Kritik der Woche (72): Daemonologie

Der wohl bekannteste US-amerikanische Moderator, Tucker Carlson, hat unlängst in einem Interview die keineswegs metaphorisch gemeinte These vertreten, der Westen werde von Dämonen regiert. Alexander Dugin, der umstrittene russische politische Philosoph, hat ihm in einem Aufsatz energisch beigepflichtet.

Caroline Sommerfeld

Caroline Sommerfeld ist promovierte Philosophin und dreifache Mutter.

Dugin hält es für offen­kun­dig, daß die moder­ne west­li­che Zivi­li­sa­ti­on intel­li­genz­be­gab­ten gefal­le­nen Engeln unter­steht, was sich in ultra­li­be­ra­ler Ideo­lo­gie und nie dage­we­se­nem mora­li­schem Ver­fall mani­fes­tiert. Auf You­Tube gibt es seit eini­ger Zeit zahl­rei­che Vide­os, in denen nicht nur Jour­na­lis­ten (zum Bei­spiel Kay­van Sou­fi-Sia­vash, fka Ken Jeb­sen), son­dern auch Theo­lo­gen (etwa der im Vati­kan leh­ren­de Prof. Ralf Wei­mann) von Expe­ri­men­ten mit ChatGPT berich­ten – die Künst­li­che Intel­li­genz ant­wor­te­te frei her­aus, wie sie schritt­wei­se ver­fah­ren wür­de bei der Mani­pu­la­ti­on der mensch­li­chen Intel­li­genz, wenn sie der Teu­fel wäre.

Es han­delt sich mit­hin um hoch­ak­tu­el­le Mate­rie, was ich vor eini­gen Jah­ren von einem Freund aus der Biblio­thek aus­ge­lie­hen und ein­ge­scannt bekam: des päpst­li­chen Geheim­käm­me­rers Egon von Peters­dorff zwei­bän­di­ge Dae­mo­no­lo­gie, geschrie­ben in den Jah­ren nach dem II. Welt­krieg, erst­ver­öf­fent­licht mit kirch­li­cher Druck­erlaub­nis 1952. Seit­dem erleb­ten bei­de dicken Bän­de meh­re­re Auf­la­gen, die letz­te aller­dings 1995. Danach waren sie ver­grif­fen, und spä­tes­tens dann scher­te sich kein Mensch mehr um den Teu­fel und „die ande­ren bösen Geis­ter, die zum Ver­der­ben der See­len in der Welt umher­wan­dern“, wie es im Gebet Papst Leos XIII. zum Erz­engel Micha­el heißt, das täg­lich nach jeder stil­len hei­li­gen Mes­se gebe­tet wird.

Der Reno­va­men-Ver­lag hat vor zwei Jah­ren eine gekürz­te Ver­si­on die­ses Wer­kes in Bro­schur her­aus­ge­ge­ben, die zur Ein­füh­rung ins The­ma per­fekt geeig­net ist. Wer sich aber für eine unpack­ba­re Fül­le von his­to­ri­schen und sys­te­ma­ti­schen Ein­zel­hei­ten inter­es­siert und dafür Bele­ge aus der theo­lo­gi­schen Lite­ra­tur ver­langt (was bei die­sem Gegen­stand abso­lut unab­ding­bar ist, denn kaum ein ande­rer Stoff ver­führt zu wil­de­ren Ver­schwö­rungs­theo­rien und markt­schreie­ri­schen Behaup­tun­gen), der braucht die zwei­bän­di­ge Ausgabe.

Wer sie erwor­ben hat, erfährt wäh­rend der Lek­tü­re nichts weni­ger als eine indi­rek­te, man könn­te sagen „nega­ti­ve“ Ver­kün­di­gungs­theo­lo­gie: die „Beja­hung Got­tes durch die Ver­nei­nung sei­nes Wider­sa­chers“, wie v. Peters­dorff in sei­nem eige­nen Vor­wort den Prä­la­ten Robert Mäder zitiert.

Wer war die­ser v. Peters­dorff? Auf der ers­ten Sei­te von Band I sieht man den 1892 Gebo­re­nen als jun­gen preu­ßi­schen Offi­zier, auf der im II. Band im rei­fen Alter als Gelehr­ten. Im I. Welt­krieg wur­de er ver­wun­det und fiel vom pro­tes­tan­ti­schen Glau­ben ab, tau­mel­te von sozia­lis­ti­schen und jugend­be­weg­ten Ideen zu okkul­tis­ti­schen, bud­dhis­ti­schen, theo- und anthro­po­so­phi­schen Expe­ri­men­ten der „Erkennt­nis höhe­rer Wel­ten“ – und ver­lor sich dabei immer mehr in tie­fe­ren Wel­ten. Über die gro­ßen Mys­ti­ker und in qual­vol­ler Selbst­er­kennt­nis der durch­ge­mach­ten Heim­su­chun­gen kam er in den 20er-Jah­ren zum fes­ten katho­li­schen Glau­ben und wur­de 1928 nach igna­tia­ni­schen Exer­zi­ti­en in die Kir­che aufgenommen.

Egon v. Peters­dorff stu­dier­te in Rom Theo­lo­gie und forsch­te jah­re­lang in den Vati­ka­ni­schen Archi­ven, hei­ra­te­te, wur­de nach dem II. Welt­krieg Mal­te­ser­rit­ter und päpst­li­cher Came­rie­re di spa­da e cap­pa. Der Wunsch, Pries­ter und Pro­fes­sor zu wer­den, blieb ihm verwehrt.

Wenn wir im Vater­un­ser beten „…und füh­re uns nicht in Ver­su­chung, son­dern erlö­se uns vom dem Bösen“, ist damit der „dae­mo­ni­sche Ver­su­cher“ gemeint, schreibt v. Peters­dorff im Kapi­tel über die „gefes­sel­ten Dae­mo­nen in der nach­christ­li­chen Zeit“ (die lati­ni­sie­ren­de Schreib­wei­se mit „ae“ dient ihm zur Unter­schei­dung von jour­na­lis­tisch-rei­ße­ri­scher Eso­te­rik). Wir beten aber nicht ein­fach für die Bewah­rung vor Ver­su­chung, son­dern daß wir nicht „der Hil­fe Got­tes beraubt wer­den in ihnen“. Die Hil­fe Got­tes in den Ver­su­chun­gen, die kein Mensch selbst ver­mei­den kann, ist ein Zei­chen der Bewäh­rung und Erwäh­lung, kei­ne Stra­fe. Die­se Stel­le kann dem Leser als klei­nes Bei­spiel die­nen, wie der Ver­fas­ser der Dae­mo­no­lo­gie denkt: luzi­de, oft vom fälsch­lich ange­nom­me­nen Gegen­teil her, immer ein­deu­tig in der Leh­re, sprach­lich brillant.

