Widerstand im Schatten

pdf der Druckfassung aus Sezession 6 / Juli 2004

sez_nr_6Im Juli 1982 schrieb Johannes Groß in seinem „Notizbuch“, das das FAZ-Magazin (eine Wochenbeilage der Frankfurter Allgemeinen) regelmäßig veröffentlichte: „Die Linken legen heutzutage größten Wert darauf, daß es nicht nur konservativen, rechten Widerstand gegen Hitler gegeben hat. Mit Recht. Es hat linken Widerstand gegen Hitler gegeben, aber vornehmlich als Abwehr der Verfolgung, im Interesse einer Partei und unter dem Gesichtspunkt, daß die falsche Diktatur sich etablieren konnte, die von der Geschichtsphilosophie nicht vorgesehen war. Der moralisch begründete Widerstand gegen Hitler war in der Tat konservativen, aristokratischen Ursprungs …“ Seitdem ist die Zahl der Untersuchungen über die weltanschaulichen Hintergründe der Opposition im „Dritten Reich“ stark angewachsen, trotzdem hat die Aussage von Groß ihren skandalösen Charakter kaum verloren. Der Grund dafür ist eine allmähliche Verzerrung des Geschichtsbildes, die seit den siebziger Jahren dazu führte, jede Art von Gegnerschaft gegen den Nationalsozialismus zu nobilitieren, sofern sie von links kam, ganz gleichgültig, ob die Motivation ein konkurrierender Totalitarismus war oder die Grenze zum Landesverrat systematisch überschritten wurde, umgekehrt führte die „denunziatorische Laune“ (Joachim C. Fest) gegenüber aller Opposition aus konservativer, nationaler oder christlicher Motivation zu dem Verdikt, in ihr fänden sich keine brauchbaren Modelle für die gegenwärtige Verfassungsordnung. Beide Tendenzen haben außerdem dazu beigetragen, alle jene Einzelgänger und Gruppen aus dem Auge zu verlieren, die nicht zur ersten Linie des Widerstandes gehörten und durch ganz verschiedene altkonservative, jungkonservative oder nationalrevolutionäre Vorstellungen geprägt waren. Gerade in dieser „zweiten Linie“ gab es viele, die sich sehr früh zum Kampf gegen Hitler entschlossen, wobei die Gründe genauso in einer ursprünglichen Sympathie für den Nationalsozialismus und anschließender Enttäuschung liegen konnten wie in einer prinzipiellen Feindschaft, die häufig einer „reaktionären“ Gesinnung entsprang.

Bose, Carl Fedor Edu­ard Her­bert von 16. März 1893 (Straß­burg) – 30. Juni 1934 (Ber­lin). Ober­re­gie­rungs­rat, Pri­vat­se­kre­tär von Papens, baut nach der Regie­rungs­über­nah­me Hit­lers mit sei­nem Freund Edgar J. Jung und Fritz von Tschirsch­ky die soge­nann­te Pres­se­stel­le der Vize­kanz­lei auf, die in Wirk­lich­keit dazu dient, Infor­ma­tio­nen zu sam­meln, den Kir­chen in Abwehr der „Gleich­schal­tung“ bei­zu­ste­hen und Ver­haf­te­ten sowie deren Fami­li­en zu hel­fen. Außer­dem wur­den in die­sem Zir­kel die Vor­be­rei­tun­gen für einen Staats­streich getrof­fen, der im Früh­som­mer 1934 mit Unter­stüt­zung der Reichs­wehr und Hin­den­burgs durch­ge­führt wer­den soll­te. B. wur­de wie Jung im Zusam­men­hang mit der „Röhm-Affä­re“ fest­ge­nom­men und ohne Urteil erschossen.

