Grundproblem in der mangelnden argumentativen Exaktheit und Differenziertheit der Kommentatoren zu liegen. Deshalb nun zehn Punkte zur Ausländerproblematik: zur Situation, zum Notwendigen und zum Wahrscheinlichen:
Situation:
1. Deutschland steht städtisch punktuell sowie in manchen Westregionen flächendeckend vor der Gefahr, keine deutsche Zukunft mehr zu haben. Jede Statistik zeigt, daß die Deutschen in den Alterskohorten 0–20 bereits überflügelt wurden und der demographischen und kulturellen Dynamik der Einwanderer nichts entgegenzusetzen haben.
2. Deutschland teilt diese Schwäche mit den anderen weißen Völkern und Nationen und ist aufgrund seiner Niederlage und eines zunächst implementierten, dann übernommenen Schuldstolzes in einer extrem schwachen Verteidigungsposition. Dennoch: Ganz Europa steht dem Massenzustrom muslimischer Migranten in einer fatalen Mischung aus Selbstzweifel (gesteigert: Selbsthaß) und islamischer “Hyper-Identität” hilflos gegenüber. Deren Durchsetzungsaggressivität stößt auf mangelhafte Verteidigungsbereitschaft: Das Eigene scheint den Deutschen (und Europäern) eine Verteidigung nicht wert zu sein. Der Verfassungsrechtler Udo di Fabio: “Warum sollte eine vitale Weltkultur sich in eine westliche Kultur integrieren wollen, wenn diese – die nicht genügend Nachwuchs produziert und nicht mehr länger über eine transzendente Idee verfügt – sich ihrem historischen Ende nähert?”
3. Die Überfremdung findet nicht aufgrund einer kulturellen Überlegenheit statt. An die Stelle des deutschen kulturellen Standards und Bildungsanspruchs tritt nichts Besseres, sondern eine massenkompatible Clan- und Sippenverbandswirtschaft und ‑kultur, die ohne das typisch deutsche und weit entwickelte Leistungsethos nimmt, was der Sozialstaat bietet. Hier liegt der Kern dessen, was Kositza ansprach: Auch ein Großteil der Deutschen findet sich in einem alimentierten Leben unterhalb der früher üblichen deutschen Arbeitsethik gut zurecht und gut versorgt und geht als Teilmasse der Massengesellschaft ebenso verloren wie der Großteil der Einwanderer.
4. Die Deutschen haben also noch nicht einmal die Kraft, das eigene Volk vor den Verrottungsszenarien der modernen, liberalen Massengesellschaft zu bewahren. Die Kraft kann unmöglich für die Integration von Millionen Einwanderern ausreichen. Außerdem zeigen sich bereits jetzt, in einer Phase des ermöglichten Massenkonsums und des unvorstellbaren individuellen Reichtums, die Bruchlinien zwischen Deutschen und Nichtdeutschen. Diese Bruchlinien werden in Krisenzeiten und im Ernstfall zu den Frontverläufen ethnischer Bürgerkriegsszenarien.
5. Das an sich bereits abstoßende Argument, die Zuwanderung sei notwendig zur Stützung unserer Sozialsysteme, entbehrt jeder Grundlage. 1973 waren 65 Prozent der Einwanderer als echte Gastarbeiter berufstätig. Bereits 1983 waren es noch 38 Prozent, heute sind es unter 25 Prozent. Gleichzeitig verliert Deutschland jährlich eine Stadt von der Größe Weimars an gut ausgebildeten, leistungsbereiten Deutschen, die sich und ihre Familie im Ausland für besser aufgehoben halten – fast immer finanziell und beruflich, fast nie emotional.
6. In diesem Zusammenhang müssen die beiden heute einflußreichsten Deutungsmuster für ethnische Konflikte bekämpft werden: jenes, das in ihm nur eine Variante des sozialen Konflikts sieht und jenes, das ihn als das Ergebnis von Vorurteilen betrachtet. Es handelt sich vielmehr tatsächlich um ethnisch-kulturelle Unvereinbarkeit und Urteile, die sich auf individuelle Erfahrung fremder Aggression und die das gesamte Ausmaß umfassenden statistische Daten stützen kann.
Gedankliche und praktische Schritte:
7. Das oben ausgeführte zwingt zu einem differenzierten Blick: Im akademischen Milieu war interkultureller Austausch mit Auslandsstudium und Arbeit im Ausland stets gang und gäbe. Es wird und soll ihn weiterhin geben, und jeder kann Einwandererfamilien kennenlernen, deren Bildungsgrad, Kindererziehung, Anstand, Leistungsbereitschaft und Bescheidenheit als Gast nichts zu wünschen übriglassen. Des weiteren gibt es Einwanderergruppen, deren ethnisch-kulturelle Nähe eine Assimilation unproblematisch machen (grob: Europäer). Die kulturelle Distanz anderer Gruppen (insbesondere der stärksten Einwanderergruppe, der Türken) würde selbst einem selbstbewußten und vor Vitalität strotzenden Gastland die Integration unmöglich machen. Wir müssen horizontal zwischen dem Eigenen, dem Naheliegenden und dem Unvereinbaren unterscheiden und vertikal zwischen den (wenigen) Bereichernden und der nivellierenden Masse. Der US-Journalist Christopher Caldwell schrieb jüngst von notwendiger “brutaler Indifferenz” und einem “Regierungshandeln”, das für gutmenschliche Gemüter “abstoßend” aber nichtsdestotrotz notwendig sein wird.
