The American Way of War

pdf der Druckfassung aus Sezession 1 / April 2003

von Markus Abt

Schon Winston Churchill mußte die Erfahrung machen, daß das eigene Sozialprestige schwer leidet, wenn man in postheroischen Gesellschaften für einen Militärschlag plädiert:

Denn in sol­chen mora­lisch auf­ge­la­de­nen Sozi­al­sys­te­men sind es Bekun­dun­gen des guten Wil­lens und der guten Absicht, nach denen die „Guten“ von den „Bösen“ getrennt wer­den, nicht die Fak­ten­la­ge oder unge­müt­li­che Bedro­hungs­sze­na­ri­en. Und so bekam Chur­chill die Eti­ket­ten „Kriegs­trei­ber“ und „Deut­schen­feind“ ange­hängt, gera­de weil er in den drei­ßi­ger Jah­ren zu den weni­gen gehör­te, die vor den Aggres­si­ons­ab­sich­ten Hit­lers warnten.

Erstaun­li­cher­wei­se scheint das sonst so aus­ge­präg­te Ver­gan­gen­heits­be­wußt­sein mit Blick auf den Irak, also im Fal­le einer neu­er­li­chen Ent­schei­dung zwi­schen „Gut“ und „Böse“, kei­ne his­to­ri­sche Par­al­le­le zu ken­nen. Denn der gemein­sa­me Nen­ner aller lin­ken und rech­ten Ver­schwö­rungs­theo­re­ti­ker ist der Glau­be an eine aggres­si­ve ame­ri­ka­ni­sche Welt­herr­schaft und an die beson­de­re Nei­gung der USA, mili­tä­ri­sche Mit­tel zum Ein­satz zu bringen.
Doch fin­det hier eine Ver­wechs­lung statt: Der auf mora­li­scher Über­heb­lich­keit beru­hen­de Glau­be vie­ler Ame­ri­ka­ner, ame­ri­ka­ni­sche Wer­te sei­en uni­ver­sal gül­tig oder soll­ten es zumin­dest sein, führt kei­nes­wegs auto­ma­tisch zu dem Ziel „Welt­herr­schaft“, und eine sol­che ideo­lo­gi­sche Ziel­vor­ga­be ist im tat­säch­li­chen mili­tä­ri­schen Han­deln der USA auch kaum zu erkennen.
War­um füh­ren die Ame­ri­ka­ner Krieg? In ers­ter Linie zur Durch­set­zung eige­ner natio­na­ler Inter­es­sen oder der­je­ni­gen ver­bün­de­ter Staa­ten. Dazu gehör­ten bis zum Ende des Kal­ten Krie­ges, der bipo­la­ren Welt­ord­nung also, auch stra­te­gi­sche Res­sour­cen. Seit­her hat die Glo­ba­li­sie­rung der Märk­te, also ihre Öff­nung über alle poli­ti­schen Gren­zen hin­weg, die Bedeu­tung die­ses Aspekts jedoch stark rela­ti­viert. Wich­ti­ger ist heu­te, glo­ba­le Ener­gie­quel­len und Kom­mu­ni­ka­ti­ons­we­ge ein­fach offen­zu­hal­ten. Ölkon­zer­ne sind meist mul­ti­na­tio­nal orga­ni­siert, und so hat die direk­te Kon­trol­le von Län­dern, und damit ein zen­tra­ler Aspekt geo­stra­te­gi­scher Über­le­gun­gen, erheb­lich an Rele­vanz ver­lo­ren. Die Ölvor­kom­men Kana­das sind grö­ßer als die des Irak, die För­der­re­gi­on um das Kas­pi­sche Meer boomt. Moder­ne Tech­nik bie­tet zudem neue Mög­lich­kei­ten und Alter­na­ti­ven. Weder die USA noch Euro­pa hän­gen daher von ira­ki­schen Öllie­fe­run­gen ab. Umge­kehrt gibt es für den Irak kei­ne Alter­na­ti­ven: Er muß sein Öl ver­kau­fen. Wor­in soll­te also der stra­te­gi­sche Vor­teil lie­gen, das Land mit erheb­li­chen Kos­ten zu erobern? Man erhiel­te so das teu­ers­te Öl der Welt.
Viel­leicht ist es an die­ser Stel­le sinn­voll, eini­ge Sät­ze über die Ver­bün­de­ten der USA und ihre Inter­es­sen ein­zu­fü­gen. Sau­di Ara­bi­en erbat in den acht­zi­ger Jah­ren die Sta­tio­nie­rung von US-Trup­pen im Land, weil es die eige­nen Öltan­ker vor ira­ni­schen Angrif­fen schüt­zen woll­te. Das­sel­be Sau­di-Ara­bi­en rief nach der ira­ki­schen Inva­si­on in Kuwait die Ver­ei­nig­ten Staa­ten dazu auf, das klei­ne Land gegen ira­ki­sche Trup­pen zu ver­tei­di­gen. Auch in Euro­pa, genau­er gesagt in Bos­ni­en, erwie­sen sich die Ver­bün­de­ten aus eige­ner Kraft als hand­lungs­un­fä­hig, bis schließ­lich Groß­bri­tan­ni­en und Frank­reich auf eine Bei­stands­ga­ran­tie der USA ver­wie­sen und eine mas­si­ve ame­ri­ka­ni­sche Trup­pen­prä­senz auf dem Bal­kan erba­ten. In die­sem Zusam­men­hang ist auch die Behaup­tung leicht­fer­tig, die Ver­ei­nig­ten Staa­ten setz­ten sich gezielt mit ihren Trup­pen fest, um ein Koor­di­na­ten­sys­tem aus Kon­troll­punk­ten und Ein­fluß­sphä­ren auf­zu­bau­en. Viel­mehr wür­den selbst aus Deutsch­land die US-Trup­pen mitt­ler­wei­le abzie­hen, wenn die Bun­des­re­gie­rung sie dazu auf­for­der­te. Dies alles steht also im kras­sen Gegen­satz zur Behaup­tung eines tat­säch­li­chen US-Imperialismus.