Ebe­l­ing, Hans 2. Sep­tem­ber 1897 (Kre­feld) – 17. Mai 1986 (Düs­sel­dorf). Ent­stamm­te bür­ger­lich-kon­ser­va­ti­ven Ver­hält­nis­sen, schloß sich nach dem Ers­ten Welt­krieg dem der DNVP nahe­ste­hen­den Deutsch­na­tio­na­len Jugend­bund, dann des­sen natio­nal­re­vo­lu­tio­nä­rer Abspal­tung, dem „Jung­na­tio­na­len Bund“ (Juna­bu), an, des­sen „Pfad­fin­der­schaft West­mark“ er führt. 1924 bil­de­te E. den „Juna­bu – Deut­sche Jun­gen­schaft“. Bezog zuneh­mend sozi­al­ra­di­ka­le Posi­tio­nen, nicht zuletzt unter dem Ein­fluß sei­nes aka­de­mi­schen Leh­rers, des Natio­nal­öko­no­men Fried­rich Lenz, bei dem er pro­mo­vier­te. Gab von Ende 1929 bis Janu­ar 1933 die natio­nal­re­vo­lu­tio­nä­re Zeit­schrift Der Vor­kämp­fer her­aus. Nach der Macht­über­nah­me Hit­lers mehr­fach inhaf­tiert, ging E. in die Emi­gra­ti­on, agier­te von Bel­gi­en, den Nie­der­lan­den und schließ­lich von Eng­land aus gegen das Regime, griff auch von dort aus in die Dis­kus­si­on ein und ver­such­te durch die gemein­sam mit Theo Hes­pers (ehe­ma­li­ger katho­li­scher Jugend­füh­rer, 1943 in Ber­lin gehenkt) her­aus­ge­ge­be­ne Zeit­schrift Kame­rad­schaft die Bil­dung einer Jugend­op­po­si­ti­on gegen das NS-Regime zu fördern.

Gün­ther, Albrecht Erich 8. Janu­ar 1893 (Lan­gen­burg / Würt­tem­berg) – 29. Dezem­ber 1942 (Ham­burg). Gehör­te zusam­men mit sei­nem Bru­der Ger­hard – Söh­ne der Dich­te­rin Agnes G. – zu einer Grup­pe von Intel­lek­tu­el­len aus dem Umfeld der Kon­ser­va­ti­ven Revo­lu­ti­on, die auf der Gren­ze zwi­schen Jung­kon­ser­va­ti­ven und Natio­nal­re­vo­lu­tio­nä­ren stand (G. war eng mit Ernst Jün­ger befreun­det). Im April 1926 trat G. in die Redak­ti­on des Deut­schen Volks­tums ein, des­sen Lei­tung er künf­tig mit Wil­helm Sta­pel gemein­sam aus­üb­te. Sei­ne Ein­stel­lung zum Natio­nal­so­zia­lis­mus schwank­te. Sei­ne Skep­sis scheint schließ­lich über­wo­gen zu haben, so daß G. noch am 26. Janu­ar 1933 bei den Bera­tern Schlei­chers vor­sprach, um den Kanz­ler-Gene­ral von der Not­wen­dig­keit eines Staats­streichs zu über­zeu­gen, der allein die Regie­rungs­über­nah­me der Natio­nal­so­zia­lis­ten ver­hin­dern konn­te. G. wur­de im Früh­jahr 1933 kurz­fris­tig von der Gesta­po fest­ge­setzt. Nach sei­ner Ver­haf­tung trat er zur Tar­nung in die NSDAP ein (er blieb der ein­zi­ge Par­tei­ge­nos­se in der Redak­ti­on des Deut­schen Volks­tums), ent­wi­ckel­te sich aber rasch zu einem immer ent­schie­de­ne­ren Geg­ner des neu­en Sys­tems. Vor allem fürch­te­te er die aggres­si­ve Außen­po­li­tik Hit­lers, die die Kon­stel­la­ti­on von 1914 bezie­hungs­wei­se 1917 wie­der her­auf­be­schwö­ren wür­de. Ende 1938 zog er sich wie Sta­pel aus der Lei­tung des Deut­schen Volks­tums zurück. Bereits vor dem Aus­bruch des Zwei­ten Welt­kriegs hat G. über sei­nen Freund Fried­rich-Wil­helm Heinz Kon­takt zu Krei­sen der Mili­tär­op­po­si­ti­on auf­ge­nom­men. Zwei Mal – noch vor Beginn der Feind­se­lig­kei­ten und nach dem Rück­schlag vor Mos­kau – erklär­te er sich bereit, an einem Atten­tat auf Hit­ler teil­zu­neh­men, 1938 mit dem von Heinz schon auf­ge­stell­ten Stoß­trupp, der die Reichs­kanz­lei stür­men soll­te, 1942 durch eine Selbst­mord­ak­ti­on, dazu wohl auch ent­schlos­sen unter dem Ein­druck sei­ner unheil­ba­ren Erkran­kung an Tuber­ku­lo­se, der er im Dezem­ber 1942 erlag.

