Bose, Carl Fedor Eduard Herbert von 16. März 1893 (Straßburg) – 30. Juni 1934 (Berlin). Oberregierungsrat, Privatsekretär von Papens, baut nach der Regierungsübernahme Hitlers mit seinem Freund Edgar J. Jung und Fritz von Tschirschky die sogenannte Pressestelle der Vizekanzlei auf, die in Wirklichkeit dazu dient, Informationen zu sammeln, den Kirchen in Abwehr der „Gleichschaltung“ beizustehen und Verhafteten sowie deren Familien zu helfen. Außerdem wurden in diesem Zirkel die Vorbereitungen für einen Staatsstreich getroffen, der im Frühsommer 1934 mit Unterstützung der Reichswehr und Hindenburgs durchgeführt werden sollte. B. wurde wie Jung im Zusammenhang mit der „Röhm-Affäre“ festgenommen und ohne Urteil erschossen.
Ebeling, Hans 2. September 1897 (Krefeld) – 17. Mai 1986 (Düsseldorf). Entstammte bürgerlich-konservativen Verhältnissen, schloß sich nach dem Ersten Weltkrieg dem der DNVP nahestehenden Deutschnationalen Jugendbund, dann dessen nationalrevolutionärer Abspaltung, dem „Jungnationalen Bund“ (Junabu), an, dessen „Pfadfinderschaft Westmark“ er führt. 1924 bildete E. den „Junabu – Deutsche Jungenschaft“. Bezog zunehmend sozialradikale Positionen, nicht zuletzt unter dem Einfluß seines akademischen Lehrers, des Nationalökonomen Friedrich Lenz, bei dem er promovierte. Gab von Ende 1929 bis Januar 1933 die nationalrevolutionäre Zeitschrift Der Vorkämpfer heraus. Nach der Machtübernahme Hitlers mehrfach inhaftiert, ging E. in die Emigration, agierte von Belgien, den Niederlanden und schließlich von England aus gegen das Regime, griff auch von dort aus in die Diskussion ein und versuchte durch die gemeinsam mit Theo Hespers (ehemaliger katholischer Jugendführer, 1943 in Berlin gehenkt) herausgegebene Zeitschrift Kameradschaft die Bildung einer Jugendopposition gegen das NS-Regime zu fördern.
Günther, Albrecht Erich 8. Januar 1893 (Langenburg / Württemberg) – 29. Dezember 1942 (Hamburg). Gehörte zusammen mit seinem Bruder Gerhard – Söhne der Dichterin Agnes G. – zu einer Gruppe von Intellektuellen aus dem Umfeld der Konservativen Revolution, die auf der Grenze zwischen Jungkonservativen und Nationalrevolutionären stand (G. war eng mit Ernst Jünger befreundet). Im April 1926 trat G. in die Redaktion des Deutschen Volkstums ein, dessen Leitung er künftig mit Wilhelm Stapel gemeinsam ausübte. Seine Einstellung zum Nationalsozialismus schwankte. Seine Skepsis scheint schließlich überwogen zu haben, so daß G. noch am 26. Januar 1933 bei den Beratern Schleichers vorsprach, um den Kanzler-General von der Notwendigkeit eines Staatsstreichs zu überzeugen, der allein die Regierungsübernahme der Nationalsozialisten verhindern konnte. G. wurde im Frühjahr 1933 kurzfristig von der Gestapo festgesetzt. Nach seiner Verhaftung trat er zur Tarnung in die NSDAP ein (er blieb der einzige Parteigenosse in der Redaktion des Deutschen Volkstums), entwickelte sich aber rasch zu einem immer entschiedeneren Gegner des neuen Systems. Vor allem fürchtete er die aggressive Außenpolitik Hitlers, die die Konstellation von 1914 beziehungsweise 1917 wieder heraufbeschwören würde. Ende 1938 zog er sich wie Stapel aus der Leitung des Deutschen Volkstums zurück. Bereits vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs hat G. über seinen Freund Friedrich-Wilhelm Heinz Kontakt zu Kreisen der Militäropposition aufgenommen. Zwei Mal – noch vor Beginn der Feindseligkeiten und nach dem Rückschlag vor Moskau – erklärte er sich bereit, an einem Attentat auf Hitler teilzunehmen, 1938 mit dem von Heinz schon aufgestellten Stoßtrupp, der die Reichskanzlei stürmen sollte, 1942 durch eine Selbstmordaktion, dazu wohl auch entschlossen unter dem Eindruck seiner unheilbaren Erkrankung an Tuberkulose, der er im Dezember 1942 erlag.
