war Schluß. Denn es wurde von den Leitmedien eine Reißleine gezogen: Bevölkerungspolitik sei “biologistisch”. Ihr Motiv, so die scharfe Warnung des “Experten” Christoph Butterwegge, sei nämlich die “Erhaltung des deutschen Genmaterials”.
Angeblich kann genau das ja nun keiner wollen….
Die “Gen Z” , die “Zoomer”, aber haben sich nun offenbar und vielbeklagt vom eingeimpften Schuldkult befreit.
Bitte legt also einfach los – bitte! Denn: Wir können stets über Feinheiten diskutieren, aber ohne Nachkommen, die uns wenigstens ersetzen, ist alles nichts. Nein, das ist nicht romantisch. Aber Romantik fällt auch nicht vom Himmel, oft entsteht sie einfach. Das hat nichts (oder wenig) mit Pragmatismus zu tun. Es ist Menschenkenntnis. Gebt Zeugnis! Macht es einfach.
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Von Ellen Kositza erscheint Anfang März der Kaplaken-Essay Geschlecht und Politik – hier einsehen und bestellen.
RMH
Kinder bekommen ist keine Pflicht, es ist aber erfüllend & sinnstiftend. Gerade den Ego-Optimierer sei dies gesagt. Unabhängig davon ist der Artikel leider mindestens 30 Jahre zu spät dran. Gerade in den 70er/80er Jahren ging es doch los mit dem lieber erst einmal selber leben, Karriere machen, etwas von der Welt sehen etc. & auch mit den schlichten Oberflächlichkeiten, die gerade viele Männer schlicht aussortiert. Houellebecqs "Ausweitung der Kampfzone" gibt richtig wieder, dass mit der allg. Freizügigkeit im Sexleben eine sexuelle Pauperisierung der Durchschnittsbevölkerung einhergeht, während eine kleinere, "attraktive" Schicht, soviel Sex mit so vielen wechselnden Partner hat, wie nie zuvor. Gut beobachtet. Ich denke, jeder kennt Typen wie Tisserand, wie sie Houellebecq in diesem Buch beschrieben hat. Wenn ich meine eigenen Kumpels von damals ansehe, dann sind leider die wenigsten davon Väter geworden. Um Houellebecq ein wenig den Wind aus den Segeln zu nehmen: Es lag bei etlichen wahrlich nicht an Optik oder dem fehlenden, eigenen Erfolg. Sie hatten nie die Frauen, die einfach auch mal geblieben sind, wenn es mal etwas rumpelte in der Beziehung & einfach schlicht schwanger wurden, sprich eigenen Kinderwunsch durchsetzten. Vermutlich hätten alle das als gutes Schicksal akzeptiert & wären damit sehr zufrieden. Wobei ich damit jetzt den schwarzen Peter nicht an die Frauen abgeben will.