Gut­ten­berg, Karl Lud­wig Frei­herr von und zu 22. Mai 1902 (Würz­burg) – 23. April 1945 (Ber­lin). Ent­stamm­te einer der ein­fluß­reichs­ten Fami­li­en des frän­ki­schen Adels. His­to­ri­ker, grün­de­te 1931 die „Arbeits­stel­le für kon­ser­va­ti­ves Schrift­tum“ und ein Jahr spä­ter die Zeit­schrift Mon­ar­chie, die sich dem Gedan­ken der Restau­ra­ti­on, nicht so sehr des Hau­ses Hohen­zol­lern, als viel­mehr der Wit­tels­ba­cher ver­schrieb. Nach der Macht­über­nah­me der Natio­nal­so­zia­lis­ten wur­de die Mon­ar­chie ver­bo­ten, ersatz­wei­se gab G. zwi­schen Mai 1934 und Janu­ar 1943 die Wei­ßen Blät­ter als Zen­tral­or­gan eines christ­li­chen Kon­ser­va­tis­mus her­aus, zu des­sen wich­tigs­ten Mit­ar­bei­tern Rein­hold Schnei­der, Jochen Klep­per und Wer­ner Ber­gen­gruen gehör­ten. Bei Kriegs­be­ginn wur­de G. ein­ge­zo­gen, dann zum Amt Aus­land / Abwehr ver­setzt, wo er in Kon­takt zu Krei­sen der mili­tä­ri­schen Oppo­si­ti­on kam. Wegen sei­ner Bemü­hun­gen, Gefan­ge­ne aus den Hän­den der Gesta­po zu befrei­en, in Ver­dacht gera­ten, sorg­ten sei­ne Vor­ge­setz­ten für ein Kom­man­do nach Jugo­sla­wi­en, wo G. dann den 20. Juli 1944 völ­lig iso­liert erleb­te. Obwohl ihm kei­ne direk­te Betei­li­gung nach­ge­wie­sen wer­den konn­te, fest­ge­setzt, wur­de er noch in der Nacht vom 23. auf den 24. April 1945 mit ande­ren Häft­lin­gen aus dem Gefäng­nis in der Lehr­ter Stra­ße abge­holt und ermordet.

Haber­mann, Max 21. März 1885 (Alto­na) – 30. Sep­tem­ber 1944 (Ber­lin). Buch­händ­ler, Funk­tio­när des Deutsch­na­tio­na­len Hand­lungs­ge­hil­fen­ver­ban­des (DHV) und 1918 – 1933 in des­sen Vor­stand, außer­dem Mit­glied im „Füh­rer­kreis“ des DGB der Wei­ma­rer Repu­blik. Auf Druck der Natio­nal­so­zia­lis­ten aus sei­ner Posi­ti­on im DHV ent­las­sen. H. hat­te mit Gre­gor Stras­ser sym­pa­thi­siert, ver­lor aber spä­tes­tens nach dem 30. Juni 1934 alle Illu­sio­nen im Hin­blick auf das NS-Regime. Fand ab 1936 über Joa­chim Leu­sch­ner und Jakob Kai­ser Kon­takt zum Wider­stand und war in des­sen Rah­men einer der wich­tigs­ten Ver­tre­ter christ­lich-sozia­ler Vor­stel­lun­gen aus evan­ge­li­scher Sicht. H. tauch­te nach dem geschei­ter­ten Atten­tat 1944 unter, wur­de schließ­lich doch gefaßt und nahm sich in der Haft das Leben.

Har­nier, Adolf Frei­herr von 14. April 1903 (Mün­chen) – 12. März 1945 (Zucht­haus Strau­bing). Rechts­an­walt, trat schon vor 1933 als Geg­ner des Natio­nal­so­zia­lis­mus auf und setz­te sei­ne ableh­nen­de Hal­tung nach der Macht­über­nah­me Hit­lers kaum ver­deckt fort. Wei­ger­te sich, Par­tei­or­ga­ni­sa­tio­nen bei­zu­tre­ten und brach den Kon­takt zu jedem ab, der sich der Gleich­schal­tung unter­warf. 1934 kon­ver­tier­te H. zum Katho­li­zis­mus und ging nach dem Ver­lust des Fami­li­en­gu­tes 1936 als Anwalt nach Mün­chen. Er ver­tei­dig­te in der Fol­ge­zeit vor allem jüdi­sche Man­dan­ten, die sich an ihn wen­den konn­ten, da er auch die Mit­glied­schaft im NS-Rechts­wah­rer­bund zurück­ge­wie­sen hat­te. Bau­te wäh­rend­des­sen eine mon­ar­chis­ti­sche Oppo­si­ti­ons­be­we­gung auf, die vor allem in der ein­fa­chen Bevöl­ke­rung Bay­erns Anhang fand. Die­ser „Har­nier-Kreis“ plan­te zwar kei­nen Umsturz, ver­stand sich aber als Vor­be­rei­tung für eine Restau­ra­ti­on nach dem erwar­te­ten Zusam­men­bruch des NS-Regimes. Am 4. August 1939 von der Gesta­po fest­ge­setzt, wur­de H. erst im Juli 1944 vor Gericht gestellt und zu einer zehn­jäh­ri­gen Haft­stra­fe ver­ur­teilt, er starb am 12. Mai 1945 im Zucht­haus Strau­bing an Hungertyphus.

