Allmächtige Nazikeule

Daß es sich bei der Piratenpartei um einen Haufen von, gelinde gesagt, einseitig Begabten handelt, hat Stefan Scheil bereits mehrfach gezeigt.

Erik Lehnert

Erik Lehnert ist promovierter Philosoph.

Die Wel­len, die das JF-Inter­view des stell­ver­tre­ten­den Vor­sit­zen­den der Pira­ten, Andre­as Popp, geschla­gen hat, sind in ihren Aus­läu­fern noch immer aktiv und haben ges­tern zu zwei bemer­kens­wer­ten Reak­tio­nen geführt.

Zum einen hat Tele­po­lis, das Online-Maga­zin des Hei­se-Ver­lags, in deut­li­chen Wor­ten den “McCar­thy­is­mus des 21. Jahr­hun­derts” ange­pran­gert. Das hys­te­ri­sche Medi­en­echo, das die­ses Inter­view aus­lös­te, legt für den Autor, Peter Mühl­bau­er, den Schluß nahe,

dass es Zen­sur­ex­tre­mis­ten nicht nur in der Uni­on gibt. Gera­de in der SPD schütz­ten in der jüngs­ten Ver­gan­gen­heit Poli­ti­ker wie Sebas­ti­an Edathy und Bri­git­te Zypries immer öfter den Bequem­be­griff “rechts” vor, wenn es um die Recht­fer­ti­gung von Grund­rechts­ein­schrän­kun­gen ging. Das prak­ti­sche an die­sem Begriff ist, dass er in den letz­ten Jah­ren so infla­tio­när ver­wen­det wur­de, dass sich mitt­ler­wei­le poli­tisch Unlieb­sa­mes fast jeder Rich­tung mit ihm beden­ken lässt.

Der neue McCar­thy­is­mus geht dabei ähn­lich vor wie der alte in den 1950er Jah­ren: Über teil­wei­se beein­dru­ckend lan­ge Bezie­hungs­ket­ten steht jeder Ange­grif­fe­ne irgend­wann ein­mal mit dem in Ver­bin­dung, was gra­de als das abso­lu­te Böse gilt: Im Ame­ri­ka der 1950er Jah­re war das der Kom­mu­nis­mus. Und damals war es der Begriff “pin­ko”, mit dem unter ande­rem Bür­ger­recht­lern eine Nähe zu Mos­kau unter­stellt wurde.

Die Pira­ten, die sich den Schutz des Grund­rechts auf “infor­ma­tio­nel­le Selbst­be­stim­mung” auf die Fah­nen geschrie­ben haben, las­sen sich also recht ein­fach fremd­be­stim­men und legen für Gesetz­lo­se und Frei­beu­ter doch eine recht demü­ti­ge Hal­tung an den Tag:

Doch gera­de ange­sichts von der­art dreist zur Schau gestell­ter Dumm- und Grob­heit ist bezie­hungs­wei­se wäre es kei­nes­wegs ver­ab­scheu­ungs­wür­dig, wenn Grund­rechts­schüt­zer so viel Abs­trak­ti­ons­ver­mö­gen auf­brin­gen, dass sie auch den eige­nen Fein­den das Recht auf Mei­nungs- und Rede­frei­heit nicht abspre­chen, son­dern es statt­des­sen ver­tei­di­gen – in jedem Medi­um, das ihnen die Mög­lich­keit dazu bietet.

Zum ande­ren hat Jür­gen Elsäs­ser den all­seits bekann­ten und den­noch sehr wirk­sa­men Mecha­nis­mus auf den Punkt gebracht: Bereits das Zei­gen der Instru­men­te, das wis­sen wir aus den Zei­ten Inqui­si­ti­on, kann einem auf die Sprün­ge hel­fen – es müs­sen nur die rich­ti­gen sein. Und das bes­te ist und bleibt die “Nazi­keu­le”:

Man ver­sucht, Euch vor der Bun­des­tags­wahl in die rech­te Ecke zu drän­gen, weil eure auf­stei­gen­de Kur­ve – 0,4 Pro­zent im Früh­jahr; 0,9 Pro­zent bei den Euro­pa­wah­len; 1,9 Pro­zent in Sach­sen-Anhalt – Euch bei den Bun­des­tags­wah­len in bedroh­li­che Nähe zur 5‑Pro­zent-Hür­de brin­gen kann. Also wird die Nazi-Keu­le rausgeholt …

