Nachlese: NRW-Kommunalwahl 2025

Die Kommunalwahl 2025 in Nordrhein-Westfalen setzt drei markante Signale:

Daniel Fiß

Daniel Fiß ist freier Publizist.

  1. sowohl eine bedeu­ten­de rela­ti­ve als auch abso­lu­te Aus­wei­tung der AfD-Wählerschaft;
  2. die Kon­so­li­die­rung räum­li­cher Schwer­punk­te in urban-indus­tri­el­len Räumen;
  3. eine orga­ni­sa­to­ri­sche Ver­fes­ti­gung inner­halb der eige­nen Bin­nen­struk­tu­ren im Wes­ten, durch kom­mu­na­len und Man­dats- und Fraktionszuwachs.

Mit 14,5% konn­te das Ergeb­nis im Ver­gleich zur letz­ten Kom­mu­nal­wahl 2020 fast ver­drei­facht wer­den. Statt 186 kom­mu­na­ler Man­da­te ist die AfD nun mit 552 Stadt- Gemein­de- und Rats­ver­tre­tern im ein­woh­ner­stärks­ten Bun­des­land der Repu­blik präsent.

In den Städ­ten Gel­sen­kir­chen (die Stadt mit dem gerings­ten Pro-Kopf-Ein­kom­men in Deutsch­land, wo man schon zur Bun­des­tags­wahl bei den Zweit­stim­men stärks­te Kraft wur­de), Duis­burg und Hagen schafft es die Par­tei erst­mals im Wes­ten in eine Bür­ger­meis­ter-Stich­wahl. Bis­her war die Par­tei von sol­chen Zwei­kampf­lo­gi­ken in den alten Bun­des­län­dern aus­ge­schlos­sen. Nun bie­tet sich eine neu­er­li­che Pola­ri­sie­rungs­zo­ne, die ört­li­che Sicht­bar­keit und Prä­senz erhöht, auch wenn die rea­len Sie­ges­chan­cen gen null tendieren.

In 208 von den 260 Gemein­den und Städ­ten konn­te die Par­tei ein zwei­stel­li­ges Ergeb­nis ver­bu­chen. In 17 davon sogar über 20%. Mit dem signi­fi­kan­ten Man­dats­zu­wachs ent­ste­hen struk­tu­rel­le Dreh und Angel­punk­te über Frak­tio­nen, neue Geschäfts­stel­len und Ausschußsitze.

Die regio­na­len Schwer­punk­te lagen im Ruhr­ge­biet, ins­be­son­de­re in Städ­ten mit tra­di­tio­nel­ler Arbei­ter­prä­gung, sozi­al­struk­tu­rel­lem Wan­del und indus­tri­el­lem Struk­tur­ab­bau. Dort gelingt der Par­tei der Zugriff auf Wäh­ler­mi­lieus, die über Jahr­zehn­te eng an die SPD gebun­den waren.

Daß Kom­mu­nal­wah­len orga­ni­sa­to­risch die anspruchs­volls­ten Urnen­gän­ge sind, macht die­se Bilanz beson­ders bemer­kens­wert. Kan­di­da­ten­re­kru­tie­rung, Lis­ten­auf­stel­lung, loka­le Kam­pa­gnen­lo­gis­tik und die Belas­tung ehren­amt­li­cher Struk­tu­ren sind hier ent­schei­dend. Ein mit­glie­der­star­ker Lan­des­ver­band wie NRW mit ziem­lich genau 10.000 Mit­glie­dern muß zunächst meh­re­re tau­send Bewer­ber für kom­mu­nal­po­li­ti­sche Ämter finden.

Häu­fig muß dabei auch auf einen Pool an Sym­pa­thi­san­ten außer­halb der eige­nen Mit­glie­der­struk­tu­ren zurück­ge­grif­fen wer­den, was in der Ver­gan­gen­heit in ande­ren Ver­bän­den schon häu­fi­ger zu fra­gi­len kom­mu­na­len Frak­ti­ons­al­li­an­zen geführt hat und eini­ges an Dis­zi­pli­nie­rungs­auf­wand erfordert.