Haus­ho­fer, Albrecht 7. Janu­ar 1903 (Mün­chen) – 23. April 1945 (Ber­lin). Sohn des Begrün­ders der deut­schen geo­po­li­ti­schen Schu­le, Karl H. Anders als sein Vater war H. an einer sys­te­ma­ti­schen Begrün­dung der Geo­po­li­tik als Wis­sen­schaft inter­es­siert. Sein Haupt­werk All­ge­mei­ne poli­ti­sche Geo­gra­phie und Geo­po­li­tik blieb aller­dings Frag­ment und konn­te erst post­hum erschei­nen. H. hat­te in den zwan­zi­ger Jah­ren Kon­tak­te zu ver­schie­de­nen Krei­sen der Jung­kon­ser­va­ti­ven. Seit Som­mer 1933 Dozent an der Ber­li­ner Hoch­schu­le für Poli­tik, konn­te er schon wegen der Freund­schaft sei­nes Vaters mit Rudolf Hess auf die Pro­tek­ti­on des neu­en Regimes rech­nen. Seit 1934 war er für das „Büro Rib­ben­trop“ als außen­po­li­ti­scher Bera­ter tätig und bemüh­te sich vor allem um den Aus­gleich mit Groß­bri­tan­ni­en. Ande­rer­seits führ­te die jüdi­sche Her­kunft sei­ner Mut­ter von Anfang an zu einer star­ken Reser­ve H.s gegen­über dem Natio­nal­so­zia­lis­mus. Die voll­stän­di­ge Abwen­dung erfolg­te erst unter dem Ein­druck des Kriegs­aus­bruchs. Ein letz­ter Ver­such zu ret­ten, was zu ret­ten war, bestand in der Unter­stüt­zung von Heß’ „Frie­dens­flug“, in des­sen Vor­be­rei­tung auch sein Vater ver­wi­ckelt war. Bei­de H.s wur­den ver­haf­tet, Karl H. aller­dings rasch wie­der frei­ge­las­sen, wäh­rend Albrecht H. bis Juli 1941 im Gefäng­nis blieb. Nahm danach sofort Kon­takt zu Grup­pen der Oppo­si­ti­on um Goer­de­ler und von Has­sell auf. Obwohl er nicht direkt in die Akti­on vom 20. Juli 1944 ver­wi­ckelt war, wur­de er genau­so wie sei­ne Eltern nach dem Schei­tern des Atten­tats ver­haf­tet und noch am 22. April 1945 durch Genick­schuß getö­tet. In der Hand des Ermor­de­ten fand man das Manu­skript der Moa­bi­ter Sonet­te, das letz­te einer grö­ße­ren Zahl lite­ra­ri­scher Wer­ke aus sei­ner Feder.

