Widerstand – Anpassung und Gegenzug (2)

Wie reagiert man auf die Kriminalisierung der Remigration? Für Parlamentspatrioten wäre die Antwort leicht: Wird ein Begriff angegriffen, streicht man ihn. Für die Avantgarde beginnt jetzt erst die entscheidende Phase. Der Angriff liefert eine Bühne. Er muß als Chance begriffen und genutzt werden.

Martin Sellner

Martin Sellner ist Kopf der österreichischen Identitären Bewegung.

Ob in Form einer Indi­zie­rung des Buches, eines Ver­bots der IB, einer wei­te­ren Ein­rei­se­sper­re – daß es zu einer juris­ti­schen Schlacht um die Remi­gra­ti­on kom­men wird, ist sehr wahr­schein­lich. Wir haben nun die Wahl zwi­schen zwei Wegen:

  1. 
Abwar­ten und reagie­ren:
Wir war­ten auf eine mög­li­che juris­ti­sche Atta­cke – und ver­tei­di­gen uns dann bestmöglich.
  2. 
Offen­si­ve ein­lei­ten: 
Wir gehen selbst in die Offen­si­ve und stren­gen einen Mus­ter­pro­zeß an.

Wir prü­fen der­zeit die zwei­te Opti­on. Das Betre­tungs­ver­bot in Augs­burg, das auf dem Remi­gra­ti­ons­ver­dikt basiert, könn­te ein Ein­stiegs­punkt sein. Das Ziel: die Ein­stu­fung mei­nes Kon­zepts als ver­fas­sungs­wid­rig juris­tisch zu kip­pen. Dafür müß­ten wir aller­dings an die Quel­len: den Ver­fas­sungs­schutz und mein soge­nann­tes „Behör­den­zeug­nis“. Es wäre in jedem Fall, ein lang­wie­ri­ger, teu­rer Pro­zess, wie ähn­li­che Ver­fah­ren der AfD zeigten.

Der Nach­teil die­ser Opti­on liegt auf der Hand: Sie frißt Res­sour­cen. Wenn wir in einem Pro­zeß, den wir selbst gestar­tet haben, vor aller Augen ver­lie­ren, schenkt man dem Geg­ner einen Sieg, den er aus­gie­big benut­zen wird.

Für Opti­on spricht dage­gen, daß die­ses Urteil bereits im COM­PACT-Pro­zeß vor­weg­ge­nom­men wur­de. Es hat zwar kei­ne unmit­tel­ba­re Dritt­wir­kung, wird aber als Vor­la­ge für media­le Dämo­ni­sie­rung, poli­ti­sche Distan­zie­run­gen, wirt­schaft­li­chen Druck und wei­te­re Repres­si­ons­maß­nah­men die­nen. Wir erlei­den also bereits eini­ge der Fol­gen einer Ver­ur­tei­lung, ohne daß wir uns ver­tei­di­gen konnten.

Ein akti­ves Vor­ge­hen hat einen gro­ßen Vor­teil: Es zeigt Stär­ke und Ver­trau­en in das eige­ne Kon­zept. Wer aus eige­nem Antrieb vor Gericht zieht, signa­li­siert, daß er Klar­heit will und von der recht­li­chen Zuläs­sig­keit sei­ner Ideen über­zeugt ist. Ein lau­fen­des Ver­fah­ren ver­schafft dazu Zeit und wich­ti­ge Erkennt­nis­se für AfD und Iden­ti­tä­re Bewegung.

Im Pro­zeß müß­ten die Gerich­te kon­kret benen­nen, wel­che For­de­run­gen nach Leit­kul­tur und Migra­ti­ons­po­li­tik in Deutsch­land erlaubt sind. Maß­nah­me für Maß­nah­me müß­te man De-Isla­mi­sie­rung, Leit­kul­tur, Anpas­sungs­druck, Ghet­to­ge­set­ze etc. recht­lich bewer­ten. Das lau­fen­de Ver­fah­ren wür­de auch den Panik­ma­chern den Wind aus den Segeln nehmen.