Zurück zum Glau­ben der Ame­ri­ka­ner an die eige­ne mora­li­sche Über­le­gen­heit. Die­ser Glau­be ist nur schwer zu tren­nen von har­ten stra­te­gi­schen Über­le­gun­gen, aber in eini­gen Fäl­len wird man die Selbst­lo­sig­keit der USA schwer bestrei­ten kön­nen. So war der Soma­lia­ein­satz 1992/93 ohne Zwei­fel eine huma­ni­tä­re Mis­si­on zwecks Siche­rung der Nah­rungs­vor­rä­te für die not­lei­den­de Bevöl­ke­rung. Unter mas­si­vem öffent­li­chem Druck, der nicht zuletzt den Vor­wurf der Untä­tig­keit erhob, enga­gier­ten sich die Ver­ei­nig­ten Staa­ten damals in Soma­lia, ohne dabei erkenn­ba­re natio­na­le Inter­es­sen zu ver­fol­gen. Zumin­dest dies muß­ten die Kri­ti­ker mitt­ler­wei­le ein­ge­ste­hen. Erst eine mili­tä­risch erfolg­rei­che, aber poli­tisch desas­trö­se Ope­ra­ti­on gegen Mit­glie­der des Ai-Deed Clans führ­te zu einem über­stürz­ten Rück­zug aus Soma­lia. Nach­dem sich die USA dann auf­grund der schlech­ten Erfah­run­gen 1994 nicht in Ruan­da ein­misch­ten und dem Völ­ker­mord taten­los zusa­hen, wur­de der mora­li­sche Druck, 1999 im Koso­vo ein­zu­grei­fen, gewal­tig. Der Koso­vo­krieg war inso­fern das Bei­spiel für einen – im Prin­zip ver­meid­ba­ren – Krieg, der geführt wur­de, weil mora­li­sche Über­le­gun­gen die trei­ben­de Kraft waren.
Unter den Grün­den, die ange­führt wer­den, wenn die Kriegs­lust der Ver­ei­nig­ten Staa­ten zur Debat­te steht, steht der 11. Sep­tem­ber 2001 oben­an, dies nicht zuletzt des­we­gen, weil die USA selbst den kom­pro­miß­lo­sen Kampf gegen den inter­na­tio­na­len Ter­ro­ris­mus aus­ge­ru­fen haben und ihre jüngs­ten Enga­ge­ments in Afgha­ni­stan und im Irak so recht­fer­ti­gen. Doch setz­te sich damit kei­nes­falls eine schon immer latent vor­han­de­ne und ein­sei­tig anti­ara­bi­sche Posi­ti­on Washing­tons durch, wie oft behauptet.
In der Ver­gan­gen­heit stütz­ten die USA etwa Abdel Nas­ser in Ägyp­ten, des­sen Sturz Frank­reich, Groß­bri­tan­ni­en und Isra­el wäh­rend des Suez­kon­flikts 1956 betrie­ben. 1973 ret­te­ten die USA Ägyp­ten ein zwei­tes Mal, indem sie Isra­el mas­siv zu einem Waf­fen­still­stand dräng­ten. Jas­sir Ara­fat wur­de 1982 aus dem Liba­non geret­tet, unge­ach­tet der pro­so­wje­ti­schen Posi­tio­nie­rung der PLO. Die USA hiel­ten sich auch zurück, als die Ölfir­men in Liby­en, Sau­di-Ara­bi­en und ande­ren Staa­ten Anfang und Mit­te der sieb­zi­ger Jah­re ent­eig­net wur­den und die Ölkri­se aufbrach.
Anti­ara­bi­sches oder anti­is­la­mi­sches Ver­hal­ten ist also kein Grund­zug ame­ri­ka­ni­scher Poli­tik. Es muß ande­re Argu­men­te dafür geben, daß die USA den pro­west­li­chen Schah von Per­si­en im Stich lie­ßen und außer­dem von des­sen fun­da­men­ta­lis­ti­schen Nach­fol­gern Demü­ti­gun­gen ertru­gen. Die Mud­ja­he­din und Tali­ban in Afgha­ni­stan pro­fi­tier­ten von ame­ri­ka­ni­scher Unter­stüt­zung im Kampf gegen die Rus­sen, Paki­stan gegen den Erz­feind Indi­en. Soma­lis sind Mus­li­me, Koso­vo­al­ba­ner eben­so, und – ganz aktu­ell – set­zen die USA Euro­pa mas­siv unter Druck, um der Tür­kei den EU-Bei­tritt zu ermöglichen.