Guttenberg, Karl Ludwig Freiherr von und zu 22. Mai 1902 (Würzburg) – 23. April 1945 (Berlin). Entstammte einer der einflußreichsten Familien des fränkischen Adels. Historiker, gründete 1931 die „Arbeitsstelle für konservatives Schrifttum“ und ein Jahr später die Zeitschrift Monarchie, die sich dem Gedanken der Restauration, nicht so sehr des Hauses Hohenzollern, als vielmehr der Wittelsbacher verschrieb. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde die Monarchie verboten, ersatzweise gab G. zwischen Mai 1934 und Januar 1943 die Weißen Blätter als Zentralorgan eines christlichen Konservatismus heraus, zu dessen wichtigsten Mitarbeitern Reinhold Schneider, Jochen Klepper und Werner Bergengruen gehörten. Bei Kriegsbeginn wurde G. eingezogen, dann zum Amt Ausland / Abwehr versetzt, wo er in Kontakt zu Kreisen der militärischen Opposition kam. Wegen seiner Bemühungen, Gefangene aus den Händen der Gestapo zu befreien, in Verdacht geraten, sorgten seine Vorgesetzten für ein Kommando nach Jugoslawien, wo G. dann den 20. Juli 1944 völlig isoliert erlebte. Obwohl ihm keine direkte Beteiligung nachgewiesen werden konnte, festgesetzt, wurde er noch in der Nacht vom 23. auf den 24. April 1945 mit anderen Häftlingen aus dem Gefängnis in der Lehrter Straße abgeholt und ermordet.
Habermann, Max 21. März 1885 (Altona) – 30. September 1944 (Berlin). Buchhändler, Funktionär des Deutschnationalen Handlungsgehilfenverbandes (DHV) und 1918 – 1933 in dessen Vorstand, außerdem Mitglied im „Führerkreis“ des DGB der Weimarer Republik. Auf Druck der Nationalsozialisten aus seiner Position im DHV entlassen. H. hatte mit Gregor Strasser sympathisiert, verlor aber spätestens nach dem 30. Juni 1934 alle Illusionen im Hinblick auf das NS-Regime. Fand ab 1936 über Joachim Leuschner und Jakob Kaiser Kontakt zum Widerstand und war in dessen Rahmen einer der wichtigsten Vertreter christlich-sozialer Vorstellungen aus evangelischer Sicht. H. tauchte nach dem gescheiterten Attentat 1944 unter, wurde schließlich doch gefaßt und nahm sich in der Haft das Leben.
Harnier, Adolf Freiherr von 14. April 1903 (München) – 12. März 1945 (Zuchthaus Straubing). Rechtsanwalt, trat schon vor 1933 als Gegner des Nationalsozialismus auf und setzte seine ablehnende Haltung nach der Machtübernahme Hitlers kaum verdeckt fort. Weigerte sich, Parteiorganisationen beizutreten und brach den Kontakt zu jedem ab, der sich der Gleichschaltung unterwarf. 1934 konvertierte H. zum Katholizismus und ging nach dem Verlust des Familiengutes 1936 als Anwalt nach München. Er verteidigte in der Folgezeit vor allem jüdische Mandanten, die sich an ihn wenden konnten, da er auch die Mitgliedschaft im NS-Rechtswahrerbund zurückgewiesen hatte. Baute währenddessen eine monarchistische Oppositionsbewegung auf, die vor allem in der einfachen Bevölkerung Bayerns Anhang fand. Dieser „Harnier-Kreis“ plante zwar keinen Umsturz, verstand sich aber als Vorbereitung für eine Restauration nach dem erwarteten Zusammenbruch des NS-Regimes. Am 4. August 1939 von der Gestapo festgesetzt, wurde H. erst im Juli 1944 vor Gericht gestellt und zu einer zehnjährigen Haftstrafe verurteilt, er starb am 12. Mai 1945 im Zuchthaus Straubing an Hungertyphus.