8. Keinesfalls darf verschleiert werden, welche Einzelnen und welche gesellschaftlichen Gruppen für die fahrlässige Herbeiführung der multikulturellen Gesellschaft verantwortlich sind. Insofern die herrschende Ideologie immer die Ideologie der Herrschenden ist, wird deutlich zu machen sein, wer zu den eigentlichen Nutznießern der Entwicklung gehört. Dabei ist unerheblich, ob es sich um linke Einflußgruppen, Parteien oder den multikulturellen Jet-Set handelt. Im Gegenzug ist jeder Kriminalisierung der Gegner des Multikulturalismus entgegenzutreten.
9. Es muß eine Lobbygruppe für diejenigen Deutschen entstehen, die auf Grund ihrer finanziellen Schwäche gezwungen sind, in einer Umgebung zu leben, die ihre Identität gefährdet. Parallel zu diesen Anstrengungen sind alle politisch sinnvollen Maßnahmen zu ergreifen, die ein weiteres Anwachsen ethnischer Minoritäten und einen weiteren Rückgang der einheimischen Bevölkerung verhindern. Jede Geburten-Politik muß die Autochthonen bevorzugen.
10. Ein extrem schwieriger Punkt ist die notwendige Reduzierung des Ausländeranteils. Ich halte eine Rückführung nichtintegrierter Einwanderer staatlicherseits für machbar (einem Staat ist prinzipiell sehr wenig unmöglich). Das kann über Rückreiseanreize, staatlichen Druck, harte Kriterien wie Sozialhilfeabhängigkeit oder Spracherwerb undsoweiter betrieben werden. Jedenfalls ist es das, was Caldwell mit “Regierungshandeln” und “brutaler Indifferenz” meinte: Der deutsche Sozialhilfeempfänger ist eben immer noch einer von uns, und die Erziehungskraft unseres Volkes reicht – wie oben beschrieben – derzeit noch nicht einmal für die eigenen Leute aus. Wir und die anderen oder Wir und Nicht-Wir, das ist bei allen fließenden Rändern der Maßstab.
Wenn nicht, dann:
11. Für den Fall des Scheiterns dieser Absichten wird letztlich keine Alternative zu einer Segregationspolitik bestehen, wie sie offen oder verdeckt schon im Gang ist. Diese Art von „Brasilianisierung“, bei der sich Ober- und Mittelschicht in befestigte Siedlungen zurückziehen und den allfälligen Rest sich selbst überlassen, wäre allerdings die schlechteste aller denkbaren Varianten. Vom Wir und die anderen verschöbe sich der Maßstab zum Ich und die anderen.
BK
Herr Kubitschek,
vielen Dank für diese Analyse. Auch ich habe den gestrigen Brief mit Unmut gelesen, denn er schien mir zu sehr dem Tonfall der öffentlichen Diskussion (sofern man sie überhaupt so nennen kann, da ja abweichende Positionen nicht als diskussionswürdig gelten) zu ähneln, nach dem Motto: "Man muss differenzieren, es fehlt nur an Bildung, niveaulose Islamgegner, Verfassungspatriotismus etc".
Spontan fiel mir dazu nur die alte Weisheit ein, dass Toleranz mit der Entfernung wächst. Ich lebe in einer Region Deutschlands, in der die Überfremdung sehr weit fortgeschritten ist. Gute Freunde von mir wurden von Türken grundlos überfallen und schwer verletzt. Auch glaube ich schon lange nicht mehr an das Märchen von wegen gute Bildung garantiert gute Integration. An meiner Universität sieht man Massen von Kopftuchträgerinnen, die dieses Kopftuch sehr bewusst als Zeichen der Abgrenzung tragen. Türkische Akademiker haben mir klar gesagt, dass sie bald hier das Ruder übernehmen wollen.
Nicht wenige meiner Freunde und Bekannten wollen zumindest aus dieser Region verschwinden, vielleicht aus auswandern.
Insofern war ich froh, in der Sezession und dem IfS eine Gruppe gefunden zu haben, die sich klar gegen den Multikulturalismus ausspricht. Ich hoffe, dass dies weiter der Fall sein wird und man auch zukünftig klare Grenzen im Sinne von "Wir und die anderen" zieht.