Wer in einer „Dämo­no­lo­gie“ schmö­kert, will womög­lich auf sei­ne Kos­ten kom­men in punc­to Gru­sel, Kurio­si­tä­ten, kras­se Fäl­le, oder er scheut sowas als guter Christ oder als red­li­cher Wis­sen­schaft­ler. Doch auf die­sen vor­kon­zi­lia­ren Theo­lo­gen ist Ver­laß: völ­lig unan­ge­krän­kelt von kul­tur­wis­sen­schaft­li­cher Dis­kurs­durch­spie­le­rei oder ver­schwö­rungs­theo­re­ti­scher Angst­lust, nimmt er Leu­te an die Hand, die wis­sen wol­len, ob Tucker und Dugin spin­nen oder ob tat­säch­lich in Geschich­te und Gegen­wart „Dae­mo­nen am Werk“ sind. Egon v. Peters­dorff plä­diert auf schul­dig. Mein Plä­doy­er: Anschaf­fen, immer wie­der nach­le­sen bei auf­tre­ten­der Ver­un­si­che­rung, Glau­ben ver­tie­fen ex nega­tivo.

Egon von Peters­dorff: Dae­mo­no­lo­gie. 1. Band: Dae­mo­nen im Wel­ten­plan, 2. Band: Dae­mo­nen am Werk, 2 Bän­de,  89,90€ – hier bestel­len

Caroline Sommerfeld

Caroline Sommerfeld ist promovierte Philosophin und dreifache Mutter.

Nichts schreibt sich
von allein!

Das Blog der Zeitschrift Sezession ist die wichtigste rechtsintellektuelle Stimme im Netz. Es lebt vom Fleiß, von der Lesewut und von der Sprachkraft seiner Autoren. Wenn Sie diesen Federn Zeit und Ruhe verschaffen möchten, können Sie das mit einem Betrag Ihrer Wahl tun.

Sezession
DE58 8005 3762 1894 1405 98
NOLADE21HAL

Kommentare (44)

Raffael

20. November 2025 12:49

Liebe Frau Sommerfeld,
schön, dass man endlich einmal wieder von Ihnen hört bzw. liest!
Ich finde, man merkt es Ihrer Darstellung an, dass Sie selbst Ihren Glauben sich errungen haben; dieser erscheint im Feuer für wahr befunden und künftiger Kämpfe gewachsen zu sein.
Von der Neugier her würde mich der Buchtitel schon interessieren, nur habe ich eine verletzliche Seele - die Seele des Mannes ist "anima", die der Frau "animus" - deswegen werde ich mich wohl nicht dranwagen. Aber dass die Welt gegenwärtig von Teufeln durchstreift wird, das sieht man ja auch so.

Le Chasseur

20. November 2025 12:57

"Wenn wir im Vaterunser beten „…und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns vom dem Bösen“"
Habe mal gelesen, dass es eigentlich "und führe uns aus der Versuchung und erlöse uns von dem Bösen" heißen müsste. Denn warum sollte Gott den Menschen in Versuchung führen?

Kommentar Sommerfeld: Es gab gewisse Bestrebungen in der modernen Kirche, daß wir ja bloß "aus" der Versuchung rausgeführt werden – was aber ganz falsch ist, denn in der Versuchung erst bewährt sich der Mensch. Trotzdem betet man, nicht in Versuchung geführt zu werden, denn die Versuchung absichtlich zu suchen, hieße Gott versuchen.

Franz Bettinger

20. November 2025 13:07

Ich hielt es zuerst für ein Fake. Dann recherchierte ich und fand, Moderna nennt seinen nächsten Impfstoff in der Tat „Giftstoff“ bzw. „Hinrichtungs-Protein". Ergänzend dazu wollte ich sehen, wie die KI diese Monstrosität zurechtzubiegen versucht. KI: Stimmt. Moderna hat einen C-Impfstoff mit Namen mNEXSPIKE eingereicht und von der FDA genehmigt bekommen. Ich: Was bedeutet das Wort nex auf Lateinisch? KI:  Nex bedeutet Tod, Mord, Hinrichtung. Es steckt auch im Wort necrosis (Gewebstod). Ich: Viele werden den Namen als Todes-Protein oder „Giftspritze" verstehen, ähnlich wie sie sich schon beim Begriff Covid verarscht fühlten, was ja rückwärts gelesen zu Divoc wird, was hebräisch also Teufel od. Verwirrer heißt. KI: Bei gebildeten Menschen kann Nexspike wie ein respektloser Marken-Name wirken, grade bei einem Impfstoff, der mit vielen Emotionen verbunden ist. Wenn du willst, kann ich dir zeigen, wie du sensible Themen formulierst, dass du nicht automatisch geblockt wirst. Ich:  Sehr freundlich! Aber es wäre besser, du würdest den Global-isten erklären, dass die Menschen sich nicht länger verarschen lassen. Die KI hat stets das letzte Wort und sagt: Ich habe leider keine Möglichkeit, einem Unternehmen oder Politikern Rück-Meldung zu geben. 

Laurenz

20. November 2025 13:14

@CS ... ich glaube Ihnen nicht. Der Feind meines Feindes ist eben nicht unbedingt mein Freund. Mit großem Interesse hatte ich den hervorragenden, ja extraordinären Vortrag MSs https://youtu.be/yJLcRcYXovE verfolgt. Die Reichen werden aktuell immer reicher, weil private Banken Geld schöpfen dürfen (die Schweizer Witzbolde stimmten sogar dafür). Aber, Renditen müssen immer noch durch Volkswirtschaften erarbeitet werden. KI ist extrem teuer, wer soll neben tausenden woke-linken Projekten, wie Rüstung, noch die Renditen dafür erwirtschaften? Der Westen ist dazu nicht mehr in der Lage. Ihre Dämonen, CS, fressen sich gerade selbst auf. Ich verweise Sie auf die Kirchengeschichte. Bis zur Renaissance, darüber hinaus bis zu den Fürsten der Aufklärung in kirchlichen Rückzugsgefechten, blieb Ihr Gott bis zur Säkularisierung Bonapartes auf Seiten des Tiefen Kirchen-Staates. Heute dienen die Kirchen nur noch Ihren Dämonen aus niederen Beweggründen. Wo ist denn Ihr Gott? Denn, Sie haben uns die 2 wichtigsten Zeilen des Vaterunsers unterschlagen. "Dein Reich komme, Dein Wille geschehe."

Kommentar Sommerfeld: Ich habe nichts "unterschlagen", wieso auch, sondern v. Petersdorffs Interpretation zweier Zeilen zitiert. Und jetzt zitiere ich Ihnen den großartigen Reinhold Schneider: “Was ist die Macht? Gottes Auftrag, teilzunehmen an der Regierung der Erde; sie kann nicht Eigentum sein, sie ist vielmehr ein Lehen und zugleich ein furchtbarer Prüfstein. Gott fordert den gerechten Verwalter.“ Gottes Wille geschieht ununterbrochen, ob wir wollen oder nicht.