Haushofer, Albrecht 7. Januar 1903 (München) – 23. April 1945 (Berlin). Sohn des Begründers der deutschen geopolitischen Schule, Karl H. Anders als sein Vater war H. an einer systematischen Begründung der Geopolitik als Wissenschaft interessiert. Sein Hauptwerk Allgemeine politische Geographie und Geopolitik blieb allerdings Fragment und konnte erst posthum erscheinen. H. hatte in den zwanziger Jahren Kontakte zu verschiedenen Kreisen der Jungkonservativen. Seit Sommer 1933 Dozent an der Berliner Hochschule für Politik, konnte er schon wegen der Freundschaft seines Vaters mit Rudolf Hess auf die Protektion des neuen Regimes rechnen. Seit 1934 war er für das „Büro Ribbentrop“ als außenpolitischer Berater tätig und bemühte sich vor allem um den Ausgleich mit Großbritannien. Andererseits führte die jüdische Herkunft seiner Mutter von Anfang an zu einer starken Reserve H.s gegenüber dem Nationalsozialismus. Die vollständige Abwendung erfolgte erst unter dem Eindruck des Kriegsausbruchs. Ein letzter Versuch zu retten, was zu retten war, bestand in der Unterstützung von Heß’ „Friedensflug“, in dessen Vorbereitung auch sein Vater verwickelt war. Beide H.s wurden verhaftet, Karl H. allerdings rasch wieder freigelassen, während Albrecht H. bis Juli 1941 im Gefängnis blieb. Nahm danach sofort Kontakt zu Gruppen der Opposition um Goerdeler und von Hassell auf. Obwohl er nicht direkt in die Aktion vom 20. Juli 1944 verwickelt war, wurde er genauso wie seine Eltern nach dem Scheitern des Attentats verhaftet und noch am 22. April 1945 durch Genickschuß getötet. In der Hand des Ermordeten fand man das Manuskript der Moabiter Sonette, das letzte einer größeren Zahl literarischer Werke aus seiner Feder.
Kleist-Schmenzin, Ewald von 22. März 1890 (Groß-Dubberow / Kreis Belgard) – 9. April 1945 (Berlin-Plötzensee). K. kehrte nach dem Ende des Krieges nach Pommern zurück, um die Famliengüter zu verwalten. Er war entschlossen, die traditionellen Lebensverhältnisse so weit als möglich zu verteidigen, verabscheute die parlamentarische Staatsform, setzte sich für eine Restauration der Hohenzollern ein und sympathisierte mit der republikfeindlichen Rechten. K. versuchte im eigentlichen Sinne „konservativ“ zu bleiben, insofern er verlangte, die altständische Ordnung wiederherzustellen. Er lehnte den Nationalsozialismus aus prinzipiellen und das heißt vor allem religiösen Gründen ab, hielt Hitler aber auch für einen „geborenen Demokraten“. Im Januar 1933 unternahm er noch mehrere Vorstöße bei Hindenburg, um eine Ernennung Hitlers zum Kanzler zu verhindern. Nach dem Fehlschlag dieser Bemühungen verließ er Berlin. Im April und wieder am 1. Mai 1933 versuchten Nationalsozialisten das Gut Schmenzin zu stürmen, am 21. Juni wurde K. verhaftet, aber nach drei Wochen freigelassen; er stand auch auf den Todeslisten der SS im Zusammenhang mit der Aktion vom 30. Juni 1934. K. zog sich danach weitgehend aus der Öffentlichkeit zurück, schloß sich allerdings dem Kampf der „Bekennenden Kirche“ an und lernte auf diesem Wege den Theologen Dietrich Bonhoeffer kennen. Er hatte auch Kontakte zu Alfred Delp, August Winnig und dem in vielem geistesverwandten Ulrich von Hassell. Im Frühjahr 1938 nahm K. Verbindung zu den Kreisen der militärischen Opposition um Beck auf und reiste im Auftrag des Widerstands nach London. Da er in den Umsturzplänen Goerdelers als Verbindungsmann für Pommern auftauchte, wurde er nach dem 20. Juli 1944 inhaftiert. Dem vorsitzenden Richter Freisler erklärte K. bei seiner Vernehmung: „Jawohl, ich habe Hochverrat betrieben seit dem 30. Januar 1933, immer und mit allen Mitteln. Ich habe aus meinem Kampf gegen Hitler und den Nationalsozialismus nie ein Hehl gemacht. Ich halte diesen Kampf für ein von Gott verordnetes Gebot. Gott allein wird mein Richter sein.“ Am 9. April 1945 wurde K. in Plötzensee durch das Fallbeil hingerichtet.