Kleist-Schmen­zin, Ewald von 22. März 1890 (Groß-Dub­be­row / Kreis Bel­gard) – 9. April 1945 (Ber­lin-Plöt­zen­see). K. kehr­te nach dem Ende des Krie­ges nach Pom­mern zurück, um die Fam­li­en­gü­ter zu ver­wal­ten. Er war ent­schlos­sen, die tra­di­tio­nel­len Lebens­ver­hält­nis­se so weit als mög­lich zu ver­tei­di­gen, ver­ab­scheu­te die par­la­men­ta­ri­sche Staats­form, setz­te sich für eine Restau­ra­ti­on der Hohen­zol­lern ein und sym­pa­thi­sier­te mit der repu­blik­feind­li­chen Rech­ten. K. ver­such­te im eigent­li­chen Sin­ne „kon­ser­va­tiv“ zu blei­ben, inso­fern er ver­lang­te, die alt­stän­di­sche Ord­nung wie­der­her­zu­stel­len. Er lehn­te den Natio­nal­so­zia­lis­mus aus prin­zi­pi­el­len und das heißt vor allem reli­giö­sen Grün­den ab, hielt Hit­ler aber auch für einen „gebo­re­nen Demo­kra­ten“. Im Janu­ar 1933 unter­nahm er noch meh­re­re Vor­stö­ße bei Hin­den­burg, um eine Ernen­nung Hit­lers zum Kanz­ler zu ver­hin­dern. Nach dem Fehl­schlag die­ser Bemü­hun­gen ver­ließ er Ber­lin. Im April und wie­der am 1. Mai 1933 ver­such­ten Natio­nal­so­zia­lis­ten das Gut Schmen­zin zu stür­men, am 21. Juni wur­de K. ver­haf­tet, aber nach drei Wochen frei­ge­las­sen; er stand auch auf den Todes­lis­ten der SS im Zusam­men­hang mit der Akti­on vom 30. Juni 1934. K. zog sich danach weit­ge­hend aus der Öffent­lich­keit zurück, schloß sich aller­dings dem Kampf der „Beken­nen­den Kir­che“ an und lern­te auf die­sem Wege den Theo­lo­gen Diet­rich Bon­hoef­fer ken­nen. Er hat­te auch Kon­tak­te zu Alfred Delp, August Win­nig und dem in vie­lem geis­tes­ver­wand­ten Ulrich von Has­sell. Im Früh­jahr 1938 nahm K. Ver­bin­dung zu den Krei­sen der mili­tä­ri­schen Oppo­si­ti­on um Beck auf und reis­te im Auf­trag des Wider­stands nach Lon­don. Da er in den Umsturz­plä­nen Goer­de­lers als Ver­bin­dungs­mann für Pom­mern auf­tauch­te, wur­de er nach dem 20. Juli 1944 inhaf­tiert. Dem vor­sit­zen­den Rich­ter Freis­ler erklär­te K. bei sei­ner Ver­neh­mung: „Jawohl, ich habe Hoch­ver­rat betrie­ben seit dem 30. Janu­ar 1933, immer und mit allen Mit­teln. Ich habe aus mei­nem Kampf gegen Hit­ler und den Natio­nal­so­zia­lis­mus nie ein Hehl gemacht. Ich hal­te die­sen Kampf für ein von Gott ver­ord­ne­tes Gebot. Gott allein wird mein Rich­ter sein.“ Am 9. April 1945 wur­de K. in Plöt­zen­see durch das Fall­beil hingerichtet.

Mahraun, Arthur 30. Dezem­ber 1890 (Kas­sel) – 27. März 1950 (Güters­loh). Im Ers­ten Welt­krieg Front­of­fi­zier. Hoch­meis­ter des 1920 von ihm gegrün­de­ten „Jung­deut­schen Ordens“ (Jung­do). Nach anfäng­li­cher Feind­schaft gegen das Par­tei­en­we­sen und die Repu­blik, Ver­such einer Trans­for­ma­ti­on der Ver­fas­sungs­ord­nung durch Mit­ar­beit. 1930 grün­de­te M. die „Volks­na­tio­na­le Reichs­ver­ei­ni­gung“, die sich nach der Auf­lö­sung des Reichs­tags im Juli 1930 vor­über­ge­hend mit der „Demo­kra­ti­schen Par­tei“ zur „Deut­schen Staats­par­tei“ ver­ei­nigt; die Ver­bin­dung wur­de schon im Herbst 1930, nach dem Wahl­de­ba­kel, wie­der gelöst. 1933 hoff­te M. durch das Ange­bot von „Mit­ar­beit“ die Gleich­schal­tung zu umge­hen und die Selb­stän­dig­keit des Jung­do zu erhal­ten. Der Ver­such schei­ter­te, der Bund wur­de im Juni ver­bo­ten. Bestre­bun­gen, die Arbeit ille­gal fort­zu­set­zen, führ­ten am 11. Juli zur Ver­haf­tung M.s, der schwer miß­han­delt, aber im Sep­tem­ber wie­der frei­ge­las­sen wur­de. M. zog sich ganz aus der Öffent­lich­keit und der Ordens­ar­beit zurück, aber ein Teil der bis­he­ri­gen Orga­ni­sa­ti­on konn­te ver­deckt auf­recht­erhal­ten wer­den, bis 1942 kam es zu meh­re­ren Ver­haf­tun­gen, Pro­zes­sen und Ver­ur­tei­lun­gen ehe­ma­li­ger Jungdo-Mitglieder.