Ein Erfolg – selbst ein Teil­erfolg – wäre ein Fanal. Doch auch eine Nie­der­la­ge könn­te stra­te­gisch genutzt wer­den. Die Fra­gen ist: Wie wür­de ein Ver­bot juris­tisch über­haupt begrün­det? Ein mög­li­ches Urteil könn­te etwa lauten:

Zwar sind die ein­zel­nen im Buch dar­ge­stell­ten Maß­nah­men legal, doch ergibt sich aus ihrem Zusam­men­spiel ein ver­fas­sungs­wid­ri­ger Angriff auf die Men­schen­wür­de – ins­be­son­de­re durch die impli­zi­te Benach­tei­li­gung von Staats­bür­gern mit Migra­ti­ons­hin­ter­grund, moti­viert durch einen eth­no­kul­tu­rel­len Volksbegriff.

Der­ar­tig schwam­mi­ger Juris­ten­pro­sa wäre eine Ver­zer­rung mei­nes Vor­schlags – aber schwer zu wider­le­gen, da sie im Ermes­sen des Gerichts liegt. Die Fol­gen aber wären dras­tisch. Jede Maß­nah­me, die struk­tu­rell Staats­bür­ger mit Migra­ti­ons­hin­ter­grund betrifft, wäre poten­zi­ell betrof­fen. Mög­li­cher­wei­se müß­ten AfD und sogar CDU Tei­le ihrer For­de­run­gen ändern. Die rech­te Migra­ti­ons­kri­tik stün­de schlag­ar­tig mit einem Bein in der Staatsfeindlichkeit.

Soll­ten damit Tei­le oder das gesam­te Kon­zept für unzu­läs­sig erklärt wer­den, wäre die Reak­ti­on klar. Man paßt sich öffent­lich­keits­wirk­sam und unter Pro­test an das neue juris­ti­sche „Update“ der Mei­nungs­ge­setz­ge­bung an. Die For­de­rung bleibt inhalt­lich gleich, aber wird nicht mehr ver­tre­ten. Statt „Setzt Remi­gra­ti­on um!“ heißt es dann „Lega­li­siert das ver­bo­te­ne Remi­gra­ti­ons­kon­zept!“. Nach wie vor distan­ziert man sich nicht von der For­de­rung. Man bewahrt sie in die­ser juris­ti­schen Hül­le: als For­de­rung, die For­de­rung stel­len zu dürfen.

Ange­paßt an das Urteil könn­te auch mein Buch über­ar­bei­tet wer­den, etwa in Form einer neu­en Buch­ver­si­on mit geschwärz­ten oder ange­paß­ten Stel­len. Für Kino­fil­men ist das in Sau­di-Ara­bi­en und Chi­na längst üblich. Wenn Hol­ly­wood für auto­ri­tä­re Staa­ten geschnit­te­ne Fil­me pro­du­ziert, war­um soll­te so etwas nicht auch in einem Land gesche­hen, dem selbst das US-Außen­mi­nis­te­ri­um und der „Eco­no­mist“ auto­ri­tä­re Züge attestieren?

Auch die AfD könn­te die­sen Weg gehen. Von einer Mas­sen­par­tei erwar­tet nie­mand den Kurs der Avant­gar­de. Sie kann sich auf ihr knap­pe­res Remi­gra­ti­ons­kon­zept beru­fen. Eine Abgren­zung von ande­ren Remi­gra­ti­ons­kon­zep­ten soll­te nicht in demons­tra­ti­ve Distan­zie­rung umschla­gen. Das wären mei­ne 4 Rat­schlä­ge für die Kon­fron­ta­ti­on mit dem Gegner.