Ohne Zwei­fel ver­tritt Washing­ton sei­ne natio­na­len Inter­es­sen, aber sei­ne Außen­po­li­tik folgt erstaun­lich sel­ten gän­gi­gen Kli­schees. Han­del­ten die USA aus­schließ­lich real­po­li­tisch oder gar unmo­ra­lisch, wären sie nach dem 11. Sep­tem­ber nicht gegen Sad­dam Hus­sein auf­mar­schiert, son­dern betrie­ben sei­ne Reha­bi­li­tie­rung mit dem Ziel, ihn gegen die Fun­da­men­ta­lis­ten ein­zu­set­zen. Ein geeig­ne­te­rer Kan­di­dat wäre im Nahen Osten kaum zu fin­den. Doch wäre dies innen­po­li­tisch nicht ver­tret­bar und ist somit kei­ne Handlungsoption.
Dar­an zeigt sich schon, daß es für die USA ein struk­tu­rel­les Hin­der­nis gibt, um wie eine tra­di­tio­nel­le Impe­ri­al­macht han­deln zu kön­nen: Demo­kra­ti­sche Regie­run­gen sind vom Mei­nungs­bild ihrer Bür­ger abhän­gig. So schrieb Gene­ral Pat­ton zum Jah­res­wech­sel 1944/45 besorgt in sein Kriegs­ta­ge­buch, man sei noch nie so nahe am Ran­de der Nie­der­la­ge gewe­sen. Er schrieb dies, obwohl ein Sieg über die Deut­schen schon abseh­bar war. Was den ame­ri­ka­ni­schen Ein­satz aus der Sicht Pat­tons viel stär­ker gefähr­de­te als die Arden­nen­of­fen­si­ve der Wehr­macht, waren die eige­nen, ver­hält­nis­mä­ßig hohen Ver­lus­te, die eine Geneh­mi­gung des Kon­gres­ses zur Auf­stel­lung von sechs wei­te­ren Divi­sio­nen unge­wiß mach­te: Wäh­ler zu opfern, hat schwer­wie­gen­de Fol­gen in Gesell­schaf­ten, in denen das Indi­vi­du­um höhe­res Anse­hen genießt als der Staat und zudem über die Poli­tik, die das Opfer for­dert, abstim­men kann.

Es dürf­te dies einer der Grün­de sein, war­um die Ver­ei­nig­ten Staa­ten Krieg in ers­ter Linie als eine logis­ti­sche Auf­ga­be anse­hen, also den Schwer­punkt weni­ger auf schnei­di­ge Infan­te­ris­ten als auf über­zeu­gen­de Feu­er­kraft legen. So gewin­nen die Ame­ri­ka­ner meist auf­grund einer gewal­ti­gen Mate­ri­al­über­le­gen­heit und manch­mal unter Ver­zicht auf jene Aner­ken­nung des Geg­ners, wie sie im euro­päi­schen Nor­mal­krieg üblich war. Bis zur Ein­füh­rung der Berufs­ar­mee, nach dem Viet­nam­krieg, war das US-Mili­tär von sei­nen Geg­nern oft als ver­gleichs­wei­se schlecht dis­zi­pli­niert betrach­tet wor­den. 1944 muß­te das Mili­tär im Pazi­fik gegen das Nach­hau­se­schi­cken von Kör­per­tei­len japa­ni­scher Sol­da­ten vor­ge­hen und an der West­front die sich häu­fen­den Erschie­ßun­gen deut­scher Gefan­ge­ner unter­bin­den. Und pikant ist die Begrün­dung, war­um US-Gene­rä­le sich anfangs wei­ger­ten, der geziel­ten Bom­bar­die­rung der deut­schen Zivil­be­völ­ke­rung zuzu­stim­men: Man sorgt sich weni­ger um den Geg­ner, mehr um die Aus­wir­kun­gen auf die Moral der eige­nen Truppe.
Dem­entspre­chend war der Ein­satz der ers­ten Atom­bom­ben gegen Japan das Ergeb­nis einer simp­len Rech­nung, die über mora­li­sche Skru­pel sieg­te: Im vier­ten Kriegs­jahr, mit Blick auf bei­na­he 300.000 eige­ne Gefal­le­ne, bot die Bom­be eine Alter­na­ti­ve zu den wei­te­ren 250.000 US-Sol­da­ten, deren Tod für eine Erobe­rung des Insel­staats ver­an­schlagt wur­de. Das ließ die Ent­schei­dung zum Abwurf auf Hiro­shi­ma und Naga­sa­ki rela­tiv leicht werden.
Ande­rer­seits ist her­vor­zu­he­ben, daß es den Begriff „Kol­la­te­ral­scha­den“ nur des­we­gen gibt, weil auch die USA sich auf­grund gewach­se­ner gesell­schaft­li­cher Sen­si­bi­li­tät dar­um bemü­hen, Zivil­op­fer zu ver­mei­den. Der qua­li­ta­ti­ve Unter­schied für den Beob­ach­ter wäre viel deut­li­cher, wenn die US-Trup­pen in Afgha­ni­stan so vor­gin­gen wie die Rus­sen dies dort taten oder in Tsche­tsche­ni­en heu­te tun. Wir wis­sen von Über­grif­fen des ame­ri­ka­ni­schen Mili­tärs auf den Rhein­wie­sen 1945, an Jagst und Kocher wäh­rend der Kämp­fe um Heil­bronn, im Pazi­fik oder in My Lai eben des­halb, weil die USA sich einer sol­chen Kri­tik stel­len und als offe­ne Gesell­schaft fra­gen, wes­halb bei­spiels­wei­se 1 Pro­zent aller deut­schen Kriegs­ge­fan­ge­nen in ame­ri­ka­ni­schen Lagern starb, wäh­rend nur 0,7 Pro­zent aller US-Sol­da­ten in deut­scher Gefan­gen­schaft umka­men. Sol­che Fra­gen sind in den Län­dern vie­ler Kri­ti­ker der USA nicht mög­lich, eben­so­we­nig wie Pro­tes­te gegen die Herrschenden.
