Morina untersucht nicht nur die Methoden und Wirkungsweisen geschichtspolitischer Setzungen – sie ist selbst intensiv daran beteiligt, die Vergangenheit für aktuelle politische Ziele aufzubereiten und in Stellung zu bringen. Sie gehört zu denjenigen, die die “Freiheit der Forschung” mit einer auf breiter Front durchgesetzten postkolonialen, dekonstruktivistischen und über die nahe Vergangenheit richtenden Betrachtungshaltung verwechseln.
Es geht um die Absicherung struktureller universitärer Macht und darum, konkurrierenden Meinungen und Netzwerken etwas zu unterstellen, das man selbst betreibt: Morinas Radio-Lamento bezog sich auf den Wahlsieg Trumps und die Infragestellung woker Selbstverständlichkeiten durch eine andere Sicht der Dinge. Man weiß sofort, daß diese Klagetöne geschichtspolitische Inszenierungen sind. Warum? Wenn sich hunderte, tausende Wissenschaftler an Petitionen und Netzwerken gegen den neuen Wind beteiligen, kann von unterdrückter Freiheit keine Rede sein.
Und mehr: Der Hinweis auf Unterdrückung ist in Fällen, auf die sich Leute wie Christina Morina beziehen, stets nur die Verteidigung der eigenen Pfründe. Man geriert sich als historisch geschulte, moralische Instanz und sichert damit vor allem das Vorrecht ab, üppige Förderlandschaften zu bestellen und abzuernten.
Ginge es um die Freiheit der Forschung, hätte sich Morina, die als “engagiert” gilt, längst dem Fall “Peter Hoeres” zuwenden können. Hoeres, Sohn des Philosophen Walter Hoeres, lehrt seit 2013 an der Universität Würzburg Neuere deutsche Geschichte. Er ist in den vergangenen Wochen zur Zielscheibe linker Studentengruppen geworden, die sich als Brandmauer wähnen und dieses forschungsfeindliche Bauwerk weit im Feld der bürgerlichen Mitte aufgezogen sehen wollen.
Warum Hoeres? Er gilt als liberal-konservativ und war acht Jahre lang im wissenschaftlichen Beirat der Bundeszentrale für politische Bildung. Er ist seit 2021 Teil des “Netzwerks Wissenschaftsfreiheit” und warnte in Stellungnahmen vor dem Mißbrauch geschichtspolitischer Debatten zum Zweck der Meinungsunterdrückung. 2024 trat Hoeres aus dem “Verband der Historiker und Historikerinnen Deutschlands” aus, weil man sich dort im Zuge des Gaza-Konflikts nicht klar genug gegen antisemitische Töne positioniert habe.
Was noch? Laut Wikipedia trug Hoeres zwei Mal in der Bibliothek des Konservatismus in Berlin vor. Außerdem arbeitet an seinem Lehrstuhl der zweifach promovierte und seit einem Jahr auch habilitierte Theologe und Historiker Benjamin Hasselhorn, der, das scheint ein Problem zu sein, als Schüler Karlheinz Weißmanns in einem Gymnasium in Northeim Abitur machte und danach unter dessen redaktioneller Betreuung unter Pseudonym etwas für die Sezession und für das Staatspolitische Handbuch schrieb.
Wenn einem – wie bereits erwähnt – doppelt promovierten und außerdem habilitierten Kopf Artikel vorgehalten werden, die er vor über zehn Jahren schrieb und die keinerlei programmatische Ausrichtung hatten, dann ist die Freiheit der Forschung tatsächlich in Gefahr. Sie ist es zumal dann im verschärften Maße, wenn über den Akademischen Rat der Lehrstuhlinhaber angegriffen wird.
Hasselhorn hatte aufgehört, für die Sezession zu schreiben, nachdem Karlheinz Weißmann auch aufgrund von unüberbrückbaren inhaltlichen Auseinandersetzungen als Redakteur zurückgetreten und als Autor ganz zur Jungen Freiheit gewechselt war. Denn auch Hasselhorn mißbilligte den Kurs, den die Sezession einschlug: Pegida-freundlich, Höcke-nah, grundsätzlich, nicht liberalkonservativ, politisch-romantisch, expressiv.
Es sagt viel über den “Wissenschaftsstandort Deutschland” aus, daß Hasselhorn schon damals aus gutem Grund für seine paar Texte ein Pseudonym wählte – auf Anraten von Weißmann und uns übrigens. Man mußte die Abdrängung und den Hygienewahn nicht erst noch voraussehen – beides war längst universitärer Alltag.
Es ist flach argumentiert und leicht durchschaubar, wenn die Morinas dieser Welt nach einer demokratischen Wahl die Wissenschaftsfreiheit in Gefahr sehen. Das einzige, was ihnen widerfahren würde, gäbe es eine wirkliche zweite Meinung, wäre: Sie müßten besser argumentieren und einiges neu lernen, was sie verlernt haben – daß es nämlich zurecht und ohne Zweifel eine andere Sicht auf die Welt gebe als die erwünschte, und daß der Diskurs in seiner Konsensform etwas abgrundtief Langweiliges und sehr Erkenntnishemmendes sei.
Aber man darf nun nicht den immergleichen Fehler machen und an die Fairneß derer appellieren, die fest im Sattel sitzen und die Machtstrukturen beherrschen. Die Konservativen in der Habermas-Falle – ein peinlicher Anblick.
Laßt es Euch tätowieren: Es gibt keinen herrschaftsfreien Diskurs – es sei denn, es geht um gar nichts.
Wo es aber um Deutungsmacht und Forschungsgeld, um Netzwerkausbau und Zitierzirkel geht, da wurde schon immer und wird bis heute nicht nur hart argumentiert, sondern gelogen, denunziert, niedergebrüllt, beschuldigt, verhindert, entlassen und ruiniert. Daran wird kein Appell etwas ändern, sondern nur eine andere Machtstruktur im Wissenschaftsbetrieb – eine von Normalität geprägte Struktur also, die liberal-konservative, hervorragend ausgebildete Wissenschaftler wie Hoeres und Hasselhorn einfach in Ruhe forschen und lehren läßt.
Florian Sander
Wie passend. Morina und ihrem Kollegen Norbert Frei hatte ich erst im Februar diesen Offenen Brief gewidmet:
https://konservative-revolution.blogspot.com/2025/02/offener-brief-zwei-historiker.html