  1. Begriff bei­be­hal­ten: „Remi­gra­ti­on“ ist als poli­ti­sche For­de­rung legi­tim, inter­na­tio­nal etabliert.
  2. Rechts­staat­lich­keit beto­nen: Alle seriö­sen Kon­zep­te sind legal. Die Beweis­last für das Gegen­teil liegt beim Gegner.
  3. Kon­takt­schuld ver­mei­den: Es gibt kei­ne Ver­tei­di­gungs­pflicht für frem­de Kon­zep­te, statt­des­sen stur auf eige­ne Posi­ti­on verweisen.
  4. Kein Feind­zeu­ge sein: Aus­tausch und Beschäf­ti­gung mit frem­den Remi­gra­ti­ons­kon­zep­ten ist legi­tim. Man kann ihre Mei­nungs­frei­heit ver­tei­di­gen, ohne sie zu vertreten.

Die Recon­quis­ta-Stra­te­gie setzt auf kla­re Rol­len­ver­tei­lung:
Die Par­tei bleibt in Deckung, zeigt aber soli­da­risch Hal­tung gegen über­zo­ge­ne Zen­sur. Die Bewe­gung geht in die Offen­si­ve: Sie bricht die Wel­le ab, die frü­her oder spä­ter das gan­ze patrio­ti­sche Lager getrof­fen hätte.

Für eine juris­ti­sche „Ent­schei­dungs­schlacht“ ist das Ter­rain ide­al:
 Remi­gra­ti­on ist kein kom­ple­xer Begriff wie das „Volk“, son­dern ein kon­kre­tes Maß­nah­men­pa­ket. For­de­run­gen wie Leit­kul­tur, Assi­mi­la­ti­on und Rück­kehr­prä­mi­en sind anschluß­fä­hig und teils sogar mit der Uni­on ver­zahnt. Das recht­li­che Emp­fin­den der Bevöl­ke­rung steht dabei quer zur Polit­jus­tiz. Tau­sen­de Leser haben das Buch gele­sen und nichts ver­fas­sungs­wid­ri­ges entdeckt.

Am Ende steht – für alle sicht­bar – ein Buch vor Gericht. Was für eine Bla­ma­ge für eine Demo­kra­tie! Selbst Kri­ti­ker mei­ner Posi­tio­nen müß­ten die­ses juris­ti­sche Auto­da­fé hin­ter­fra­gen. Und vor allem: Sie wer­den das Buch lesen. Sie wer­den sehen, was genau hier aus dem demo­kra­ti­schen Dis­kurs eli­mi­niert wer­den soll.

Ein Sieg vor Gericht wäre ein schla­gen­der Beweis dafür, daß das Sys­tem demo­kra­tisch refor­mier­bar ist. Die The­se vom sanf­ten Tota­li­ta­ris­mus wür­de damit infra­ge gestellt. Doch auch die Nie­der­la­ge könn­te ein meta­po­li­ti­scher Erfolg wer­den. Wir wür­den stra­te­gi­sche Ein­sich­ten gewin­nen. Der Mus­ter­pro­zeß wür­de außer­dem die nöti­ge Öffent­lich­keit schaf­fen: Die Demo­kra­tie darf nicht im Schat­ten ster­ben. Direkt nach der Urteils­ver­kün­dung wür­de die juris­ti­sche zur poli­ti­schen Aus­ein­an­der­set­zung wer­den. Par­tei und Vor­feld könn­ten gemein­sam die Lega­li­sie­rung eines ver­bo­te­nen Begriffs fordern.

Der Plan ist kühn, aber mach­bar. In jedem Fall wer­den wir unse­re Akti­vi­tä­ten krea­tiv, wider­stän­dig und rechts­kon­form fort­set­zen. Die Erfah­rung lehrt: Tot­ge­sag­te Begrif­fe leben län­ger. Ver­brann­te und ver­bo­te­ne Bücher erst recht.

Noch ist das genaue Vor­ge­hen offen. Zwei Fak­to­ren sind entscheidend:

  1. Die kon­kre­te For­mu­lie­rung des COM­PACT-Urteils: Je nach Schär­fe, Klar­heit und Reich­wei­te ver­än­dert sich die stra­te­gi­sche Bewer­tung eines Musterverfahrens.
  2. Die Stim­mung im patrio­ti­schen Lager: Der Pro­zeß wird lang und teu­er. Er wird Auf­merk­sam­keit bin­den. Wir star­ten nur, wenn es ech­te Unter­stüt­zung gibt.
Martin Sellner

Martin Sellner ist Kopf der österreichischen Identitären Bewegung.

