von einer Rebe, die ich bislang nicht kannte: Hölder, zu Ehren Hölderlins in den 50er-Jahren gezüchtet, und heute noch auf ganzen 7 Hektar in Deutschland angebaut. Weil die Kinder noch nicht im Bett lagen, ließ ich den Gast für eine halbe Stunde allein.
Ich fand ihn lesend im Büro und schlug vor, für die Dämmerung in den Garten zu wechseln. Dort zog er die Flasche auf, schenkte ein und sagte, während wir leicht anstießen: “Auf den Frieden.” Im selben Moment stach mich der Hafer.
“Auf den raschen Sieg”, erwiderte ich. “Auf den raschen Sieg, den Blitzkrieg!”
Mein Gast sah mich an.
“Ja”, sagte ich sehr aufmüpfig, “diese überwältigende Zusammensetzung aus Können und Arroganz, dieser schnelle Schnitt, was hast Du dagegen?” Und ich trank. “Haben wir erfunden.”
Mein Gast kippte seinen Hölder neben den Tisch und stand auf: “Auch Du wirst noch höflich irgendwann – und bescheiden.”
Ich warf ihm sein Glas nach und schrie: “Und es spart Blut, wenn man rasch gewinnt, daran hast Du noch nicht gedacht, oder?”
Ich hörte die Autotür schlagen und den Wagen vom Hof rollen.Ich trank alleine weiter.
Später im Büro wollte ich das Buch wieder ins Regal stellen, das mein Gast gelesen hatte. Es waren die Gedichte Hölderlins, und er hatte die Abendphantasie aufgeschlagen.
Vor seiner Hütte ruhig im Schatten sitzt
Der Pflüger, dem Genügsamen raucht sein Herd.
Gastfreundlich tönt dem Wanderer im
Friedlichen Dorfe die Abendglocke.Wohl kehren itzt die Schiffer zum Hafen auch,
In fernen Städten, fröhlich verrauscht des Markts
Geschäftger Lärm; in stiller Laube
Glänzt das gesellige Mahl den Freunden.Wohin denn ich? Es leben die Sterblichen
Von Lohn und Arbeit; wechselnd in Müh’ und Ruh
Ist alles freudig; warum schläft denn
Nimmer nur mir in der Brust der Stachel?Am Abendhimmel blühet ein Frühling auf;
Unzählig blühn die Rosen und ruhig scheint
Die goldne Welt; o dorthin nimmt mich,
Purpurne Wolken! und möge drobenIn Licht und Luft zerrinnen mir Lieb’ und Leid! -
Doch, wie verscheucht von töriger Bitte, flieht
Der Zauber; dunkel wirds und einsam
Unter dem Himmel, wie immer, bin ich -Komm du nun, sanfter Schlummer! zu viel begehrt
Das Herz; doch endlich, Jugend! verglühst du ja,
Du ruhelose, träumerische!
Friedlich und heiter ist dann das Alter.