Remigration – Beim NSV! in Flandern

Der Vlaams Belang liegt derzeit in den Umfragen mit 25.7% an erster Stelle in Flandern. Das macht umso bedeutender, wer letzten Mittwoch mit mir durch die Straßen von Gent gezogen ist.

Martin Sellner

Martin Sellner ist Kopf der österreichischen Identitären Bewegung.

Auf Ein­la­dung des NSV! (“Natio­na­lis­ti­sche Stu­den­ten­ver­ei­ni­ging”) kam ich zum zwei­ten Mal nach Flan­dern. Vor zwei Jah­ren gelang es der NSV! sogar, durch einen Rechts­streit einen Vor­trag von mir in einem Vor­le­sungs­saal der tra­di­ti­ons­rei­chen Hoch­schu­le in Leu­ven zu erzwin­gen. Der Vor­fall mach­te damals in ganz Bel­gi­en Schlag­zei­len. Dies­mal ging es nach Gent, eben­falls eine atem­be­rau­bend schö­ne Studentenstadt.

Der NSV! ist eine in Deutsch­land zu Unrecht kaum bekann­te Stu­den­ten­or­ga­ni­sa­ti­on. Wie das Ruf­zei­chen dem kun­di­gen Leser zeigt, ist sie von deut­schen Bur­schen­schaf­ten inspi­riert. 1976 spal­te­ten Natio­na­lis­ten in Flan­dern den NSV! von der katho­li­schen Stu­den­ten­ver­bin­dung KVHV ab.

Vie­le deut­sche Kor­po­rier­te rümp­fen vor einem nicht-schla­gen­den Misch­bund (auch Frau­en wer­den auf­ge­nom­men) die Nase. Eini­ges spricht aber dafür, daß der NSV! sei­ner meta­po­li­ti­schen Auf­ga­be bes­ser nach­kommt als die bun­des­deut­schen Pendants.

An allen flä­mi­schen Hoch­schu­len fin­den regel­mä­ßig Akti­vi­tä­ten wie Flug­blatt­ak­tio­nen, Vor­trä­ge und Kund­ge­bun­gen, statt. Man setzt auf pro­fes­sio­nel­le Medi­en­ar­beit, betreibt Pod­casts, gibt ein hoch­wer­ti­ges Mit­glie­der­ma­ga­zin her­aus. Dazu ist der NSV! inter­na­tio­nal gut ver­netzt und wirkt seit vie­len Jahr­zehn­ten als Kader­schmie­de und Bil­dungs­stät­te posi­tiv auf den Vlaams Belang ein. Daß sie den Begriff der Remi­gra­ti­on sofort auf­ge­nom­men und popu­la­ri­siert haben, zeigt, wie stra­te­gisch die­se rech­ten Stu­den­ten vor­ge­hen. (Auch eine nie­der­län­di­sche Über­set­zung von “Remi­gra­ti­on” wur­de in die Wege geleitet.)

Das Recht, Hoch­schul­räu­me zu nut­zen, hat der NSV! lei­der ein­ge­büßt. Des­halb fand am Vor­abend der Kund­ge­bung eine Lesung vor 50 Stu­den­ten im Ober­ge­schoß eines Pubs statt. Bei Guin­ness und bel­gi­schem Bier sprach ich über Regime Chan­ge, Meta­po­li­tik und natür­lich Remigration.

Ich konn­te dies­mal mit prak­ti­schen Erfol­gen bele­gen, was ich in mei­nem Vor­trag vor 2 Jah­ren theo­re­tisch skiz­ziert habe. Denn die neu­rech­te Begriffs­plat­zie­rung war erfolg­reich. Damals erklär­te ich, wie man durch „popu­lä­re Pro­vo­ka­ti­on“ Ideen und Begrif­fe in der Gesell­schaft ver­an­kern kann. Heu­te konn­te ich die beein­dru­cken­de The­men­kar­rie­re des Begriffs “Remi­gra­ti­on” als Beweis prä­sen­tie­ren. Das meta­po­li­ti­sche Semi­nar im Pub soll­te am Tag dar­auf eben­falls prak­tisch werden.