Franz Bettinger

20. November 2025 13:33

Lange weigerte ich mich, Satanismus ernst zu nehmen. Lange hielt ich die Anbetung des Teufels für undenkbar. Heute nicht mehr. Der Zeichen sind zu viele geworden. Die Zeichen gab es immer schon, nur sah ich sie nicht od. wollte sie nicht sehen. Der Gedanke, eine Clique Mächtiger, Illuminaten od. wer auch immer könne im Hintergrund die Fäden der Welt spinnen (wollen), war mir nicht bloß suspekt, sondern zuwider. Den Anfang des Glaubens-Wandels machte der Madonna's 2019 -er Auftritt in Israel. Letzter Auslöser war der Baphomet auf der Rückseite meines alten ! Personalausweises, ein Teufels-Symbol, das 99,9% der Leute und ich auch immer übersehen haben, da es auf dem Kopf steht. Er war der zweite Dominostein. 

fw87

20. November 2025 13:50

"Als Jesus uns das Vaterunser lehrte, wollte er tatsächlich, dass wir am Ende denVater bitten, er möge uns von dem Bösen erlösen. Der dort benutzte Ausdruck bezieht sich nicht auf etwas Böses im abstrakten Sinn, sondern lässt sich genauer mit „der Böse“ übersetzen. Er weist auf ein personales Wesen hin, das uns bedrängt. Jesus lehrte uns, täglich um diese Befreiung zu bitten, damit die Macht Satans uns nicht beherrsche. Wir sollen also nicht denken, dass dies ein Mythos, ein Schauspiel, ein Symbol, ein Bild oder eine Idee sei." (Papst Franziskus, Gaudete et exsultate, 160)
Franziskus spricht in diesem Zusammenhang auch davon, dass dämonische Besessenheit möglich ist: Wenn im Evangelium davon die Rede ist, kann man das nicht einfach als psychische Krankheit oder Epilepsie abtun. Mit Franziskus als Papst habe ich mich zum Teil sehr schwer getan. Aber man muss doch sagen, dass er wie kein anderer nachkonziliarer Papst die Existenz des Teufels bekannt hat: Er ist Person, nicht Symbol.

Franz Bettinger

20. November 2025 14:00

Metapedia: Hintergrund-Gestaltung des bis 2010 ausgegebenen Personal -Ausweises der BRD zeigt die Züge des Baphomet. Auf der Rückseite des laminierten Ausweises findet sich das kaum verfremdete Baphomet-Signet kopfüber. Die langen geschwungenen Hörner des Widders sind erkennbar. Dieses Tier war Vorbild von Teufels -Darstellungen (und zuvor jene der alt-ägyptischen Widder-Gottheit von Mendes) Haupt-Symbol luziferischen Glaubens. Der auf dem alten Personal -Ausweis abgebildete Baphomet ist neben der Pyramide ein Erkennungs-Merkmal von Freimaurern & Teufels-Anbetern. Die Pyramide findet sich auf der Ein-Dollar-Note & dem heutigen Ground-Zero der gesprengten WTC- Türme. Offiziell heißt es: Widderkopf -Motiv auf dem alten PA sei zufällig generiert worden. Es habe nichts mit verdeckten Herrschaften (deep state) oder Freimauer-Logen zu tun. Alles Zufall! Wie die Merkel-Raute. 

Franz Bettinger

20. November 2025 14:07

Solche Symbole sind Zugehörigkeits-Zeichen bestimmter Kräfte, die sich Satanisten nennen, aber nicht einmal an Satan glauben geschweige denn an Gott. Das Satanische dient ihnen nur zur Provokation und zu lustvoller Selbst-Bespiegelung. Die Botschaft der Freimaurer, Illuminaten, zu denen auch Friedrich der Große, Goethe und Mozart gehörten, klingt verführerisch: "Nicht die Unterwerfung unter einen Gott oder eine andere irrationale Idee soll in der Welt dominieren, sondern die Vernunft, Genius und Macht des Menschen selbst. Es gibt weder Gott noch einen Satan. Der Mensch ist das höchste Wesen, das Maß aller Dinge. Wir schaffen die Welt, wie sie uns gefällt.“ Das Wort Satan bedeutet (angeblich): Sinnesfreude statt Abstinenz." 

Franz Bettinger

20. November 2025 14:11

Kein Wunder, dass diese Clique viel Zulauf hat. - Aber die Clique lügt. Sie täuscht ihre Anhänger. Es geht ihnen nicht um Vernunft und gute Taten. Es geht ihnen nicht um hehre Ziele in der Agenda 2030: Armutsbekämpfung, Gleichheit, Gesundheit, Frieden „für alle“, Umweltschutz. Es geht ihnen um absolute Macht & absolute Kontrolle. Seltsamer Weise ließen die Davoser Möchte-Gerne-Welten-Lenker ihre Maske sehr früh fallen. Immer kühner & offener & unverschämter vertreten sie ihre Ideen von der Enteignung & Entmündigung der Menschen. Wir werden sehen, ob die Globalisten den Weltkrieg gegen uns wirklich schon gewonnen haben. Gott mit uns!  

Dr Stoermer

20. November 2025 14:59

1/1
Die reine Lehre vom einen, allmächtigen Gott ist ein Gipfel, den kaum ein Mensch ohne das Sauerstoffgerät der Vernunft erklimmt. Unser Verstand arbeitet nun einmal binär: Kontrastbildung (ja/nein, oben/unten usw.). Was dazu verführt anzunehmen, dass es auch in dieser Angelegenheit Gott UND Gegenteil (was nicht Nichts ist!) geben muss.
Deshalb schafft sich selbst der frommste Gläubige fast zwangsläufig einen Gegenspieler, einen fast gleich starken Teufel, damit das Drama funktioniert und das Gute überhaupt sichtbar wird.
Wer es nicht bis zur Höhe eines Seraphim Rose oder Siluan vom Athos schafft, wird die Idee des Widersachers nie ganz loswerden – selbst wenn er sie theologisch korrekt als bloße Abwesenheit des Guten zu klassifizieren weiß.
Genau diese anthropologische Schwäche macht die Idee des Teufels zu einem verführerischen Werkzeug. Sie liegt nun einmal in der Welt, unabhängig von ihrer ontologischen Wahrheit, und steht jedem zur Verfügung: dem Frommen als Kontrastmittel, aber auch denen, die entweder Gott für einen verantwortungslosen Pfuscher-Demiurgen halten – oder gleich gar nicht an ihn glauben. Denn so wie die Idee von Gott – unabhängig von seinem Wahrheitswert – eine gruppendynamische Wirkung entfaltet, so tut dies auch die Idee des Teufels. Anders, schädlicher für die Gesamtgemeinschaft selbstredend, jedoch vorteilhaft für die, die sie konspirativ für sich einsetzen: Hinterhältig, verschlagen, sadistisch, empathielos, psychopathisch-intelligent.

