Das arme Schwein Polanski

... hat bislang ja noch nichts von den vielen Runden Mitleid, die in den Tagen seit seiner Verhaftung ausgegeben wurden.

Ellen Kositza

Ellen Kositza ist Literatur-Redakteurin und Mutter von sieben Kindern.

 

Hm, wie sieht´s aus? Soll man sich mal „locker machen“ und die 32 Jah­re, die seit der Ver­ge­wal­ti­gung einer 13 jäh­ri­gen in Jack Nick­ol­sons Schwimm­be­cken zurück­lie­gen, mit einem Dut­zend Aus­ru­fe­zei­chen beto­nen? Um ein kulan­tes „Schwamm drü­ber“ zu markieren?

Soll man mit dem Kom­men­ta­tor der Frank­fur­ter Rund­schau räso­nie­ren, Pol­an­ski (eigent­lich: Raj­mund Roman Lieb­ling) habe sich „längst kul­tu­rell habilitiert“?

Soll man mit Frank­reichs Außen­mi­nis­ter stam­meln, es hand­le sich hier um eine “düs­te­re Geschich­te, die­sen Mann, des­sen Talent in der gan­zen Welt aner­kannt sei, fest­zu­set­zen, das ist nicht sehr sympathisch”?

Im Deutsch­land­funk hieß es ges­tern ganz treffend:

Im euro­päi­schen Kon­zert der Pro­tes­te, von Polen, über Deutsch­land und die Schweiz spielt Frank­reich mit Abstand die ers­te Rol­le, hier ver­liert man mitt­ler­wei­le den Über­blick über die Peti­ti­ons­lis­ten zur Frei­las­sung Pol­an­skis, hier, wo der medi­en­träch­tigs­te der soge­nann­ten Phi­lo­so­phen, Ber­nard Hen­ry Levy, den Wider­stand anführt, mit wehen­dem Haar­schopf und wei­ter denn je geöff­ne­tem wei­ßem Hemd der Schweiz die Levi­ten liest:

Es sei ein Skan­dal, daß ein 76-Jäh­ri­ger, der das Kra­kau­er Ghet­to gekannt, den sta­li­nis­ti­schen Ter­ror erlit­ten und die schlimms­ten Schre­cken des Jahr­hun­derts durch­lebt habe, jetzt im Gefäng­nis sit­ze, die Schweiz, die noch ganz ande­re Kri­mi­nel­le beher­ber­ge, habe einen ver­haf­tet, der vor 30 Jah­ren eine Jugend­sün­de began­gen habe.

Hopp­la, sagt man sich, bei der ein­ge­stan­de­nen “Jugend­sün­de” war Pol­an­ski immer­hin 45 – und doch legt Film­re­gis­seur und Mit­un­ter­zeich­ner der Peti­tio­nen, Cos­ta Gav­ras noch eins drauf: Man sol­le end­lich auf­hö­ren von Ver­ge­wal­ti­gung zu spre­chen, man müs­se sich nur die Fotos anschau­en, die 13-Jäh­ri­ge von damals sehe aus, wie 25 – auch da muß man nicht unbe­dingt glei­cher Mei­nung sein.

Tat­säch­lich ist es ein Skan­dal, daß es mehr als drei Jahr­zehn­te nicht gelun­gen ist, einen flüch­ti­gen Ver­ge­wal­ti­ger fest­zu­set­zen. Angeb­lich sind zuletzt Ver­haf­tungs­ver­su­che durch die USA, als Pol­an­ski in Isra­el und Thai­land weil­te, fehlgeschlagen.

Einen atmo­sphä­ri­schen Kurz-Arti­kel über den Mann, der anschei­nend immer noch nichts anbren­nen läßt, hat­te es vor eini­ger Zeit in der Emma. Ich mein:  Soll er ruhig rum­hu­ren – wenn’s den betei­lig­ten Ladies gefällt? Die damals 13jährige jeden­falls war gar nicht ein­ver­stan­den – obwohl sie der Kul­tur­brin­ger zuvor unter Dro­gen gesetzt hatte.

Muß man eigent­lich unbe­dingt selbst – wie Luc Bes­son – eine 13jährige Toch­ter haben, um nicht begrei­fen zu kön­nen, wie eine auf­ge­brach­te Mas­se von Stars und Stern­chen (von Tykwer bis Schlön­dorff, und, mei­ne Güte, sogar die Och­sen­knecht-Söhn­chen plap­pern von einem “Jus­tiz­skan­dal!) Frei­heit für den Ver­ge­wal­ti­ger einer 13jährigen for­dern kann?

Ellen Kositza

Ellen Kositza ist Literatur-Redakteurin und Mutter von sieben Kindern.

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