Oel­ber­mann, Robert 24. April 1896 (Bonn) – 29. März 1941 (KZ Dach­au). Kriegs­frei­wil­li­ger 1914, Land­wirt, schon vor dem Ers­ten Welt­krieg in der Jugend­be­we­gung tätig, grün­de­te 1919 zusam­men mit sei­nem Bru­der Karl den „Bund der Nerom­men“ und 1921 den „Nero­ther Wan­der­vo­gel – Deut­scher Rit­ter­bund“. Die Nero­ther gehör­ten zu den betont eli­tä­ren Grup­pen der Bün­di­schen Jugend und wirk­ten in vie­ler Hin­sicht stil­bil­dend. Oe. ver­such­te nach der Macht­über­nah­me der Natio­nal­so­zia­lis­ten einen Teil der Nero­ther zusam­men­zu­hal­ten und vor der Über­nah­me durch die HJ zu schüt­zen, die­sem Zweck dient auch die Umwand­lung des „Bun­des zur Errich­tung der Rhei­ni­schen Jugend­burg“ in „Arbeits­ge­mein­schaft Burg Wal­deck e. V.“ 1934. Schon ein Jahr spä­ter muß­te die Orga­ni­sa­ti­on auf­ge­löst wer­den, am 14. Febru­ar 1936 wur­de Oel­ber­mann im Rah­men einer Gesta­po-Akti­on zur „Ver­nich­tung der bün­di­schen Umtrie­be“ fest­ge­setzt und im August 1937 in das KZ Ora­ni­en­burg ver­bracht, im Herbst 1940 folg­te die Über­füh­rung nach Dach­au. Dort starb Oe. an den Fol­gen einer unver­sorgt geblie­be­nen alten Kriegsverletzung.

Pech­el, Rudolf 30. Okto­ber 1882 (Güs­trow) – 28. Dezem­ber 1961 (Zweis­im­men, Schweiz). Erst See­ka­dett, seit 1910 Jour­na­list, im Ers­ten Welt­krieg Mari­ne­of­fi­zier, April 1919 bis zu ihrer Ein­stel­lung 1942 Her­aus­ge­ber der Deut­schen Rund­schau. Von 1919 – 1923 nahm P. an der soge­nann­ten Ring-Bewe­gung um Moel­ler van den Bruck (Juni­klub, Poli­ti­sches Kol­leg) akti­ven Anteil, über­warf sich aber nach Moel­lers Tod mit deren Füh­rung. Bau­te die Deut­schen Rund­schau zu einem der wich­tigs­ten Orga­ne der Jung­kon­ser­va­ti­ven aus und gehört zu den För­de­rern Edgar J. Jungs. Gera­de weil P. schon früh den Kon­takt zu Hit­ler gesucht hat­te, stand er dem Natio­nal­so­zia­lis­mus skep­tisch gegen­über. Die Rund­schau wur­de nach 1933 zu einem der wich­tigs­ten Foren der Inne­ren Emi­gra­ti­on, P. selbst hielt Kon­takt zu ver­schie­de­nen Wider­stands­grup­pen und woll­te schon Ende der drei­ßi­ger Jah­re ein direk­tes und gewalt­sa­mes Vor­ge­hen gegen Hit­ler errei­chen. Im April 1942 wur­de P. fest­ge­setzt, die Deut­sche Rund­schau ver­bo­ten. P. über­leb­te die Haft im KZ Sach­sen­hau­sen und konn­te sei­ne Zeit­schrift nach 1945 wiedergründen.

Plaas, Hart­mut 11. Okto­ber 1899 (Arns­berg / West­fa­len) – 19. Juli 1944 (KZ Ravens­brück). Nach Abschluß der Unter­pri­ma Kriegs­frei­wil­li­ger, bei Kriegs­en­de Fähn­rich zur See. Enger Mit­ar­bei­ter – „Stabs­chef“ – von Kapi­tän Ehr­hardt, Betei­li­gung am Kapp-Putsch und meh­re­ren Anschlä­gen auf füh­ren­de Poli­ti­ker der Wei­ma­rer Repu­blik. Natio­nal­re­vo­lu­tio­nä­rer Akti­vist in den zwan­zi­ger Jah­ren. Notier­te aber im April 1932 ange­sichts der wach­sen­den Zustim­mung für die NSDAP: „Welch ein Auf­stieg in zehn Jah­ren, aber typisch Mas­se. Längst haben wir, die wir den Anfang mit­mach­ten, uns abge­wandt. Ich wähl­te [Otto] Braun (SPD) als Hort Preus­sens …“. Dann im März 1933 „Ich glau­be ernst­lich, daß Hit­ler die Visi­on vor­schwebt, größ­ter Mann der deut­schen Geschich­te zu wer­den. Er will sich zur Spit­ze aller welt­li­chen und geist­li­chen Instan­zen machen. Das Volk ist sug­ges­tiv vor­be­rei­tet. Es ist nichts mehr und nichts weni­ger als der blan­ke Wahn. Da kann die größ­te Toll­heit der deut­schen Geschich­te ent­ste­hen.“ P. ließ sich auf Wei­sung Ehr­hardts mit dem Rest­be­stand der „Bri­ga­de“ in die SS ein­glie­dern und wech­sel­te 1934 zum „For­schungs­amt im Reichs­luft­fahrt­mi­nis­te­ri­um“. Die­se Posi­ti­on erlaub­te es ihm nach Kriegs­be­ginn die Oppo­si­ti­on in der Abwehr vor Tele­fon- und Post­über­wa­chung zu schüt­zen. P. wur­de im März 1944 auf Grund von Ver­rat inhaf­tiert, nach Fol­te­rung im KZ Ravens­brück ohne Gerichts­ur­teil ermordet.