Mahraun, Arthur 30. Dezember 1890 (Kassel) – 27. März 1950 (Gütersloh). Im Ersten Weltkrieg Frontoffizier. Hochmeister des 1920 von ihm gegründeten „Jungdeutschen Ordens“ (Jungdo). Nach anfänglicher Feindschaft gegen das Parteienwesen und die Republik, Versuch einer Transformation der Verfassungsordnung durch Mitarbeit. 1930 gründete M. die „Volksnationale Reichsvereinigung“, die sich nach der Auflösung des Reichstags im Juli 1930 vorübergehend mit der „Demokratischen Partei“ zur „Deutschen Staatspartei“ vereinigt; die Verbindung wurde schon im Herbst 1930, nach dem Wahldebakel, wieder gelöst. 1933 hoffte M. durch das Angebot von „Mitarbeit“ die Gleichschaltung zu umgehen und die Selbständigkeit des Jungdo zu erhalten. Der Versuch scheiterte, der Bund wurde im Juni verboten. Bestrebungen, die Arbeit illegal fortzusetzen, führten am 11. Juli zur Verhaftung M.s, der schwer mißhandelt, aber im September wieder freigelassen wurde. M. zog sich ganz aus der Öffentlichkeit und der Ordensarbeit zurück, aber ein Teil der bisherigen Organisation konnte verdeckt aufrechterhalten werden, bis 1942 kam es zu mehreren Verhaftungen, Prozessen und Verurteilungen ehemaliger Jungdo-Mitglieder.
Oelbermann, Robert 24. April 1896 (Bonn) – 29. März 1941 (KZ Dachau). Kriegsfreiwilliger 1914, Landwirt, schon vor dem Ersten Weltkrieg in der Jugendbewegung tätig, gründete 1919 zusammen mit seinem Bruder Karl den „Bund der Nerommen“ und 1921 den „Nerother Wandervogel – Deutscher Ritterbund“. Die Nerother gehörten zu den betont elitären Gruppen der Bündischen Jugend und wirkten in vieler Hinsicht stilbildend. Oe. versuchte nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten einen Teil der Nerother zusammenzuhalten und vor der Übernahme durch die HJ zu schützen, diesem Zweck dient auch die Umwandlung des „Bundes zur Errichtung der Rheinischen Jugendburg“ in „Arbeitsgemeinschaft Burg Waldeck e. V.“ 1934. Schon ein Jahr später mußte die Organisation aufgelöst werden, am 14. Februar 1936 wurde Oelbermann im Rahmen einer Gestapo-Aktion zur „Vernichtung der bündischen Umtriebe“ festgesetzt und im August 1937 in das KZ Oranienburg verbracht, im Herbst 1940 folgte die Überführung nach Dachau. Dort starb Oe. an den Folgen einer unversorgt gebliebenen alten Kriegsverletzung.
Pechel, Rudolf 30. Oktober 1882 (Güstrow) – 28. Dezember 1961 (Zweisimmen, Schweiz). Erst Seekadett, seit 1910 Journalist, im Ersten Weltkrieg Marineoffizier, April 1919 bis zu ihrer Einstellung 1942 Herausgeber der Deutschen Rundschau. Von 1919 – 1923 nahm P. an der sogenannten Ring-Bewegung um Moeller van den Bruck (Juniklub, Politisches Kolleg) aktiven Anteil, überwarf sich aber nach Moellers Tod mit deren Führung. Baute die Deutschen Rundschau zu einem der wichtigsten Organe der Jungkonservativen aus und gehört zu den Förderern Edgar J. Jungs. Gerade weil P. schon früh den Kontakt zu Hitler gesucht hatte, stand er dem Nationalsozialismus skeptisch gegenüber. Die Rundschau wurde nach 1933 zu einem der wichtigsten Foren der Inneren Emigration, P. selbst hielt Kontakt zu verschiedenen Widerstandsgruppen und wollte schon Ende der dreißiger Jahre ein direktes und gewaltsames Vorgehen gegen Hitler erreichen. Im April 1942 wurde P. festgesetzt, die Deutsche Rundschau verboten. P. überlebte die Haft im KZ Sachsenhausen und konnte seine Zeitschrift nach 1945 wiedergründen.
