Ich studiere inzwischen im Master, verfüge also über ein ganzes Bachelorstudium an Erfahrung mit dem BAföG-Amt und weiß: Das Geld kommt eh nicht pünktlich. Das ist hier in Thüringen die Regel: Also, daß es nicht nur drei oder vier Monate braucht („normal“) und es nur in Einzelfällen echte Verspätungen gibt. Hier in Thüringen wartet man gern sechs, sieben Monate auf überhaupt eine Rückmeldung.
Ich wartete also. Den September über, dann den gesamten Oktober, November und Dezember. Im Januar wurde ich etwas ungeduldig. Es fehlte bisher jede Antwort. Nicht einmal dieses übliche computergenerierte, automatische Schreiben war in meinem Briefkasten gelandet.
Unaufgefordert sandte ich also ein paar Dokumente hinterher, die mir im September noch nicht vorgelegen hatten. Im Jahr davor hatte ich bis Mai auf die erste Zahlung warten müssen. Große Gedanken machte ich mir daher nicht.
Anfang Februar (fünf Monate nach meinem Antrag) sandte ich eine zweite schriftliche Nachfrage ans Studentenwerk (natürlich heißt es seit ein paar Jahren Studierendenwerk), aber bis Ende des Monats hatte ich nach wie vor keine Antwort erhalten.
Unpraktisch war das schon, denn die folgenden Monate mußte ich ein Pflichtpraktikum ableisten, im Ausland. Meine kleine Schwester mußte also immer wieder nach Thüringen fahren und meinen Briefkasten leeren. Ich rechnete fest damit, während des Auslandsaufenthaltes einen Bescheid zu erhalten. Aber nix da.
Anfang April 2025 (sieben Monate nach Antragstellung; ich befand mich damals in einer sogenannten Bananenrepublik im „globalen Süden“, aber hier lief etliches vergleichsweise glatt), noch nicht in Deutschland zurück, versuchte ich es mit einer Beschwerde per Mail. Diese blieb unbeantwortet, auch als ich schon längst wieder in der Heimat gelandet war.
Wer studiert und BAföG bezieht, der ist davon zumindest in Teilen abhängig. Man will sich ja aufs Studium konzentrieren, ich zumindest will das und muß es auch. Mit zwei kleinen Kindern, die den meisten Tag an meinem Rockzipfel hängen, bleiben tagtäglich nur wenige Stunden fürs Studium übrig. Stunden, in denen andere Studenten ihren Hobbies nachgehe; Stunden, in denen ich von April 2025 an ständig dem BAföG-Amt hinterherrennen mußte. Wer hat mit 22 bitte genug Geld auf der hohen Kante, um ein halbes Jahr und länger aufs BAföG zu warten?
Ende Mai (achteinhalb Monate nach Antragstellung!) dann die erlösende Nachricht: Zum Ende des Folgemonats würden mir die ersten (schon längst verstrichenen) sechs Monate seit Antragstellung ausgezahlt. Erst auf Nachfrage teilte man mir mit, daß ich für das neue, (längst laufende) Semester einen komplett neuen Antrag würde stellen müssen.
Halb so wild, immerhin würde ja die ausstehende Nachzahlung demnächst erfolgen und somit die finanzielle Lage bis zum nächsten Bescheid geklärt sein. Der 30. Juni kam und ging, zunächst noch mit der Hoffnung, daß die Auszahlung sich nur um ein paar Tage verspäten würde, dann stand fest: Das wird nüscht. Ich hatte Anfang Juni mein Konto gewechselt, dies sofort beim Studentenwerk gemeldet und dennoch: Das Geld war ans alte, nicht mehr in Betrieb stehende Konto überwiesen worden.