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Kommentare (12)

Beta Jas

22. Juli 2025 23:27

Ich halte Gerichtsverfahren um Begriffe und eine Zeitschrift, die ich nicht lese, für einen Nebenkriegsschauplatz. Zugleich handelt es sich nicht um göttliche Instanzen, wenn wir von Gerichten sprechen sondern um Richter, die Bürger sind und eine politische Meinung juristisch verbrämt artikulieren.
Es kommt drauf an was Julian Reichelt meint. Man kann damit rechnen das es viele Personen gibt, die wie Krah, dann doch einen Rückzieher machen weil sie Wissen was Remigration bedeutet. Nicht einfach "bitte geht" sagen sondern mehr. Dazu geht dies auch nur europäisch oder mindestens mit einem weiteren Land in Europa. Denn Deutschland alleine könnte auch einer Einkreisung zum Opfer fallen.
Remigration als Begriff zu trommeln ist nicht notwendig, die Handlungen sind entscheidend. Wer fordert das die Grenzen der EU geschlossen werden, und verteidigt, der fordert die Hälfte von dem Begriff. Wer fordert das kein Bürgergeld an nicht Staatsbürger ausgezahlt wird, sie kein Recht darauf haben sich unserer Infrastruktur in Deutschland, Österreich oder anderen Teilen der EU zu bedienen, erklärt das diese Personen nicht willkommen sind und sie wieder zu gehen haben, remigrieren. Wer dazu erklärt das alle Staatsbürgerschaften die nach 2015 in Deutschland vergeben wurden, zu prüfen sind, der stellt die Souveränität und Selbstachtung wieder her. Denn die Einheimischen sind die Benachteiligten. Das ist Remigration ohne das man den Begriff verwendet. 
Die Linksextremisten sind Antideutsch und -europäisch, sagen sie das? Nein. Sie machen nur dementsprechend Politik.

Dr Stoermer

22. Juli 2025 23:32

1/2
Eine ehrlich gemeinte Frage an diejenigen in unserer Runde, die vielleicht nicht aus dem Völker-, aber aus dem Staatsrecht kommen:
Die Ewigkeitsklausel (Art. 79 Abs. 3 GG) schützt weder die deutsche Staatsangehörigkeit an sich, noch Art. 116 Abs. 1 GG, der lediglich festlegt, wer als Deutscher gilt. Diese Norm enthält keine materiellen Voraussetzungen für den Erwerb oder Verlust der Staatsbürgerschaft. Grundgesetzänderungen, die nicht der Ewigkeitsklausel unterliegen, können mit Zweidrittelmehrheit beschlossen werden. Einer solchen Änderung geht notwendig eine Debatte voraus, die mit dem noch geltenden Verfassungsrecht unvereinbar sein kann. Daraus folgt: Positionen, die (noch) grundgesetzwidrig sind, aber nicht gegen die Ewigkeitsgarantie verstoßen, dürfen diskutiert werden – solange sie nicht mit verfassungswidrigem Handeln einhergehen.
Soweit ersichtlich, fordern Remigrationsbefürworter nicht, gegen geltendes Recht zu verstoßen, sondern streben – soweit es um die Staatsbürgerschaft geht – eine Änderung des Staatsangehörigkeitsrechts auf dem Weg grundgesetzkonformer Gesetzgebung an, um künftige Aberkennungen zu ermöglichen. Die Frage ist daher, ob dieses Bestreben die Ewigkeitsklausel verletzt. Das wäre nur dann der Fall, wenn bereits die Debatte selbst gegen die Menschenwürde verstieße – etwa durch Diskriminierung, Willkür oder gezielte Staatenlosigkeit. Ist das nicht Ziel der Debatte, liegt kein Verstoß gegen Art. 1 GG vor.
...