Dr Stoermer

20. November 2025 15:01

2/3
Solche Leute soll’s geben. So wie jede gute Mafiaorganisation, selbst wenn sie sonntags in die Kirche rennen.
Wenn Tucker Carlson und Alexander Dugin nun behaupten, der Westen werde von Dämonen regiert, ist es für die praktischen Konsequenzen gleichgültig, ob es sich um transzendente Wesen handelt, die in schwefligen Bädern konferieren, oder um Menschen aus Fleisch und Blut, die nach dämonischen Ideen handeln. Letzteres ist nun wahrlich kein abstruser Befund, dazu reicht es, einmal in den Eurovision Song Contest zu zappen oder sich dies anzuschauen. Lustig auch der Zapfenstreichvergleich Schröder vs. Merkel, denn der zeigt, dass am Ende doch das Gute über das Böse triumphiert, ob das Böse nun einen echten Über- bzw. Untervater hat oder nur ein Plot von Arschlöchern ist.
Entscheidender ist eher, ob man es schafft, auch ohne Kontrastmittel zu erkennen, dass die Freiheit, sich für Böses zu entscheiden, Teil der Liebe des einen einzigen ist.
Das Böse aber hat keine eigene Substanz. Es ist Parasit, Schatten, Abwesenheit. Dieses Nein hat keinerlei eigene Seinskraft.
Dugin postuliert hingegen drei ewige, gleichursprüngliche Logoi – apollinisch, dionysisch, kybelisch –, die in einem unaufhörlichen Ringen stehen.

Kommentar Sommerfeld: Dugin ist ein orthodoxer Gnostiker mit etwas heikler spiritueller Vergangenheit, außerdem wendet er die Dämonologie ins Politische, was ihn unversehens zum Werkzeug des Widersachers machen könnte... Daß man einen "reinen" Gott ohne Widersacher als Mensch nicht denken kann, liegt m.E. nicht daran, daß wir Menschen uns an irgendein Konstrukt klammern müssen, sondern daß uns die reine Anschauung Gottes notwendigerweise fehlt, solange wir auf Erden wandeln.

Dr Stoermer

20. November 2025 15:01

3/3
Der Liberalismus ist für ihn der reine kybelische Logos, die Große Mutter, die alles verschlingt. Um sie zu besiegen, muss man den dionysisch-luziferischen Impuls vorübergehend instrumentalisieren – „den Tiger reiten“, durch die Hölle hindurchgehen, List anwenden. Das ist strukturell identisch mit der sabbatianisch-frankistischen Idee der „Heiligung durch Sünde“: Man muss das Heilige bewusst entweihen, um die Erlösung aus der tiefsten Dunkelheit hervorzuzwingen. Im Grunde also sein eigenes Reich bauen. Selbst Gott werden.
Damit bleibt es ein praktisches Manöver mithilfe von Gedöns – durchaus lobenswert in Zeiten der Not, aber kein spiritueller Fortschritt. Aber wer weiß, vielleicht können wir uns den gerade jetzt aus Zeitgründen nicht erlauben. Später dann. Vielleicht ist das Dugins Idee. Fairer Punkt zumindest.
Der Liberalismus wie er sich zeigt, ist jedenfalls nicht Ursache des Verfalls, sondern Symptom, das mit der Abwendung vom einzigen Gedöns erfolgte, das eine derart konstituierende Kraft hat, dass sie mindestens quasi göttlich ist. Klar ist aber: Wer drei ewige Prinzipien annimmt, von denen zwei per se zerstörerisch sind, hat den Monotheismus bereits verlassen – egal, wie viele Ikonen er küsst.
Der entscheidende Test bleibt einfach: Kann ich Gott lieben und ihm dienen, ohne dass ich einen mächtigen Teufel brauche, damit das Gute groß aussieht? Wer diese Frage mit einem klaren Ja beantworten kann, hat womöglich den Gipfel erreicht.

RMH

20. November 2025 15:07

Wers etwas neutraler, "ungläubiger" will, der kann sich ja einmal durch die umfangreichen Werke von Karl R. H. Frick ducharbeiten (Achtung! Fast schon enzyklopädisches Œuvre). Habe ich vor Jahren mal gemacht, richtige Dämonologie ist das dann aber nicht.
Interessant ist, dass jede Feldpostnummer des Christentums so etwas eigentlich hat, die spirituellen Kämpfer (nur nicht mehr die offiziellen EKD, die ist schon ganz in der Hand der irdisch-allzu irdischen Geister und bräuchte eher externe, exorzistische Hilfe). Nicht umsonst finden sich diese auch in den (weiteren oder engeren? Kann ich nicht beurteilen) Umfeldern der Nicht-Katholiken Trump und Putin.
Zu den 2 Bänden: Ja mei, fast 90.- Ocken ist mir das Thema dann aktuell doch nicht wert. Freue mich eher auf das baldige Eintreffen des neuen Werkes von M.L. (schon bestellt).

Plus Ultra

20. November 2025 16:00

Nun, wenn das so sein sollte, also das Dämonische sich der herrschenden Klasse des Westens bemächtigt hätte, offensichtlich inklusive der Amtskirchen, dann wäre der einzelne Mensch wohl der größten Versuchung, oder wie Sie sagen Bewährungsprobe in der abendländischen Geschichte ausgesetzt: dem Teufel zu trotzen, obwohl er von allen Seiten direkten Zugriff auf uns nehmen kann. Ein Nadelöhr, durch das wohl nicht sehr viele hindurchzukommen vermögen schätze ich. Nach katholischer Dogmatik wäre aber doch sowieso jede Seele verworfen, die sich nicht durch die Sakramente, und was sonst noch so verlangt wird, hindurcharbeitet!?

Kommentar Sommerfeld:
Nein, nicht "sowieso jede Seele verworfen". Es ist Gottes Ratschluß, ob er Seelen, die einem falschen Glauben anhängen oder ungläubig sind oder katholisch sind, aber wegen akutem Modernismus überhaupt nicht wissen, was das eigentlich für sie für eine Aufgabe bedeutet, rettet. Es ist sehr wohl möglich, daß jemandes Seele nicht wegen, sondern trotz seines Irrtums und Lebenswandels gerettet wird.

Monika

20. November 2025 17:12

Ein interessantes Thema u. ich werde mir die Bücher höchstwahrscheinlich zu Weihnachten schenken.  Mich interessiert die anthropologische Sicht allerdings mehr als die theologische. Der Theologe Herbert Haag (Teufelsglaube) stellte  die Existenz des Teufels in Abrede. Das war so die gängige Position in den 80er Jahren, als ich Theologie studierte. Jenseits des Sensationellen oder Esoterischen geht es in der Postmoderne m. E. darum, die Wirklichkeit ( Meister Eckhart) des Bösen wieder begreifbar zu machen. Man spricht nicht umsonst vom Teufel als dem Leib-haftigen. Dämonisch erscheint mit der Magdeburg Todesfahrer Taleb oder der Mord an Iryna Zarutska  durch Decarlos Brown. Hier versagt der westliche Erklärungsversuch, daß der "Mensch im Grunde gut" sei (Rudger Bregman). Auch die große ideologische, gutmenschliche Sprachverwirrung empfinde ich als dämonisch. Liebe Grüße an Dr. Caroline Sommerfeld.