Nicht nur muß man zunächst geeig­ne­te Bewer­ber fin­den, son­dern auch sol­che, die trotz mög­li­chen Repu­ta­ti­ons­ver­lust, Anti­fa-Outings und lin­ker Gewalt bereit sind, für die AfD Gesicht zu zei­gen – ohne üppi­ge Diä­ten wie in den Land­ta­gen oder dem Bundestag.

Aus die­sem Grund blie­ben 136 Gemein­den offen, in denen die AfD über­haupt nicht auf dem Wahl­zet­tel stand. Auch dies dürf­te das unter dem Trend lie­gen­de Ergeb­nis von 14,5% noch etwas gedrückt haben.

Gene­rell reagier­ten man­che rech­te Akteu­re auch auf X und ande­ren Platt­for­men ernüch­tert auf die Ergeb­nis­se in Nord­rhein-West­fa­len. 14,5% lägen immer noch unter dem all­ge­mei­nen Bun­des­trend und sogar unter dem Bun­des­tags­wahl­er­geb­nis in NRW, das im Febru­ar 2025 erzielt wur­de. Schnell nutzt man dann sol­che Zah­len für ein ritua­li­sier­tes AfD-Westbashing.

Doch die alte Regel gilt: Kom­mu­nal­wah­len sind mit Bun­des- oder Land­tags­wah­len nur schwer­lich zu ver­glei­chen und lie­gen im Ergeb­nis ten­den­zi­ell immer unter den sons­ti­gen Lan­des­trends. Die Fak­to­ren sind viel­fäl­tig: Stär­ke­re Per­so­na­li­sie­rungs­lo­gik bei Regio­nal­wah­len, gerin­ge­re Wahl­be­tei­li­gun­gen, ande­re Wahl­sys­te­me und durch feh­len­de 5%-Hürden auch ein deut­lich grö­ße­rer Par­tei­en­wett­be­werb zwi­schen Eta­blier­ten und klei­ne­ren Bür­ger­bünd­nis­sen, die hier und dort eige­ne regio­na­le Schwer­punk­te und Akzen­te setzen.

Auch in den ost­deut­schen Bun­des­län­dern lie­gen die Kom­mu­nal­wahl­er­geb­nis­se teil­wei­se deut­lich unter denen von Land­tags- oder Bun­des­tags­wah­len. Das ist also kein NRW-Spezifikum.

The­ma­tisch bleibt Migra­ti­on der stärks­te Trei­ber unter AfD-Wäh­lern. Bei Nach­wahl­be­fra­gun­gen gaben 75 % der AfD-Wäh­ler die­sen The­men­kom­plex als wahl­ent­schei­dend an, was ins­be­son­de­re in Nord­rhein-West­fa­len nicht über­ra­schend sein dürf­te, wo die sozia­len und kul­tu­rel­len Ver­wer­fun­gen der Mas­sen­mi­gra­ti­on für die Men­schen direkt vor der Haus­tür liegen.

Nahe liegt die Fra­ge, war­um die Par­tei trotz die­ser migra­ti­ons­kri­ti­schen Zuspit­zung in den NRW-Hot­spots nicht längst deut­lich stär­ker abschnei­den wür­de. In mei­nem letz­ten Bei­trag habe ich bereits erläu­tert, daß kol­lek­ti­ves Wahl­ver­hal­ten nicht immer nur auf aktu­el­le Ereig­nis­se oder eine objek­ti­ve Sicht­bar­keit der Pro­blem­la­gen reagiert. Ins­be­son­de­re in West­deutsch­land haben sich über meh­re­re Jahr­zehn­te milieu­spe­zi­fi­sche Wahl­ver­hal­tens­mus­ter ein­ge­schrie­ben, die sich über meh­re­re Gene­ra­tio­nen in bestimm­ten ört­li­chen Bezü­gen fortsetzen.