Die Erfol­ge in der Pazi­fi­zie­rung von Deut­schen und Japa­ner nach Kriegs­en­de bestärk­ten die Ame­ri­ka­ner in ihrem Glau­ben, daß „Demo­kra­ti­sie­rung“ eine Inves­ti­ti­on in dau­er­haft fried­li­che Bezie­hun­gen sei. Wie Jill Lepo­re schreibt, ist es genau aus die­sem Grund wich­tig, über die mili­tä­ri­sche Dimen­si­on hin­aus zu den­ken. Wo der Sie­ger den Ver­lie­rern sei­ne Ver­si­on des Gesche­hens auf­zwin­gen kann, ent­steht ein dop­pel­ter Sieg. Denn ein Gesche­hen durch die psy­cho­lo­gi­sche Bril­le des ande­ren zu sehen, legi­ti­miert des­sen Auf­tre­ten und Verhalten.
Im Kal­ten Krieg ent­stand aus sol­chen Über­le­gun­gen die Maxi­me, vor allem „Ver­stand und Her­zen“ der Geg­ner zu gewin­nen. Mit die­ser Dok­trin, die inner­halb der con­tain­ment-Stra­te­gie pla­ziert war, wur­den die Stell­ver­tre­ter­krie­ge des bipo­la­ren Zeit­al­ters geführt. Jedoch kam es immer wie­der zu Ver­hal­tens­wei­sen, die der Stra­te­gie des Ver­trau­ens­ge­winns dia­me­tral ent­ge­gen­stan­den. So war aus Sicht des Kampf um die Her­zen die Ent­lau­bungs­stra­te­gie in Viet­nam kon­tra­pro­duk­tiv, nicht zuletzt des­halb, weil es die Moti­va­ti­on der ver­bün­de­ten viet­na­me­si­schen Trup­pen unter­lief: Robert McNa­ma­ra erkann­te erst drei­ßig Jah­re spä­ter, daß in der Lage­ein­schät­zung der Ver­ei­nig­ten Staa­ten der Kom­mu­nis­mus als Feind­bild für die Moti­va­ti­ons­grund­la­ge der Viet­na­me­sen über­be­wer­tet wur­de. Für die Viet­na­me­sen ging es näm­lich nicht in ers­ter Linie um die Wahl zwi­schen Kapi­ta­lis­mus und Kom­mu­nis­mus, son­dern um natio­na­le Fremd- oder Selbst­be­stim­mung. Agent Oran­ge wur­de als Akt der Fremd­be­stim­mung durch die Ame­ri­ka­ner wahr­ge­nom­men und des­halb auch von den Süd­viet­na­me­sen abgelehnt.

Trotz die­ses Ein­schät­zungs­feh­lers wird oft fälsch­lich der Ein­druck erweckt, die Streit­kräf­te der Ver­ei­nig­ten Staa­ten sei­en in Viet­nam mili­tä­risch geschei­tert. Dies trifft nur teil­wei­se zu. Die Moral des Mili­tärs war zwar erschüt­tert und es gab eini­ge Zer­falls­er­schei­nun­gen. Das lag jedoch dar­an, daß sich der Ver­lust des poli­ti­schen Wil­lens, den Krieg sieg­reich zu been­den auf das Mili­tär über­tra­gen hat­te. Ein wich­ti­ger Grund war außer­dem das jähr­li­che Rota­ti­ons­sys­tem der Armee, das der begrenz­ten Ein­satz­zeit der Wehr­pflich­ti­gen geschul­det war: Die USAr­mee befand sich mili­tä­risch nicht zehn Jah­re in Viet­nam, son­dern eher zehn Mal ein Jahr. So schränk­te die man­geln­de Kon­ti­nui­tät die ope­ra­ti­ve Hand­lungs­fä­hig­keit stark ein. Ent­schei­dend im Kampf um die Her­zen und den Ver­stand der eige­nen Bevöl­ke­rung war, daß Jahr für Jahr die Rück­keh­rer von der Här­te des Kampfs und vom nicht zu ver­mit­teln­den Sinn des Enga­ge­ments in Viet­nam erzähl­ten. Was nicht bedeu­tet, daß der Ein­satz in Viet­nam kei­nen Sinn hat­te. Um Viet­nam wur­de nicht gekämpft, weil es stra­te­gisch wert­voll war, son­dern es wur­de stra­te­gisch wert­voll, weil dort zwi­schen den Stell­ver­tre­tern der bei­den Blö­cke gekämpft wurde.