Eure Oppo­nen­ten fir­mie­ren unter anti­fa – aber Ach­tung, das sind kei­ne Anti­fa­schis­ten, son­dern bloß Anti­fan­ten: die paw­low­schen Hun­de der Neu­en Welt­ord­nung, die jeden als rechts oder Nazi ver­bel­len, der die­ser Ord­nung, wie Ihr, gefähr­lich wer­den könn­te. Und laßt Euch nicht davon ver­un­si­chern, dass auch anstän­di­ge Lin­ke sich von die­ser poli­ti­cal Cor­rect­ness haben anste­cken las­sen: Ich habe fast zwei Jahr­zehn­te in lin­ken Redak­tio­nen gear­bei­tet und weiß, wie ver­hee­rend die­se Gehirn­fäu­le gewü­tet hat und immer wei­ter wütet.

Elsäs­ser, der sei­ne Erfah­run­gen unter ande­rem bei der links­extre­mis­ti­schen, anti­deut­schen kon­kret gesam­melt hat, zeigt mit einem schö­nen Ver­gleich, wel­che Schlag­sei­te die Tole­ranz in die­sem Land mitt­ler­wei­le hat:

Schon wie­der eine Grenz­über­schrei­tung: Der Poli­ti­ker gab sich naiv und fand gar nichts dabei, dem Blatt ein Inter­view zu geben. Dabei war gera­de die­se Publi­ka­ti­on so etwas wie das Zen­tral­or­gan des Ras­sis­mus, hetz­te in bei­na­he jeder Aus­ga­be gegen Mos­lems und ganz all­ge­mein den „Islam-Faschis­mus“, wünsch­te Sun­ni­ten wie Schii­ten bei jeder Gele­gen­heit ame­ri­ka­ni­sche Bom­ben auf den Kopf. Auch Gewalt, ja Ter­ro­ris­mus wird in dem Blatt befür­wor­tet, sofern der poli­ti­sche Geg­ner aufs Korn genom­men wird. Wie kann eine Par­tei, die fri­schen Wind brin­gen will, sich einem sol­chen extre­mis­ti­schen Medi­um als Gesprächs­part­ner andienen?

Ist hier die Rede von Andre­as Popp, dem Vize­vor­sit­zen­den der Pira­ten, und sei­nem Auf­tritt in der Wochen­zei­tung JUNGE FREIHEIT? Gera­de nicht. Es geht viel­mehr um das Inter­view von Mar­tin Son­nen­born, des Vor­sit­zen­den des Tita­nic-Spaß­pro­duk­tes DIE PARTEI, in der Monats­zei­tung KONKRET. Die­ses erschien in der August-Aus­ga­be und war dem Main­stream kei­nen Skan­dal Wert, obwohl sich die Ham­bur­ger Publi­ka­ti­on in Sachen Anti­is­la­mis­mus höchs­tens noch von ande­ren Blätt­chen aus dem lin­ken Spek­trum wie Jungle World und Baha­mas über­trump­fen lässt. Das geht durch, weil die Het­ze anti­fa­schis­tisch ver­kauft wird: Im Kampf gegen den Isla­mo-Faschis­mus ist jedes Mit­tel Recht.

Aus die­sen bei­den Arti­keln wird, wie immer, gar nichts fol­gen. Die “Nazi­keu­le” bleibt die belieb­tes­te poli­ti­sche Waf­fe (die vor­zugs­wei­se im eige­nen poli­ti­schen Lager ein­ge­setzt wird), die Pira­ten blei­ben in allen wesent­li­chen Belan­gen fremd­be­stimmt und das lin­ke Kar­tell aus Poli­tik und Medi­en, das von der CDU/CSU bis zur LINKEN und (min­des­tens) vom Spie­gel bis kon­kret reicht, bleibt Schieds­rich­ter und Spiel­füh­rer in Personalunion.

Erik Lehnert

Erik Lehnert ist promovierter Philosoph.

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