Dr Stoermer

22. Juli 2025 23:32

2/2
Ohnehin ist eine Debatte über künftige Gesetzesregeln, die Fragen mit menschenrechtlichem Konfliktpotenzial aufwerfen, nicht per se verfassungswidrig. Sie fällt unter den Schutz der Meinungs- und Diskussionsfreiheit (Art. 5 GG), wie auch das verfassungsrechtliche Ringen um den Schwangerschaftsabbruch zeigt (vgl. Brosius-Gersdorf zum Spannungsverhältnis zwischen Lebensrecht und Selbstbestimmung).
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfGE 116, 24) betonte, dass die Staatsangehörigkeit nicht bloßer Verwaltungsakt, sondern ein fundamentaler Ausdruck rechtlicher, politischer und sozialer Zugehörigkeit ist. Sie betrifft Identität, Integration und Rechtsstellung des Menschen. Deshalb darf sie nicht leichtfertig entzogen – aber auch nicht leichtfertig vergeben werden. Die Entscheidung über Zugehörigkeit muss Sache der Rechtsordnung bleiben. Andernfalls droht, dass Zugehörigkeit nicht mehr rechtlich, sondern politisch definiert wird.
Von daher: Was will Krah eigentlich?

kikl

23. Juli 2025 08:27

"In der Gesamtbetrachtung deuten diese – mitunter subtilen – Indizien darauf hin...Vielmehr ist über eine – schon für sich genommen gegendie Menschenwürde verstoßende – demütigende Ungleichbehandlung hinaus eine Rechtsverweigerung für einen Teil der deutschen Staatsangehörigen vorgesehen. Diesem Personenkreis sollen grundlegende Rechte wie Meinungs-, Religions- und Versammlungsfreiheit versagt sein; ..."
Die Subtilität der Beweisführung legt nahe, dass hier der Wunsch Vater des Gedankens ist. Dass die Gegendargumente von Compact keinerlei Erwähnung finden, entspricht nicht den Regeln eines fairen Verfahrens.
Justitia trägt eine Waage, um Argumente beider Seiten abzuwägen – doch das Gericht legt nur das Gewicht gegen Sellner auf die Schale. Justitia, hier in Gestalt des Bundesverwaltungsgerichts, trägt keine Augenbinde – und urteilt nicht wie ein unbefangenes Gericht. Wäre es dem Gericht um die Wahrheit gegangen, hätte es Sellners Buch zu dem Thema herangezogen oder ihn zumindest als Zeugen geladen.
Dass Martin Sellner sich dagegen zur Wehr setzen will, ist nachvollziehbar. Er wird dafür allerdings exzellente Anwälte brauchen – denn Teile der deutschen Justiz erwecken den Anschein inzwischen klar von linken Aktivisten beeinflusst zu sein.

Adler und Drache

23. Juli 2025 19:19

Statt „Setzt Remigration um!“ heißt es dann „Legalisiert das verbotene Remigrationskonzept!“.
Tja, dann viel Erfolg bei dem jahrelangen Gerichtsstreit um einen Begriff! Um einen Begriff zu streiten ist m.E. doch etwas ganz anderes als eine bestimmte Politik durchzusetzen. Vielleicht bin ich zu doof, um es zu begreifen, aber wär's nicht sinnvoller, auf den Begriff zu verzichten und, statt Geld und Energie im lawfare zu verpulvern, einfach wieder von "Abschiebungen" oder "Rückführungen" zu sprechen? Und wer sagt eigentlich, dass vom Nebengleis nicht auch noch eine weitere Strecke abgezweigt werden könnte, auf die man sich dann auch noch zu begeben hätte, womit man ja immer weiter aus dem Bereich des konkret Gestaltbaren in die Sphäre des Abstrakten abdriftete?