Nach­dem die Tet-Offen­si­ve Anfang 1968 in die Geschich­te als Sieg des Viet­kong ein­ging, obwohl sie tat­säch­lich sein Ende bedeu­te­te, begriff das Mili­tär die Macht der Medi­en. Nicht die Tat­sa­chen waren ent­schei­dend, son­dern die Wahr­neh­mung der Vor­gän­ge durch die Mehr­heit der US-Bür­ger, deren poli­ti­sche Zustim­mung für den wei­te­ren Ver­lauf ent­schei­dend war.
So rück­te der „Medi­en­plan” auf der mili­tä­ri­schen Prio­ri­tä­ten­lis­te nach oben, und zwan­zig Jah­re spä­ter war das US-Mili­tär kaum wie­der­zu­er­ken­nen. Per­fek­tio­niert wur­de die Kunst des Medi­en­krie­ges jedoch erst spä­ter, näm­lich wäh­rend des Koso­vo-Krie­ges. Der Nato-Spre­cher Jamie Shea erklär­te danach: „Dies war der ers­te Medi­en­krieg. Alle Jour­na­lis­ten waren auch Sol­da­ten. Es gehör­te zu mei­ner Auf­ga­be, sie mit Muni­ti­on zu ver­sor­gen, ihnen die Lau­ter­keit unse­rer Kriegs­mo­ti­ve und unse­rer Aktio­nen zu zei­gen.“ Der Fach­ter­mi­nus lau­tet „Per­zep­ti­ons­ma­nage­ment“; dies ist ein inte­gra­ler und zur mora­li­schen Recht­fer­ti­gung unver­zicht­ba­rer Bestand­teil mili­tä­ri­scher Stra­te­gie und Pla­nung in der Gegen­wart. Aller­dings weist Per­zep­ti­ons­ma­nage­ment auch jene Eigen­schaf­ten auf, die bei jeder Pro­pa­gan­da rasch dazu füh­ren, rasch die Gren­ze zur Lüge zu überschreiten.
Berühmt gewor­den ist die Beschul­di­gung, die ein fünf­zehn­jäh­ri­ges Mäd­chen nach der Inva­si­on in Kuwait gegen den Irak vor­brach­te: Es berich­te­te vor dem USKon­greß, daß ira­ki­sche Sol­da­ten früh­ge­bo­re­ne Säug­lin­ge töte­ten, um die Brut­käs­ten in den Irak zu ver­brin­gen. Spä­ter stell­te sich her­aus, daß es sich bei dem Mäd­chen um die Toch­ter des kuwai­ti­schen Bot­schaf­ters in Washing­ton han­del­te und daß dies alles von der PR-Fir­ma Hill & Knowl­ton als Büh­nen­stück für den Kun­den Kuwait arran­giert wor­den war. Übri­gens nutz­te der deut­sche Ver­tei­di­gungs­mi­nis­ter 1999 zur Recht­fer­ti­gung des Koso­vo­krie­ges vor der eige­nen Bevöl­ke­rung ähn­li­che Metho­den: Greu­el­be­rich­te von Betrof­fe­nen wur­den als Fak­ten behan­delt, dar­un­ter die Behaup­tung, das Sta­di­on in Pris­ti­na sei als Kon­zen­tra­ti­ons­la­ger mit 100.000 Insas­sen genutzt worden.
Aber es gab auch Leh­ren des Viet­nam­kriegs, die die Ame­ri­ka­ner nicht beher­zigt haben. Als Nati­on mit einem west­li­chen Demo­kra­tie- und Staats­ver­ständ­nis, zei­gen sie eine Schwä­che, die auch als „Zivi­li­sa­ti­ons­krank­heit“ betrach­tet wer­den könn­te und die Hen­ry Kis­sin­ger fol­gen­der­ma­ßen beschreibt: „Weil die Ver­ei­nig­ten Staa­ten Macht und Gewalt tra­di­tio­nell als ein­zel­ne, getrenn­te und auf­ein­an­der fol­gen­de Pha­sen betrach­ten, füh­ren sie ihre Krie­ge ent­we­der bis zur bedin­gungs­lo­sen Kapi­tu­la­ti­on, was sie der Not­wen­dig­keit ent­hebt, eine Bezie­hung zwi­schen Gewalt und Diplo­ma­tie her­zu­stel­len, oder sie tun so, als wäre nach dem Sieg das mili­tä­ri­sche Ele­ment nicht mehr erfor­der­lich und Diplo­ma­ten hät­ten jetzt die Pflicht, in einer Art stra­te­gi­schem Vaku­um die Sache in die Hand zu nehmen.

Dar­um haben die Ver­ei­nig­ten Staa­ten die mili­tä­ri­schen Ope­ra­tio­nen 1951 in Korea ein­ge­stellt, sobald die Ver­hand­lun­gen began­nen, und 1968 als Ein­tritts­preis für die Ver­hand­lun­gen die Bom­bar­die­rung Viet­nams gestoppt. In bei­den Fäl­len hat das Nach­las­sen des mili­tä­ri­schen Drucks die Anrei­ze ver­rin­gert, wel­che die Ver­hand­lungs­be­reit­schaft des Geg­ners über­haupt erst her­bei­ge­führt hat­ten. Dadurch kamen die Gesprä­che wie­der ins Sto­cken, und es gab neue Opfer. In der Schluß­pha­se des Golf­krie­ges stell­te sich her­aus, daß die Ver­ei­nig­ten Staa­ten aus ihrer Geschich­te nicht gelernt hat­ten. So wur­de es einem total geschla­ge­nen Geg­ner mög­lich, sich den vol­len Kon­se­quen­zen sei­nes Deba­kels zu ent­zie­hen. Die Kriegs­zie­le waren zu eng und zu lega­lis­tisch for­mu­liert worden.