Plaas, Hartmut 11. Oktober 1899 (Arnsberg / Westfalen) – 19. Juli 1944 (KZ Ravensbrück). Nach Abschluß der Unterprima Kriegsfreiwilliger, bei Kriegsende Fähnrich zur See. Enger Mitarbeiter – „Stabschef“ – von Kapitän Ehrhardt, Beteiligung am Kapp-Putsch und mehreren Anschlägen auf führende Politiker der Weimarer Republik. Nationalrevolutionärer Aktivist in den zwanziger Jahren. Notierte aber im April 1932 angesichts der wachsenden Zustimmung für die NSDAP: „Welch ein Aufstieg in zehn Jahren, aber typisch Masse. Längst haben wir, die wir den Anfang mitmachten, uns abgewandt. Ich wählte [Otto] Braun (SPD) als Hort Preussens …“. Dann im März 1933 „Ich glaube ernstlich, daß Hitler die Vision vorschwebt, größter Mann der deutschen Geschichte zu werden. Er will sich zur Spitze aller weltlichen und geistlichen Instanzen machen. Das Volk ist suggestiv vorbereitet. Es ist nichts mehr und nichts weniger als der blanke Wahn. Da kann die größte Tollheit der deutschen Geschichte entstehen.“ P. ließ sich auf Weisung Ehrhardts mit dem Restbestand der „Brigade“ in die SS eingliedern und wechselte 1934 zum „Forschungsamt im Reichsluftfahrtministerium“. Diese Position erlaubte es ihm nach Kriegsbeginn die Opposition in der Abwehr vor Telefon- und Postüberwachung zu schützen. P. wurde im März 1944 auf Grund von Verrat inhaftiert, nach Folterung im KZ Ravensbrück ohne Gerichtsurteil ermordet.
Popitz, Johannes 2. Dezember 1884 (Leipzig) – 2. Februar 1945 (Berlin- Plötzensee). Seit 1925 Staatssekretär im Reichsfinanzministerium, Freund Carl Schmitts, prägte den Begriff der „Polykratie“ um den Verfall des Staates durch Aufstieg indirekter Gewalten zu bezeichnen. Obwohl kein NSDAP-Mitglied, am 21. April 1933 preußischer Finanzminister. Sein Rücktrittsgesuch aus Empörung über die antisemitischen Ausschreitungen am 8. / 9. November 1938 wurde zurückgewiesen. Durch seine Teilnahme an der „Mittwochsgesellschaft“ kam P. in Kontakt zum Widerstandskreis um Beck und Goerdeler. Arbeitete ein dezidiert konservatives „Vorläufiges Staatsgrundgesetz“ für den Fall eines gelungenen Umsturzes aus. In den Kabinettslisten der Verschwörer vom 20. Juli 1944 als Kultusund Finanzminister vorgesehen, daraufhin festgenommen und am 3. Oktober des Jahres zum Tode verurteilt.
Römer, Josef, genannt „Beppo“ 5. März 1892 (Altenkirchen bei Freising) – 25. September 1944 (Brandenburg). Offizier im Ersten Weltkrieg, danach Aufbau des Freikorps Oberland, das sich vor allem in den Kämpfen um Oberschlesien und im Ruhrkampf auszeichnete, aber auch am Hitler- Ludendorff-Putsch 1923 teilnahm. R. war aus beruflichen Gründen an dieser Aktion nicht beteiligt, betrieb nach dem Übergang der NSDAP zum „Legalitätskurs“ die Trennung von der Partei und machte sich an den Aufbau des „Bundes Oberland“, der zum Kern der „Widerstandsbewegung“ Ernst Niekischs wurde. Die Orientierung an dessen Nationalbolschewismus führte R. in immer größere Nähe zur Linie der KPD. Die Frage des formellen Beitritts ist zwar umstritten, fest steht aber, daß R. seit dem Mai 1932 die Zeitschrift Aufbruch leitete, die in nationalistischen Kreisen Werbung für die Partei machen sollte („Scheringerkurs“). R. wurde nach der Machtübernahme Hitlers im März 1933 inhaftiert, aber einige Wochen später wieder freigelassen. Da er sofort eine konspirative Tätigkeit aufnahm und früh die Überzeugung äußerte, daß Hitler getötet werden müsse, wurde er schon im Mitte 1934 erneut festgesetzt und bis zum Juli 1939 in „Schutzhaft“ gehalten. Unmittelbar nach seiner Entlassung begann er erneut mit der Organisation von Widerstandsgruppen, kam daraufhin im Februar 1942 wieder in „Schutzhaft“, im Juni 1944 erging das Todesurteil. R. soll vor seiner letzten Festnahme gegenüber Vertrauten geäußert haben, daß er eine Sowjetisierung Deutschlands für einen verhängnisvollen Fehler halte.