Gracchus

23. Juli 2025 22:17

Mir erscheint ein "Musterprozess" zu riskant. Im Übrigen sind die Alternativen keine: Eine Klage setzt immer ein vorheriges Verwaltungshandeln voraus und ist also eine Reaktion, und ich würde es auch nicht vorher ausplaudern, wenn ich einen Musterprozess anstrebte. Strategien sind meist effektiver, wenn man sie nicht offenlegt. 
Mein ungefragter Rat: ein kurzes Büchlein mit dem Titel "Remigration II" folgen lassen, mit dem Untertitel: Eine Richtigstellung oder Eine Verteidigung oder Ein Update. Darin die Krah/BVerwG-Debatte aufgreifen und die Missverständnisse/Falschdarstellungen klarstellen und das Bemühen zeigen, ein verfassungsgemäßes Konzept vorlegen zu wollen; wer verfassungsgemäß agieren will, kann nicht verfassungsfeindlich sein (auch dieser Vorwurf ist ein klares Foul von Krah). 
Dem Büchlein eine Lesereise folgen lassen und dann gegen Auftrittsverbote o. ä. gerichtlich vorgehen. Letzteres sage ich unter Vorbehalt, weil ich nicht genau weiß, worauf die Behörden ihre Verbotsverfügungen stützen, und was dann genau Streitstoff würde. 
Das vorrangige Ziel sehe ich aber darin, dass Sellner frei auftreten und sein Konzept darlegen kann. 
 

Laurenz

23. Juli 2025 22:30

@Beta Jas ... Sie sind & bleiben ein Meuthen'scher Appeasement-Verlierer. Die Amis nutzen gnadenlos den Begriff Deportation & meinen den auch so. MS definiert viel gemäßigter, humaner. Die entscheidende Frage, die Sie nicht verstanden haben, ist, bestimmen wir die Terminologie des Diskurses, oder die Linke Einheitsfront. Wenn wir, wie Sie hier vorschlagen, nachgeben, wird man den Diskurs immer weiter verengen. Und gesichert linksextreme Gerichte werden deswegen nicht aufhören, in Freisler'scher Willkür das Recht zu beugen. Wir brauchen uns doch nicht von Krah verarschen zu lassen. Ein Blick in das Grundgesetz reicht. Wer aus sicheren Drittstaaten kommt, also 95% aller Zuwanderer, hat kein Recht auf Asyl oder ein Bleiberecht. Wer in den Urlaub nach Syrien, Afghanistan fliegt oder aus der Ukraine alle 4 Wochen anreist, um das Migrantengeld beim Amt abzuholen, hat kein Recht mehr auf eine Einreise. Die einzige rechtlich bedenkliche Frage ist, die Genfer Flüchtlings-Konvention. Die hängt einfach am politischen Willen. Man kann diese Konvention mit einer einfachen Mehrheit im BuntenTag de-ratifizieren, quasi die Konvention verlassen. Wo ist das Problem? Genau, die Union ist das Problem.

Gracchus

23. Juli 2025 22:35

Ich muss in letzter Zeit immer wieder an dieses Zitat von Luhmann denken (Recht der Gesellschaft, 1993):
"Es kann durchaus sein, dass die gegenwärtige Prominenz des Rechtssystems und die Angewiesenheit der Gesellschaft selbst und der meisten Funktionssysteme auf ein Funktionieren des Rechtscodes nichts weiter ist als eine europäische Anomalie, die sich in der Evolution der Weltgesellschaft abschwächen wird."
Dafür mehren sich die Zeichen, wobei die Zerstörung von innen erfolgt, weniger im Zug einer "Evolution". 

Mitleser2

24. Juli 2025 09:04

Ich bin ja hier nur ein meist außenstehender Beobachter, und bin auch kein Krah-Fan. Aber was er angestoßen hat, betrifft eben das Grundproblem. Und ich sehe in den Kommentaren viel Ratlosigkeit. Wer durchschlägt den gordischen Knoten?

