Frank Lisson stellt die Gretchenfrage

von Uwe Jochum -- In der jüngst erschienenen Sommernummer der Zeitschrift »TUMULT« hat Frank Lisson eine vehemente Polemik gegen die »Katholisierung der Neuen Rechten« verfaßt.

Auf den fünf Druck­sei­ten, auf denen er vom Leder zieht, wim­melt es von Kraft­aus­drü­cken, ganz wie es sich für eine Pole­mik gehört, die von dem Ver­dacht gelei­tet ist, daß es sich bei den neu­er­dings zuta­ge tre­ten­den katho­li­schen Nei­gun­gen Neu­er Rech­ter um eine hilf­lo­se Halt­su­che han­delt, betrie­ben von einem Per­so­nal, das »alters­in­fan­til, rat­los, viel­leicht auch ein wenig debil gewor­den ist«.

Lis­son kann sich die­sen neu­en »Wil­len zum dog­ma­ti­schen Glau­ben« nur als eine Kom­bi­na­ti­on aus drei Fak­to­ren erklä­ren: Unwis­sen­heit über das Wesen des Chris­ten­tums, post­kul­tu­rel­le Regres­si­on und tie­fe Iden­ti­täts­kri­se. Und also setzt er dazu an, die­se drei Fak­to­ren pole­misch aus­ein­an­der­zu­neh­men. Schau­en wir uns das ein­mal genau­er an.

Um die Unwis­sen­heit über das Wesen des Chris­ten­tums zu bekämp­fen, greift Lis­son in die argu­men­ta­ti­ve Werk­zeug­kis­te Nietz­sches, der im Chris­ten­tum nichts wei­ter als eine groß insze­nier­te Lüge sah, eine »Miss­ge­burt von Falsch­heit« (Nietz­sche ipse), die die west­li­che Welt mit »Schuld­be­dürf­nis, Buß­zwang, Selbst­ver­ach­tung und kul­tu­rel­ler Weg­werf­be­reit­schaft« (Lis­son ipse) über­zo­gen habe. Kurz­um: Die Unver­nunft, die sich im Chris­ten­tum Bahn gebro­chen habe, sei nichts wei­ter als eine reak­tio­nä­re Gegen­auf­klä­rung, die wie­der­zu­be­le­ben ver­su­che, was »durch Wis­sen­schaft und Erfah­rung« längst wider­legt sei.

Und was wäre das? fragt der Leser an die­ser Stel­le. Funk­stil­le auf Lis­sons Sei­te. Statt des­sen sen­det er einen Begleit­ko­de: Das Chris­ten­tum ist von »so gut wie allen (!) … deut­schen Geis­tes­grö­ßen der letz­ten drei­hun­dert Jah­re«, die »kir­chen­kri­tisch, ja nicht sel­ten anti­kle­ri­kal und anti­christ­lich ein­ge­stellt waren«, kri­ti­siert wor­den. Und er nennt Namen: Rei­ma­rus, Les­sing, Kant, Feu­er­bach, Hegel, Scho­pen­hau­er, Kier­ke­gaard, Bru­no Bau­er und natür­lich Nietzsche.

Hier zau­bert Lis­son dem Leser mit einem erstaun­lich alten Kunst­griff einen vor­geb­lich neu­en Gedan­ken vor, der unge­fähr so aus­ge­tre­ten ist wie nach Lis­sons Mei­nung das Chris­ten­tum. Der Kunst­griff besteht dar­in, dank einer All­aus­sa­ge einen ein­heit­li­chen Trend zu sug­ge­rie­ren, der als über­wäl­ti­gen­der Ein­heits­trend kei­ne Alter­na­ti­ve mehr zuläßt — was durch ein ent­spre­chen­des Name-Drop­ping abge­stützt wird.

Und hier liegt das Pro­blem: Weder ist es so, daß die Auf­klä­rung als ein­fa­cher anti­christ­li­cher und kir­chen­kri­ti­scher abend­län­di­scher Groß­trend zu betrach­ten ist; noch ist es so, daß die Gewährs­män­ner, die Lis­son bemüht, sich in die­sen angeb­li­chen anti­christ­li­chen Groß­trend ohne wei­te­res ein­fü­gen lassen.

Daß etwa Kier­ke­gaard kir­chen­kri­tisch war — geschenkt. Daß Lis­son aber ver­sucht, sei­nen Lesern Kier­ke­gaard als anti­christ­li­che Geis­tes­grö­ße zu ver­kau­fen, ist ent­we­der ein uner­klär­li­cher Irr­tum, wie er auch bei sonst intel­li­gen­ten Men­schen ein­mal vor­kom­men mag — oder er ist genau das, was Lis­son, der kei­ner belei­di­gen­den For­mel aus dem Weg geht, im Hin­blick auf das Chris­ten­tum »Man­gel an intel­lek­tu­el­ler Red­lich­keit« nennt.

Denn selbst­ver­ständ­lich ist Kier­ke­gaard ein zutiefst christ­li­cher Den­ker und genau als sol­cher eine abend­län­di­sche Geis­tes­grö­ße. Nicht anders als sein den­ke­ri­sches Gegen­bild Hegel, den Georg Las­son, einer sei­ner Her­aus­ge­ber, ein­mal »den tiefs­ten Mys­ti­ker der neu­en Zeit« genannt hat (in sei­nem Vor­wort zu Hegels Vor­le­sun­gen über die Phi­lo­so­phie der Reli­gi­on).

Und schließ­lich: Daß Kant popu­lär­phi­lo­so­phisch immer noch als der »Alles­zer­mal­mer« gilt, der ins­be­son­de­re reli­giö­sen Ansprü­chen auf die Erkenn­bar­keit Got­tes einen Rie­gel vor­ge­scho­ben habe — geschenkt; nicht geschenkt aber ist, daß das nicht ein­mal die hal­be Wahr­heit ist, näm­lich die Wahr­heit einer um Selbst­er­kennt­nis kupier­ten Ver­nunft, die sich in ihre eige­ne Sub­jek­ti­vi­tät ein­bohrt und allen Erns­tes meint, sie könn­te unter Abse­hung gro­ßer Tei­le der Über­lie­fe­rung und durch blo­ßes Nach­den­ken über sich selbst etwas über die Welt im Gan­zen aussagen.

Johann Georg Hamann, ein ver­nunft­kri­ti­scher Kri­ti­ker Kants und eine von Lis­son nicht beach­te­te Geis­tes­grö­ße, hat dem ent­ge­gen­ge­hal­ten: daß unser Den­ken nicht ohne Spra­che zu haben sei, die­se aber eine ganz eige­ne Geschich­te und eine unbe­greif­li­che Wur­zel habe, von der her uns zuge­spro­chen wird, was wir den­ken, daß wir also immer und stets tie­fer in Glau­ben und Tra­di­ti­on ste­cken, als einem lis­son­schen Auf­klä­rer lieb sein mag.

Von hier aus zeigt sich, daß Lis­son wenig mehr zur Auf­klä­rung der angeb­lich christ­li­chen Unwis­sen­heit zu bie­ten hat, als die Abblen­dung der gesam­ten vor­auf­klä­re­ri­schen Phi­lo­so­phie mit ihren ganz eige­nen Geis­tes­grö­ßen wie Meis­ter Eck­hart, Tho­mas von Aqui­no oder Anselm von Can­ter­bu­ry. Sie alle hat­ten einen Begriff vom Zusam­men­wir­ken von mensch­li­cher Ver­nunft und gött­li­cher Schöp­fung und wären nie­mals auf die Idee gekom­men, eine über Sokra­tes, Pla­ton und Aris­to­te­les lau­fen­de Denk- und Auf­klä­rungs­li­nie einer über Jesus und Pau­lus und die Kir­chen­vä­ter lau­fen­de Ver­blen­dungs­li­nie ent­ge­gen­zu­set­zen. Für sie galt viel­mehr, daß die Wur­zel des Abend­lands eine dop­pel­te ist: eine in Athen und eine in Jerusalem.

Wenn also eine Regres­si­on zu dia­gnos­ti­zie­ren ist, dann nicht eine durch das Chris­ten­tum bewirk­te, son­dern eine durch die hal­bier­te Auf­klä­rung. Zu ihr gehört ganz wesent­lich, daß sie die Wahr­heits­fra­ge durch die Fra­ge nach der Gene­se eines Sach­ver­halts oder Phä­no­mens ersetzt. Nicht mehr soll gefragt wer­den, ob es wahr ist, daß es Gott gibt, son­dern viel­mehr wird jetzt danach gefragt, was die Men­schen zum Glau­ben an Gott bringt.

An die­ser Stel­le setzt die von Nietz­sche groß gemach­te Logik des Ver­dachts ein, die allen Glau­ben für ein Epi­phä­no­men von Täu­schung und Lüge hält und in einer gera­de­zu hys­te­ri­schen Psy­cho­lo­gi­sie­re­rei jede Form von Glau­ben als Betrug — und sei es Selbst­be­trug — ent­larvt. Wobei der hys­te­ri­sche Ton­fall, der hier ein­zu­set­zen pflegt und der auch in Lis­sons Text zu fin­den ist, daher rührt, daß jeder, der auf die­se Ent­lar­vungs­ges­te her­ein­fällt, zuletzt zuge­ben müß­te, daß auch er von einem vor­aus­ge­setz­ten Glau­ben inspi­riert ist (daß alles Christ­li­che, wenn nicht über­haupt alles Reli­giö­se eine Lüge sei) und also sein eige­nes Den­ken kei­nen Deut bes­ser ist als das der von ihm Kritisierten.

An die­ser Stel­le implo­diert das nietz­schea­ni­sche Denk­ma­nö­ver, und der Implo­si­ons­ver­mei­dung dient der hys­te­risch auf die ande­ren gerich­te­te Zei­ge­fin­ger: tua cul­pa! In der Tat, und dar­in ist Lis­son mal­gré soi dann wirk­lich Recht zu geben: Was wir seit Nietz­sche erle­ben, ist ein Griff »in den Topf alter, ver­dor­be­ner Din­ge«, näm­lich eine Regres­si­on ins ein­fa­che ver­däch­ti­gen­de Für-wahr-Hal­ten ohne Anhalt an den Sachen, um die es geht. Das ist in der Tat »eine Ernied­ri­gung des Geistes«.

Und so kommt end­lich in den Blick, daß die »Iden­ti­täts­kri­se«, die Lis­son dia­gnos­ti­ziert, nicht in der Rück­wen­dung zum Chris­ten­tum, beson­ders sei­nen tra­dier­ten ortho­do­xen For­men, liegt, son­dern in dem ver­zwei­fel­ten Ver­such, eine Auf­klä­rung zu behaup­ten, die ohne christ­li­che Reli­gi­on und Gott auskommt.