Die tra­di­tio­nel­len Volks­par­tei­en wie SPD und CDU sind dort über 40 Jah­re län­ger als etwa im Osten in loka­len Ver­bands­struk­tu­ren, Ver­ei­nen und ande­ren Zivil­in­sti­tu­tio­nen ver­wur­zelt. Dies ist auch in den regio­na­len Hoch­bur­gen der Par­tei­en noch klar erkenn­bar. Zwar kamen SPD und CDU bei der Kom­mu­nal­wahl 2004 zusam­men noch auf 75% und lan­de­ten nun bei 55%. Aber immer noch sind die Schwer­punkt­re­gio­nen sicht­bar: Kern­mi­lieus katho­li­scher Prä­gun­gen mit hohen CDU-Stim­men­an­teil im Müns­ter­land und süd­li­chen NRW und ana­log dazu für die SPD in den alten indus­tri­el­len Arbei­ter­sied­lun­gen des Ruhr­ge­biets (wo jedoch die AfD als dis­rup­ti­ver Fak­tor am stärks­ten durchschlägt).

Im Ruhr­ge­biet bleibt die SPD zwar wei­ter die domi­nie­ren­de Kraft, wird aber mit einem über­durch­schnitt­li­chen Ergeb­nis von 18,2% der AfD Schritt für Schritt unter Druck gesetzt.

Nun gilt es die hin­zu­ge­won­ne­nen Stim­men auch in ört­li­che Struk­tur­ar­beit zu trans­for­mie­ren. Zen­tral dabei soll­te der Lan­des­ver­band ent­spre­chen­de Koor­di­na­to­ren­struk­tu­ren zu schaf­fen, die die Viel­zahl neu­er Frak­tio­nen und Man­dats­trä­ger betreu­en, schu­len, inhalt­lich ver­zah­nen und Schar­nie­re zu den nächst­hö­he­ren Par­la­ments­ebe­nen bei der Land­tags- und Bun­des­tags­frak­ti­on aufbauen.

Daniel Fiß

Daniel Fiß ist freier Publizist.

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Kommentare (27)

Le Chasseur

19. September 2025 11:23

Götz Kubitschek: "Die ersten 100 Tage - Eine Vision" | Bürgerhaus Bilk, AfD Düsseldorf
https://www.youtube.com/watch?v=j73_lpmSKTs
 
 

FraAimerich

19. September 2025 12:27

@Le Chasseur  -  "Im Grunde die Schlüsselfrage: Wozu das alles, wenn wir nicht mehr wollen..."

Majestyk

19. September 2025 13:57

Das Wahlergebnis und die peinlich niedrige Wahlbeteiligung beweisen vor allem eins, die Mehrheit der Menschen in diesem Land hat den Ernst der Lage nicht im Ansatz begriffen oder glaubt felsenfest daran beim Schiffsbruch den Kopf über Wasser halten zu können. 

Le Chasseur

19. September 2025 17:34

@Majestyk"Das Wahlergebnis und die peinlich niedrige Wahlbeteiligung beweisen vor allem eins, die Mehrheit der Menschen in diesem Land hat den Ernst der Lage nicht im Ansatz begriffen oder glaubt felsenfest daran beim Schiffsbruch den Kopf über Wasser halten zu können."
Oder sie glauben eben nicht mehr daran, dass sich mit Wählen etwas ändern lässt. Und einigen dürfte auch klar sein, dass die wirklich maßgeblichen Entscheidungen in Berlin oder Brüssel oder schottischen Golfhotels, bzw. "auf den Finanzmärkten" getroffen werden.

Mitleser2

19. September 2025 17:47

@Majestyk: "Ernst der Lage". (Noch) nicht für die Merhheit. Zumindest in Süddeutschland: Restaurants voll, selbst bei den heutigen Preisen (ok, es staut sich alles, weil MO/DI fast alle zu haben. Warum arbeiten mit Bürgergeld?). Flughäfen brechend voll. Mehr weiß ich auch nicht dazu. Auch wenn Herr Fiß versucht, das Positive für die AfD herauszuarbeiten.

