In jedem Zimmer liegt einer rum, fiebert und hustet zum Gotterbarmen. Stakkatoartig und pausenlos, da muß selbst das Küchenradio als Draht zur Welt verstummen.
Die Ärztin kennt uns kaum, kerngesund, wie wir sonst zu sein pflegen. Ob es das eigentlich auch in der westlichen Welt gibt, daß in Wartezimmern keine netten Illustrierten herumliegen, sondern ein Fernsehgerät herumsteht? Hierzulande, in Mittel- bis Ostdeutschland ist das gängiger Standard. Interessant bereits die Beobachtung, daß keiner zur bereitliegenden Fernbedienung greift, obwohl das laufende Programm anscheinend keinen interessiert. Demokratie, quo vadis? Auf dem Bildschirm wird über Papst, Piusbruderschaft und den Untergang des Abendlandes diskutiert.
Interessant eigentlich, wie umfassend und heißblütig debattiert werden kann, selbst wenn alle Teilnehmer einer Meinung sind. Jürgen Habermas, übernehmen Sie! Während die eigene Brut röchelnd, bazillenschleudernd und mit leicht tyrannischen Absichten mit DDR-Legosteinen spielt (nämlich, daß für ein kleines Monster ein ausbruchsicheres Gefängnis gebaut werden muß), starren die wartenden Mitpatienten stur auf die Glotze. Dort geht nichts voran, immerhin baut man verbal schwere Geschütze auf. Letztlich (im echten Leben, dem Wartezimmer) ein knapper Konsens zwischen einer Rollator-Frau und einem Greis: „Daß die gar nichts über die Lotto-Gewinner bringen!“ – „Ja. Versteht man nicht.“ Und jetzt sind wir dran.