»Das Selbst ist ein Ver­hält­nis, das sich zu sich selbst ver­hält«, hat Kier­ke­gaard in Die Krank­heit zum Tode geschrie­ben. Und er hat ergänzt: daß das Ver­hält­nis sich zu sich selbst ver­hält und wir also über­haupt ein Selbst haben — ist gesetzt. Wir haben uns nicht selbst gesetzt, wir sind als ein Selbst von einem Drit­ten gesetzt, das eben­das »daß« unse­res Selbst­ver­hält­nis­ses setzt. Kier­ke­gaard wuß­te: um das zu ver­ste­hen, braucht es nicht nur Denk­kraft, son­dern auch Phan­ta­sie, denn die Phan­ta­sie ist das Medi­um unse­res Denkens.

Je mehr Phan­ta­sie, des­to inten­si­ver das Den­ken. Ohne Phan­ta­sie öff­net sich schnel­ler, als einem lieb sein kann, die Türe der Ver­zweif­lung, hin­ter der die letz­ten Nietz­schea­ner ver­su­chen, ein Selbst zu sein, ohne ein gesetz­tes Selbst zu sein. Sie betrei­ben, wie Kier­ke­gaard schrieb, »eine Selbstver­zeh­rung, jedoch eine ohn­mäch­ti­ge Selbst­ver­zeh­rung, die nicht ver­mag was sie sel­ber will.«

Die reli­giö­se Gret­chen­fra­ge, die Lis­son stellt, ist damit beantwortet.

– –

Das Som­mer-Heft von Tumult kann man hier bestel­len.

Nichts schreibt sich
von allein!

Das Blog der Zeitschrift Sezession ist die wichtigste rechtsintellektuelle Stimme im Netz. Es lebt vom Fleiß, von der Lesewut und von der Sprachkraft seiner Autoren. Wenn Sie diesen Federn Zeit und Ruhe verschaffen möchten, können Sie das mit einem Betrag Ihrer Wahl tun.

Sezession
DE58 8005 3762 1894 1405 98
NOLADE21HAL

Kommentare (75)

Martha

16. Juni 2025 12:08

Wir sollten auf keinen Fall hier eine weitere Spaltung der Rechten betreiben.
 Auch ich persönlich sehe mit Befremden rechts eine Art Flucht in die christliche Religion, einen Rückzug in einen Bereich, wo man sich noch geborgen fühlen kann, weil ja der liebe Gott über uns wacht.
Man sollte das in unserer katastrophalen Lage praktisch sehen: Bekämpfen wir lieber unsere gemeinsamen Feinde politisch und lassen jedem seinen privaten Glauben. 
Edward Dutton hat darauf hingewiesen, daß das Religiöse in den Menschen auch genetisch eingepflanzt ist und daß wir uns in einer Phase befinden, wo das Religiöse wieder an Bedeutung gewinnt. 
Allerdings ist dies ein Begriff, der mehr als die Religionen im klassischen Sinne umfaßt. So kann man auch an die "Klasse" oder die "Rasse" glauben, von esoterischen und anderen Sichtweisen mal abgesehen.
Auf Grund der höheren Reproduktionszahlen von christlichen Gläubigen gegenüber Atheisten ist klar, wer evolutionsbiologisch im Vorteil ist. Die gemeinsame Bedrohung kommt von jenen, die noch mehr Nachwuchs haben und zudem unsere Lebensweise bekämpfen.
Wir sollten notfalls getrennt marschieren, aber vereint schlagen. Wenn man das Thema unbedingt diskutieren will, dann in einer angemessenen, respektvollen Art und Weise, ohne es eskalieren zu lassen. Am besten nicht in der Öffentlichkeit.

RMH

16. Juni 2025 12:15

Als Nichtleser der "Tumult" kann ich nicht den Ausgangsbeitrag zur Kenntnis nehmen, daher das Nachfolgende unter Vorbehalt: Die Gretchenfrage ist doch bereits das Ergebnis falscher Beobachtung. Eine n. Rechte reiht sich eben nicht in den Katholizismus mit Kirchenasyl & Herz-Jesu-Sozialismus ein & "die" Rechte schon mal gleich gar nicht, sondern wenn, dann nur Teile davon. & wo reiht sie sich primär ein? In die vorkonziliären Teile des Kath., die also nach wie vor "Reaktionär" im besten & wahrsten Sinne sind (nur das ist rechts). Kleinere Teile sympathisieren mit der Ortodoxie (Polemik: Die finden dann auch Putinismus gut). Im Großen & Ganzen, bei all den Atheisten, Agnostikern, Neuheiden, Esoterikern u Satanisten, die sich gerade auch bei den n.R. tummeln, daher wieder einmal die Frage: Warum arbeitet sich da einer über mehrere Seiten an einer Seitenströmung einer kleinen Bewegung ab? Meistens sind es irgendwelche Kränkungen, die den Angriff bedingen. Und "die Wissenschaft", die h.M. etc ist seit Corona das dümmste Argument. Ein Kant wusste genau, dass der Verstand nur ein Teil des Menschen ist & seine Kritik an der Ratio nordet die Vergötzung des Verstandes gerade wieder ein, da sollte ein F.L. wissen. Polemik am Ende: Lasst ihn wieder für die Sezession schreiben & er beruhigt sich.

Laurenz

16. Juni 2025 12:23

Tach Herr Dr. Jochum, das, was Sie hier betreiben, ist unlauter. Wenn Sie tatsächlich eine Debatte über den historischen-, biblischen- oder katholischen Jesus (oder Gott) wollten, für die ich Ihnen privat gerne zur Verfügung stehe, hätten Sie nicht auf einem, zwar nicht klerikalen, aber doch Katholischen Blog publizieren dürfen. Hier wird es öffentlich keine diesbezügliche Debatte geben. Das wurde bereits vor mehr als einem halben Jahrzehnt abgeschafft mit dem legitimen Recht des Eigentümers. Daß Herr Lisson keinen Bock hat, mit Ihnen zu debattieren, ist doch völlig nachvollziehbar, es macht keinen Sinn. Das ist in etwa wie mit Frau Birkenbihl zu Lebzeiten über den Islam zu debattieren oder mit Greta Thunfisch über Klimalüge oder Palästina. Man braucht mit Gläubigen keine Debatte führen, Zeitverschwendung. Ich mache das nur, weil es Spaß macht, Debatten zu gewinnen. Hier habe ich mir das so gut es geht, abgewöhnt, sondern stelle mehr auf den sinnvollen Umgang miteinander ab. Daß Lisson auf Philosophen abstellt, ist Seinem Lebenslauf & der Einfachheit geschuldet, aber ein Fehler. Philosophen sind irrelevant, Politiker entscheiden. Von daher ist nur eine politische Einschätzung von menschengemachten Religionen relevant.

Umlautkombinat

16. Juni 2025 12:39

Habe den Lisson nicht vor zu lesen aber nehme die zitierten Punkte der Einfachheit halber mal als korrekt so gegeben an. Dann ist eine Replik leichte Gartenarbeit. Schon das wieder einmal - ad nauseam - ausschliessliche Abheben auf philosophisches Umfeld und dessen Nadelspitzenfechtereien. An denen ist Christentum noch nie gestorben. 
Naturwissenschaften waren es, die Gottes Bewegungsfreiheit eingeschraenkt haben, und das sind sie immer noch. Wer das weglaesst - ob hier der urspruengliche Autor oder der Erwiderer - dem fehlen ein paar Dimensionen an Argumentationsfaehigkeit. 

Maiordomus

16. Juni 2025 12:51

Gretchenfragen sind nie schlechthin  beantwortet, so wie Gretchen nicht einfach das dumme "Lieschen Müller" ist, womit sie gelegentlich verwechselt wurde. Schon ihr Kommentar zu Fausts pantheistisch-aufgeklärten Bekenntnis mit "So sagt es der Pfarrer auch, nur mit ein bisschen anderen Worten"  wird nur von kurzsichtig dogmatischen Orthodoxen als naiv oder gar blödsinnig angesehen. Bei der Kritik oben sieht man zumal, dass etwa Kierkegaard, dem man zwar immerhin Irrationalismus vorwerfen kann, das Gegenteil eines dezidierten Nichtchristen ist, womit sich indes Goethe charakterisierte, ohne seine Identität als unter "Wir Protestanten" einzuordnen, er war sogar eher mehr Protestant als "ethnisch" orientierter Deutscher. Ein kritischer Christ, der im Gegensatz zu Lisson unfähig war, schlechte bzw. reflexionsschwache unausgereifte Bücher zu schreiben, war der mit omnia opera auf dem Index der Röm. Kirche geehrte Erasmus von Rotterdam,  philologischer Grundleger der Reformation, und im Vergleich zum Oberketzer Eckhart scheinen mir herkömmlich Religionskritiker "Herumsteher, die nicht an Gott glauben", wie Nietzsche die unvollständigen Nihilisten charakterisierte. Zu schweigen davon, dass Rechte sich zumal mit den Büchern von Carl Schmitt den Katholizismus betreffend befassen sollten, um in der Einschätzung der Religion nicht als naiv zu erscheinen. Auch Machiavelli war ein ethisch orientierter katholischer Freidenker mit Sinn für praktische Vernunft.     

Adler und Drache

16. Juni 2025 13:08

Diese und ähnliche Fragen brechen seit Jahren immer wieder auf und müssten einmal wirklich richtig bearbeitet werden. 
Ans Kommentariat: "Wüstenreligion" in 3 ... 2 ... 1 ...

Ernestine

16. Juni 2025 13:33

Ich kann Frank Lisson nur raten, sich unter die von ihm Beschriebenen zu mischen und mit ihnen in persona in Kontakt zu treten. Dann würde er vermutlich merken, dass sein hochtrabendes Theoretisieren und die Schlussfolgerungen daraus erstaunlich wenig mit der Realität zu tun haben. Aber das kennen wir ja als Dissidenten zur Genüge... 

MARCEL

16. Juni 2025 14:08

Eigentlich schätze ich Frank Lisson, vor allem seine hellsichtige Befürchtung, es sei heute sehr schwierig, nicht den Verstand zu verlieren. Wie recht er hat (führt er uns das gerade vor?).
Was soll man zu dieser Philippika sagen (die ich nicht gelesen habe - mea culpa)?
Nicht weit von G. Sorel würde ich sagen: Die Neue Rechte braucht einen Mythos, um zu überleben, Kant reicht da nicht!
Und Mythos ist nicht gleich Phantasterei!
Und jeder Mensch (auch Frank Lisson) pflegt seinen Privat-Mythos!
 

