Um etwas Unentschiedenes, ein Kuddelmuddel, ein laue Wärme, eine verkochte Brühe. Und auch der Mensch im Zwischenzustand ist auf die Dauer ein unangenehmes Wesen.
Wir kennen einerseits jene sogenannten „Kinder“, für die’s ab 12 bereits nicht mehr viel zu entdecken gibt. Das Meiste kennen sie ja schon, wenigstens vom Bildschirm oder Handy-Display. Das macht, daß sie für Feinheiten des Lebens oft unempfänglich, weil abgestumpft sind. Andererseits haben wir die die sogenannten „Erwachsenen“, die gerade das nicht sein wollen (darüber schrieb ich in der Sezession 6 einmal ausführlich). Weder „reif“, schon gar nicht „älter“. Die Schlagworte sind Legion. Es gilt „lebenslanges Lernen“ und neben einer jugendlichen Fassade auch das „innere Kind“ zu bewahren, – drum wähnen sich auch 65jährige gerade so in „der Mitte des Lebens“ und lassen sich von Werbeagenturen als Best Agers umschmeicheln. Neil Postman bemerkte einmal treffend, es sei eine Frage der Perspektive, ob heute Kindheit oder Erwachsenenalter am Verschwinden seien. Er konstatierte eine langgestreckte dritte Lebensstufe: die des „Kind-Erwachsenen“.
Die Unterhaltungsindustrie hat das schon lange begriffen und befördert. Das Zauberwort ist All-Age. Im schlechteren Fall heißt das Unterschichtfernsehen, im etwas besseren, daß Harry Potter und die Biss-Roman-Verfilmungen großteils von Erwachsenen gesehen werden.
Vergangene Woche hat sich im überfüllten ICE ein (kinderloses) Pärchen Ende dreißig zu mir und den Meinen ins Kinderabteil geknäult und sich dort, gepeinigt von konvulsivischen Lachsalven, auf dem mitgeführten Laptop einen Film angesehen, der meines Wissens Kung-Fu-Panda hieß. Meine Kinder reagierten leicht irritiert.
Dieser Tage kam nun das Börsenblatt-Spezial zum Thema Kinder- und Jugendbuch heraus. Interessanterweise gehen die Verlage wieder vermehrt dazu über, ihre Bücher mit Altersempfehlungen zu versehen – eine Praxis, die lang verpönt war, aber durchaus lobenswert ist. Zum Thema Infantilismus / früh- alte Kinder hab ich u.a. gefunden:
- ein Buch Drachen erziehen ist leicht, das „ab 4 Jahren und für Erwachsene“ empfohlen ist – und damit ist nicht der vorlesende Erzieher gemeint, sondern schlicht Männer& Frauen, die extrem auf putzige Niedlichkeiten stehen.
– ein „Aufklärungsbuch“ für ältere Kinder des einigermaßen renommierten Coppenrath-Verlags. Es heißt Von wegen Licht aus, Augen zu! 200 Wahrheiten über dich und die Liebe. Das Ding versteht sich als „Mädchenratgeber“, drum wird darin auch in Begriffe/Techniken wie Blowjob und gangbang eingeführt. Gegenüber dem Börsenblatt sagt die Lektorin, „eine verzopfte Sprache und Bienchen- und Blümchen-Bilder“ ließen heutige Jugendliche doch „nur noch mit den Augen rollen.“
Klar. Alles, bloß das nicht! Rollende Augen, wo kämen wir hin! Dann lieber 200 Wahrheiten über das, was zählt: Ich. Und: die Spielarten der „Liebe“.