Weil der Krieg wegen der Beset­zung Kuwaits durch den Irak aus­ge­löst wor­den war, zogen die ame­ri­ka­ni­schen Ent­schei­dungs­trä­ger den Schluß, daß mit der Befrei­ung des Scheich­tums sowohl das Kriegs­ziel erreicht als auch das UN-Man­dat erfüllt sei. Sie recht­fer­tig­ten die­se Ent­schei­dung, indem sie das Risi­ko wei­te­rer Opfer bei einem Vor­marsch auf Bag­dad und die Wir­kung wei­te­ren Blut­ver­gie­ßens auf die öffent­li­che Mei­nung beton­ten, nach­dem die Schlacht gewon­nen schien. Sie erin­ner­ten sich zwar an die zähen Ver­hand­lun­gen in Korea und Viet­nam, aber nicht an deren Ursa­chen.“ Dem hier als „lega­lis­tisch“ bezeich­ne­ten Ansatz und den damit ver­bun­de­nen Ver­zö­ge­run­gen im mili­tä­ri­schen Han­deln ver­dankt auch eine gan­ze Zahl von Tali­ban­füh­rern ihr Leben.
Der ver­än­der­te Anspruch an das Mili­tär, die Trans­for­ma­ti­on vom Krie­ger zum PR-Bera­ter, schlägt sich auch im Aus­bil­dungs­stand der Füh­rungs­kräf­te nie­der: Nach einer Stu­die des North Caro­li­na Cent­re for Crea­ti­ve Lea­der­ship ver­fü­gen 19 Pro­zent der ame­ri­ka­ni­schen Mana­ger, aber 88 Pro­zent der Bri­ga­de­ge­ne­rä­le der US-Streit­kräf­te über einen Hoch­schul­ab­schluß. Noch nie zuvor hat man die Füh­rungs­kräf­te des Mili­tärs so gut aus­ge­bil­det in Fra­gen der Wirt­schaft und der Poli­tik, wäh­rend dem­ge­gen­über die Poli­ti­ker noch nie so unge­bil­det und uner­fah­ren in mili­tä­ri­schen Fra­gen waren.
Das Mili­tär hat zu sie­gen, das ent­spricht den Erwar­tun­gen der ver­ant­wort­li­chen Poli­ti­ker. Die­ser Sieg soll­te aber auf poli­tisch kor­rek­te Art, „sau­ber“ und „kli­nisch“, mög­lichst ohne Ver­lus­te erfoch­ten wer­den. Desert Storm, der kur­ze, hef­ti­ge Golf­krieg 1991 gegen den Irak, soll­te das mili­tä­ri­sche Para­dig­ma sein, der kla­re Sieg auf dem Schlacht­feld, ermög­licht durch ein Zusam­men­spiel von tech­no­lo­gi­scher Über­le­gen­heit und pas­sen­der Auf­be­rei­tung durch die Medi­en. In der Tat beein­dru­cken die Zah­len: Eine F‑117 erreicht mit einem Feind­flug und einer Bom­be das glei­che, wofür im Zwei­ten Welt­krieg 4500 Ein­sät­ze und 9000 Bom­ben, wäh­rend des Viet­nam-Kriegs noch 95 Ein­sät­ze und 190 Bom­ben benö­tigt wur­den. Jedoch ent­spre­chen Sze­na­ri­en wie Desert Storm gegen den Irak oder Allied Force gegen Rest­ju­go­sla­wi­en immer weni­ger der Rea­li­tät moder­ner Kri­sen­be­wäl­ti­gung. Sie sind Aus­lauf­mo­del­le der Kriegs­füh­rung, beson­ders in eth­ni­schen Kri­sen­ge­bie­ten. So haben Gene­rä­le der NATO die Poli­ti­ker dar­auf hin­ge­wie­sen, daß mit den Luft­schlä­gen des Unter­neh­mens Allied Force nur beschränk­te Erfol­ge erzielt wer­den könn­ten. Im Nach­hin­ein erwies sich dann, daß nur knapp 10 bis 15 Pro­zent der gemel­de­ten Erfol­ge auf Fak­ten beruh­ten. 37.200 Flug­ein­sät­ze erbrach­ten, laut NATO-Unter­su­chun­gen im Sep­tem­ber 1999, das beschei­de­ne Resul­tat von ins­ge­samt 26 Kampf­pan­zern, 12 Schüt­zen­pan­zern und acht Geschütz­bat­te­rien. Außer­dem wird die Psy­cho­lo­gie des poten­ti­el­len Geg­ners nach wie vor oft unter­schätzt, weil des­sen Schmerz­gren­ze und Lei­dens­fä­hig­keit in der Regel die der Ange­hö­ri­gen west­li­cher Über­fluß­ge­sell­schaf­ten weit übertrifft.