Majestyk

16. Juni 2025 14:16

Ich bin nicht religiös, ich habe deswegen keine Identitätskrise. Liegt vielleicht auch daran, daß ich mittlerweile vieles abgestreift habe, was man in mich reinstopfen wollte und was ich als falsch empfunden habe oder was nicht zu meinen eigenen Wahrnehmungen paßte. Ganz im Gegenteil, mich von zwei Religionen, dem Katholizismus und der Sozialdemokratie gelöst zu haben ist Teil meiner Identität und die lasse ich mir nicht absprechen.
Von mir aus soll jeder nach seiner Façon selig werden. Was mich langsam nervt ist die Behauptung, geordnetes und vernünftiges Zusammenleben sei nur mit einer Herde an Gläubigen möglich und der unausgesprochene Aufruf nach mehr Konformität. Dabei schafft erst Säkularisierung die Grundlage sich Dogmen entziehen zu können und genau das macht Leben erträglich und frei gestaltbar.
Zweifel ist der Ursprung allen selbstständigen Denkens und ohnehin braucht es zu jeder positiven Veränderung Chaos und nicht die Aufrechterhaltung einer angezweifelten Ordnung. Deswegen sind Theologen und Juristen (Theologen des Rechts) kaum geeignet den Weg zu Veränderung zu zeigen. Monarchen schaffen sich nicht selber ab, da muß man nachhelfen. 

Umlautkombinat

16. Juni 2025 15:13

Edward Dutton hat darauf hingewiesen, daß das Religiöse in den Menschen auch genetisch eingepflanzt ist

 
Na, ja. Duttons Arbeiten gehoeren wohl zum Unteren dessen, was sich Wissenschaft schimpft. Exemplarisches Beispiel sein wahrsch. bekanntester Artikel The mutant says in his heart, “there is no God”...  Keinerlei harte Genetik zur Unterstuetzung der These, ausschliessliche Meta-meta Literaturbetrachtungen (mit denselben Defekten) usw., usf..
 
Wie schrieb mal jemand so schoen auf reddit: "The fact that people who reject molecular evolution believe they can use molecular evolution to prove their points is lost on them." (ergaenzt durch: "No aspirin for irrationals!").  
 
Dasselbe Problem wie mit McGilChrist's Divided-Brain Hypothese. Alles am Anfang [tatsaechlich] riesig interessant, mit der gelieferten Evidenz hapert es aber dann gewaltig. 

Gracchus

16. Juni 2025 15:23

Beim perlentaucher heute gelesen, dass beim Bachfest in Leipzig die Johannespassion umgetextet wurde zum "Leid queerer Menschen". Selbst dem SZ-Kritiker kam das ein bisschen blöd vor. Das sagt schon viel zum Geisteszustand der "aufgeklärten Gesellschaft", der Lisson (anscheinend) das Wort redet.  

Ein gebuertiger Hesse

16. Juni 2025 15:26

@Martha: Volle Zustimmung. Die Rechte sollte alles unterlassen, was der weiteren Auseinanderdividierung zuträgt, aus den von Ihnen genannten Gründen.
Außerdem bekommt das intellektuelle Gerangel zwischen "Mein Gott-Papa, obwohl ich ihn nicht sehe, ist der Besteee!" und "Mein Nicht-Gott-Papa, gerade weil auch du ihn nicht siehst, ist noch bestereeeer!", über die Jahre etwas Juvenil-Manisches, schon weil keine Seite auf die andere hin auch nur einmal großzügig sein möchte - und nur das würde sich vielleicht lohnen.
Einer der geilsten Künstler des 20. Jhr., Luis Bunuel, hatte mal gesagt, er sei "ein Atheist vor Gottes Gnaden". SO kann Widerspruch aussehen - nicht auf die Gegenseite hin, sondern betreffs des eigenen Arguments, das man, bevor man es den anderen um die Ohren haut, in sich selbst zu tragen bereit und willens und, wenn es gut läuft, auch fähig ist.

RMH

16. Juni 2025 15:45

Ich habe oben in meiner Aufzählung, #16. Juni 2025 12:15, der "Buntheit" des rechten Kosmos ganz vergessen, dass es natürlich auch protestantische Vertreter bei den n.R. gibt, oft biblisch-fundamentalistisch-baptistisch bis ganz gering auch pfingstlerisch (gerechterweise muss ich jetzt diese Polemik dazu schreiben: Die finden dann auch Trumpismus gut) - mir persönlich würde ein echter Lutheraner alter Schule gefallen, nur, wo publiziert er einmal häufiger & grundlegender? Man sieht also, wie groß "Gottes Tiergarten" auch innerhalb der Rechten ist und nur, weil bspw. das hiesige Verlegerehepaar angeblich immer wieder bei kath. Traditionalisten zu finden ist, bedeutet das noch recht wenig (zeigt aber auch ein bisschen die Richtung von Lisson). Aktiv missioniert haben sie jedenfalls noch nicht. Und wenn unser "ich gewinne alle Debatten" Breitbeiner mal den einen oder anderen Beitrag gesperrt bekommen haben mag, dann lag das evtl. eher daran, dass er gerne auch mal monologisiert, statt wirklich auf Argumente einzugehen. Zu seinem Trost: Auch bei mir gehen nicht alle Beiträge durch.

Gracchus

16. Juni 2025 15:51

Den Artikel finde ich vorzüglich - unter dem Vorbehalt, dass ich Lissons Polemik nicht kenne. Den Befund, dass das rechte Lager rekatholisiere, kann ich nicht ausmachen. Die immergleichen rechtsintellektuellen Anwürfe nimmt man hingegen inzwischen gelassen zur Kenntnis.
Nietzsche, muss ich gestehen, wird mir, je älter ich werde, eher fremder, vor allem der spätere, wenn er seine Zarathustra-Orgel anwirft, da geht unter dem Gepolter das Leichtfüßig-Tänzerische verloren, so sehr er es beschwört. Kann es sein, dass bei der Rezeption rechter Kreise jener mediterrane, dem schwerfälligen Germanentum denkbar abholde Nietzsche etwas unter den Teppich gekehrt wird?
Dass die Naturwissenschaften die Bewegungsfreiheit Gottes eingeschränkt hätten, wie @Umlautkombinat meint, kann ich auch nicht so - im metaphorischen Sinne gemeint - erkennen, wobei diese Behauptung ja schon eine philosophisch-theologische ist. 
 

RMH

16. Juni 2025 15:59

"Wir sollten auf keinen Fall hier eine weitere Spaltung der Rechten betreiben."
@Martha, Ich glaube nicht, dass ein einzelner Beitrag eine Spaltung herbeiführt. Denn für eine Spaltung ist der gesamte "gärige Haufen" nämlich noch nie genug einig gewesen. Ich habe es hier ja schon genannt, was für ein "bunter Haufen" die Rechte eigentlich ist. Sie sind nicht nur 1-Mann-Kasernen (G.K. dixit) sondern noch vielmehr 1-Mann-Kirchen, denn soviel Teamunfähgigkeit und überbordender Indvidualismus, wie bei der Rechten, findet man selten und genau deshalb ist sie so attraktiv für Exzentriker (im besten Sinne gemeint) und all die, die hier mitkommentieren (schließe mich da mit ein). Ich sehe Lissons Polemik als ein bisschen Herumgestänker von genau so einem, der - Entschuldigung, jetzt wirds ad hominem - vemutlich nie verkraftet hat, dass er kein echter Erfolgsautor, kein Star und schon gar kein Vordenker der neuen Rechten wurde. Ich habe dennoch Bücher von ihm, aber besonders umgehauen hat mich keines, auch nicht sein "Homo Absolutus" (das beste aus der Homo-Trilogie), noch erschienen im Schnellrodaer Verlag. Am besten waren noch die frühen Veröffentlichungen von ihm in der Zeitschrift Sezession.

Rheinlaender

16. Juni 2025 16:44

@RMH
Ich hätte es nicht so verstanden, dass z.B. traditionelle Katholiken die erwähnte politisch-weltanschauliche Richtung für sich beanspruchen und von anderen fordern, sich entsprechend einzureihen, zumal dieser Katholizismus in Deutschland ein Nischenphänomen darstellt. Wesentliche Teile dieses Katholizismus scheinen mir zudem politisch eher indifferent zu sein. In Frankreich scheint dies anders zu sein, wobei hier zwischen traditionellen Katholiken und der dort eher neuheidnisch ausgerichteten Nouvelle Droite doch einige Differenzen zu bestehen scheinen.
Was Lisson angeht, so erweckt die Zusammenfassung seines Textes oben den Eindruck, als er sei einigen der vielen "schwarzen Legenden" der Aufklärer aufgesessen. Zudem stimmen seine Beschreibungen dieses Milieus nicht. Dieses ist nicht "altersinfantil", sondern zieht eher jüngere Menschen an, die zudem oft viele Kinder haben, und "hilflose Haltsuche" beschreibt nur einen Bruchteil der Konversionsmotive. Ich werde mir den Aufsatz einmal anschauen, aber Lisson scheint hier einen Strohmann aufzubauen.

Laurenz

16. Juni 2025 16:49

@RMH & Adler & Drache ... Ohne zu tief einsteigen zu wollen, habe ich auf der SiN überhaupt keine Lust auf solche Diskurse, sondern ich freue mich dann, wenn wir uns explizit davon befreien, entöffentlichen. Das, man verzeihe mir den Ausdruck, fällt der Addictio der Gläubigen von was auch immer, explizit schwer. Weil der entscheidende Glaube die Sucht nach Mission ist. (Zitat Tim Kellner:) "Rechtsradikale würden behaupten", um eben alle in die Scheiße zu reiten. Exakt aus diesem Sachverhalt, ziehe ich die Schlußfolgerung des politischen Konstrukts. Ohne politische Motivation zur Machtoption bleibt jegliche Mission sinnlos. Um mit Gott zu kommunizieren, beten, Trost & Halt suchen, braucht man selbst als Analphabet weder Schrift, noch Anleitung. An diesem Punkt kommt der politische Agitator ins Spiel, häufig Theologe genannt, der das Bekenntnis zum "wahren Glauben", dem Wort Gottes fordert. Gott schreibt aber nicht. Habe bei Antaios keinen Autor "Gott" gefunden. Da bleibt es sich völlig gleich, ob dieser theologische Agitator mit den Offenbarungen von Propheten (antiken Analysten) oder mit "Der Wissenschaft/The Science" angeschissen kommt. Keine Religion, ob Klima oder Islam, hält @Franz Bettingers Goldstandard stand. Also keine Debatte mit präsenten Gläubigen.