Majestyk

20. September 2025 13:48

@ Mitleser2:
Bei mir beschwerte sich diese Woche eine Supermarktverkäuferin, daß sie einen Tadschiken aus einer ihrer Mietwohnungen rausklagen mußte. Scheinbar vermietet sie ausschließlich an Ausländer. Als ich fragte, warum sie denn an den Tadschiken vermietet habe und nicht an einen Deutschen, erhielt ich die Antwort "da könne sie mehr Miete verlangen". Ich schreibe jetzt mal nicht, was ich gedacht habe, Von derartigen Beispielen habe ich viele auf Lager und sehe in Deutschland zwar viel Gemecker, aber kein echtes Widerstandspotential, auch keinerlei Zusammengehörigkeitsgefühl. Ich sehe noch nicht einmal eine Mehrheit, die gegen Ungerechtigkeit oder Freiheitsentzug die Stimme erhebt. Ich bleibe auch dabei, es sind die Deutschen selber, die ihr Land kaputt machen, keine Amerikaner, keine Russen, keine Chinesen, nicht einmal die Araber. Es sind diese Deutschen mit ihrem penetranten Idealismus, die den Rest der Welt immer und immer wieder belehren wollen, ihr eigenes Land aber mit Vollgas an die Wand fahren.

Majestyk

20. September 2025 14:56

@ Le Chasseur:
Gerade Kommunalwahlen sind der Schlüssel. Mit 30 Prozent Oppostionsbeteiligung in den Stadt- und Gemeinderäten ließe sich was bewegen, Themen sichtbar machen, der Status der Opposition normalisieren. Der finanzielle Spielraum der Oppostion verbessert sich außerdem. Bäume wachsen von unten. 

Le Chasseur

20. September 2025 16:39

@Majestyk"Als ich fragte, warum sie denn an den Tadschiken vermietet habe und nicht an einen Deutschen, erhielt ich die Antwort "da könne sie mehr Miete verlangen". (...) Ich bleibe auch dabei, es sind die Deutschen selber, die ihr Land kaputt machen, keine Amerikaner, keine Russen, keine Chinesen, nicht einmal die Araber. Es sind diese Deutschen mit ihrem penetranten Idealismus."
Ich kann bei der Supermarktverkäuferin keinen Idealismus erkennen.

Gelddrucker

20. September 2025 19:58

Was ist mit der ethnischen Wahl?
Unglaublich wichtig!!
 
14,5% in NRW sind wieviel % der echten Deutschen? Mindestens über 20%, wenn nicht sogar Richtung 25%. Aufklärung über ethnische Wahl ist höchste Priorität!

Umlautkombinat

20. September 2025 20:09

Ich kann bei der Supermarktverkäuferin keinen Idealismus erkennen.

Fiel mir auch auf :)
 
Aber interessanter ist die Spezies Vermietende Verkaeuferin. Da duerften hier im Osten Einhoerner oefter vorkommen. Vielleicht ist das auch ein Problem der Wahl? Bisher war NRW nicht auf den vorderen Plaetzen meines Eindrucks zum "geht es noch zu gut". Aber da mag ich mich taeuschen.
 

Majestyk

20. September 2025 20:33

@ Le Chasseur:
"Ich kann bei der Supermarktverkäuferin keinen Idealismus erkennen."
Habe ich das behauptet? Das sind doch zwei unterschiedliche Aussagen und Sätze.

ede

20. September 2025 22:41

Das mit der erbärmlichen Wahlbeteiligung ist mir auch in die Nase gestiegen. Klar ist Verdreifachen nicht schlecht, eigentlich sensationell, in Anbetracht der Lage dennoch enttäuschend. 
Majestyk hat vollkommen recht, wir, also wir Deutschen, sind das Problem. Spätschäden der beiden Weltkriege, so merkwürdig wie das klingen mag, auch bei den Kriegsgewinnern.
Es ist offensichtlicher Kulturverfall, und, auch da bin ich bei Majestyk, die "große Politik" kann man als Gemeinderat nur scheinbar nicht ändern. Eine Beflaggungssatzung oder ein Genderverbot für das Rathaus haben aber eine erhebliche kulturelle Wirkung.
Und darauf kommt es an. 