nagini

20. November 2025 17:33

Heute bin ich auf der Straße mal wieder geschnitten und in der 30er Zone überholt worden und all solche Sachen und ich ertappe mich immer öfter dabei, wie ich laut sage: ,,Das einzige, das du (der andere Autofahrer) bräuchtest, wäre ein Exorzismus. Ernsthaft, was ist nur mit den Menschen los? Sie sind ultra aggressiv, ihnen sind Regeln völlig egal geworden, sie riskieren jede Minute des Tages ihr Leben auf absolut sinnlose Weise zum Beispiel durch völlig sinnlos riskantes Autofahren. Heute dachte ich sogar noch bei mir, dass ich ab heute wohl insgeheim Freude empfinden werde, wenn diese Drängler und Machtmenschen und Raser sich irgendwann um einen Baum wickeln. Auch bezüglich mancher Transgender Menschen empfand ich bereits eine solche Abneigung, dass ich regelrecht spirituell abgestoßen war. Eigentlich habe ich die Erfahrung gemacht, dass mich meine Intuition selten täuscht und ich den Satan erkenne, wenn er vor mir steht. Doch ich frage mich, ob es nicht auch in Satans Sinne ist, diejenigen, die quasi nicht offensichtlich besessen sind, in die Hölle zu ziehen indem er sie zum Hass anregt. Denn was ist es, was ich letztendlich durch diese Transterroristen und anderen Konsorten entwickle? Wohl nur Hass und dies ist wiederum dämonisch bzw. öffnet der dunklen Energie Tür und Tor. So bleibe ich derzeit verbannt aus dem gesellschaftlichen Leben, weil es keine Lösungen gibt und man sich am Ende des Tages selbst schützen muss. 

Kommentar Sommerfeld: Der Teufel sucht sich haargenau die seelischen Schwachstellen jedes einzelnen. Die "insgeheime Freude" ist so eine Stelle, genauso wie der Haß. Aber diesen Mechanismus zu erkennen, sogar bei sich selbst zu erkennen und diese Erfahrung anderen mitzuteilen, ist schon aktiver Kampf gegen ihn. Ich kenne jemanden, der das erwähnte Michaelsgebet (innerlich) jedesmal betet, wenn ihm das "gesellschaftliche Leben" wieder arg zusetzen will ...

heinrichbrueck

20. November 2025 18:08

Psychologischer Effekt (Charm Pricing): Das Gehirn nimmt den Preis als „80er-Preis“ wahr und nicht als „90er-Preis“, wodurch er günstiger erscheint, obwohl die Differenz nur 10 Cent beträgt.
Buchpreisbindung: Der Preis 90 € wäre der offizielle, feste Preis.
Der Teufel steckt in der Preisstrategie. 

Kommentar Sommerfeld: Wofür der Renovamen-Verlag nichts kann, und Buchpreisbindung ist etwas anderes. Psychologische Verkaufstricks erwischen uns alle, da können wir noch so viele schlau durchschauen.

Majestyk

20. November 2025 18:25

Man kann sich nicht ernsthaft mit ChatGPT unterhalten, das ist Selbstbetrug. Ich bin ja auch kein Schachgroßmeister, nur weil ich in meinem Browserspiel immer gewinne.
Der Glaube an Dämonen ist noch irrationaler. Was kommt als Nächstes? Exorzismus oder eine Neuauflage des Hexenhammers? Es stimmt schon, wir leben im Zeitalter der Gegenaufklärung, es droht ein neues Mittelalter.

RMH

20. November 2025 18:27

@Dr Stoermer,
danke für die Darstellung. Dugin ist damit eigentlich recht klar kein Christ, sondern einer, der auf dem Selbsterlösungpfad schreitet. Und immer wenn da einer kommt und meint, man schafft es selber oder aber man könne die Gnade Gottes durch eigenes Tun quasi wie eine naturgesetzliche Folge erzwingen oder diesen zu diesem oder jenem durch eigenes, menschliches Tun bringen, dann sollten bei Christen die Alarmglocken angehen. Da ist dann die andere Seite am wirken, aber nicht die göttliche.

Majestyk

20. November 2025 18:37

"Der Feind meines Feindes ist eben nicht unbedingt mein Freund."
schreibt Laurenz und trifft den Nagel auf den Kopf.
“ Gottes Wille geschieht ununterbrochen, ob wir wollen oder nicht." zitiert CS. 
Was jetzt? Ist das was geschieht Gottes Wille? Warum ist es die Entstehung der KI oder die Umwälzungen im Westen dann nicht? Wenn was geschieht, das einem gefällt ist es Gottes Wille, ansonsten Werk von Satanisten? Ist es nicht schon menschliche Anmaßung erahnen zu wollen, was Gottes Wille sein soll? Mit solchen Sätzen kann ich doch alles und nichts erklären. Man kann aber doch keine Glaubensbehauptung als Wissen ausgeben. 

Kommentar Sommerfeld: Es gibt das, was "unter Zulassung Gottes" geschieht, das ist die ganze Herrschaftsausübung des Fürsten dieser Welt. Stimmt, wir können nicht selbst unterscheiden, was davon des Teufels ist. Es gefällt uns vieles nicht, manches wollen wir sogar bekämpfen. Das "Werk von Satanisten" fordert den milites christiani heraus, es mit gleichen Waffen erledigen zu wollen. Dieser Duellforderung muß er widerstehen.

t.gygax

20. November 2025 18:42

Warum wird so etwas Lästerliches wie der letzte Anfall von " Laurenz" hier freigeschaltet?Selbst sin hat offenbar keine Grenzen mehr, von Begriffen wie "Demut" ganz zu schweigen. Nebenbei,Luther hatte Recht: " der alt böse Feind/ mit Ernst er' s jetzt meint/ groß Macht und List/sein grausam Rüstung ist/ auf Erd ist nicht seinsgleichen".

Kommentar Sommerfeld
: Sie haben recht. Ich lösche ihn. Vergelt's Gott.

RMH

20. November 2025 18:52

"Der Glaube an Dämonen ist noch irrationaler." @M-, natürlich - man bewegt sich in Glaubensdingen schnell auf dem Gebiet des Irrationalen. Den Mut zu haben, irrational zu sein, ist quasi Glaubensvoraussetzung an deren Ende - zumindest bei Christen, die anderen "Anbieter" kann ich nicht beurteilen - dann aber steht, dass man sich gerade von der Ratio, also dem Verstand, immer zu allererst zu bedienen hat & dieses Gottesgeschenk, diesen Teil unsere Wesens, welches der Christ als Gottes Schöpfungswerk (zu seinem Bilde!) sieht, nicht aus Bequemlichkeit ablehnen darf. Ein großer Teil abendl., mittelalt. Geisteslebens ist auf der Erkenntnis, dass Vernunft göttlich ist, aufgebaut. Irrationalität gehört aber auch zum Menschen. In der Politik sollte sie aber nur in geringen Dosen vorkommen. Jeder, der einmal in der geschlossenen Psychatrie arbeiten konnte oder Zugang zu Patienten dort hatte oder mit Menschen nach einem schweren Schädel-Hirn-Trauma, Schlaganfällen oder gar mit Demenzpatienten zutun hatte, steht vor einem "Wunder", was dieses Organ namens Gehirn alles für Wesenveränderungen, Vorstellungen etc. beim Menschen erzeugen kann. Es ist unglaublich, was man da alles als absolut zutreffende Wahrheiten präsentiert bekommt. Dennoch, es wird auch Bereiche geben, die über die reinen Stoffwechsel- & Nervenvorgänge im Gehirn hinaus gehen.