Zuletzt sind auch die Aus­wir­kun­gen des Distanz­kriegs auf die eige­ne Bevöl­ke­rung und den Rest der Welt schwer kal­ku­lier­bar. Je län­ger die Kat­ze braucht, um die dreis­te Maus zu fan­gen, des­to stär­ker ver­schie­ben sich die Sym­pa­thien der Zuschau­er zur Maus hin. Rasch und prä­zi­se müs­sen die Mili­tär­maß­nah­men ablau­fen, damit sie auch psy­cho­lo­gisch ihre vol­le Wirk­sam­keit ent­fal­ten und man den Kon­flikt erfolg­reich been­den kann. „Krie­ger“ müs­sen ledig­lich die kla­re mili­tä­ri­sche Nie­der­la­ge ver­mei­den, um am Ende zu sie­gen. West­li­che Sol­da­ten müs­sen, im Gegen­satz dazu, schnell und ent­schei­dend sie­gen, um die Nie­der­la­ge zu vermeiden.

Die Ver­brei­tung von Mas­sen­ver­nich­tungs­waf­fen ist eine der gro­ßen Gefah­ren, der die Sicher­heits­po­li­tik eines so expo­nier­ten Lan­des wie die USA begeg­nen muß. Man geht dort heu­te davon aus, daß nur ein Rake­ten­schutz­schild einen gewis­sen Schutz gewäh­ren wür­de. Denn das Völ­ker­recht oder inter­na­tio­na­le Abkom­men kön­nen die Ver­brei­tung von ABC-Waf­fen nicht ver­hin­dern. Allein die 1998/99 durch­ge­führ­ten Tests der „Tae­po-Dong-Rake­ten­pro­gram­me“ im unbe­re­chen­ba­ren Nord­ko­rea zei­gen den Bedarf an Schutz vor Staa­ten, die viel­leicht nicht nur durch Ver­trä­ge vom Ein­satz sol­cher Wirk­mit­tel abge­hal­ten wer­den kön­nen. Der poli­ti­sche Wil­le, sol­chen Bedro­hun­gen zu begeg­nen und in den Schutz zu inves­tie­ren, exis­tiert zur Zeit fast aus­schließ­lich in den USA, die das Star Wars-Pro­gramm im Rah­men der Natio­nal Mis­sile Defen­se-Stra­te­gie fort­set­zen. Es ist naiv zu glau­ben, daß Euro­pa kei­nen Bedarf an ähn­li­chen Ent­wick­lun­gen habe, weil es nicht den glei­chen Bedro­hun­gen aus­ge­setzt sei. Tat­sa­che ist, daß Euro­pa und die USA in den Regio­nen, die neue mili­tä­ri­sche Bedro­hun­gen auf­bau­en, als eng mit­ein­an­der ver­knüpf­te (Un-)Wertegemeinschaft ange­se­hen wer­den. Die Fra­ge, die sich letzt­end­lich stellt, ist die, ob es nicht bes­ser wäre, ein Rake­ten­schutz­schild zu haben und es nicht zu benö­ti­gen, als im Ernst­fall eines zu benö­ti­gen und es nicht zu haben. So ein Schutz­schild kann gegen Anschlä­ge von der Qua­li­tät des 11. Sep­tem­ber nicht schüt­zen; es ent­mu­tigt aber Staa­ten, in damit obso­let gewor­de­ne Atom­waf­fen­pro­gram­me zu inves­tie­ren. Und es redu­ziert die Wahr­schein­lich­keit eines Wett­rüs­tens und erhöht sie nicht, wie oft behaup­tet wird.
Im Gegen­satz zu den Euro­pä­ern haben die USA eine rea­lis­ti­sche Vor­stel­lung von dem, was das 21. Jahr­hun­dert mit sich brin­gen wird. Das liegt vor allem an der Offen­heit der Dis­kus­si­on. Der schwin­den­de Ein­fluß des Wes­tens, die Eman­zi­pa­ti­on der Peri­phe­rie und die Ten­denz, daß Kon­flik­te von die­ser Peri­phe­rie in den Ent­wick­lungs­kern flie­ßen, sind Gege­ben­hei­ten, die in Euro­pas Sicher­heits­po­li­tik unzu­rei­chend berück­sich­tigt wer­den. Wäh­rend man in Deutsch­land lang­sam zu der Ein­sicht gelangt, daß die gro­ße, vater­län­di­sche Pan­zer­schlacht in der nord­deut­schen Tief­ebe­ne end­gül­tig abge­sagt wur­de, befas­sen sich US-Exper­ten schon seit Moga­di­schu inten­siv mit dem asym­me­tri­schen Krieg. Ange­hö­ri­ge der Spe­cial Forces führ­ten allein im Jah­re 1996 über 2300 Kom­man­do­un­ter­neh­men in 167 Län­dern durch, wobei durch­schnitt­lich nicht mehr als 20 Sol­da­ten zum Ein­satz kamen. Der nicht­er­klär­te Krieg ist längst Wirk­lich­keit geworden.
Die USA reagie­ren mit der not­wen­di­gen Weit­sicht auf sol­che Ent­wic ündigt, mit denen die eige­nen Streit­kräf­te unein­hol­bar auf­ge­rüs­tet wer­den sol­len. Die soge­nann­te Revo­lu­ti­on In Mili­ta­ry Affairs (RMA) befin­det sich in vol­lem Gan­ge. Hin­ter den Begrif­fen Net­work Cen­tric War­fa­re (NCW) und RMA ver­birgt sich inhalt­lich das glei­che: gemeint ist die beschleu­nig­te, expo­nen­ti­el­le Ent­wick­lung der Militärtechnologie.