Laurenz

16. Juni 2025 17:04

@Maiordomus ... hier mit Goethe aufzuwarten, Ihn zu servieren, schlägt sogar Herrn Dr. Jochum, quasi eine Frechheit. Goethe besaß keine Wahl, dem Protestantismus zu entsagen. Da war der historische Protestantismus wesentlich brutaler noch als ein sinnbildlicher Bernardo Gui. Die heidnisierten Päpste der Renaissance schauten großzügig über die vielen Sünden großer Künstler hinweg, was vielen Orden (siehe Luther) zwar nicht paßte, aber nichts half. Goethe stellte das Göttliche nie in Frage, aber gewiß jeglichen Personenkult. Er war im Grunde Seines Herzens der größte oder zumindest der bekannteste Heide der Neuzeit.

Umlautkombinat

16. Juni 2025 17:14

@Gracchus

Dass die Naturwissenschaften die Bewegungsfreiheit Gottes eingeschränkt hätten, [...] kann ich auch nicht so [...] erkennen

 
Ich will ja keine Gottbeweise fuehren oder widerlegen. Aus generellen Gruenden bin ich da auch ganz bei Martha's grundsaetzlicher Auffassung. Wandelt keinen Glaeubigen und beweisen kann ich es selbst mir selbst nicht. Wenn ich das denn wollte. Ich bin ja nicht ohne Grund Agnostiker, Glauben windet sich immer raus :)
 
Aber wenn jemand wieder nur ein paar alte deutsche Philosophen aus dem 19-ten Jahrhundert anschleppen kann, dann oeffnet das eben Dingen wie den gemachten Vorwuerfen an name dropping unzulaessig leicht vielfaeltige unnoetige Flanken. Das ist niedrighaengendes Obst.
Ich meine, die Konsequenzen und Widersprueche, die schon aus altem Kram wie  Evolutionstheorie, Radiokarbonmethode und was weiss ich fuer sich allein fuer die biblische Schoepfungsgeschichte entstehen, die sollten doch auch an keinem Bibeltreuen vorbeigegangen sein. Da bedarf es schon Aufmunitionierung der eigenen Argumentation in neues Unbelegbares.
 

t.gygax

16. Juni 2025 17:29

Bei Kierkegaard liegt Lisson eindeutig daneben,hier ein Originalzitat von K. Wird in der Regel in der ausufernden Sekundärliteratur unterschlagen: 
" bald ist es vorbei/ bald ist es gewonnen/dann ist der ganze Streit in nichts zerronnen/ bald kann ich laben mich an Lebensbächen/ und ewig,ewiglich mit Jesus sprechen"
K. kritisierte Erscheinungsformen des Christentums in seiner dänischen Beamtenkirche, aber trennte sich nie von Jesus Christus.
Warum eigentlich diese großen Kritiker sich nie an den Islam/ den Koran heranwagen, darf vielleicht einmal bescheiden gefragt werden.....
 
 

Adler und Drache

16. Juni 2025 17:30

@ Gracchus
wenn er seine Zarathustra-Orgel anwirft
Herrliche Formulierung! Und schön, einmal einen Gleichgesinnten zu lesen, denn mir geht es ebenso: Mit dem "Zarathustra" kann ich am wenigsten anfangen.
Der Publikums-Nietzsche war eine Kunstfigur, und sein polterndes Verhältnis zum Christentum dementsprechend auch nicht "authetisch". Es war zum einen Provokation des konservativen Bürgermilieus, zum anderen aber wiederum schon längst ein alter Hut, den er in den Ring warf, um den Anschluss zur progressiven geistigen Elite nicht völlig zu verlieren. Ein anderer Nietzsche (aber vielleicht auch nicht der "authentische") begegnet etwa im Gedicht "Klage der Ariadne", auch Briefe zeigen ein differenzierteres Bild. Wäre auch wert, mal aufgearbeitet zu werden.  

Hans Carl Bohr

16. Juni 2025 18:14

Was mich am Kommentariat verstört, ist, daß eigentlich alle, die Lisson kritisieren, den TUMULT-Artikel gar nicht gelesen haben. 

Ingelore

16. Juni 2025 18:15

Das ist wieder ein bemerkenswert guter Beitrag von uwe Jochum, in der ersten von mir gelesenen Sezession, fand ich schon solch einen guten Artikel von ihm, es ging, wenn ich mich recht erinnere um falsch verstandene Nächstenliebe. Um im Denken voran zu kommen, braucht es außer Phantasie auch geistige Neugierde . Vor Jahren fragte ich meine Schwester (Oma gegen Rechts) in meiner mir wesenseigenen Arglosigkeit : "Hast Du schon das Buch von Thilo Sarazin gelesen - Deutschland schafft sich ab?" Sie völlig empört: "Das brauch ich nicht zu lesen, ich weiß, was drinn steht." Diese Haltung finde ich hier auch! Die "überzeugten" Atheisten wissen bestens Bescheid über die Lehre der Katholischen Kirche und das Christentum ,darum lehnen sie diese ja auch so entschieden ab. Eine weitere, fragwürdige Ansage von meiner Mutter war: auf Familientreffen durfte über Politik und Religion! nicht gesprochen werden. Hatte für meine Mutter mit einer stark nazistischen Prägung den großen Vorteil, dass man sich stundenlang ausschließlich mit Ihren Krankheiten und Befindlichkeiten befassen mußte. Auch das finde ich hier leider teilweise im Ansatz wieder. Ansonsten danke ich der Redaktion für diesen anspruchsvollen Beitrag .Er ist eine wirklich erschöpfende Antwort auf offenen Fragen in mir. Es geht in Debatten doch nicht nur um Unterhaltung und die Bestätigng der eigenen zementierten Ansichten , sondern um Erkenntnisgewinn !
 

Gracchus

16. Juni 2025 18:32

@Majestyk: An das Grundgesetz müssen Sie ja auch irgendwie glauben. Im Grunde so ähnlich wie an eine göttliche Offenbarung, nur dass sich das Volk darin offenbart.
Was aber sonst hebt einen Text wie das Grundgesetz aus anderen Texten hervor und gibt ihm normative Geltung? 
Im Endeffekt: Jede Herrschaft heischt nach Gehorsam und Glauben, sei es an ihre Legitimität oder an die pure Faktizität ihrer Macht. 

Maiordomus

16. Juni 2025 19:57

@RMH. Lutheraner alter Schule? Die haben zum Beispiel als Bekenntnis zur Realpräsenz wie die heutigen konservativen Katholiken noch die Mundkommunion gekannt. Noch interessant, dass vergangenes Wochenende in Wittenberg ein dreitägiges Riesenfest mit Kinderumzug, "blind date", Schmausereien, Marktständen und vielem anderen gemacht wurde als Jubiläum von 500 Jahre Hochzeit Luthers mit Katharina von Bora, worüber übrigens Jochen Klepper einen Roman geschrieben hat. Dabei wurde der Anlass, in der aber nicht die sehr streng im paulinischen Sinn zu interpretierende Ehe, sondern die "Liebe" zwischen den beiden betont wurde, weil schliesslich die Ehe nach protestantischer Auffassung schliesslich mit Pflichten verbunden ist, auch der Vermeidung von Unzucht dient. Immerhin habe ich gemäss youtube nichts von Regenbogenehe und anderem gemäss neuestem Ev. Kirchentag mitbekommen, ging es der Staat vorab um ein fröhliches Fest, man wollte keineswegs oder fast überhaupt nicht das Religiöse oder gar Heilige der Ehe betonen. Oder weiss hier jemand aus der Gegend mehr? War seit einigen Jahren nicht mehr in Wittenberg.  

Hesperiolus

16. Juni 2025 19:59

Nicht vorliegenden Ausgangstextes die Gretchenfrage beiseite - möglich fehlt einfach das Gretchen und der Respons levitiert fraglos; gehören die wenigen zur Kenntnis genommenen Texte dieses Verfassers im Schriftraum der nR mir zu den mißbehagendsten.  - Ärgerlich die Anschaffung eines Bandes aus seiner Homo-Trilogie, wortreich aufgeschwemmte und ressentimental unterspülte Epigonalspenglerei. Erinnere aus anderen Lektüren dieses ungesund angenietzschte Herrchentum, zudem verdächtig sexualfixiert. In einer vorgehenden Tumult-Ausgabe, anlässlich Bahnreise, von ihm über „Mulattisierung“ in einer Weise gelesen: ungläubig dergleichen in einer  hinnehmbaren Heftung zu finden. Anstossend da nicht in der Sache, jedoch der rumpelstilzenden Diktion!  Diese scheint aber Grundduktus. - Wie anders die herbe Wehmut eines mir lebensweltlich so fernen, jedoch geschätzten HB.
 
 

Majestyk

16. Juni 2025 20:01

@ Gracchus:
Das sagt schon viel zum Geisteszustand der "aufgeklärten Gesellschaft"
Eben nicht. In einer "aufgeklärten" Gesellschaft wäre es nicht möglich jede geistige Verstopfung zur Ersatzreligion aufzublähen. Dazu braucht es schon ziemlich viele Menschen, die zu rationalem Denken nicht fähig sind.

Maiordomus

16. Juni 2025 20:09

@RMH. Würde Lisson indes vom Aufwand her immer noch weit eher als den eher tagespolitischen Sellner als Philosophen gelten lassen, in welcher Eigenschaft bekanntlich Sloterdijk und Precht erfolgreichere Verkäufer waren, wiewohl für unsere Fragestellungen noch bei weitem nicht gut genug, da reicht selbst Habermas nicht aus, Lübbe mit seiner kontingenz-betonenden Religionsphilosophie schon eher. Er interpretiert Religionen grundsätzlich als Narrative, worüber wir uns mutmasslich sogar hier einigen könnten.
Übrigens sollte man Kepler und Kant unbedingt als Protestanten gelten lassen, sowohl im naturwissenschaftlichen wie ethischen Denken  bleiben sie nur als Christen verstehbar, jedenfalls kritischer denkend als herkömmliche Atheisten, welchen übrigens Rousseau das Stimm- und Wahlrecht aberkennen wollte. Die  Aufklärung war generell im Vergleich zur katholischen Kirche noch klar intoleranter, hat ursprünglich auch Onanie und Homosexualität verfolgt. weswegen bekanntlich das päpstliche Rom zur Zuflucht für deutsche Aufklärer wurden, musste sie doch in Rom lediglich mit der Hölle rechnen, an die sie nicht glaubten.     