Majestyk

20. September 2025 22:50

@ Umlautkombinat:
"Fiel mir auch auf :)"
Sie gehören ja auch zu den Spitzfindigen. :-) "Aber interessanter ist die Spezies Vermietende Verkaeuferin. "
Was denken Sie denn, was bei Discountern so an Löhnen gezahlt wird?
In meinem Puselmuckeldorf (14K Einwohner) gibt es inzwischen neben REWE und EDEKA, vier Discounter plus noch ein Roßmann, dafür keinen Metzger mehr und nur noch einen ortsansäßigen Bäcker, Gemüseladen ist ebenso verschwunden, wie Haushaltswarenladen. Fabrik ist noch eine geblieben. Dort können die Schichtarbeiter aber nicht einmal mehr im Ansatz vom Grundlohn her verdienen, was Discounter zahlen. Nach der letzten Insolvenz wurde 80 Prozent der Belegschaft entlassen, konnte ein paar Monate später wieder anfangen, mit Löhnen kaum über Mindestlohn. Der Betriebsrat hat natürlich mitgemischt. Als Pendler zwischen West und Ost kann ich ganz klar sagen, hier ist mehr Armut, nur nicht sichtbar. Umgekehrt gibt es eine ganze Menge Leute die heftig prosperieren, nur selten dank Arbeit.
 

Umlautkombinat

20. September 2025 22:52

Das sind doch zwei unterschiedliche Aussagen und Sätze.

Aber gar nicht. Lesen Sie mal in Ruhe - aus Sicht eines Dritten - Ihr posting. Das ist inhaltlich naemlich interessant, ohne dass Sie selbst den gemachten Punkt bemerken :) Sie erwaehnen:
 

Diejenigen Deutschen, die unsolidarisch Knete an der eingeflogenen Klientel verdienen
Diejenigen Deutschen mit einer spezifischen Art von Bigotterie.

 
Denken Sie a) die Schnittmenge sei leer? Weiterhin ist es b) so, dass beides schon einzeln seinen Anteil hat, aber schliesslich  zusammengenommen von so vielen Leuten getragen wird, dass man eine Erklaerung fuer ein paar inherente und ganz hausgemachte Gruende fuer die stockenden Veraenderungen hierzulande bekommt. Denn die Idealisten genuegen mit ihren Idealen fuer die Bremse nicht. 
 

Ein gebuertiger Hesse

20. September 2025 23:31

Das mit "der" Supermarktverkäuferin, der es an Idealismus fehle, ist eine der nichtwürdigsten Aussagen, die auf dieser Seite im Kommentariat je durchgerutscht ist. 

RWDS

21. September 2025 10:02

@Majestyk
War die Verkäuferin nun Deutsche und damit in Ihrer verallgemeinernden Aussage inbegriffen, oder nicht?

Umlautkombinat

21. September 2025 11:41

Das mit "der" Supermarktverkäuferin, der es an Idealismus fehle, ist eine der nichtwürdigsten Aussagen, die auf dieser Seite im Kommentariat je durchgerutscht ist. 

 
Es ist interessant, wie das Volk dieses Landes je nach Betrachter (und interessanterweise oft genug beim selben, aber je nach Kontext verschieden. Ein Paradebeispiel kognitiver Dissonanz) als verabscheuungswuerdiger/s Michel/Schlafschaf oder seit Aeonen durch den Kakao gezogene unschuldige Seelen angesehen werden. Dem ist nun mal nicht so, die moralische Empoerung ist komplett unangemessen.
 
 

Mitleser2

21. September 2025 12:12

Die Diskussion schweift etwas ab. Gibt es hier Insider, die dazu beitragen können, ob das (für mich objektiv schlechte Ergebnis) an diesem seltsamen NRW-Landesvorstand der AfD liegt? Oder ist NRW einfach so?

RMH

21. September 2025 12:29

Weiß nicht, warum man aus der "vermietenden Verkäuferin" (eigentlich eine tolle Alliteration) jetzt eine Vergleichs-Debatte macht. Die Mehrheit der vermieteten Wohnungen sind in Hand von privaten Kleinvermietern, die alle irgendwelche normalen Brotberufe zusätzlich haben. So what? Weil der Ossi mal wieder nur seine Wohnungsbaugesellschaften kennt und ansonsten "gierige" Wessis aka Kapitalisten und nur Kapitalisten vermieten, oder?
Ja, die Welt ist dann doch immer ganz einfach.
Das Wahrlergebnis empfinde ich für NRW auch als nicht gut. War am Wochenende mal wieder in Berlin, nur mit sog. "Einheimischen" Unterwegs. Jeder mault irgendwie an den Zuständen in der Stadt, ist aber trotzdem betont "global" und tolerant. Diese kognitive Dissonanz konnte offenbar immer noch nicht aufgelöst werden. Die Elefanten im Raum will keiner sehen bzw. schweigt man lieber dazu.