Schulenburg, Fritz-Dietlof Graf von der 5. September 1902 (London) – 10. August 1944 (Berlin-Plötzensee). Jurist, stark beeinflußt von nationalrevolutionären (Ernst Niekisch, Friedrich Hielscher, Ernst Jünger) und jungkonservativen (Moeller van den Bruck, Oswald Spengler) Vorstellungen. Wegen seines starken Interesses für die soziale Frage als „roter Graf“ bezeichnet, Mitglied der „Bündischen Reichschaft“, dann im Oktober 1932 Eintritt in die NSDAP unter dem Eindruck der Versuche Gregor Strassers, die Parteilinie neu auszurichten. Betrachtete die Partei auch nach dem 30. Januar 1933 nur als „Vorstufe“ einer nationalen Sammlungsbewegung und seine eigene Mitarbeit als Versuch, die preußische Verwaltungstradition dem neuen System zu implantieren. Mußte aber schon nach den Ausschreitungen des ostpreußischen Gauleiters Koch – nicht zuletzt gegen den landsässigen Adel – und nach den Morden vom 30. Juni 1934 den wahren Charakter des Regimes erkennen. 1937 Stellvertretender Polizeipräsident von Berlin, 1939 Stellvertretender Oberpräsident von Schlesien. Trat 1940 demonstrativ aus der Partei aus und meldete sich zum Wehrdienst. Für den Schritt in den Widerstand war maßgeblich neben dem Entsetzen über die antijüdischen Maßnahmen die von Moeller inspirierte Überzeugung, die Zukunft gehöre einer „deutsch-slawischen Schicksalsgemeinschaft“. Schuf wichtige organisatorische Voraussetzungen für das Attentat vom 20. Juli 1944. Sch. stand immer in einer gewissen Distanz zu den Widerstandskreisen und strebte persönlich kein Amt an, das Reichsinnenministerium in einem Nach-Hitler-Kabinett überließ er bereitwillig Julius Leber.
Wiechert, Ernst 18. Mai 1887 (Forsthaus Kleinort / bei Allenstein) – 24. August 1950 (Uerikon am Zürichsee). Schriftsteller, der nicht nur durch seine Darstellung des bäuerlichen Lebens und seiner ostpreußischen Heimat, sondern vor allem durch den Roman Der Totenwolf (1924) einen nachhaltigen Eindruck auf die Jugendbewegung und überhaupt die konservative Intelligenz der Weimarer Republik machte. Hatte enge Kontakte zum Kreis um das Deutsche Volkstum und galt nach der Machtübernahme Hitlers anfangs als wohlgelitten. Allerdings machte er in seiner Rede an der Münchener Universität vom 16. April 1935 und in öffentlichen Lesungen aus seiner Kritik an dem Regime keinen Hehl. Nachdem W. gegen die Verhaftung Martin Niemöllers brieflich protestiert hatte, wurde er am 6. Mai 1938 verhaftet und in das KZ Buchenwald gebracht, allerdings im Herbst des Jahres wieder freigelassen. Goebbels ließ ihn sich vorführen und drohte ihm die „physische Vernichtung“ an, falls er sich nicht konform verhalte. In seinem 1939 erschienenen Roman Das einfache Leben schilderte W. den Rückzug eines ehemaligen Offiziers in die Einsamkeit der masurischen Seen, wo er den Wert einer kontemplativen Existenz erkennt. Das Buch war die letzte Veröffentlichung W.s in der NSZeit und wurde von offizieller Seite zu Recht als Angriff auf Militarismus und Kriegspolitik gelesen.