Die geheimen Geldgeber von Correctiv

von Jonas Greindberg -- Das Medienhaus Correctiv präsentiert sich gern als transparentes und vor allem unabhängiges Recherchezentrum – in Fragen der eigenen Finanzierung mauert die Plattform. Seit 2018 verschweigt man dort die Namen seiner privaten Geldgeber. Allein 2024 flossen rund sechs Millionen Euro anonym an Correctiv.

Trans­pa­renz ist neben „Zivil­ge­sell­schaft“ und „Unab­hän­gig­keit“ eines der Schlag­wor­te, die Cor­rec­tiv gern mit sei­ner Mar­ke ver­bin­det. Dabei finan­ziert sich das Por­tal zu gro­ßen Tei­len mit Steu­er­gel­dern aus Bund, Län­dern und der EU, und dies wei­ter­hin, obwohl die ten­den­ziö­sen Aus­las­sun­gen des AfD-feind­li­chen Medi­en­hau­ses zum Pots­da­mer Tref­fen sogar inzwi­schen in Tei­len gerichts­fest als „dre­cki­ge Cor­rec­tiv-Lüge“ bezeich­net wer­den dürfen.

Cor­rec­tiv geriert sich als zivil­ge­sell­schaft­li­ches Inves­ti­ga­tiv-Netz­werk. Geht es um die eige­nen Finan­zen, ist beim Esse­ner Medi­en­haus der Wil­le zur Trans­pa­renz weni­ger stark aus­ge­prägt: Im Jahr 2016 und 2017 leg­te Cor­rec­tiv noch die Namen sei­ner Pri­vat­spen­der (Bas­ti­an S., Hel­mut A. und Ste­phan G.) offen. Die drei Her­ren steu­er­ten bei­spiels­wei­se zusam­men knapp über 5.000 Euro bei.

Seit 2018 ver­birgt Cor­rec­tiv auf sei­ner Netz­sei­te die Pri­vat­spen­der jedoch hin­ter der Bezeich­nung „Spen­den von Unter­stüt­ze­rin­nen und Unter­stüt­zern“. Seit die­ser Anony­mi­sie­rung nahm die Spen­dier­freu­dig­keit der Pri­va­tiers unge­ahn­te Aus­ma­ße an: Die Pri­vat­spen­den belie­fen sich 2019 noch auf knapp 600.000 Euro. 2024 nahm das Medi­en­haus bereits sechs Mil­lio­nen Euro an Pri­vat­spen­den ein. Letz­te­re Sum­me ent­spricht über 60 Pro­zent der gesam­ten Jah­res­ein­nah­men von Correctiv.

Die Ent­schei­dung, ab 2018 die Iden­ti­tät sei­ner pri­va­ten Geld­ge­ber zu anony­mi­sie­ren, könn­te gegen ethi­sche Grund­sät­ze ver­sto­ßen, zu denen sich das Medi­en­haus bekennt: Seit Febru­ar 2017 hat sich Cor­rec­tiv als Mit­glied des pres­ti­ge­träch­ti­gen „Inter­na­tio­nal Fact-Che­cking Net­work“ (IFCN) vor­geb­lich dazu ver­pflich­tet, „Trans­pa­renz über sei­ne Finan­zie­rung“ her­zu­stel­len. So ver­langt die drit­te Vor­schrift des IFCN-Ver­hal­tens­ko­de­xes unter ande­rem die Offen­le­gung aller Spen­der, die über fünf Pro­zent zu den Jah­res­ein­nah­men bei­tra­gen. Dadurch soll das Ver­trau­en der Öffent­lich­keit in die Fak­ten­checks der IFCN-Mit­glie­der gewähr­leis­tet werden.

Cor­rec­tiv schreibt auf sei­ner Netz­sei­te, dass Face­book aus „Angst vor einer Regu­lie­rung durch staat­li­che Orga­ne“ eine Koope­ra­ti­on mit dem IFCN ein­ge­gan­gen sei. Anfang 2019 habe Face­book Cor­rec­tiv dann damit beauf­tragt, unlieb­sa­me Inhal­te zu unterdrücken.

Ins­be­son­de­re in der Coro­na-Zeit ver­sah Cor­rec­tiv zahl­rei­che maß­nah­men­kri­ti­sche Face­book-Posts mit Warn­hin­wei­sen und dros­sel­te deren Reich­wei­te. Dabei unter­lie­fen dem lin­ken Medi­en­haus oft ekla­tan­te Feh­ler: Allein Tichys Ein­blick erstritt in drei Gerichts­ver­fah­ren die Fest­stel­lung, dass Cor­rec­tiv Inhal­te auf Face­book rechts­wid­rig ein­ge­schränkt hatte.

Im August 2023 unter­warf sich Cor­rec­tiv dem Ver­hal­tens­ko­dex des „Euro­pean Fact-Che­cking Stan­dards Net­work“ (EFCSN). Hier sind die Trans­pa­renz­pflich­ten noch stren­ger als beim IFCN. So ver­langt das EFCSN, des­sen Vor­stand aus euro­päi­schen Medi­en­or­ga­ni­sa­tio­nen und der dpa besteht, in Arti­kel 4.2 sei­nes Kodex die Ver­öf­fent­li­chung aller Spen­den, die ein Pro­zent des Jah­res­um­sat­zes betra­gen oder 5.000 Euro übersteigen.