Majestyk

21. September 2025 14:16

Falls Formulierungsfehler meinerseits oder eine Auslassung das Forum beleben und Euch die Chance geben sich an mir auszulassen soll es mir recht sein. Hauptsache Ihr habt Spaß. Die biodeutsche Verkäuferin ist übrigens verheiratet und hat zwei von drei Häusern geerbt. Dass Opportunismus als Verstärker zum belehrenden Idealismus hinzukommt, sollte eigentlich logisch sein.
"Denn die Idealisten genuegen mit ihren Idealen fuer die Bremse nicht." schreibt Umlautkombinat.
Meinen Sie, Ihr Idealismus sei von Natur aus besser als der Idealismus eines Robert Habeck? Ich will in der Politik gar keinen Idealismus, sondern rationale, schnöde Vernunft und Pragmatismus. Was Deutschland immer und immer wieder an den Abgrund führt, ist der furchtbare Glaube zu wissen was gut sei für die Welt und die Überzeugung den Stein der Weisen gefunden zu haben. Feministisch, klimapolitisch korrekte Außenpolitik steht in einer Traditionslinie zu "Am Deutschen Wesen soll die Welt genesen". Was die Welt garantiert nicht benötigt ist ein weiterer deutscher Ideologieexport nach rot, braun oder grün.
Meinen ursprünglichen Aussagen, daß man mit Wohlstandsbürgern keinen Widerstand betreiben kann und es die Deutschen selber sind, die sich ihr eigenes Land kaputt machen, habe ich nichts hinzuzufügen. Dazu stehe ich, auch wenn ich damit als Partyschreck oder Defätist wirke. Mir geht es aber auch nicht um eine Partei, sondern um Deutschland und Deutschland hat bei der NRW-Kommunalwahl verloren, wieder einmal.

Umlautkombinat

22. September 2025 09:54

Weil der Ossi mal wieder nur seine Wohnungsbaugesellschaften kennt

Hier hat aber jemand ein Argument komplett missverstanden. Der Punkt war, dass ein Verkaeufer im Osten einfach nicht die Mittel schon zum Erwerb einer Wohnung, geschweige denn zum Vermieten ueberschuessigen Raums zur Verfuegung hat.
 

Le Chasseur

22. September 2025 09:57

@Mitleser2"Gibt es hier Insider, die dazu beitragen können, ob das (für mich objektiv schlechte Ergebnis) an diesem seltsamen NRW-Landesvorstand der AfD liegt? Oder ist NRW einfach so?"
Daniel Fiß hat dazu doch etwas geschrieben. Die AfD hatte Probleme, genügend Kandidaten zu rekrutieren:
"Aus diesem Grund blieben 136 Gemeinden offen, in denen die AfD überhaupt nicht auf dem Wahlzettel stand. Auch dies dürfte das unter dem Trend liegende Ergebnis von 14,5% noch etwas gedrückt haben."
Dazu kommt, dass vor allem in den Städten der Anteil von Wählern mit Migrationshintergrund sehr hoch ist. Viele Städte sind auch von hoher Arbeitslosigkeit geprägt, viele beziehen Sozialleistungen. Da hat es die AfD schwer. Und viele wählen einfach aus Tradition immer noch SPD, obwohl sie ganz genau wissen, dass sie von dieser Partei nichts Positives mehr zu erwarten haben.

Mitleser2

22. September 2025 11:02

@Chasseur: Sie sind nicht auf meine Frage eingegangen. Was Sie aber schreiben,  sagt mir, dass der deutsche Normalbürger nicht mehr zu retten ist. Völlige Verblendung. Kein Mitleid.

Umlautkombinat

22. September 2025 11:08

Die Leseunfaehigkeit ist wieder einmal frappierend. @Majestyk, Sie schrieben doch selbst vom "penetranten Idealismus der Deutschen". Auf den bezog ich mich. Ich habe nur etwas sortiert und hinzugefuegt,  dass das nicht der einzige Punkt fuer die Erklaerung des Zustands des Landes ist, sondern eben auch andere Befindlichkeiten des "kleinen Mannes" selbst. 
 
