pdf der Druckfassung aus Sezession 28 / Februar 2009
von Christian Vollradt
Einem kurzen Bericht auf Welt-online war am 2. Dezember 2008 zu entnehmen, der Publizist Udo Ulfkotte habe die von ihm mitbegründete islamkritische Initiative »Pax Europa« wegen »ihres zunehmend extremistischen Kurses« verlassen. Den Ausschlag für seine Trennung habe die Weigerung der Vereinsspitze und einer Mehrheit der Delegierten gegeben, sich von geschmacklosen Karikaturen zu distanzieren, in denen Moslems »im Stürmer-Stil« verunglimpft worden seien. Ulfkottes Forderung, der Vorstand möge die Verantwortung wegen der ins Internet gelangten Zeichnungen übernehmen und zurücktreten, war während der Mitgliederversammlung im November abgelehnt worden. Der Welt-Autor schlußfolgerte daraus, die islamkritische Bewegung drohe »sich weiter zu radikalisieren«.
Die ehemaligen Mitstreiter reagierten noch am selben Tag mit einer Stellungnahme, in der sie die Vorwürfe zurückwiesen. »Pax Europa« betonte, man habe immer Wert darauf gelegt, sich »von Rechtsextremisten und Ausländerfeinden abzugrenzen«. Die Karikaturen seien unautorisiert auf einem Weblog erschienen und auf Bitten des Vereins durch den Betreiber der entsprechenden Internetseite entfernt worden. Nie seien die Bilder als Postkarten für die Arbeit von »Pax Europa« verwendet worden. Der Verein sehe seine »zentrale Aufgabe darin, die Bürgerprotestbewegung auf Basis einer wissenschaftlich fundierten Islamkritik zu organisieren «, heißt es im Vorstandsschreiben.
Ein Déjà-vu? Eine als konservativ, wenn nicht sogar rechts wahrgenommene Gruppierung streitet über Abgrenzungsmodalitäten zum Rechtsextremismus, dem sie von ihren Gegnern ohnehin zugeordnet wird; es kommt zum öffentlichen Zerwürfnis der Führungsfiguren, zu Austritten, Schmähungen und so fort.
Erst im Mai 2008 hatten sich der »Bundesverband der Bürgerbewegungen zur Bewahrung von Demokratie, Heimat und Menschenrechten « (BDB) und der von Ulfkotte zwei Jahre zuvor ins Leben gerufene Verein »Pax Europa« zur »Bürgerbewegung Pax Europa« (BPE) zusammengeschlossen. Nach der Fusion übte der bisherige BDB-Vorsitzende Willi Schwend dieses Amt weiter aus, während Ulfkotte vor allem repräsentativ als »Ehrenpräsident« ohne Stimmrecht im Vorstand fungierte.
Die Rolle als Zugpferd – ohne operativen Ballast – schien dem ehemaligen FAZ-Redakteur wie auf den Leib geschneidert. Wegen seiner Erfahrung als Korrespondent im arabischen Raum, wegen seiner Kenntnisse der islamischen Kultur und guter Kontakte zu Sicherheitsbehörden gilt Ulfkotte mit Recht als Experte. Vor allem gehört er zu den wenigen Medienprofis, die das Augenmerk auf die Auswüchse multikultureller Fehlentwicklungen legen. Das hat ihm neben Kritik, Verleumdung und sogar Gewaltandrohung auch eine große Leserschaft beschert: Sein aktuelles Buch SOS Abendland erfuhr seit Erscheinen im September 2008 die vierte Auflage und stand rasch auf den Bestseller-Listen von Focus und Spiegel. Der Verlust ihrer Galionsfigur könnte der Bürgerbewegung in der Tat einen Imageverlust bescheren.
Ulfkottes Distanzierung von »rechtsradikalen Radaubrüdern« in allen Ehren: Was stutzig macht, ist der zeitliche Ablauf des Austritts, der in einem gewissen Widerspruch zu seiner inhaltlichen Begründung steht.
Wie aus informierten Kreisen zu erfahren war, soll Ulfkotte im Oktober – also vier Monate nach dem Auftauchen der geschmacklosen Karikaturen und zwei Monate vor seinem Austritt – seine Vereinskollegen schriftlich aufgefordert haben, interne Streitigkeiten ohne Aufsehen auf einer außerordentlichen Mitgliederversammlung beizulegen. Denn eine Mehrheit im Vorstand hatte den damaligen Pressesprecher des Vereins zum Rücktritt aufgefordert, da dieser nach ihrer Meinung unter anderem ohne Legitimation eine Versammlung zur Gründung eines neuen Landesverbands anberaumt hatte. Ulfkotte habe davor gewarnt, der Verein könne angesichts dieser Personalie in ein Pro- und ein Kontra-Lager zerfallen. Stattdessen sollten beide Seiten die Arbeit im Sinne der Vereinsziele fortsetzen und Schäden in der Außendarstellung abwenden. Außerdem warnte er seine damaligen Mitstreiter, der Noch-Pressesprecher habe ihm (Ulfkotte) gegenüber gedroht, Informationen über die Karikaturen der Presse zuzuspielen, falls er von seinem Posten abgesägt werde.