Heinrich Loewe

16. Juni 2025 20:25

Vielen, vielen Dank! Was Lisson vorbringt ist einfach absurd. So absurd, daß man nicht weiß wo anfangen. Wer die Nietzsche-Phase hinter sich hat, sieht diesen mow mit gewissem Mitleid vor dem Hintergrund der Einheit von Leben und Werk. Überhaupt, die Aufklärung vorzubringen...Hat Josef Pieper im Grunde schon abschließend widerlegt. Phänomenologoisch, also im Ganzen die Erscheinungen wahrnehmend, können die Rationalisten die Welt überhaupt nicht schlüssig beschreiben. Der Katholizismus schon, weil er die Wahrheit ist.

dojon86

16. Juni 2025 20:55

Mag schon sein, dass das Christentum nicht gerade die optimale Religion ist, wenn es um die Verteidigung des Eigenen geht. Es ist trotzdem die Religion, die das Abendland geformt hat und somit gehört sie zum Eigenen. Die historische Erfahrung lehrte, dass das Christentum durchaus kämpferisch zur Verteidigung des Eigenen aufstehen konnte. (von den Kreuzzugspredigern, die das hl. Land dem Westen wieder gewinnen wollten was man nicht vergessen sollte, den Rittern der Reconquista bis zu Andreas Hofer) Womit gedenkt Herr Lisson das Christentum zu ersetzen. Mit dem arischen Edelmenschen ? Mit Wotan und Odin, die vielleicht in die Waldlandschaft Nordeuropas zur Zeit Widukinds gepasst hätten aber nicht in das Hier und Jetzt. Oder mit einem blutleeren Verfassungspatriotismus ? Aber wie gesagt, die Rechten sollten sich über solche Fragen nicht streiten. Was der Verteidigung des Eigenen dienen kann, ist gut. Getrennt marschieren, vereint schlagen .

Umlautkombinat

16. Juni 2025 21:30

Weil das gleich mehrfach kommt: Bitte hier keine Strohmaenner aufbauen nach dem Motto, wer den Lisson nicht gelesen hat, der hat den Mund zu halten. Hier geht es um den Artikel von Jochum. 
 
Also: Hat er sein Subjekt falsch zitiert/interpretiert oder nicht? Das sollte doch von den Belesenen beantwortbar sein. Wenn dem nicht so sein sollte, geraderuecken. Alle, an die ich mich erinnere, die den Originalartikel nicht gelesen haben, haben nicht umsonst einen entsprechenden Disclaimer vor ihre Antwort gestellt. 
Ansonsten genuegt was dasteht in sich allein voellig, um an Jochum herumzumaekeln. 

RMH

16. Juni 2025 21:39

"Mit dem "Zarathustra" kann ich am wenigsten anfangen."
@Adler und Drache,
aber gerade das ist eine der wesentlichsten Schriften Nietzsches, aus der man Grundlegendes von Nietzsches Philospophie und Weltsicht erfährt, bspw auch zum nur schwer verständlichen Gedanken der ewigen Wiederkunft des Gleichen. Es gibt klar leichter und schöner lesbares von ihm. In meiner "Nietzsche Phase" habe ich zugegebenermaßen um den Zarathustra wie die Katze um den heißen Brei herum gelesen, bis ich es dann endlich angegangen habe. Am Ende wurde wirklich vieles klar, man braucht das Buch auch nicht bis zum Ende lesen, aber ohne es zumindest angelesen zu haben, braucht man nicht über Nietzsche zu sprechen. Der Mensch ohne Gott. Hier wurde er gedacht.
Der Lutheraner, von dem ich schrieb, könnten übrigens vermutlich ganz gut Sie sein.

Waldgaenger aus Schwaben

16. Juni 2025 21:45

Religion hat identitätsstiftende Wirkung. Wie gewaltig gerade die Wirkung der katholischen Konfession sein kann, sah z.B. in Polen nach der Wahl von JP II. Solange sich Religion nicht gegen die eigenen Landsleute richtet und diese als ungläubige Feinde betrachtet, ist nichts dagegen zu sagen.

A. Kovacs

16. Juni 2025 21:47

Nach einem sehr starken TUMULT-Artikel Lissons zur "Mulattisierung" Europas jetzt ein sehr schwacher zur angeblichen "Katholisierung" der Neuen Rechten. Gibt es nicht vielmehr ein sehr reales germanisches Neuheidentum cum Nihilismus, vermengt mit einer Prise Sufi-Islam? Täusche ich mich, diesen synkretistischen Mix wahrscheinlich repräsentativ in diesem Kommentariat anzutreffen? 

Ulrike

16. Juni 2025 21:51

Zur „Gretchenfrage“ schreibt Björn Höcke in seinem Buch „Nie zweimal in denselben Fluß“ u. a.: „Am besten trifft wohl folgende schöne Beschreibung einer agnostischen Grundhaltung mein eigenes religiöses Empfinden: Als Demut vor den Rätseln der Welt. Was allerdings trotz aller Skepsis bestehen bleibt, ist der Respekt vor den großen Symbolen der Religionen und ihren Rückbindungsversuchen, sowie die Achtung vor den Leuten, denen es geglückt ist, diese Einheit persönlich zu leben ... Wenn es um Religion im praktischen Sinne geht, stößt man meist entweder auf pathologische Überspitzung oder demente Auflösung aller Wertbezüge. Ich vermisse die selbstverständliche Empfindung einer Rückbindung – also religio im eigentlichen Sinne, die häufig durch menschlich-institutionelle Vermittlung Schaden nimmt.

Carsten Lucke

16. Juni 2025 22:07

@ Adler und Drache
" Mit dem "Zarathustra" kann ich am wenigsten anfangen. "
Das finde ich sehr traurig. Das Buch hat mir beim Durchstehen einer schlimmen Zeit (NVA - 1095 Tage) entscheidend geholfen - es ist "meine Bibel".
Allein "Von den Fliegen des Marktes" aus den "Reden" war,ist und bleibt für mich eine Offenbarung.
Habe in Nietzsche nie den Philosophen gesucht, den absolut überragenden Psychologen aber gefunden.
Das genügt mir vollends.
 

Ingelore

16. Juni 2025 22:35

@ Heinrich Loewe, großs Zustimmung meinerseits, was die Wahrheit betrifft. Übrigens hochaktuell das Buch von Joseph Piper " Das Ende der Zeiten" Er war ja kein Prophet, sondern katholischer Theologe und als solcher hat bemerkenswert, rein theologisch aus der Geschichte abgeleitet und präzise vorhergesehen z.B. die Spaltung, in der sich die Gesellschaft heute befindet, die Verkehrung der Werte und die Folgen des Atheismus und Liberalismus; nämlich die Entfremdung, den Werteverfall und die geistige Einschränkung der Vernunft und vieles mehr.Man könnte ihn jedoch insofern zu den Propheten zählen, weil die Propheten des alten Testamens den göttlichen Auftrag hatten, die Menschen zu warnen. Das hat Joseph Piper wohl  nicht beabsichtigt , trotzdem ist ihm das gelungen

Gracchus

16. Juni 2025 22:39

@Majestyk: "... Ersatzreligion aufzublähen." Ich möchte Sie nur ungern wecken. Wenn man alle "Ersatzreligionen" seit der Aufklärung aufzählen müsste, würde man so schnell nicht fertig. Aufklärung kann freilich auch zur Religion werden. Offenbar hinterlässt die Aufklärung eine Lücke, in der sich dann immer neue religionsähnliche Ideologien bilden. 
Abgesehen davon, ist das queere Umtexten der Johannes-Passion nicht religiös, sondern eine Verhunzung durch sich als aufgeklärt gebende Kreise, die ja vielleicht ihre eigene Musik komponieren könnten. Dazu reicht es nicht. Allein der erhabene Eingangschor - darf man gar nicht dran denken. Damit es nicht heißt, hier würde gegen queere Menschen gehetzt: Ihr Leiden stelle ich nicht in Abrede, Jesus liebt auch queere Menschen und ist für sie am Kreuz gestorben. 

Adler und Drache

16. Juni 2025 22:54

@ Maiordomus
Die "Luther-Hochzeit" ist ein reines Volksfest, sozusagen Wittenberger Folklore, das wird nicht von oder im Namen der Kirche veranstaltet. Findet jedes Jahr statt. Hat nur am Rande mit Luther zu tun, da mischt sich alles Mögliche bunt durcheinander, Mittelalter-Markt und Fanfarenumzug und Schaulaufen aller möglichen Vereine usw. Beim Schaulaufen kommt dann schon irgendwann ein Lutherpaar, das gehört eben dazu, aber eigentlich ist das nur ein großer Rummel. 

Adler und Drache

16. Juni 2025 23:14

@ Umlautkombinat
Naturwissenschaften waren es, die Gottes Bewegungsfreiheit eingeschraenkt haben
Da widerspreche ich. Naturwissenschaften wurden einmal vorrangig ad maiorem Dei gloriam getrieben (Goethe, wiewohl kein Christ, reiht sich da ein), und solche Naturwissenschaftler gibt es bis heute. Mit der radikal atheistischen/antitheistischen französischen "Illumination" änderte sich das. Im Deutschen kam diese Radikalität gar nicht so an, was schon durch den züchtigeren oder auch verschämteren Begriff "Aufklärung" ausgedrückt wird; im Gegenteil: Hier gingen das Christentum und seine moderne Kritik im Idealismus noch einmal eine durchaus fruchtbare Verbindung ein. 
Den Widerspruch "Naturwissenschaft" - "Glaube" sehe ich eher als atheistisches "Narrativ" an. Schon die biblischen Texte bringen stellenweise Beobachtungen, die von einem naturwissenschaftlichen Blick auf die Welt zeugen, der aber nicht als Widerlegung des Glaubens empfunden wird; weshalb auch? (Fragt der einsame SiN-Lutheraner ...)
 

anatol broder

17. Juni 2025 00:56

dem aufsatz über das machbare im wirklichen entnehme ich, dass lisson gern seine beschränktheit zurschaustellt.

Maiordomus

17. Juni 2025 06:07

@Loewe. Als Katholik hätte ich Ihre Formulierung, "der Katholizismus, weil er die Wahrheit ist" nicht als die Meinung der bedeutendsten Gläubigen bestätigen wollen, wozu nicht unbedingt Päpste gehören, aber zum Beispiel Michel de Montaigne, im Mittelalter die Begründer des Nominalismus, ausserdem Augustinus, Eckhart, Pascal, Baader, Bischof Sailer, Erwecker der bedeutendsten Generationen katholischer Priester im deutschen Sprachraum, zumal aber Erasmus, welcher jenseits der "Liturgiereform" die bedeutendsten Errungenschaften des 2. Vatikanischen Konzils überzeugender formuliert hat, bei Zurückweisung der fanatischen und zum Teil bilder- und orgelstürmerischen Ausartungen der Reformation, nach Paracelsus einem Frühlingslüftchen, dem später jedoch grosse Mengen Schnee nachgefolgt seien. Dabei gehört die Debatte um das Abendmahl zumal bei Zwingli, dessen Ausführungen später, zum Beispiel von Fraumünsterprediger Engelhard, als nur "symbolisch" eng geführt wurden, aber bei genauem Lesen der Texte als "mystisches Mahl" zu verstehen sind, bei elementarem Gemeinschaftsbezug, wie Basels Reformator Oswald Myconius auszuführen vermochte. Die noch stark materiell orientierte Lehre von der Transsubstanziation scheint ergänzungsbedürftig, "katholische Wahrheit" ist wenn schon eine anzustrebende Perspektive. Die Dogmen um Maria und die Dreifaltigkeit sind indes grandiose Verkündigungsleistungen.    