Auf der Netz­sei­te des EFCSN sind Aus­sa­gen ver­öf­fent­licht (dau­er­haft gespei­chert), mit denen Cor­rec­tiv sei­ne Über­ein­stim­mung mit dem EFCSN-Kodex nach­wei­sen möch­te. Im Bereich „Über­par­tei­lich­keit und Unab­hän­gig­keit“ heißt es über Cor­rec­tiv: „Zuschüs­se und Finan­zie­run­gen über 1.000 Euro wer­den ver­öf­fent­licht.“ (Eng­li­sches Ori­gi­nal: Grants and fun­ding over 1.000 euros are published.) Ob damit gemeint ist, daß alle Pri­vat­spen­den über 1.000 Euro indi­vi­du­ell aus­ge­wie­sen wer­den müs­sen oder zusam­men­ge­fasst unter „Spen­den von Unter­stüt­ze­rin­nen und Unter­stüt­zern“ ver­öf­fent­licht wer­den dür­fen, bleibt dabei offen.

Die Vor­ga­ben des Ver­eins „Sie­gel Gemein­nüt­zi­ger Jour­na­lis­mus“, mit dem Cor­rec­tiv auf sei­ner Netz­sei­te wirbt, sind weni­ger streng: Laut der Ver­pflich­tungs­er­klä­rung müs­sen die Namen juris­ti­scher Per­so­nen ver­öf­fent­licht wer­den, wenn deren Zuwen­dun­gen zehn Pro­zent der Jah­res­ein­nah­men über­schrei­ten. Die Namen pri­va­ter Spen­der dür­fen zudem nur „nach Zustim­mung der­sel­ben“ ver­öf­fent­licht werden.

Kur­zer Dienst­weg: Der Vor­sit­zen­de des Ver­eins, David Schra­ven, ist zugleich als Geschäfts­füh­rer der gemein­nüt­zi­gen und selbst­lo­sen Cor­rec­tiv GmbH tätig. Laut der Jun­gen Frei­heit bezieht er ein Jah­res­ge­halt von 120.000 Euro.

Cor­rec­tiv ant­wor­te­te zur gesetz­ten Frist nicht auf die Fra­ge, war­um pri­va­te Spen­der seit 2018 anony­mi­siert wer­den und ob dies mög­li­cher­wei­se einen Ver­stoß gegen die eige­nen Trans­pa­renz­pflich­ten dar­stellt. Eine ähn­li­che Anfra­ge des öster­rei­chi­schen Maga­zins Info-DIREKT vom Febru­ar 2024 zur Finan­zie­rung von Cor­rec­tiv blieb eben­falls unbeantwortet.

Eine Spre­che­rin des IFCN ant­wor­te­te, es sei nicht unge­wöhn­lich, wenn Mit­glie­der ihre Pri­vat­spen­den anony­mi­siert unter Kate­go­rien wie „Spen­den von Unter­stüt­ze­rin­nen und Unter­stüt­zern“ zusam­men­fas­sen. Ein Ver­stoß gegen den IFCN-Kodex läge nur dann vor, wenn eine nicht ver­öf­fent­lich­te Ein­zel­spen­de mehr als fünf Pro­zent der Jah­res­ein­nah­men aus­ma­che. Ohne wei­te­re Bele­ge zu nen­nen, behaup­te­te die Spre­che­rin, daß Cor­rec­tiv die Vor­ga­ben des IFCN und des EFCSN erfülle.

Die bis­he­ri­ge Wei­ge­rung von Cor­rec­tiv, Trans­pa­renz über die Iden­ti­tät sei­ner Pri­vat­spen­der zu schaf­fen, wirft Fra­gen nach der Unab­hän­gig­keit des Medi­en­hau­ses auf: Sind die Pri­vat­spen­der Deut­sche oder Aus­län­der? Die­se Fra­ge ins­be­son­de­re vor dem Hin­ter­grund rele­vant, dass die Stif­tun­gen der US-Mil­li­ar­dä­re Geor­ge Sor­os und Pierre Omidyar zu wich­ti­gen insti­tu­tio­nel­len För­de­rern von Cor­rec­tiv gehören.

Wel­chen Anteil hat­ten ein­zel­ne Per­so­nen an den Pri­vat­spen­den von über sechs Mil­lio­nen Euro im letz­ten Jahr? Über­stie­gen ein­zel­ne Pri­vat­spen­den mög­li­cher­wei­se die Schwel­len, ab denen Cor­rec­tiv laut den Kodi­zes des IFCN und des EFCSN die Iden­ti­tä­ten der Spen­der hät­te offen­le­gen müs­sen? Und schließ­lich: Wel­chen Ein­fluss könn­ten mög­li­che anony­me Groß­spen­der auf die redak­tio­nel­le Arbeit von Cor­rec­tiv gege­be­nen­falls gehabt haben?