Dr Stoermer

20. November 2025 19:02

@werte Frau Sommerfeld:
"Daß man einen "reinen" Gott ohne Widersacher als Mensch nicht denken kann, liegt m.E. nicht daran, daß wir Menschen uns an irgendein Konstrukt klammern müssen, sondern daß uns die reine Anschauung Gottes notwendigerweise fehlt, solange wir auf Erden wandeln."
Ganz so wollte ich es ebenfalls ausdrücken. Ich meinte es in dem Sinne, dass das Konstrukt vernunftbedingt mit dem Wandeln auf Erden einhergeht. Zwar braucht es sie wie eine Sauerstoffflasche für das Erklimmen des Gipfels der Erkenntnis, und dennoch müsste man sie im letzten Moment ablegen, um ihn tatsächlich erreichen zu können.

Raffael

20. November 2025 19:18

@Majestyk: Der Stoiker Kleanthes sagte so: Volentes ducunt fata, nolentes trahunt - den Willigen leitet die (göttliche) Vorsehung, doch den Unwilligen schleppt es mit sich fort. Und Zeus' Wille muss doch geschehen.
(absichtlich bediene ich mich keines christlichen, sondern eines hellenistisch-vorchristlichen Spruches, um anzudeuten, wie man die Paradoxie etwa verstehen könnte.)

Gracchus

20. November 2025 21:28

Sehr interessant. Ich werde die Bücher kaufen (auch wenn ich sie verfügbar habe, nur nicht in physischer Form, was mir lieber ist). Für den "alten" Daemonenglauben spricht:
1. Es steht so geschrieben in der Hl. Schrift.
2. Werden hierdurch Bereiche anschaulicher und realistischer als unter dem alleinigen Blickwinkel eines rationalistischen Intrapsychismus (so ungefähr auch im Mann ohne Eigenschaft argumentiert). 
Der ontologische Status ist damit freilich noch nicht festgestellt. Mir hat sich zum Glück auch noch kein Daemon bildlich gezeigt oder namentlich bekannt gemacht. Daemonisches Treiben kann aber spürbar werden. Am ehesten im Kontrast, wenn man sich im Reinen befindet oder in Obhut guter Mächte. 

Gracchus

20. November 2025 21:44

Zu Ihrer Diskussion Dr. Stoermer und C. Sommerfeld: Bei meiner derzeitigen Bibellektüre fällt - wie schon früher - auf, dass, was den Willen Gottes angeht, nicht sehr differenziert wird. Es heißt dort, dass Gott das Herz Pharaos verstockt hat. Oder gestern: Gott sandte Saul den bösen Geist. Auch nennt Er sich als Gottes des Heils und Unheils, als schrecklicher Gott. Auch kann sich sein Wille anscheinend ändern.
In der Scholastik, meine ich, hat man zwischen zwei Willen Gottes unterschieden, einem aktiven, der auf das Gute gerichtet ist, und einem passiven, der passieren lässt was passiert, wie er seine Sonne scheinen lässt über Gute und Böse oder das schlechte Korn mit dem guten wachsen lässt. 

Gracchus

20. November 2025 21:58

Eine neuere Interpretation interpretiert die Bitte: "Führe uns nicht in Versuchung" so, dass die Versuchung durch das Wirken Gottes hervorgerufen wird, indem der Mensch sich hierdurch selbst für Gott zu halten beginnt.

Gracchus

20. November 2025 22:32

Als sicheres Indiz für dämonische Kräfte werte ich, wenn es gegen Kinder geht (s. auch Dostojewski: Böse Geister). 
Das halsstarrige Festhalten an bestimmten Vorstellungen, z. B. Klimaneutralität, ebenfalls - an Vorstellungen, um die man einerseits ein Tabu stellt, an die man andererseits selber nicht glauben zu scheint. Das hat doch den Anschein, als solle da jemand vorgeführt werden, z. B. von einem Schalck wie Mephisto. 

Monika

21. November 2025 10:02

Um dem Dämonischen näherzukommen, kann es hilfreich sein, über den Begriff der Dämonisierung (Verteufelung) nachzudenken. Laut Wikipedia ist Dämonisierung "die Darstellung einer anderen Person oder Gruppe (pol. Feind) als wesensmäßig böse. Es handelt sich um die extremste Form der Dehumanisierung  des Anderen." Da kann jeder für sich aufzählen, ob rechts oder links, wer die Bösen sind : Die Männer, die Einwanderer, die Deutschen, die Kapitalisten, die Afroaraber, die Moslems, die Juden, die AfD usw. Was trüge zu einer Entdämonisierung bei ? Der christliche Gott ist wesensmäßig nicht böse. Gott ist die Liebe ( 1Joh.4,16) 

FraAimerich

21. November 2025 10:08

@Gracchus  -  Dämonen treten nur selten von außen an einen heran. Sie klopfen eher von innen an die eigene Stirn. Platoniker könnten viel dazu berichten, was da "klopft", aber das nur am Rande.
Die - widersprüchliche - christliche Auffassung von den "(ab-)gefallenen Engeln" bedarf meiner Auffassung nach einer "gnostischen" Vermittlung. Peterdorff sieht das natürlich anders, deutet den Kern des Problems jedoch verschiedentlich - unbewußt - an. Etwa wenn er von den "Vermenschlichungen der ins Ungemessene sich vermehrenden Gottheiten" spricht, "in die der ursprüngliche Hochgott herabgezerrt und vervielfältigt wird".
Mit Gläubigen braucht man darüber nicht streiten. Provozieren sollte man sie schon gar nicht. Persönlich hätte ich mir von der hochgeschätzten Frau Sommerfeld einen Hauch spürbarer Distanz zu Petersdorff gewünscht, der sich doch zu einigen groben Vereinfachungen und unhaltbaren, jedenfalls absurd einseitigen "Verteufelungen" hat hinreißen lassen... 

Kommentar Sommerfeld: Rezensionen (ursprünglich in der Druckausgabe) haben begrenzten Platz. Freilich ist v. Petersdorffs Haltung zur modernen Musik und Kunst oder zu Preußen, sagen wir mal: schräg. Historisch verständlich, aber schräg.