Rheinlaender

17. Juni 2025 09:04

@Hans Carl Bohr
Der Artikel Lissons ist noch übler, als es der überaus freundlich formulierte Kommentar Herrn Jochums vermuten lässt. Es handelt sich um eine primitive Polemik, die stellenweise ins Vulgäre abgleitet. Den Katholizismus betrachtet Lisson als die Religion für den "homosexuellen, pädophilen Frauenfeind" und als "Feind". Er begrüßt, dass die Rechte das Christentum als "Produkt der Fäulnis, des Niedergangs er Alten Welt, der Dekadenz" betrachte. Nur wer "altersinfantil, ratlos, vielleicht auch ein wenig debil geworden ist, sucht Halt im Christentum". In dem Stil geht es weiter. Lissons stützt sich dabei vor allem auf Nietzsche-Zitate ab, aber während dieser reale Schwächen der modernen Kirche traf, mit denen er sich ernsthaft auseinandergesetzt hatte, prügelt Lission verbal auf einen von ihm selbst geschaffene Strohmänner ein, die mit dem real existierenden traditionellen Katholizismus und seinen Anhängern nichts zu tun haben. Für die von ihm behauptete "Hinwendung zum Katholizismus der Neuen Rechten" benennt er dementsprechend auch ein einziges konkretes Beispiel. Dann hätte er sich ja mit von realen Menschen tatsächlich vertretetenen Positionen auseinandersetzen müssen.

KlausD.

17. Juni 2025 10:01

@Adler und Drache  16. Juni 2025 22:54
"Die "Luther-Hochzeit" ist ein reines Volksfest"
Das stimmt zwar, es ist ein Riesengewühle, dennoch denke ich, ist den Menschen bewusst, dass Luther bei diesem Fest im Mittelpunkt steht, wie auch sonst Luther in Wittenberg allgegenwärtig ist. Und die Leute sind auch stolz irgendwie auf "ihren" Luther, dieses Selbstbewusstsein spürt man so, dass ich schon die Augenbrauen hochziehe und tief einatme, wenn ich bloß WB auf dem Nummernschild lese ...

Maiordomus

17. Juni 2025 10:17

@Adler und Drache. Danke, vermutete es in dieser Richtung, wobei aber das 500-Jahr-Jubiläum schon ein besonderes Fest ist, welches Reflexion der noch verbliebenen Gläubigen erfordern würde. Zumal über die biblische Ehe, die selbstverständlich mit der Regenbogenideologie nicht das Geringste zu tun hat, welch letztere übrigens auch nicht mit den durchaus bemerkenswerten Überlegungen des grossen Gelehrten Karl Heinrich Ulrichs zu tun hat betr. die "Unzuverlässigkeit der äussern Kennzeichen im Geschlechtsleben des Leibes und der Seele", wie es Ulrichs Vorläufer Heinrich Hössli schon 1836 in seinem "Eros" formulierte, welcher die Sinngebung der Homosexualität noch stark auf der Basis von Platon reflektierte, dafür das bestverbotene Buch der Schweizer Druckgeschichte in Glarus und St. Gallen in Auftrag gab, durchaus bei Respektierung der Heiligkeit der biblischen Ehe. Dabei unterschied Ulrichs rund drei Typen von "Urningen", also geschlechtlichen Abweichlern, gegen deren Verfolgung er sich wie kein zweiter engagierte, deswegen auch ins päpstliche Rom ins Exil ging, wo man für derlei Abweichungen, falls sündig praktiziert, ausschliesslich im Jenseits bestraft wurde, siehe den 11. Gesang des Inferno von Dante und den 26. des Fegefeuers. Natürlich müsste über derlei vertieft und zumal wissenschaftlich begründet nachgedacht werden.  

MARCEL

17. Juni 2025 10:32

Bei und in allem bleibt die wohl schmerzhafteste Lektion, welche die Geschichte immer wieder erteilt, so auch heute:
Dekadenz ist nicht rückgängig zu machen.
Man muss sie durchlaufen, in ihr sehr viel abstoßen/ verlieren und mit einem Rest, der mit nichts heute vergleichbar ist, auf kleiner Flamme den Kern eisern bewahren.

Valjean72

17. Juni 2025 10:33

Dojon86: «(von den Kreuzzugspredigern, die das hl. Land dem Westen wieder gewinnen wollten was man nicht vergessen sollte, den Rittern der Reconquista bis zu Andreas Hofer) Womit gedenkt Herr Lisson das Christentum zu ersetzen. Mit dem arischen Edelmenschen ? Mit Wotan und Odin»
---
 
Je mehr ich über die Kreuzzüge nachdenke, desto fataler erscheinen sie mir für die europäische Sache. Am Ende wurde Byzanz durch die christlichen Kreuzfahrer derart geschwächt, dass es schliesslich von den Osmanen übernommen werden konnte, die dann später noch Griechenland und andere Länder des Balkans für mehrere Jahrhunderte unterwerfen konnten.
 
Für uns Europäer wäre es besser gewesen auf die Kreuzzüge zu verzichten, Byzanz gegen die Osmanen zu unterstützen und evtl. auch die Reconquista Spaniens bereits 3 Jahrhunderte früher zu realisieren. So aber verbluteten europäische Ritter für nichts in der Kargheit des Nahen Ostens, bzw. sogar, um den islamischen Osmanen den Weg zum Balkan freizumachen.
 
---
P.S.: Wotan = Odin (und @Wallasch: Donar = Thor)

Adler und Drache

17. Juni 2025 10:40

@ RMH
@ Carsten Lucke 
Ich habe mir diese Vorlesung des Zarathustra angehört, die mich aufgrund ihrer eigenartig-hypnotischen Phrasierung faszinierte (manchmal ist so ein "Hörbuch" eben doch nicht schlecht!):
[Link lässt sich nicht einfügen, auf YT in 46 Teilen von "Sibidumbap" eingestellt]

Maiordomus

17. Juni 2025 10:50

@Laurenz. In Goethes 175bändiger Sophien-Ausgabe seiner sämtlichen Werke und Briefe gibt es Legionen von Belegen, bei denen er sich als Kulturprotestant versteht, einen Ausdruck, den auch Thomas Mann in seinem Brief an Reinhold Schneider aus Anlass von dessen Friedenspreis des dt. Buchhandels für sich selber bekennt. Zumal bei Beschreibungen des Katholizismus verwendet Goethe zur Abgrenzung den Ausdruck "wir Protestanten", wobei er dem Katholizismus, zumal dem italienichen, religionsdidaktische Qualitäten zurühmt, weil man katholisch einen "Vater im Himmel habe", dazu eine "himmlische Mutter" und "einen, der gelitten hat wie wir". Solcherlei beschreibt er grossartig, so wie seine Schilderung der Rochus-Prozession in Bingen mit weinseliger Predigt des Bischofs der wohl beste Text der religiösen Volkskunde in Deutschland bleibt, in Faust I u. Urfaust überdies die bestmögliche natürlich nicht unkritische aber total realistische Beschreibung des kath. Milieus von Gretchens Familie. In einem bacchantisch abgefassten Freundesbrief bekennt Goethe freilich: "Wir sind Heiden, und wir wollen Heiden bleiben!" So äusserten sich in Venedig und im päpstlichen Rom zur Zeit der Renaissance auch italienische Humanisten, was sogar gedruckt werden konnte. Am Ende liessen sie sich aber dann doch katholisch beerdigen, siehe die it. Friedhofkultur.   

Laurenz

17. Juni 2025 11:32

@Maiordomus @L. ... Haben Sie den Krah-Interview-Artikel nicht gelesen? Das ist heute. Sie haben den Torquato Tasso sicherlich gelesen & nicht verstanden, wie ich feststellen muß.

dojon86

17. Juni 2025 12:00

@Valjean72 Das Wotan und Odin nur ein unterschiedlicher Name für denselben Gott ist, war mir durchaus bewusst. Die saloppe Ausdrucksweise habe ich verwendet, um deutlich zu machen, dass ich dem Neuheidentum eher distanziert gegenüber stehe und dass es unserer gemeinsamen Sache nach meinem Dafürhalten wenig nützt. Die meisten Kinder unter Autochthonen habe ich übrigens unlängst bei einer Messe der Pius Brüder gesehen. Aber gut, Sonnwendfeiern stehen vor der Tür, Mal schauen wie es dort mit der Reproduktion aussieht. Im übrigen sind auch Sonnwendfeiern eine verkappte Form der Religion die sich zumindest in meiner Gegend mit dem Katholizismus immer vertragen hat. Viele Rechte sollten sich, anstatt über die Frage zu diskutieren, wieviele Engel auf einer Nadelspitze tanzen, sich fragen, warum die Zuwanderer im Verdrängungs- und Akkulturierungswettbewerb in unseren Städten immer gewinnen. Vielleicht ist's ja doch die Religion ? Wie hieß es mal so schön im DDR Rundfunk. "Von der Sowjetunion zu lernen heißt, siegen zu lernen"

Adler und Drache

17. Juni 2025 12:37

@ KlausD.
wie auch sonst Luther in Wittenberg allgegenwärtig
Unbestritten, sogar im katholischen Pfarramt steht ein Luther - zwar nur aus Pappe, aber lebensgroß. 

Ekstroem

17. Juni 2025 12:46

@Laurenz und alle. Lesenswerter Nachtrag zum GK-HK Gespräch. Unter dem Titel "Die Causa Krah vs. Kubitschek - Wider die legalistisch getarnte Unterwerfung" hier der Verweis: https://synergon-info.blogspot.com/2025/06/die-causa-krah-vs-kubitschek-wider-die.html

Boreas

17. Juni 2025 13:06

Meine Religion ist Deutschland! Deutschland brennt dunkel in verwegenen Hirnen. Deutschland ist da, wo um es gerungen wird, es zeigt sich, wo bewehrte Hände nach seinem Bestande greifen, es strahlt grell, wo die Besessenen seines Geistes um Deutschlands willen den letzten Einsatz wagen. Deutschland ist an der Grenze. Deutschland ist meine Religion!