Popitz, Johan­nes 2. Dezem­ber 1884 (Leip­zig) – 2. Febru­ar 1945 (Ber­lin- Plöt­zen­see). Seit 1925 Staats­se­kre­tär im Reichs­fi­nanz­mi­nis­te­ri­um, Freund Carl Schmitts, präg­te den Begriff der „Poly­kra­tie“ um den Ver­fall des Staa­tes durch Auf­stieg indi­rek­ter Gewal­ten zu bezeich­nen. Obwohl kein NSDAP-Mit­glied, am 21. April 1933 preu­ßi­scher Finanz­mi­nis­ter. Sein Rück­tritts­ge­such aus Empö­rung über die anti­se­mi­ti­schen Aus­schrei­tun­gen am 8. / 9. Novem­ber 1938 wur­de zurück­ge­wie­sen. Durch sei­ne Teil­nah­me an der „Mitt­wochs­ge­sell­schaft“ kam P. in Kon­takt zum Wider­stands­kreis um Beck und Goer­de­ler. Arbei­te­te ein dezi­diert kon­ser­va­ti­ves „Vor­läu­fi­ges Staats­grund­ge­setz“ für den Fall eines gelun­ge­nen Umstur­zes aus. In den Kabi­netts­lis­ten der Ver­schwö­rer vom 20. Juli 1944 als Kul­tu­sund Finanz­mi­nis­ter vor­ge­se­hen, dar­auf­hin fest­ge­nom­men und am 3. Okto­ber des Jah­res zum Tode verurteilt.

Römer, Josef, genannt „Beppo“ 5. März 1892 (Alten­kir­chen bei Frei­sing) – 25. Sep­tem­ber 1944 (Bran­den­burg). Offi­zier im Ers­ten Welt­krieg, danach Auf­bau des Frei­korps Ober­land, das sich vor allem in den Kämp­fen um Ober­schle­si­en und im Ruhr­kampf aus­zeich­ne­te, aber auch am Hit­ler- Luden­dorff-Putsch 1923 teil­nahm. R. war aus beruf­li­chen Grün­den an die­ser Akti­on nicht betei­ligt, betrieb nach dem Über­gang der NSDAP zum „Lega­li­täts­kurs“ die Tren­nung von der Par­tei und mach­te sich an den Auf­bau des „Bun­des Ober­land“, der zum Kern der „Wider­stands­be­we­gung“ Ernst Nie­kischs wur­de. Die Ori­en­tie­rung an des­sen Natio­nal­bol­sche­wis­mus führ­te R. in immer grö­ße­re Nähe zur Linie der KPD. Die Fra­ge des for­mel­len Bei­tritts ist zwar umstrit­ten, fest steht aber, daß R. seit dem Mai 1932 die Zeit­schrift Auf­bruch lei­te­te, die in natio­na­lis­ti­schen Krei­sen Wer­bung für die Par­tei machen soll­te („Sche­rin­ger­kurs“). R. wur­de nach der Macht­über­nah­me Hit­lers im März 1933 inhaf­tiert, aber eini­ge Wochen spä­ter wie­der frei­ge­las­sen. Da er sofort eine kon­spi­ra­ti­ve Tätig­keit auf­nahm und früh die Über­zeu­gung äußer­te, daß Hit­ler getö­tet wer­den müs­se, wur­de er schon im Mit­te 1934 erneut fest­ge­setzt und bis zum Juli 1939 in „Schutz­haft“ gehal­ten. Unmit­tel­bar nach sei­ner Ent­las­sung begann er erneut mit der Orga­ni­sa­ti­on von Wider­stands­grup­pen, kam dar­auf­hin im Febru­ar 1942 wie­der in „Schutz­haft“, im Juni 1944 erging das Todes­ur­teil. R. soll vor sei­ner letz­ten Fest­nah­me gegen­über Ver­trau­ten geäu­ßert haben, daß er eine Sowje­ti­sie­rung Deutsch­lands für einen ver­häng­nis­vol­len Feh­ler halte.