RMH

24. Juli 2025 09:20

Ich frage mich immer wieder, warum M.S. Strategiepapiere & Erwägungen veröffentlicht. Unser Rechtssyst. ist nur Schein-Rechtspositivistisch & - im Gegensatz zu den angels. Systemen - ist bei uns die Möglichkeit, durch jur. Winkelzüge eine Art Joker, der zum Erfolg führen könnte, präsentieren zu können, auf den Ausnahmefall beschränkt. Lottospielen kann erfolgversprechender sein. Denn unser Rechtssyst hat überall Einfallstore für Wertungen, Abwägungen & Entscheidungen unter Berücksichtigung einer Gesamtschau. So lange es eine Art common sense in einer Gesell gibt, so lange also die Voraus. da sind, von denen auch Böckenförde spricht, führt dies überwiegend zu Entscheidungen, die die Mehrheit "billig & gerecht" empfinden. Vor diesem Hintergerund wird doch wirklich jeder Prozessvetreter gegen M.S gerade dessen Strategieanalysen für seine Gesamtschau heranziehen & sagen, seht her, da will einer eigentlich ganz was anderes & frisst aus takt. Gründen Kreide. Im Rechspos. wäre der Kreidefresser draußen & gewinnt den Fall, in unserer Billigkeits-, Abwägungs." & Ermessens-Justiz bekommt er voll auf die 12 & gerade die strategisch- taktischen Überl. werden dann als "verwerflich" interpretiert. Kurzum: Es ist eine Zwickmühle & die klare Trennung zw. parl.-polit. Arm & dem Rest ist unumkehrbar, wenn man den parl.-polit. Arm nicht verlieren will. Das der parl.polit. Arm damit bereits mittelfr. Nachwuchsprobl bekommt, steht auf einem anderen Blatt.

Der Gehenkte

24. Juli 2025 10:39

@ Adler und Drache
Ihre Bedenken sind berechtigt. Es besteht die Gefahr, daß der Begriff zum Fetisch verkommt. Bin mir sicher, daß Sellner - als ausgesprochen selbstreflexiver Mensch - sich dessen bewußt ist. Der Begriff selbst leistet an sich gar nichts, seine Aufgabe sind die Aufmerksamkeit, die Mobilisation und die Sammlung. Er ist auch an sich nicht wichtig, entscheidend ist allein, ob die sich dahinter versteckenden Abläufe endlich in Gang kommen oder nicht. Täten sie es ohne diesen Begriff, könnte man komplett auf ihn verzichten. 
MS hat sich in seiner strategischen Skizze ganz bewußt auch auf Lenin bezogen. Er sollte sich "Was tun?" noch einmal zu Gemüte führen und sich um das Verständnis der Überlegungen zur "revolutionären Parole", den Losungen und zu Agitation und Propaganda bemühen. In dem Moment, wo eine Parole um ihrer selbst willen verteidigt wird, hat sie sich überlebt. Ob sie das tut, muß ununterbrochen geprüft und an den Änderungen der politischen und gesellschaftlichen Realität gemessen werden. In der juristischen Verteidigung eines Begriffes liegt immer auch eine innere Tendenz zu seiner Verhärtung. 

Umlautkombinat

24. Juli 2025 13:16

Sie sind & bleiben ein Meuthen'scher Appeasement-Verlierer.

Bloedsinn, er ist a) inhaltlich konsequenter als Sellner es je oeffentlich war,

Wer dazu erklärt das alle Staatsbürgerschaften die nach 2015 in Deutschland vergeben wurden, zu prüfen sind, der stellt die Souveränität und Selbstachtung wieder her.

und b) liegt er mit Begrifflichkeiten vs. Handlungen komplett richtig. Letzteres ist das was letztlich zaehlt und verstanden wird. Ob man zu den Begriffen Deportation, Rueckfuehrung, Abschiebung, Remigration die Deutungshoheit auf dem Schaum des Zeitgeists hat oder nicht. 
 
Natuerlich ist das ein Punkt und mit Sicherheit werden die Angriffe sofort zu den anderen Begriffen wechseln, sobald man sie haeufiger benutzt.  Aber trotzdem ist Sprache nur ein Teilaspekt, der aus der sehr einsprachigen biblio- und linguophilen Natur dieser Seite und dieses Forums staendig ueberbewertet wird.

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