Mit Ämtern zu telefonieren ist ein Graus, dennoch versuchte ich es immer wieder, stets wurde mir durchgesagt, daß noch 10, 15, 20 Leute vor mir dran wären. Jetzt hab mal 2 Stunden Zeit zum in-der-Warteschleife-hängen, während die Kinder bespaßt werden wollen und dann Mittagsschlaf machen müssen, und die ganze Zeit läuft diese dämliche Fahrstuhlmusik.
Nach zwei Stunden dann endlich: “Noch eine Person vor Ihnen in der Warteschleife”. Ich wartete gebannt, es war ja auch wirklich wichtig; mein Mann ist noch Azubi und das BAföG ist nicht nur ein netter Nebenverdienst oder ein Geschenk vom Staat. Ich bekomme das BAFöG zurecht – weil ich mich bis in die Nachtstunden abrackere und tagsüber die neue Generation schlauer, höflicher, gesunder Kinder heranziehe.; weil ich top Noten schreibe und mit Feuereifer bei der Sache bin; weil ich nicht zum Spaß studiere, sondern aus ernsthafter Liebe zum Fach.
Naja, das ging mir so durch den Kopf, als ich die Minuten abwartete, bis endlich, endlich meine Fragen würden beantwortet werden. Da machte es klack und tuut, tuut, tuut: Man hatte aufgelegt, ehe noch die Jazzmelodie zu ihrem kläglichen Ende hatte finden können.
Mehrere Briefe und Beschwerdemails (es gibt dafür eine extra eingerichtete Stelle) später sah ich mich immer noch ohne Antwort.
Es muß 2024 und 2025 besonders schlimm gewesen sein mit dem BAföG, in Jena und Erfurt gab es sogar Demonstrationen. Die Studenten wußten teils nicht mehr, wie sie ihr Essen, ihre überteuerten WG-Zimmer oder den Semesterbeitrag überweisen sollten. Völlig unklar, warum das so ist und warum nur in Thüringen: Eine in Niedersachsen studierende Freundin bekam 2 Monate nach der erstmaligen Antragstellung das Geld überwiesen, während ich mit meinem Folgeantrag (!) über 10 Monaten wartete. Das Studentenwerk Thüringen sagt, die Problematik läge nicht in der Mitarbeiterzahl begründet.
Das glaub ich sofort: Ich hab schon oft genug gesehen, wie lustlos dort gearbeitet wird und wie oft man x‑Mal um die gleichen Dokumente gebeten wird, weil irgendwo während der Bearbeitung die Hälfte verloren gegangen ist – oder einfach nur, um Zeit zu schinden.
Ende August, fast genau ein Jahr nach der Beantragung, bekam ich das Geld überwiesen. Ich hatte mit rechtlichen Schritten gedroht, dafür hätte ich aber gar nicht das Kleingeld gehabt.
Zwei Wochen später trudelte dann der dazugehörige Bescheid ein:
Die Freibeträge für Ihre Geschwister können nicht gewährt werden, da die notwendigen Unterlagen bisher nicht eingereicht worden sind.
Ich wäre bald an die Decke gegangen. Im BAföG-Amt liegt meine Geduld begraben – zusammen mit mindestens 5 Kopien der Geburtsurkunden meiner Kinder und 3 Ausgaben der Schul- und Studienbescheinigungen meiner jüngeren Geschwister.
Der neue BAföG-Antrag ist schon unterwegs, wieder ein ganz neuer mit allen Unterlagen (JA, MEINE KLEINE SCHWESTER IST TATSÄCHLICH SCHÜLERIN, DA SIE MIT 14 SCHLICHT SCHULPFLICHTIG IST! Sehr gern laß ich es noch mal abstempeln!), da ich jetzt im Master bin, und man weiß ja nie. Ich krieg schon schlechte Laune, wenn ich nur dran denke.
Raeuspern
Vielleicht 'nen Fuffi das nächste Mal mit ins Einschreiben legen. Balkanisierung bedeutet auch Alternativen im Bürokratieabbau zu akzeptieren.....Sorry für Sarkasmus und irgendwie auch Defätismus.