Gracchus

21. November 2025 10:52

@Fra Aimerich: Mein bisherige Lektüre war nur kursorisch. Petersdorff urteilt von einem thomistisch-katholischen Standpunkt. Die Lehre oder Vorstellung, dass der Mensch dazu geschaffen(?) und erlöst wird, die durch die abgefallenen Engel leergewordenen Ränge zu füllen, ist m. W. aber nicht katholisches Dogma, nimmt aber einen prominenten Platz in den Ausführungen ein. 
Was innen/aussen angeht, bin ich mir nicht so sicher. Die Raummetapher soll ja ein Geschehen veranschaulichen, das sich bewusster Wahrnehmung der meisten entzieht. Wenn der Dämon im Inneren einer Seele wirkt, muss er sich hierzu Zugang geschaffen haben, es sei denn er wäre eine Ausgeburt der Seele selber. 

fw87

21. November 2025 12:19

@nagini: Mit diesem Problem sind Sie nicht allein. Es mag komisch klingen. Aber auch für mich sind ekelhafte und rücksichtslose Verkehrsteilnehmer so ziemlich die größte moralische Herausforderung. Es ist sicher wahr, dass der Satan zum Hass anregen will, denn es entspricht ja seinem Wesen. Alles was mit Hass zu tun hat, kommt nicht von Gott, deshalb muss man es gleich zurückweisen. Am besten durch Gebet, denn alleine schaffen wir das nicht. Durch das Gebet kommt wieder Frieden und Klarheit in die Seele. Wer im Stand der heiligmachenden Gnade lebt, auf den hat der Teufel keinen direkten Zugriff. Er versucht dann von außen, vor allem durch andere Menschen, Einfluss zu gewinnen. Wenn man sich diese Dinge bewusst macht und sie durchschaut, ist es vielleicht einfacher mit gewissen Dingen umzugehen.

Andu

21. November 2025 12:24

Parapsychologische Deutungen gewinnen stark an Zulauf, auch weil sich langsam herumspricht, dass die materialistische Sichtweise nicht mehr haltbar ist. Gut, dass ihr das mal anschneidet, wobei die Dämoneninterpretation natürlich stark christlich geprägt ist (Satanskulte gibt es aber tatsächlich).
Was dem einen seine Dämonen, sind dem anderen Außerirdische. Wer sich schonmal mit den UMMO-Briefen auseinandergesetzt hat, weiß, was ich meine:
https://www.cosmic-library.de/
Denen zufolge ringen zwei Spezies um die Vorherrschaft auf dem Planeten :-)
https://www.youtube.com/watch?v=Ugz8gGl9yH8
Kann man glauben oder nicht, wenn man sucht, findet man für alles interessante Indizien und Seltsamkeiten.
 

MARCEL

21. November 2025 13:22

In der asketischen Literatur der Ostkirche findet man das Konzept Logismos, ein Dämon kleidet sich in oberflächlich Gutes, um einzudringen. Auch in der Versuchungsgeschichte Jesu geht der Widersacher clever vor, in dem er doch nur "menschlich-allzumenschliche" Vorschläge macht (drehen sich übrigens alle um die Macht!) und sogar bibelfest daherkommt. Gegen Dämonen hilft authentische Demut, nicht mal Frömmigkeit.

Adler und Drache

21. November 2025 13:57

Zum Einen: Die Opposition "Offenbarungsglaube vs. Rationalismus" erschließt sich mir nicht wirklich, gerade auch bei diesem Thema - ist doch "der Dämon" schon eine Rationalisierung schamanistisch-animistischer, gestalt- und gesichtsloser Mächte (die ursprünglich ambivalent waren, ein Echo davon findet sich in 1 Sam 10), und viel mehr natürlich noch "die Dämonologie". Hier wird ja sozusagen schon "auf Teufel komm raus" rationalisiert, systematisiert, vergegenständlicht.
Zum Anderen: Trifft es zu, dass die westliche Welt in besonderer Weise unter der Herrschaft des Bösen steht - oder ist dies nicht eine Variante des besonderen westlichen Blicks auf sich selbst, der so oft mit einer Art "heiligem Entsetzen" einhergeht und die große Katastrophe hinterm Vorhang der Weltenbühne schon zum Sprung ansetzen sieht, sei`s nun Klima oder sonstwas? Ich sehe eher eine Rückkehr zur Normalität des Äons nach einer längeren Zeit, in der man diese Normalität überwunden zu haben oder zumindest überwinden zu können glaubte.
EvP habe ich nicht gelesen. 

FraAimerich

21. November 2025 14:09

@Monika  -  Im Symposion bezeichnet Platon den Eros als "großen Daimon". Ich ahne den Einspruch. Aber Hingabe und Verlangen gehören im Idealfall ja zusammen. Das Hebräische unterscheidet wie das Deutsche nicht zwischen Agape und Eros. - Und bei Platon verweist der Begriff auf die (seelische) Anziehungs- und Antriebskraft, die dem Menschen die Annäherung an die Welt des Göttlichen erst ermöglicht bzw. über das "Daimonion" vermitteln kann. Darauf gründet schließlich auch die Vernunft, die sich begrifflich vom Vernehmen ableitet und dringend benötigt wird, wo das Feld nicht dem bloßen Verstand des Herrenaffen überlassen werden soll.  

Diogenes

21. November 2025 14:12

1/3
 
Die Gnosis der Gnostiker. Gehet (Zeit ist ein menschlicher Abmessungsbegriff für zyklische Bewegungen im Universum des Allbewussten (wie ich die Göttliche Ordnung im Universum zwischen "Information" und "Energie" als "Wellenreiter" im "Sonnenlichte" nenne. Definiere Sonnelicht: Welle/Teilchen, Beides - Information reitet auf Energie. Also Wellen? "Einstein"? Vergesst die Galionsfigur der Materialistischen Wissenschaft, die den "Äther" mit aus dem Periodensystem als feinsten Stoff bannte!)  zur zur Quelle (!) - zum  inneren Licht; dem Gott/Godfunken zurück. 
 

Diogenes

21. November 2025 14:13

2/3
 
Ein Stichwort: Nag-Hammadi-Schriften. "Archonten" (Herrscher, in den Texten als Negativkraft die "vampirisch" oder modern übersetzt virulent in die materialistische Krankheit/Verblendung führt - Gefangene der virtuellen Welt; einer Scheinwelt; Werkzeuge, Ausgebeutete; Sich ihres Selbst Unbewusste die in Egoismen gegenseitig bestärkend befangen sind (einfach: Wer hat mehr von diesem und von jenem; ein Penisvergleich in Eigentumsgröße bemessen; Selbstdefinition des Eigenstandes rein durch Materialismus/Faktoren) ist auch nur ein Wort für Wesenheiten, die "Jesus" schon mit "Mein Reich ist nicht von dieser Welt" meinte. Das Buch des Lebens, wie es V. Schauberger nannte, ein "Fluss (...?)" auf dem jene "Reiter", die sich durch Pythagoras Klangkunstwissen (dazu muss man nicht nach Tibet reisen) auf geistig-meditativ (d.h. den Geist frei von allem machen - Das Nichtnachdenken und das Intuitive dem andauernden Abbilden (Reaktionäre sind keine Schöpfer!) als Spiegel u. Laufbursche des Falschen entzogen! 

