Ich zähle nicht zu denen. Aber ich weiß noch zweierlei, was meine Eltern besonders monierten:
- daß ich an Fasching nie wirklich ausgelassen war. Meine Eltern waren echte Fasnachter. Und es wurmte sie, daß ich kein heiteres „Helau!“ rufen wollte;
- daß ich nicht trösten konnte.
Letzteres klingt womöglich etwas abseitig. Aber ich habe eine Schwester und eine Cousine, die SEHR GUTE Trösterinnen waren und sind. Wenn ein Kind heulte oder meine Mutter betrübt war, verkrümelte ich mich eher, während die genannten anderen auf Umarmung setzten.
Eigentlich ist meine Reaktion einfach zu erklären: Es waren für mich peinliche Situationen (andere im Moment der Schwäche wahrzunehmen – ich fand es einfach dezent, mich zurückzuziehen), und: Wenn ich selbst traurig, verzweifelt oder voller Schmerzen (hingefallen etc.) war, zog ich mich sehr gern zurück. Menschlicher Trost war mir eher unangenehm.
Ja, es ist seltsam, als welche Persönlichkeiten wir so auf die Welt gelangen! (Natürlich ist eine Mutter, die keinen Trost spenden kann, eine ganz unangenehme Vorstellung, insofern hat sich dieser mein Wesenszug zwischenzeitlich hoffentlich leicht verändert.)
Jetzt komme ich zu dem Punkt, um den es mir geht: meinen Umgang mit blackgepillten Personen. Sie machen mich völlig ratlos. Teils machen sie mich echt fertig.
Muß ich das mit der „Pill“ erklären? Die Rede von roter und blauer Pille (die schwarze wurde später dazugedacht) stammt aus dem Film Matrix (1999), den ich persönlich furchtbar flach, plakativ und öde finde, der aber in „unserer Szene“ hehe, als „Matritze“ fungiert.
Wer zur blauen Pille greift, richtet sich ein in der linksgrünen Illusion. Er glaubt an die Tagesschau, trug artig Maske, geht stets konform mit dem Hauptstrom.
Während die “Red Pill” für das Erwachen aus Illusionen und das Erkennen harter Wahrheiten steht, trägt die “Black Pill” noch weiter: Sie impliziert, daß selbst nach dem Erkennen dieser Wahrheiten keinerlei Hoffnung auf Veränderung oder Verbesserung besteht.
Nun: Ich habe oft mit Blackgepillten zu tun. Und ich kann (leider, leider; mein inneres Kind schreit!) damit rein gar nichts anfangen. Sprich: Ich kann nicht mit ihnen diskutieren und hinterfragen, was sie denken, denn dieses Denken in Apokalypsen ist mir nämlich völlig fremd Und: Ich kann sie in ihrer desaströsen Sicht auf die Zukunft nicht trösten.
Typisch Blackpill ist:
- „Wo soll dieser Wahnsinn bitte noch enden?“
- „Werden Sie nicht auch völlig verrückt, wenn Sie diese Nachrichten hören?“
- „Wenn wir jetzt diese Verfassungsrichterin kriegen, Frau Kositza – das ist doch überhaupt nicht auszudenken! Es ist einfach das absolute Ende!“
- „Wir überlegen nach Panama auszuwandern, weil es dort solche Abhörtechniken nicht gibt.“
- „Wie können Sie noch ruhig schlafen? Schauen Sie sich doch die Chemtrails an!“
- “Seit 2015 krieg ich keine Ruhe mehr. Das sind jetzt zehn Jahre quasi schlaflose Nächte.”
- “Du kannst ein Kind heute nicht mehr auf eine Schule schicken. Und zwar nirgendwo. Sie infiltrieren alles!”
Nein, ich habe nicht mit verrückten Personen zu tun. All diese Zitate stammen von Leuten, die akademisch gebildet sind, Familie haben und überdies (jenseits der Blackgepilledheit) enorm sympathisch sind. Aber wie gesagt: Ich habe keinen Trost. Ich ticke völlig anders. Nämlich stoisch: Nimm hin, was du nicht ändern kannst. Mach was draus. Ändere, was du ändern kannst.
Wer ist nun für Blackpill-Botschaften empfänglich? Angeblich, so hat es “die Wissenschaft” herausgefunden: a) sozial isolierte Personen, b) junge Männer in Online-Subkulturen, c) politisch/ideologisch Enttäuschte, d) Menschen mit wirtschaftlicher Unsicherheit, e) Konsumenten von extremem Online-Content, f) Menschen mit psychischen Belastungen.
Großer Quatsch!, außer c) (eh ein schwammiger Punkt) kann ich alles schlichtweg von der Hand weisen. Meine geblackpillte Klientel ist fast ausschließlich weiblich, psychisch völlig intakt, “mit Familie”, gut bis sehr gut situiert und jenseits der 40 Jahre.
Was heißt es nun, daß ich “anders ticke?” Das nämlich: Ich schaue auf mich. Und mir geht es wunderbar. Ich habe soviel im Griff – und, übrigens, jeder kann das haben. Ich bin nicht mit “einem goldenen Löffel im Mund geboren.” Alles ist hart erarbeitet: das Haus, der Verlag, die “geglückten” Kinder, und so fort. Das Leben ist aufregend, ja “stressig”, grad für unsereins.
Mir geht es gut, obgleich ich mit offenem Visier und leicht googlebarer Adresse „im Kampf stehe“. Anbauen, aufziehen, sich verbreiten – all dies. Das alles kann man haben. Kostenlos ist das nicht, klar. Aber man kann “offen rechts” sein, ohne unterzugehen. Was soll ich also klagen, jammern? Hinzu kommt, und das ist nicht unwesentlich:
Wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir (Hebr. 13, 14).
Alles, was ich hier vollbringe, ist „Windhauch“, vergänglich. Ich tue es, weil einer es tun muß. Das ist eine Aufgabe für’s Leben, und jedem, der blackgepilled denkt, nichts habe eine Chance gegen die wahren Kräfte, mag davon lernen: Schritt für Schritt, die Sache mit dem Apfelbäumchen, auch wenn morgen die Welt untergeht – Sie wissen, was ich meine.
Astrid Lindgren läßt einen der Brüder Löwenherz sagen:
Es gibt Dinge, die man tun muß, sonst ist man kein Mensch, sondern nur ein Häufchen Dreck!
So ist es, das ist die Welt, ist die Aufgabe. Aber Trost kann nur von oben kommen. Das ist doch eine Aussicht – der Blick auf die “bleibende Stadt”! Gerade als Christenmensch muß man das doch kapieren! Schande, wer die schwarze Pille schluckt.
RMH
Danke, "Blackpilled" kannte ich noch nicht, liest sich so, als ob das einfach nur hysterische "redpilled"-Menschen sind. Die eigentlich konsequente Haltung, bei einer Erkenntnis, dass nichts oder nicht viel zu ändern ist, ist die im Artikel genannte, stoisch- pflichtbewusste Herangehensweise. Was soll auch Aufregung noch bringen?
Den "Blackpilled"-Menschen, die offenbar viel im Internet, bei YT etc. unterwegs sind, sei die Annahme des neuesten YT-Trends anempfohlen: Die Einnahme einer täglichen Mikro-Dosis von Lithium! Das soll Gelassener machen und auch sonst sehr hilfreich sein. Viel Erfolg.