Schu­len­burg, Fritz-Diet­l­of Graf von der 5. Sep­tem­ber 1902 (Lon­don) – 10. August 1944 (Ber­lin-Plöt­zen­see). Jurist, stark beein­flußt von natio­nal­re­vo­lu­tio­nä­ren (Ernst Nie­kisch, Fried­rich Hiel­scher, Ernst Jün­ger) und jung­kon­ser­va­ti­ven (Moel­ler van den Bruck, Oswald Speng­ler) Vor­stel­lun­gen. Wegen sei­nes star­ken Inter­es­ses für die sozia­le Fra­ge als „roter Graf“ bezeich­net, Mit­glied der „Bün­di­schen Reich­schaft“, dann im Okto­ber 1932 Ein­tritt in die NSDAP unter dem Ein­druck der Ver­su­che Gre­gor Stras­sers, die Par­tei­li­nie neu aus­zu­rich­ten. Betrach­te­te die Par­tei auch nach dem 30. Janu­ar 1933 nur als „Vor­stu­fe“ einer natio­na­len Samm­lungs­be­we­gung und sei­ne eige­ne Mit­ar­beit als Ver­such, die preu­ßi­sche Ver­wal­tungs­tra­di­ti­on dem neu­en Sys­tem zu implan­tie­ren. Muß­te aber schon nach den Aus­schrei­tun­gen des ost­preu­ßi­schen Gau­lei­ters Koch – nicht zuletzt gegen den land­säs­si­gen Adel – und nach den Mor­den vom 30. Juni 1934 den wah­ren Cha­rak­ter des Regimes erken­nen. 1937 Stell­ver­tre­ten­der Poli­zei­prä­si­dent von Ber­lin, 1939 Stell­ver­tre­ten­der Ober­prä­si­dent von Schle­si­en. Trat 1940 demons­tra­tiv aus der Par­tei aus und mel­de­te sich zum Wehr­dienst. Für den Schritt in den Wider­stand war maß­geb­lich neben dem Ent­set­zen über die anti­jü­di­schen Maß­nah­men die von Moel­ler inspi­rier­te Über­zeu­gung, die Zukunft gehö­re einer „deutsch-sla­wi­schen Schick­sals­ge­mein­schaft“. Schuf wich­ti­ge orga­ni­sa­to­ri­sche Vor­aus­set­zun­gen für das Atten­tat vom 20. Juli 1944. Sch. stand immer in einer gewis­sen Distanz zu den Wider­stands­krei­sen und streb­te per­sön­lich kein Amt an, das Reichs­in­nen­mi­nis­te­ri­um in einem Nach-Hit­ler-Kabi­nett über­ließ er bereit­wil­lig Juli­us Leber.

Wie­chert, Ernst 18. Mai 1887 (Forst­haus Klein­ort / bei Allen­stein) – 24. August 1950 (Ueri­kon am Zürich­see). Schrift­stel­ler, der nicht nur durch sei­ne Dar­stel­lung des bäu­er­li­chen Lebens und sei­ner ost­preu­ßi­schen Hei­mat, son­dern vor allem durch den Roman Der Toten­wolf (1924) einen nach­hal­ti­gen Ein­druck auf die Jugend­be­we­gung und über­haupt die kon­ser­va­ti­ve Intel­li­genz der Wei­ma­rer Repu­blik mach­te. Hat­te enge Kon­tak­te zum Kreis um das Deut­sche Volks­tum und galt nach der Macht­über­nah­me Hit­lers anfangs als wohl­ge­lit­ten. Aller­dings mach­te er in sei­ner Rede an der Mün­che­ner Uni­ver­si­tät vom 16. April 1935 und in öffent­li­chen Lesun­gen aus sei­ner Kri­tik an dem Regime kei­nen Hehl. Nach­dem W. gegen die Ver­haf­tung Mar­tin Niem­öl­lers brief­lich pro­tes­tiert hat­te, wur­de er am 6. Mai 1938 ver­haf­tet und in das KZ Buchen­wald gebracht, aller­dings im Herbst des Jah­res wie­der frei­ge­las­sen. Goeb­bels ließ ihn sich vor­füh­ren und droh­te ihm die „phy­si­sche Ver­nich­tung“ an, falls er sich nicht kon­form ver­hal­te. In sei­nem 1939 erschie­ne­nen Roman Das ein­fa­che Leben schil­der­te W. den Rück­zug eines ehe­ma­li­gen Offi­ziers in die Ein­sam­keit der masu­ri­schen Seen, wo er den Wert einer kon­tem­pla­ti­ven Exis­tenz erkennt. Das Buch war die letz­te Ver­öf­fent­li­chung W.s in der NSZeit und wur­de von offi­zi­el­ler Sei­te zu Recht als Angriff auf Mili­ta­ris­mus und Kriegs­po­li­tik gelesen.

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