Das Aus­maß die­ser Pro­ble­ma­tik lässt sich mit der Grü­nen-Frau Clau­dia Roth gut ver­an­schau­li­chen: Von 2018 bis 2025 ver­öf­fent­lich­te Cor­rec­tiv min­des­tens ein Dut­zend Bei­trä­ge, in denen Roth-kri­ti­sche Aus­sa­gen einem Fak­ten­check unter­zo­gen wur­den. Bei­spie­le fin­den sich hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier und hier. Im Jahr 2023 erhielt Cor­rec­tiv vom Kul­tur­staats­mi­nis­te­ri­um, das von 2021 bis 2025 von Frau Roth geführt wur­de, eine Spen­de über 198.500 Euro. Im glei­chen Jahr erhielt das Medi­en­haus aus dem Hau­se Roth den Deut­schen Ver­lags­preis. Höhe der Dotie­rung: 24.000 Euro.

Wir haben bei Cor­rec­tiv nach­ge­fragt, ob die redak­tio­nel­le Arbeit durch die finan­zi­el­le För­de­rung der ehe­ma­li­gen Kul­tur­staats­mi­nis­te­rin Roth in irgend­ei­ner Wei­se beein­flußt wur­de. Cor­rec­tiv hat sich hier­zu nicht inner­halb der gesetz­ten Frist geäu­ßert. Auch die Fra­ge, ob es in der Ver­gan­gen­heit zu Begeg­nun­gen zwi­schen Ver­tre­tern des Kul­tur­staats­mi­nis­te­ri­ums und Mit­ar­bei­tern von Cor­rec­tiv gekom­men ist, ließ das Medi­en­haus unbeantwortet.

Auf­fal­lend ist in die­sem Zusam­men­hang auch, dass Cor­rec­tiv in sei­ner Erklä­rung gegen­über dem EFCSN zwar die Fak­ten­checks zu Aus­sa­gen von Ursu­la von der Ley­en (CDU), Karl Lau­ter­bach (SPD), Chris­ti­an Lind­ner (FDP) sowie Robert Habeck und Anna­le­na Baer­bock (bei­de Grü­ne) als Bei­spie­le für sei­ne Über­par­tei­lich­keit anführt. Über die zahl­rei­chen Roth-Fak­ten­checks schweigt sich das Medi­en­haus in sei­ner Erklä­rung hin­ge­gen aus.

Auch das Bun­des­tags­bü­ro von Frau Roth hat bis zur gesetz­ten Frist nicht auf die Fra­ge zu etwa­igen Kon­tak­ten zwi­schen dem Kul­tur­staats­mi­nis­te­ri­um und Cor­rec­tiv reagiert. Eben­falls unbe­ant­wor­tet blieb die Fra­ge, ob das Staats­mi­nis­te­ri­um unter Roths Ägi­de das Ansin­nen an Cor­rec­tiv her­an­ge­tra­gen habe, geneh­me Fak­ten­checks zu produzieren.

Das inzwi­schen vom par­tei­lo­sen Wolf­ram Wei­mer gelei­te­te Kul­tur­staats­mi­nis­te­ri­um bat in Bezug auf die­se Fra­gen zwei­mal um Frist­ver­län­ge­rung. Eine Spre­che­rin ant­wor­te­te schließ­lich, dass es „nach hie­si­ger Kennt­nis“ kei­nen Aus­tausch zwi­schen Frau Roth und Cor­rec­tiv gege­ben habe.

Aller­dings habe sich Andre­as Gör­ges, Roths dama­li­ger Stell­ver­tre­ter im Kul­tur­staats­mi­nis­te­ri­um, am 28. Novem­ber 2022 mit Cor­rec­tiv-Chef David Schra­ven getrof­fen. Bei der Begeg­nung soll es um rus­si­sche Exil­jour­na­lis­ten gegan­gen sein. Das Staats­mi­nis­te­ri­um habe Cor­rec­tiv nicht dar­um gebe­ten, Fak­ten­checks über die dama­li­ge Behör­den­lei­te­rin Roth zu ver­fas­sen, schrieb die Sprecherin.

Was bleibt fest­zu­hal­ten? Cor­rec­tiv bleibt in punc­to Finanz­trans­pa­renz mög­li­cher­wei­se hin­ter den eige­nen Ver­pflich­tun­gen gemäß den Kodi­zes des IFCT und des EFCSN zurück. Das bered­te Schwei­gen, das dem Fra­gen­den aus der Redak­ti­ons­stu­be von Cor­rec­tiv ent­ge­gen­schallt, ist nicht geeig­net etwa­ige Zwei­fel der inter­es­sier­ten Öffent­lich­keit auszuräumen.

Dabei wäre es ganz ein­fach: Cor­rec­tiv müss­te nur im Ein­klang mit dem EFCSN die Iden­ti­tä­ten aller Pri­vat­spen­der offen­le­gen, die über 1.000 Euro gespen­det haben.

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Kommentare (2)

Laurenz

28. Juli 2025 21:09

Die Rechte ist wieder mal zu arm, um einen entsprechenden Gegenentwurf als Faktenchecker zu installieren.

Kurativ

28. Juli 2025 23:09

Gute Arbeit (vom Autor des Artikels)