Auf Einladung des NSV! (“Nationalistische Studentenvereiniging”) kam ich zum zweiten Mal nach Flandern. Vor zwei Jahren gelang es der NSV! sogar, durch einen Rechtsstreit einen Vortrag von mir in einem Vorlesungssaal der traditionsreichen Hochschule in Leuven zu erzwingen. Der Vorfall machte damals in ganz Belgien Schlagzeilen. Diesmal ging es nach Gent, ebenfalls eine atemberaubend schöne Studentenstadt.
Der NSV! ist eine in Deutschland zu Unrecht kaum bekannte Studentenorganisation. Wie das Rufzeichen dem kundigen Leser zeigt, ist sie von deutschen Burschenschaften inspiriert. 1976 spalteten Nationalisten in Flandern den NSV! von der katholischen Studentenverbindung KVHV ab.
Viele deutsche Korporierte rümpfen vor einem nicht-schlagenden Mischbund (auch Frauen werden aufgenommen) die Nase. Einiges spricht aber dafür, daß der NSV! seiner metapolitischen Aufgabe besser nachkommt als die bundesdeutschen Pendants.
An allen flämischen Hochschulen finden regelmäßig Aktivitäten wie Flugblattaktionen, Vorträge und Kundgebungen, statt. Man setzt auf professionelle Medienarbeit, betreibt Podcasts, gibt ein hochwertiges Mitgliedermagazin heraus. Dazu ist der NSV! international gut vernetzt und wirkt seit vielen Jahrzehnten als Kaderschmiede und Bildungsstätte positiv auf den Vlaams Belang ein. Daß sie den Begriff der Remigration sofort aufgenommen und popularisiert haben, zeigt, wie strategisch diese rechten Studenten vorgehen. (Auch eine niederländische Übersetzung von “Remigration” wurde in die Wege geleitet.)
Das Recht, Hochschulräume zu nutzen, hat der NSV! leider eingebüßt. Deshalb fand am Vorabend der Kundgebung eine Lesung vor 50 Studenten im Obergeschoß eines Pubs statt. Bei Guinness und belgischem Bier sprach ich über Regime Change, Metapolitik und natürlich Remigration.
Ich konnte diesmal mit praktischen Erfolgen belegen, was ich in meinem Vortrag vor 2 Jahren theoretisch skizziert habe. Denn die neurechte Begriffsplatzierung war erfolgreich. Damals erklärte ich, wie man durch „populäre Provokation“ Ideen und Begriffe in der Gesellschaft verankern kann. Heute konnte ich die beeindruckende Themenkarriere des Begriffs “Remigration” als Beweis präsentieren. Das metapolitische Seminar im Pub sollte am Tag darauf ebenfalls praktisch werden.
Ziel war es, mit der Kundgebung in Gent die Idee der Remigration in Belgien hunderttausendfach bekannt zu machen. Die jährliche Demonstration des NSV! war bisher eher eine routinierte Tradition. Sie findet stets an einem anderen Hochschulort statt und mobilisiert in den letzten Jahren normalerweise rund 300 Teilnehmer.
Doch diesmal hatte die neue, junge Führung des NSV! mit einer geschickten Marketingkampagne ordentlich Wind gemacht. Die Einladung meiner Person und das Thema der „Remigration“ führten zu den erhofften Reaktionen. Die Presse schlug Alarm – und machte dadurch Werbung. Und anders als in Österreich und Deutschland machte das die flämischen Rechtspopulisten nicht nervös, sondern angriffslustig.
Tom van Grieken, der Chef des Vlaams Belang unterstützte die Kundgebung offiziell und stellte sich hinter den Begriff der Remigration. Auch Tom Vandendriessche, Europaabgeordneter des Vlaams Belang solidarisierte sich öffentlich und forderte in einer Rede Remigration.