Ziel war es, mit der Kund­ge­bung in Gent die Idee der Remi­gra­ti­on in Bel­gi­en hun­dert­tau­send­fach bekannt zu machen. Die jähr­li­che Demons­tra­ti­on des NSV! war bis­her eher eine rou­ti­nier­te Tra­di­ti­on. Sie fin­det stets an einem ande­ren Hoch­schul­ort statt und mobi­li­siert in den letz­ten Jah­ren nor­ma­ler­wei­se rund 300 Teilnehmer.

Doch dies­mal hat­te die neue, jun­ge Füh­rung des NSV! mit einer geschick­ten Mar­ke­ting­kam­pa­gne ordent­lich Wind gemacht. Die Ein­la­dung mei­ner Per­son und das The­ma der „Remi­gra­ti­on“ führ­ten zu den erhoff­ten Reak­tio­nen. Die Pres­se schlug Alarm – und mach­te dadurch Wer­bung. Und anders als in Öster­reich und Deutsch­land mach­te das die flä­mi­schen Rechts­po­pu­lis­ten nicht ner­vös, son­dern angriffslustig.

Tom van Grie­ken, der Chef des Vlaams Belang unter­stütz­te die Kund­ge­bung offi­zi­ell und stell­te sich hin­ter den Begriff der Remi­gra­ti­on. Auch Tom Van­den­dries­sche, Euro­pa­ab­ge­ord­ne­ter des Vlaams Belang soli­da­ri­sier­te sich öffent­lich und for­der­te in einer Rede Remigration.

Die Anti­fa wur­de ner­vös und begann mas­siv zu mobi­li­sie­ren. Sogar aus Paris, Leip­zig und Minsk (!) wur­den Demons­tran­ten her­ge­karrt in der Absicht, die Demo zum Desas­ter zu machen. Auch die Poli­zei in Gent war besorgt und wich kei­ne Minu­te von mei­ner Sei­te. Sogar wäh­rend mei­ner Inter­views mit dem Staats­fern­se­hen und bei einem Stadt­spa­zier­gang ver­folg­ten mich die Beam­ten wie ein pri­va­ter Sicher­heits­dienst. Tat­säch­lich bekam ich von der Anti­fa wenig mit. Das Gefähr­lichs­te an Gent waren die zahl­rei­chen rück­sichts­lo­sen Rad­fah­rer, die mich unbe­darf­ten Wie­ner Fuß­gän­ger eini­ge Male fast niedermähten.

Die Kam­pa­gne des NSV! mach­te sich indes mehr als bezahlt. Die 800‑1000 Teil­neh­mer spreng­ten alle Erwar­tun­gen. In der Men­ge traf ich alte Bekann­te der euro­päi­schen Iden­ti­tä­ren Bewe­gung. Unter ande­rem war auch mein Freund und Kampf­ge­fähr­te Dries Van Lan­gen­ho­ve anwe­send, obwohl er am Tag dar­auf einen ent­schei­den­den Pro­zeß­ter­min hat­te. Ins­ge­samt waren wir sehr euro­pä­isch unter­wegs. Fran­zo­sen, Iren, Nie­der­län­der und sogar eini­ge deut­sche Euro­pa­par­la­men­ta­ri­er ver­stärk­ten unse­ren Zug durch Gent.

Beson­ders geni­al war die Wahl der Rou­te. Sie ver­lief direkt durch einen lin­ken Stu­den­ten­be­zirk und eine Fla­nier­mei­le. Mit einer Mischung aus Gru­sel und Bewun­de­rung betrach­te­ten uns flä­mi­sche Mai­den von ihren Bal­ko­nen und Gale­rien. Jun­ge, schon etwas ange­trun­ke­ne Bur­schen, stimm­ten in unse­re Sprech­chö­re ein. Die auf einem Info­zet­tel abge­druck­ten Paro­len wie „Gene­ra­tie Remi­gra­tie“, „Fort Euro­pa mak de Gren­zen dicht“, etc. gin­ge mir leicht von den Lip­pen.  Bis auf eini­ge Eier­wür­fe kam es zu kei­nen beson­de­ren Vorfällen.