Maiordomus

17. Juni 2025 14:02

L. Ich sah den "Torquato Tasso" in einer unübertrefflichen Darstellung von Oskar Werner am 29. April 1964, Goethe charakterisierte die Rolle als "gesteigerten Werther". Überdies las ich die Uebersetzung von Tassos Epos über das befreite Jerusalem meines Lehrers Staiger. Habe vieles davon auswendig gelernt. Sicher haben auch Sie von diesem Meisterwerk profitiert. da gibt es viele Zugänge. Die italienische Renaissance bedeuter mir tatsächlich viel, zumal in den Druckausgaben von Aldus Manutius Venedig. Natürlich können Sie in Goethe Ihren "Heiden" sehen. Aber sein Horizont war weit genug, den Islam und den Katholizismus einzigartig  zu verstehen nach seinem Grundsatz, das Wahre und Fruchtbare auch in Sachen zu erkunden, die einem Protestanten fremd erscheinen.  

Majestyk

17. Juni 2025 14:24

@ Gracchus:
"Ich möchte Sie nur ungern wecken."
Mit anderen Worten ich schlafe. 
Ich möchte nicht erweckt werden. Glauben Sie was Sie wollen, meinetwegen auch, daß man das GG mit religiösen Schriften vergleichen kann, erwarten Sie aber nicht von mir, daß ich es Ihnen gleich tue. 
Ich hoffte mein Eingangskommentar vom 16. Juni 2025 14:16 wäre deutlich genug. Ihr Gedankengang hat ohnehin mehr als einen Haken. Es gibt z.B. kaum einen modernen Unsinn, der nicht von den Kirchen und einem Großteil der Gläubigen mitgetragen wird. 
Scheinbar läßt selbst Religion noch Platz für andere Glaubensformen. Die Amtskirchen schauen nicht nur passiv zu, sondern feiern selber öffentlich Queerkult oder betreiben mit dem Geld der Schäfchen Schleuserei. Ich war vor zwei Wochen auf einer Beerdigung. So schön gendern wie der/die Pastor*in können nicht mal Moderatoren im ÖRR. Damit sollten sich Gläubige auseinandersetzen, nicht mit vermeintlichen Lücken im Leben von Ungläubigen. 
Bei mir sind Sie eh an der falschen Adresse. Mein Gemeinwesen wäre richtig säkular und finanzielle Unterstützung für Spinnereien oder Zersetzung gäbe es ohnehin keine.
 

Majestyk

17. Juni 2025 14:38

@ Gracchus:
"Jesus liebt auch queere Menschen und ist für sie am Kreuz gestorben."
Was bezwecken Sie mit so einem Satz? Woher wollen Sie wissen, daß Jesus queere Menschen liebte, wo es denn Begriff damals gar nicht gab? Was soll das eigentlich sein dieses "queer"? Warum übernehmen Sie so einen Mumpitzbegriff, der nichts anderes bezwecken soll als zu suggerieren, daß es mehr als zwei Geschlechtsidentäten gibt. Das brauchen nicht einmal die wenigen echten Transexuellen, die wären einfach nur gern das Gegenüber, was ihnen nie wirklich gelingt. 
 

tearjerker

17. Juni 2025 14:55

Lissons Beitrag kann vom Tenor her auch vom katholischen Kirchentag kommen, auf dem seit Jahren gewarnt wird vor der Unterwanderung kirchlicher Strukturen durch die NRe. Das ist so und so witzig, weil die politische Repräsentanz der Rechten da an Stärksten ist, wo 80%+ der Leute har kein Bekenntnis mehr abgeben. Kann natürlich auch bedeuten, dass wir schon überall sind.👽

Majestyk

17. Juni 2025 14:55

@ dojon86:
Wie hieß es mal so schön im DDR Rundfunk. "Von der Sowjetunion zu lernen heißt, siegen zu lernen"
Hat für die DDR super geklappt. 
Die Authochtonen verlieren nicht wegen fehlender Religiösität, sondern wegen fehlender Maskulinität und fehlendem Duschsetzungsvermögen. Gern hätte ich Oliver Kahn zitiert um auszudrücken was es braucht. Lassen wir mal weg, daß Linkseliten gern Fremde importieren, es ist die Gewöhnung an die Fremden, dieses sich langsam weich kochen lassen, das zur Verdrängung führt. Würden Deutsche den Fremden zeigen, daß diese nicht willkommen sind, hätten mal den Mut zu offener Antipathie, wäre vieles anders. Jeder der Ausländer bei Arbeitsplatz- oder Wohnungsvergabe Deutschen vorzieht trägt zur Verdrängung bei. Ich habe hier schon so oft geschrieben, anders wählen wird nicht reichen, es muß der Mut vorhanden sein anders zu leben: Dann muß man endlich aufhören mit diesem vielzitierten Quatsch "hoffentlich bleibt es friedlich". Es ist nicht friedlich und der Konflikt wird sich auch nicht friedlich auflösen, so oder so. Schon alleine deswegen irrt Krah. Das Land wird über die Städte kontrolliert, nicht umgekehrt und der Aufwand einen Multikultistaat in rechtliche Bahnen zu lenken ist nicht geringer als Remigration anzustreben. Zumal jener Multikultistaat ohnehin nur autorität geführt werden könnte, aber vermutlich ist dies manchen nicht einmal unwillkommen. 

Laurenz

17. Juni 2025 15:02

@Anatol Broder ... Sie hätten Sich zu besagtem Lisson-Artikel erlauben können, ein paar Sätze mehr im Detail zu schreiben, damit der Leser Ihrer Kritik auch kurz nachvollziehen kann, was Sie meinen. Hatte gerade kurz mal den Artikel überflogen & muß zugeben, der Artikel ist miserabel recherchiert & zieht eben aus der miserablen Recherche hanebüchene Schlußfolgerungen. Ich werde hier mal 3 Punkte erwähnen. Lisson fällt in die Fortschritts-Fallgrube. Er glaubt, technischer Fortschritt verändere den Menschen. Das ist völlig lächerlich. Unsere Verhaltensmuster sind genauso archaisch, wie vor 5k oder 10k Jahren. Wir sind nur etwas degenerierter, weil zB die Kurzsichtigen nicht mehr frühzeitig sterben, bevor sie sich fortpflanzen können. Jeder ist zu allem fähig (Hirnforschung oder nicht) ... ist genauso eine abstruse sozialistische Aussage. Es ist auch hinfällig zu bemerken, daß der kulturelle Ort unserer Geburt zuvorderst unsere Relgion oder Weltanschauung bestimmt. Diesbzügliche kulturelle Veränderungen passieren meist nur unter Androhung von Gewalt. Nur die Vernachlässung dieser (religiösen, auch atheitsischen) Gewaltandrohung läßt Veränderungen von Individuen in der Masse zu.

Laurenz

17. Juni 2025 15:44

@Majestyk @Gracchus ... "Jesus liebt auch queere Menschen & ist für sie am Kreuz gestorben." ... Wenn Sie schon anfangen mit einem Juristen zu debattieren, müßten Sie mehr ins Detail gehen. Der Katholische Jesus liebt & beherrscht (in einem wesentlich größeren Ausmaß als Erich Mielke (Ich liebe doch alle)) wesentlich mehr Menschen (zumindest alle Katholiken, also 1 Milliarde), als der historische oder biblische Jesus. Die katholische Kirche definiert auch heute noch den katholischen Jesus. Was sagt der neue Papst zu unseren katholischen Ganzjahres-Karnevalisten? Hatte er sich bereits geäußert? Der Biblische Jesus, hingegen, mochte nur Hebräer & war, sicher auch aus politischen Gründen, toleranter zu Nachbarvölkern als der übliche Landsmann aus Galiläa. Aber Römer & Heiden mochte er ganz gewiß nicht. Er sagte zu seinen Jüngern, "Bringet nur die Kindlein Israels zu mir."

RMH

17. Juni 2025 16:02

Ich bin seit Heft 1 Sezessions-Abonnent & noch viel länger in der "Blase" unterwegs, die man "Neurechts" nennen könnte, aber einen Gottesstaat hat bislang keiner gefordert, daher auch meine von Anfang an dieser Debatte an F. Lisson gestellte Frage, an was er sich eigentlich abarbeitet. Woran arbeiten sich die ganzen anderen "Säkularisten" ab? An gar nichts. Rein geistesgesch. hat man bspw seinen Evola (Revolte gg die moderne Welt), Voegelin (Die polit Religionen), von Böckenförde „Die Entst. des Staates als Vorgang der Säk.“ usw (lange nicht abschließend) gelesen zu haben, um überhaupt ansatzweise einmal zu kapieren, warum die Debatte um eine vermeintl. Katholisierung der Rechten ein Sturm im Wasserglas ist. Wenn man aber die notw. Grundl. gelesen hat, stellt man fest, dass die "religiösen" Wahnvorstellungen viel häufiger bei vermeintlich Säkularen vorhanden sind, als bei ein paar kathol. Traditionalisten, die ihren Pelz ziemlich bewusst nach innen tragen. Wenn man wieder einen liberalen Staat haben will, der von Voraus. lebt, die er selber nicht schaffen kann, dann sollte man über jeden Christen oder deren agnost. Epigonen dankbar sein. D begann geschichtlich erst, als die Germanen, Franken etc. schon etliche Jahre C waren. Otto I dreht sich im Grabe herum, wenn man den NS-Quatsch von wegen Zwangschristianisierung von Deutschen erzählt. Die Germanen sind nicht gleich D, D entstand erst nach der Christianisierung, Deutschland ist/war 99% christlich.
PS: Heute ist der 17. Juni, warum haben wir nicht arbeitsfrei? Warum gibt es hier keinen Leitartikel?

KlausD.

17. Juni 2025 17:03

@Maiordomus  17. Juni 2025 10:17
"das 500-Jahr-Jubiläum schon ein besonderes Fest ist"
Vielleicht darf ich Sie am Rande darauf aufmerksam machen, dass im Zusammenhang mit Reformation/Luther in diesem Jahr ein weiteres 500-jähriges Jubiläum begangen wird, nämlich die Niederschlagung der Bauernkriege Mitte Mai 1525. Die Bauern beriefen sich auf Luther ("Freiheit eines Christenmenschen"), werden in hiesiger Region auch von dem reformatorischen Prediger Thomas Müntzer unterstützt, unterliegen jedoch hier in der Schlacht bei Bad Frankenhausen, Müntzer wird geköpft. Nach anfänglicher Unterstützung distanziert sich Luther später von den Kämpfenden, ruft im Mai 1525 in seiner Schrift "Wider die mörderischen und räuberischen Rotten der Bauern" zum Kampf gegen die Aufstädischen auf.