Die Antifa wurde nervös und begann massiv zu mobilisieren. Sogar aus Paris, Leipzig und Minsk (!) wurden Demonstranten hergekarrt in der Absicht, die Demo zum Desaster zu machen. Auch die Polizei in Gent war besorgt und wich keine Minute von meiner Seite. Sogar während meiner Interviews mit dem Staatsfernsehen und bei einem Stadtspaziergang verfolgten mich die Beamten wie ein privater Sicherheitsdienst. Tatsächlich bekam ich von der Antifa wenig mit. Das Gefährlichste an Gent waren die zahlreichen rücksichtslosen Radfahrer, die mich unbedarften Wiener Fußgänger einige Male fast niedermähten.
Die Kampagne des NSV! machte sich indes mehr als bezahlt. Die 800‑1000 Teilnehmer sprengten alle Erwartungen. In der Menge traf ich alte Bekannte der europäischen Identitären Bewegung. Unter anderem war auch mein Freund und Kampfgefährte Dries Van Langenhove anwesend, obwohl er am Tag darauf einen entscheidenden Prozeßtermin hatte. Insgesamt waren wir sehr europäisch unterwegs. Franzosen, Iren, Niederländer und sogar einige deutsche Europaparlamentarier verstärkten unseren Zug durch Gent.
Besonders genial war die Wahl der Route. Sie verlief direkt durch einen linken Studentenbezirk und eine Flaniermeile. Mit einer Mischung aus Grusel und Bewunderung betrachteten uns flämische Maiden von ihren Balkonen und Galerien. Junge, schon etwas angetrunkene Burschen, stimmten in unsere Sprechchöre ein. Die auf einem Infozettel abgedruckten Parolen wie „Generatie Remigratie“, „Fort Europa mak de Grenzen dicht“, etc. ginge mir leicht von den Lippen. Bis auf einige Eierwürfe kam es zu keinen besonderen Vorfällen.
Besonders effektiv erwies sich für den Rhythmus der Sprechchöre und die Disziplin der Demo die traditionelle Trommelbegleitung des NSV!. Ebenso wie das Logo der Studentenverbindung, das eine in Deutschland problematische Rune enthält, wäre das hierzulande so wohl nicht möglich. Doch in Gent spazierte ich Schulter an Schulter mit Tom van Grieken, der selbst in seiner Jugend Mitglied beim NSV! war. Der Spitzenpolitiker stimmte begeistert in die Parolen mit ein, machte Selfies, schüttelte Hände und blieb als einfacher Demoteilnehmer bis zum Schluß.
Alles das zusammengenommen machte die Remigrationsdemo zu einem großen metapolitischen Erfolg. Der Vlaams Belang hat im Unterschied zu unseren Rechtsparteien begriffen, worum es geht. Gleich der AfD und FPÖ wird er trotz hoher Wahlergebnisse mit einer ideologischen Brandmauer von der Macht ferngehalten.
Van Grieke und seine Partei verstehen: In einer politischen Pattsituation kann der Durchbruch nur metapolitisch erfolgen. Die Brandmauer kann, wie es scheint, durch Wahlsiege kaum beschädigt werden. Daher muß alle Kraft auf die Metapolitik gelenkt werden. Die außerparlamentarische Flanke umzirkelt die festgefahrene Brandmauer mit Gegenkultur, Gegenöffentlichkeit und Aktivismus. Rechte Hochschulpolitik ist ein Schlüssel dafür.
Die Metapolitik bricht das politische Patt, indem sie die Gesellschaft insgesamt verändert und damit indirekt auch die Stellung der Altparteien unterminiert. Dieser Weg, der „Orban Option“, kann auch bei uns dänische Verhältnisse schaffen. Dort ist die Sozialdemokratie „rechter“ als die CDU oder die ÖVP. Die offensive Hochschulpolitik des NSV! und der Mut des Vlaams Belang wurden am 27.3. mit einem großen Erfolg belohnt.
Ekstroem
Danke, werter Martin Sellner, für den lebendigen Erfahrungsbericht. Der Wind weht, und es braucht Adler, die auf ihm segeln und aufsteigen ("Riders on the Storm" gibt eine Ahnung davon).