Beson­ders effek­tiv erwies sich für den Rhyth­mus der Sprech­chö­re und die Dis­zi­plin der Demo die tra­di­tio­nel­le Trom­mel­be­glei­tung des NSV!. Eben­so wie das Logo der Stu­den­ten­ver­bin­dung, das eine in Deutsch­land pro­ble­ma­ti­sche Rune ent­hält, wäre das hier­zu­lan­de so wohl nicht mög­lich. Doch in Gent spa­zier­te ich Schul­ter an Schul­ter mit Tom van Grie­ken, der selbst in sei­ner Jugend Mit­glied beim NSV! war. Der Spit­zen­po­li­ti­ker stimm­te begeis­tert in die Paro­len mit ein, mach­te Sel­fies, schüt­tel­te Hän­de und blieb als ein­fa­cher Demo­teil­neh­mer bis zum Schluß.

Alles das zusam­men­ge­nom­men mach­te die Remi­gra­ti­ons­de­mo zu einem gro­ßen meta­po­li­ti­schen Erfolg. Der Vlaams Belang hat im Unter­schied zu unse­ren Rechts­par­tei­en begrif­fen, wor­um es geht.  Gleich der AfD und FPÖ wird er trotz hoher Wahl­er­geb­nis­se mit einer ideo­lo­gi­schen Brand­mau­er von der Macht ferngehalten.

Van Grie­ke und sei­ne Par­tei ver­ste­hen: In einer poli­ti­schen Patt­si­tua­ti­on kann der Durch­bruch nur meta­po­li­tisch erfol­gen. Die Brand­mau­er kann, wie es scheint, durch Wahl­sie­ge kaum beschä­digt wer­den. Daher muß alle Kraft auf die Meta­po­li­tik gelenkt wer­den. Die außer­par­la­men­ta­ri­sche Flan­ke umzir­kelt die fest­ge­fah­re­ne Brand­mau­er mit Gegen­kul­tur, Gegen­öf­fent­lich­keit und Akti­vis­mus. Rech­te Hoch­schul­po­li­tik ist ein Schlüs­sel dafür.

Die Meta­po­li­tik bricht das poli­ti­sche Patt, indem sie die Gesell­schaft ins­ge­samt ver­än­dert und damit indi­rekt auch die Stel­lung der Alt­par­tei­en unter­mi­niert. Die­ser Weg, der „Orban Opti­on“, kann auch bei uns däni­sche Ver­hält­nis­se schaf­fen. Dort ist die Sozi­al­de­mo­kra­tie „rech­ter“ als die CDU oder die ÖVP. Die offen­si­ve Hoch­schul­po­li­tik des NSV! und der Mut des Vlaams Belang wur­den am 27.3. mit einem gro­ßen Erfolg belohnt.

Martin Sellner

Martin Sellner ist Kopf der österreichischen Identitären Bewegung.

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Kommentare (3)

Ekstroem

30. März 2025 16:39

Danke, werter Martin Sellner, für den lebendigen Erfahrungsbericht. Der Wind weht, und es braucht Adler, die auf ihm segeln und aufsteigen ("Riders on the Storm" gibt eine Ahnung davon).

Laurenz

30. März 2025 21:53

Liest sich & sieht auf dem Video aus, wie ein geiles Fest. 

Diogenes

31. März 2025 06:36

Um den flämisch-wallonischen "Konflikt" werden die "Belgier" sich noch kümmern müssen, ähnlich wie die fleißigen "Italiener" im Norden um die "romanisch-südländische" Bequemlichkeit/Lebensart (Schlendrian) des Südens abschätzig reden. Wird Zeit sich Gedanken über die Idee einer Nordwährung eines Nordeuropäischen Bundes zu machen. Dann kann der (in der Regel faulere) Süden den Euro seiner Lebensart entsprechend wieder abwerten wie es früher der Fall ohne "Schuldenunion" war.  Wie sich der "germanisch"/deutschstämmige (die niederländische (friesische) Abart davon) Norden Belgiens künftig in seinen machtpolitischen Rängen aufstellt (und ob das "völkische" oder "identitäre" Meta/Vorfeld/Ideal-aktiv-istische an Einfluss gewinnt) bleibt abzuwarten. Grundsätzlich sind alle (deutschfreundlichen) Volksbewegungen die sich auf ihre Wurzel/Abstammung und ihren Grund/Boden besinnen natürliche Verbündete einer noch in der Zukunft liegenden deutschen Staatsregierung die es auch inhaltlich (und nicht nur dem Namen nach) verdient "deutsch" genannt zu werden. 

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