Majestyk

17. Juni 2025 17:45

@ RMH:
"Heute ist der 17. Juni, warum haben wir nicht arbeitsfrei? Warum gibt es hier keinen Leitartikel?"
Weil Westdeutschland nicht mehr existiert, die Blockparteien nicht daran erinnert werden wollen, auch weil es wirklich ein Aufstand des Volkes war und weil Russen auf Deutsche schoßen und keine Amerikaner. Nicht verschweigen will ich, daß der "ehrbare" Sir Winston die Niederschalgung des Volksaufstandes durch die Sowjetunion als richtig empfand und die Amerikaner den Lebensmittelmangel in der DDR zur psychologischen Kriegsführung nutzten. Schöne moralischer Sieger.

Adler und Drache

17. Juni 2025 18:58

@ Laurenz
Er sagte zu seinen Jüngern, "Bringet nur die Kindlein Israels zu mir."
Da haben Sie zwei Sprüche zu einem vermengt. Er sagte "Lasst die Kinder zu mir kommen!" und "Ich bin nur gesandt zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel", wobei letzterer Spruch einen Ausschnitt aus einer Diskussion mit einer heidnischen Frau darstellt, von der Jesus sich schlussendlich vom Gegenteil überzeugen lässt. Auch den Tempel bezeichnete er ja als "Bethaus für alle Völker", womit er den Zorn der "Rechtgläubigen" auf sich zog.   

Majestyk

17. Juni 2025 20:21

@ KlausD.:
Es wäre ja noch zu klären ob refomiert wurde im Interesse der Gläubigen bzw. des Glaubens oder damit Fürsten die geistige Hoheit über die Gläubigen bekamen und sich Rom nicht mehr beugen mußten. Das ist dann aber ähnlich der Frage nach Henne und Ei, folgt die Religion der Politik oder die Politik der Religion? 

Laurenz

17. Juni 2025 20:37

@Adler & Drache @L. ... So viele Heiden gab es nicht, denen Jesus begegnen konnte, wenn, dann meistens Angehörige der Besatzungsmacht. Und der geistige Führer der damaligen Zeloten wußte nur zu genau, daß man ohne Unterstützung des Nachbarvölker keine Chance gegen die Römer hatte. Wenn Sie, abseits des klerikalen Jesus, den Biblischen Jesus verstehen wollen, müssen Sie den Hebräischen Jesus verstehen. Jesus wußte nichts von der späteren Heidenmission durch Paulus, beginnend in Antiochia. Alle diesbezüglichen Aussagen stammen aus den Paulusbriefen. Da hätten Sie auch Hildegard von Bingen fragen können oder jemand anderen mit anerkannten Gottesvisionen. Das bleibt sich völlig gleich, da auch Paulus Jesus nie kennenlernte.

Laurenz

17. Juni 2025 20:46

@Ekstroem @L. ... Der Synergon-Artikel ist ok, aber zu lang. Habe ja selbst eklatante Schwierigkeiten, kurz zu schreiben, ist aber eminent wichtig. In Schreibstil-Fragen immer an GK orientieren, so gut man kann. Jeder Satz zuviel, verringert die Zahl der Leser. 

Laurenz

17. Juni 2025 20:55

@Adler & Drache  ... Habe es noch mal nachgeschlagen in Matthäus 15 aus der Lutherbibel... Er antwortete aber und sprach: Ich bin nicht gesandt denn nur zu den verlorenen Schafen von dem Hause Israel. 25Sie kam aber und fiel vor ihm nieder und sprach: HERR, hilf mir! 26Aber er antwortete und sprach: Es ist nicht fein, daß man den Kindern ihr Brot nehme und werfe es vor die Hunde. 27Sie sprach: Ja, HERR; aber doch essen die Hündlein von den Brosamlein, die von ihrer Herren Tisch fallen. 28Da antwortete Jesus und sprach zu ihr: O Weib, dein Glaube ist groß! Dir geschehe, wie du willst. Und ihre Tochter ward gesund zu derselben Stunde.  Wenn der VS das liest, ist der Biblische Jesus von nun an auf jeden Fall gesichert rechtsextrem.

Gracchus

17. Juni 2025 21:26

@Rheinländer: Das klingt in der Tat gruselig, aber dann auch wiederum wie eine Parodie und fast schon witzig.

Dr Stoermer

17. Juni 2025 21:33

Wer meint, der Glaube an Gott sei unvernünftig oder überholt, verkennt die Kraft logischer Analyse. Vernunft fragt nicht nur empirisch: Was kann ich messen?, sondern auch notwendig: Was muss sein, damit etwas ist?
Zufall? Gesetz? Wirkung? All das braucht ein Etwas, in dem es wirken kann. Selbst Quantenfelder fluktuieren – sie sind strukturiert und veränderlich, also bedingt.
Auch wenn das erste Wirkende ewig ist, ist das nur eine Feststellung – keine Erklärung. Das erste Wirkende kann weder aus Zufall noch Gesetz erklärt werden, da es in etwas enthalten gewesen sein müsste, in dem Zufall oder Gesetz wirkt. Also muss das Können, aus sich heraus Veränderung zu bewirken, ohne selbst dazu bewirkt worden zu sein, aus logischer Sicht absichtsvoll sein. Denn absichtslos kann es nicht sein, da es auch dann durch etwas anderes ausgelöst sein müsste, und sei es durch zu viel Wodka.
Also: Wirkliche Vernunft kann nicht nicht glauben. Am Anfang muss eine Absicht vorausgesetzt werden – ein Sein, das aus sich selbst wirkt.
Diese Überzeugung trägt auch durch Leid: Wenn Gott uns loslässt, dann nicht aus Gleichgültigkeit, sondern aus Liebe – wie ein Vater, der das Kind aufs Fahrrad setzt. Schmerz ist kein Gegenbeweis gegen Gott. Er ist das Risiko der Freiheit – und der Preis der Würde.
Dass viele heute zweifeln, liegt selten an Logik. Meist an Enttäuschung. Doch wer enttäuscht ist, hat gehofft. Und Hoffnung ist kein bloßes Gefühl – sondern ein Echo jener Absicht, aus der wir hervorgehen.

Gracchus

17. Juni 2025 21:42

@Majestyk: Ich lasse mir - jetzt wird's fast loriotmäßig - von Ihnen bestimmt nicht vorschreiben, welche Begriffe ich verwende. Ich habe queer verwendet, weil er nunmal in dem Text, auf den ich mich bezogen habe, verwendet worden ist. Was ich mit dem Satz bezwecke, habe ich extra dazu geschrieben. Lesen! Ich habe zugegebenermaßen vorher nicht Rücksprache mit Jesus gehalten, hoffe aber, dies ist in seinem Sinne, da es heißt - bitte jetzt keine theologischen Diskussionen - Jesus sei für alle Menschen gestorben. 

dojon86

17. Juni 2025 23:39

@Majstyk Mein DDR Zitat war selbstverständlich ironisch gemeint. Und zwar im doppelten Sinne. Erstens, das die Idee von Siegern zu lernen natürlich gut ist. Zweitens, dass von Verlierern zu lernen natürlich Unfug ist.

Adler und Drache

18. Juni 2025 08:30

@ dojon86
Mag schon sein, dass das Christentum nicht gerade die optimale Religion ist, wenn es um die Verteidigung des Eigenen geht.
Das Christentum hat sein Eigenes zu verteidigen, das würde ja fürs erste genügen.
Für alles weitere: Ein funktionierendes, auf Dauer angelegtes Gemeinwesen benötigt wohl irgendeinen "Mythos", nichts hängt einfach in der Luft oder im bloßen guten Willen. Dass dieser "Mythos" bei uns über ein gutes Jahrtausend hinweg christlich geprägt war, lässt sich kaum abstreiten. Ich glaube aber nicht, dass sich das einfach reaktivieren bzw. das Abendland "rechristianisieren" lässt. (Was verloren ist, bleibt verloren.) Mit rechten Christenfressern wie F. Lisson verbindet mich immerhin, dass ich das auch nicht richtig fände, wenn auch aus anderen Gründen. Das Heilige ist keine Milchkuh! Es muss um seiner selbst willen geachtet werden und nicht, weil man u.U. einen positiven Nutzen für dies oder jenes abzapfen könnte. Es dient nicht uns, wir haben ihm zu dienen. Deshalb will ich gerade in dieser Sache nicht, dass die Rechten es tun wie die Linken, denn nichts entleert das Heilige mehr als seine Verzweckung - wie schon der mit dem Hammer ausgestattete Nietzsche vorführte, der dem Christentum dadurch einen großen Dienst erwies (ich möchte ihn beinah in die Reihe der Propheten stellen).   
Da ein anderer "Mythos" für mich nicht zu erkennen ist, bleibt die Aporie - unauflösbar.   
  

Majestyk

18. Juni 2025 12:47

@ Gracchus:
Ich habe Ihnen nichts vorgeschrieben, mir ist nur unerklärlich was Sie mit solchen Aussagen bezwecken. Mir ist das zu schwammig oder unkonkret und die Sprachwahl ist angepaßt. Was soll dieses "Jesus sei für alle gestorben", wenn man über Ersatzreligionen spricht? Soll man deswegen allen menschgemachten Unsinn ertragen? Wenn das ein Argument sein soll, warum eine Rückkehr zum Christentum die Lösung der Zeitgeisterscheinungen sein soll, dann geht der Schuß gewaltig nach hinten los. Ich bin nicht damit einverstanden, daß auch mit meinem Steuergeld bezahlte Kinderverwahrer, Kindern im Kindergarten Geschichten von 72 Geschlechtern erzählen, auch dann nicht wenn der Kindergarten katholisch ist. Für wen Jesus wirklich gestorben ist hat Laurenz am glaubwürdigsten erklärt. Bei der Beurteilung von Religion bin ich klar Team Laurenz. 
Mir könnte aber ja mal einer der Gläubigen erklären, warum kaum noch ein Katholik seiner eigenen Religion vertraut und es kaum noch Erdbestattungen gibt. Das würde mich tatsächlich interessieren. Die Aufweichung des Katholizismus betreiben doch nicht Außenstehende wie ich, sondern das machen die Katholiken selber, von denen viele doch eh nur Karteiliechen sind. Wenn aber schon die meisten Gläubigen nicht mehr an die Auferstehung des Leibes glauben, warum sollen dann bitte Anders- oder Ungläubige den Katholizismus noch ernstnehmen?
@ dojon86:
Schon OK. Habe ich auch so aufgefaßt und nur den Ball aufgegriffen.

Für diesen Beitrag ist die Diskussion geschlossen.