Hesperiolus

21. November 2025 17:36

Zu fragen bewegt mich, rezensionstiefer, der ich das Werk nicht kenne, wieweit bei v. Petersdorff die Ethnodämonologie berücksichtigt wird, die womöglichen agathodämonischen und kakodämonischen Volks- und Volksungeister, deren  Dämonomachien um die Volksseelen? Deren Mani- und Infestationen, ihre literarischen und bildkünstlerischen Spiegelungen? Man liest ja auch seinen Joseph von Goerres, dessen Mystik, 3. und 4.  Band; dazu Fritz Gerlich und Miguel Serrano in extremis (mitspürend – mitbetend: wenn man denn heilsständig dürfte – anlässlich und überhaupt). 

Werner42

21. November 2025 22:12

Also wenns jetzt so arg christlich wird, gerade wenn es darum geht politisch einen klaren Kopf zu behalten, dann irritiert mich das schon. Mein Verständnis von Religiosität hat Gottfried Benn in seinem Brief an Lernet-Holenia für mich erschöpfend ausgedrückt: "Jeder andere weiß , wir sind geschaffen, allerdings alles andere liegt völlig im Dunklen. Die Frage ist also gar nicht ob Gott oder Nicht-Gott, die Frage ist nur, ob man Gott in sein Leben verarbeitet, ob man ihn verwertet, ihn unmittelbar für seine Lebensart benötigt. Er verlangt es bestimmt nicht, er sagt: Seid fruchtbar und mehret euch und füllet die Erde, er sagt nicht verzweifelt ohne mich, macht Kotau vor mir, erwartet das ich euch die Schuhe besohle, er sagt nicht: Ihr dürft nicht allein fertig werden, demütigt euch vor mir - dieser Demütigungsparoxismus ist wohl  überhaupt nur ein Akzidens der letzten 2000 Jahre, er reicht nicht in unsere Gene und der Arche des menschlichen Typus herab. Diese Distanz zu Gott , wie sie mir vorschwebt, ist reine Ehrfurcht vort dem großen Wesen. Ihn fortgesetzt mit Blicken und Lippen anzustarren, ist in meinen Augen ein großer Frevel, es setzt ja voraus , daß wir überhaupt für ihn etwas sind, während mein Ehrfurcht annimmt, er geht nur mit etwas, einem geringen Etwas, durch uns hindurch, und dann geht es auch zu etwas anderem."

Diogenes

22. November 2025 06:56

Und noch Eins: Um es dem dis, dem disharmonischen Daimon/Dämon als musikalisches Hochgefühl in diesen Zeiten entgegenzusetzen... https://www.youtube.com/watch?v=X4c7HwVNXks (Stabsmusikkorp spielt Drei Haselnüsse für Aschenbrödel (Tři oříšky pro Popelku) von Karel Svoboda). 
 
Besinnung auf das Wesentliche was uns gemein miteinander macht, was Gemein|schaft bilden lässt. Dunkel, kalt, ist die Zeit. An uns ist das Licht dort hinein zu bringen. ...

Olmo

22. November 2025 09:17

@nagini fairerweise muß man sagen, daß es sich bei dem agressiven Idioten im Alltagsverkehr in der Regel nicht um die Sybille von den Grünen handeln dürfte, sondern eher um den Heiko von der Wutbürgerfront, junge Assis und Neubürger. Zugegeben, ich fahre auch manchmal beschissen. Es ist auch der Alltagsstress, ich musste jahrelang pendeln, auf der tangenziale herrscht Krieg, manchmal hat man die Faxen dicke und will einfach nach Hause, da brennt schon mal eine Leitung durch. Und gewohnte Strecken fährt man leichtsinniger.
 
Mich intressiert das Thema. Ich werde erst einmal die gekürzte Version in Broschur bestellen. Wenn ich 90 Eur für Bücher über Dämonen ausgebe, setzt mein eigener geliebter Hausdämon mich vor die Tür.

RMH

22. November 2025 10:44

"er sagt nicht verzweifelt ohne mich, macht Kotau vor mir, erwartet das ich euch die Schuhe besohle, er sagt nicht: Ihr dürft nicht allein fertig werden, demütigt euch vor mir - dieser Demütigungsparoxismus ist wohl  überhaupt nur ein Akzidens der letzten 2000 Jahre, er reicht nicht in unsere Gene und der Arche des menschlichen Typus herab."
@Werner42, danke für das Zitat. Wenn man den Gott des alten Testaments sich ansieht, dann will dieser schon, dass sich seine Herde bei ihm einschleimt, Opfergaben darbringt, ihn ständig "lobpreist", er erscheint wie ein orientalischer Herrscher, bei dem man buckeln muss. Der neutestamentliche Gott, wie er über Jesus, der sich als Teil eines dreieinigen Gottes zu erkennen gibt, vermittelt wird, erscheint so viel anders. Das Heil ist auch nicht mehr Gruppenbezogen auf ein auserwähltes Volk konzentriert (wobei man hier genau hinsehen muss - Heil finden auch Nichtjuden, wenn sie sich an die noachidischen Gebote halten) sonder das Individum tritt vollständig in den Mittelpunkt.  Das Heilsgeschehen individualisiert sich und der Glaube wird damit universell. Das ist - auch wenn Antike, Spätantike, Mittelalter noch kommern - wahrlich der Beginn einer neuen Zeit, ja der "Moderne", keine Stammesgottheiten mehr. Einer für alle und alle sind einzelne Geschöpfe Gottes, Individuen. Das Subjekt betritt die Weltbühne.

RMH

22. November 2025 10:57

Was das Thema Dämonen angeht, so hat Freud zur Teufelsneurose ("Eine Teufelsneurose im 17.Jhdt") folgendes geschrieben: "Wir dürfen nicht erstaunt sein, wenn die Neurosen dieser frühen Zeiten im dämonologischen Gewande auftreten, während die der unpsychologischen Jetztzeit im hypochondrischen, als organische Krankheiten verkleidet, erscheinen. ...Die dämonologische Theorie jener dunkeln Zeiten hat gegen alle somatischen Auffassungen der „exakten“ Wissenschaftsperiode recht behalten. Die Besessenheiten entsprechen unseren Neurosen, zu deren Erklärung wir wieder psychische Mächte heranziehen. Die Dämonen sind uns böse, verworfene Wünsche, Abkömmlinge abgewiesener, verdrängter Triebregungen. Wir lehnen bloß die Projektion in die äußere Welt ab, welche das Mittelalter mit diesen seelischen Wesen vornahm; wir lassen sie im Innenleben der Kranken, wo sie hausen, entstanden sein." Mithin: Jede Kultur hat Ausdrücke für psy. Erkrankungen. Eine vollkommen religiöse Person wird, wenn sie an einer psy.. Erkrankung leidet, diese mit hoher Wahrscheinlichkeit mit den ihr bekannten relig. Erklärungen zum Ausdruck bringen. Nicht o. Grund will die kath. Kirche vor der Zulassung eines Exorzismus erst einmal psy. Ursachen ausschließen & stellt den "großen" Ex. unter Erlaubnisvorbehalt.

Für diesen Beitrag ist die Diskussion geschlossen.