Und die Frage - und es war eine sehr im Zusammenhang mit dem Wahlausgang stehende Frage - war die nach den materiellen Voraussetzungen der Bevoelkerung. Und geerbt - was meinen Punkt eher unterstreicht - oder nicht: Geht es hier im Querschnitt - und da geht es eben ueber die Verkaeuferin hinaus - den Leuten noch zu gut? Noch einmal wiederholt, solche Konstellationen sind hier im Osten hoechst selten. Hier wird nicht - noch ein Mal: in Menge - in dieser Form Vermoegen an Leute wie eine Verkaeuferin uebertragen. Das ist bei den alten Generationen in voller Breite simpel nicht vorhanden.

Majestyk

22. September 2025 13:16

Um meine Geschichte abschließend aufzuklären. Mein Beitrag war ursprünglich deutlich länger, kam so nicht durch. Normalerweise schreibe ich in einem Fenster mit Zeichenzähler, diesmal nicht. Ich habe dann etwas hastig gekürzt und dabei ist die komplette Überleitung verloren gegangen. Beschreiben wollte ich ein Gemisch aus Opportunismus bei den einen und einem zur Ideologie mutierten Idealismus bei den anderen. Ich hoffe, das ist nun geklärt.
Zur NRW Wahl: Die AfD hatte sicher Schwierigkeiten eigene Kandidaten zu bekommen, will aber auch keine Unabhängigen. In meiner Gemeinde hat wie gesagt eine Bürgergruppe der AfD den Rang abgelaufen. Der AfD Kandidat, hatte das Problem recht jung zu sein und ist zudem ortsfremd, die AfD war leider zu keiner Zeit mit eigenem Wahlstand sichtbar. Der von der Bürgertruppe ein recht beliebter hiesiger. In meiner benachbarten Heimatstadt kam die AfD auf 19 Prozent. Dort war in Gesprächen allgemeiner Konsens, daß vor allem die SPD Bürgermeisterin abgelöst werden muß. Die CDU ist in meiner Region ja auch fast überall an der SPD vorbeigezogen. Generell ist der Rheinländer vielleicht etwas zu anpassungsfähig. Man darf aber auch nicht vergessen, Überfremdung ist hier nicht neu. In meiner Kreisstadt ist der sichtbare Bevölkerungsteil in der Innenstadt mehrheitlich schon nicht mehr deutsch. Je jünger der Jahrgang, desto "migrantischer". Und in NRW wählt man ab 16.

Majestyk

22. September 2025 18:07

@ Umlautkombinat:
"Das ist bei den alten Generationen in voller Breite simpel nicht vorhanden."
Das ist auch hier nicht in "voller Breite" vorhanden. Sie leben entweder in anderen Welten als ich (wovon ich sowieso felsenfest überzeugt bin) oder nehmen die Welt anders wahr (was aufgrund der Prägung mehr als wahrscheinlich ist) .Nirgendwo sieht man derart verbrauchte Alte wie hier (woran das wohl liegen mag) und meine thüringische Bekanntschaft ist wohlhabender als meine rheinische. Wenn Sie mal aus Ihrem ostdeutschen Opferdenken rauskommen und von Ihrem Hohen Ross herunter, können Sie mich ja mal besuchen kommen, dann zeige ich Ihnen mal, wie abgehängte Regionen und Menschen aussehen und angeblich hat der Westen gewonnen, fragt sich nur was. 
Meinen Fehler habe ich erklärt, wenn Sie darauf weiter rumreiten wollen, können Sie das machen, aber ohne mich. Auf dieses "Du dummer Wessi" steh ich eh nicht. 

Majestyk

22. September 2025 20:22

Da habt Ihr Eure eigentlichen Gegner. Statt sich gegenseitig anzufauchen, braucht es dringend Überlegungen, wie man solche Praktiken bloßstellen und diesen Leuten das Handwerk legen kann. Gibt doch hier genug Juristen. Mir ist es noch nicht gelungen herauszufinden, wie genau die sich finanzieren oder ob eine politische Gruppierung dahinter steckt. Vielleicht hat jemand Lust auch zu recherchieren. 

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