Die Ame­ri­ka­ner haben ver­stan­den, daß in einer glo­ba­len Welt eine star­re Mili­tär­dok­trin mit den klas­si­schen Kom­po­nen­ten der Lan­des­ver­tei­di­gung einem Rück­fall in jene Denk­ge­wohn­hei­ten gleich­kä­me, die die Magi­not­li­nie her­vor­brach­ten. Sie wis­sen, daß die Über­le­gen­heit auf dem Schlacht­feld zukünf­tig durch die Kom­bi­na­ti­on von Infor­ma­ti­ons­do­mi­nanz und Geschwin­dig­keit erkämpft wird. Waren 7 Pro­zent der ein­ge­setz­ten Mit­tel bei Desert Storm soge­nann­te intel­li­gen­te Muni­ti­on, so sind heu­te in den Waf­fen­ar­se­na­len der USA rund 80 Pro­zent von die­ser Qualität.
Das Bud­get der US-Streit­kräf­te wird in den nächs­ten fünf Jah­ren in bestimm­ten Berei­chen gera­de­zu explo­die­ren. Die Schwer­punkt­bil­dung folgt den Ana­ly­sen, wonach die Infor­ma­ti­ons­tech­no­lo­gie, der Rake­ten­schutz­schild und die prä­ven­ti­ve Kriegs­füh­rung im Rah­men von Spe­zi­al­ein­sät­zen ohne Kriegs­er­klä­rung die Sicher­heit garan­tie­ren sol­len. So sind für Aus­lands­ba­sen und Aus­lands­pro­gram­me 47 Pro­zent bezie­hungs­wei­se 157 Pro­zent an Mehr­aus­ga­ben vor­ge­se­hen. Um 145 Pro­zent wird das Bud­get für die Ent­wick­lung der welt­raum­un­ter­stütz­ten Kriegs­füh­rung auf­ge­stockt, das für die Anschaf­fung von Infor­ma­ti­ons­tech­no­lo­gie um 125 Prozent.

Auf die Vor­ga­be, den eige­nen Blut­zoll mög­lichst gering zu hal­ten, reagie­ren die USA mit umfas­sen­den Maß­nah­men der Robo­ti­sie­rung. Sie set­zen damit auch kon­se­quent Ana­ly­sen um, die vom Schlacht­feld der Zukunft als einem urba­nen, unüber­sicht­li­chen und für Distanz­mit­tel nicht immer erreich­ba­ren aus­ge­hen. Selbst dem demo­gra­phi­schen Pro­blem der Gebur­ten­schwä­che tra­gen die Ver­ei­nig­ten Staa­ten damit Rech­nung. So soll bis 2017 ein Drit­tel aller Kampf­fahr­zeu­ge der US-Armee unbe­mannt sein. Die US-Luft­waf­fe plant, bis 2012 ein Drit­tel ihrer Lang­stre­cken­bom­ber ohne Per­so­nal flie­gen zu las­sen. Und die US-Mari­ne redu­ziert ihr Per­so­nal bis 2015 um ein Drit­tel, erhöht dabei aber gleich­zei­tig Effek­ti­vi­tät und Effi­zi­enz der Wirk­mit­tel durch neue Schiffstypen.
Trotz aller Vor­be­rei­tung auf die Bedro­hun­gen der Zukunft und eines wirk­lich erkenn­ba­ren Wil­lens, gerüs­tet zu sein, las­sen sich Schwach­stel­len in der Poli­tik der USA und in ihrer inne­ren Ent­wick­lung aus­ma­chen. Ein erheb­li­ches Pro­blem ist der uto­pi­sche Glau­ben an ein uni­ver­sa­les Wer­te­sys­tem, dem­zu­fol­ge in jedem Men­schen ein Ame­ri­ka­ner ste­cke, der „raus“ möch­te. Die­se Über­heb­lich­keit wird von nicht weni­gen Kri­ti­kern als der eigent­li­che Grund für einen rabia­ten Anti­ame­ri­ka­nis­mus ange­se­hen. Die zwei­te Schwach­stel­le ist die Fehl­ein­schät­zung, daß mul­ti­eth­ni­sche Staa­ten wie Bos­ni­en oder Afgha­ni­stan durch Sozi­al­in­ge­nieu­re und den Vor­gang eines künst­li­chen nati­on buil­ding zusam­men­ge­hal­ten wer­den könn­ten, wobei der Zau­ber­stab „Demo­kra­ti­sie­rung“ heißt. Drit­tens – mit Blick­wen­dung ins Land selbst – bedroht die eth­ni­sche Ver­än­de­rung der US-Bevöl­ke­rung die inne­re Kon­sens­fä­hig­keit, weil neue Zuwan­de­rungs­wel­len im Gegen­satz zu ihren euro­päi­schen Vor­gän­gern den Wer­te­kon­sens kün­di­gen und soge­nann­te eth­ni­sche Brü­cken­köp­fe bil­den könn­ten. Die­se drei Fak­to­ren füh­ren zu einer nach­hal­ti­gen Ero­si­on der kol­lek­ti­ven Ener­gie und stel­len die USA schon inner­halb der nächs­ten Jahr­zehn­te vor exis­ten­ti­el­le Schwie­rig­kei­ten, deren Umfang heu­te noch nicht abzu­se­hen ist.

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