Ausgerechnet Ulfkotte selbst machte diese Drohung dann unmittelbar nach seinem Austritt wahr. Sein in der Jungen Freiheit am 2. Dezember 2008 erhobener Vorwurf, die Mitgliederversammlung habe »das strafrechtlich relevante Verhalten des Vorstandes gebilligt«, war Anfang Oktober offenbar noch nicht akut: denn damals – so war zu erfahren – lobte der BPE-Präsident in seinem Schreiben an die »lieben Mitstreiter« noch ausdrücklich das schnelle Eingreifen, nachdem die Karikaturen im Internet aufgetaucht waren, wodurch sich größerer Schaden habe abwenden lassen.
Beobachter der Vorgänge rund um die Mitgliederversammlung mutmaßten, der Austritt des Ehrenpräsidenten gehe in erster Linie auf dessen Frustration zurück, keine Mehrheit im Verein hinter sich zu wissen. Viele einfache Mitglieder hätten sich verärgert über manche Alleingänge und Schnellschüsse ihres Aushängeschilds gezeigt.
Ulfkottes Sprunghaftigkeit war bereits früher thematisiert worden (siehe Sezession Nr. 19, August 2007). Götz Kubitschek kritisierte damals, der Journalist agiere »ohne Strategie«, zu spontan und strukturlos. Erwähnt wurde damals das Hin und Her beim Versuch, politisch Fuß zu fassen; sei es mittels (vorschneller) Ankündigung, innerhalb eines halben Jahres eine »konservativ-ökologische« Partei zu gründen, sei es mit der kurzfristig angenommenen (und bald wieder abgelehnten) Übernahme der Spitzenkandidatur für die »Zentrumspartei« in Hamburg, die ihm vom Polit-Hasardeur Dirk Nockemann angetragen worden war.
Ähnlich verliefen manche Operationen für »Pax Europa«: So sagte Ulfkotte 2007 eine geplante Kundgebung zum Ärger einiger Mitorganisatoren kurzfristig wieder ab, angeblich weil eine Unterwanderung durch rechtsextreme Teilnehmer gedroht habe. Dann nahm er Kontakt zum parteilosen Bundestagsabgeordneten Henry Nitzsche auf, desavouierte diesen aber später dadurch, daß er öffentlich gegen den Kölner »Anti-Islamisierungsgipfel« im September 2008 – an welchem Nitzsche teilnahm – Stellung bezog. Seine daraufhin gemeinsam mit Ralph Giordano organisierte Demonstration »gegen rechtspopulistische Fremdenfeindlichkeit und reaktionäre Islamverteidigung« fiel angesichts linksextremer Krawalle nicht weiter ins Gewicht.
Im eingangs erwähnten Welt-Artikel ist zudem die Rede von möglichen juristischen Nachwirkungen der Auseinandersetzung zwischen Verein und Ex-Präsident: »Pikanterweise wird vor dem Frankfurter OLG … ein Prozeß stattfinden, bei dem verhandelt wird, ob Pax Europa volksverhetzend sei. Dort könnte Ulfkotte nun als Zeuge auftreten – gegen die von ihm gegründete Bewegung.« Das klingt dramatischer, als es ist. Denn während die Wortwahl suggeriert, es sei Anklage gegen den Verein erhoben worden, war es tatsächlich umgekehrt. Im Februar 2008 hatte das LG Frankfurt am Main den Betreiber eines Weblogs zu einer Schmerzensgeldzahlung verurteilt, weil er Ulfkotte und »Pax Europa« in menschenverachtender Weise beleidigt hatte. Der Beklagte hatte Berufung eingelegt; und genau um die ging es in dem von der Welt erwähnten Verfahren. Die zum fraglichen Zeitpunkt nicht bestehende, erst aus der Fusion im Mai 2008 hervorgegangene »Bürgerbewegung Pax Europa« stand da nicht zur Debatte.
Und doch soll besagter Prozeß auch mit dem Zerwürfnis zu tun haben: Dem Vernehmen nach gab es unter den Islamisierungsgegnern intern Kritik an der Prozeßwut ihres Ehrenpräsidenten; die juristischen Kriegspfade – wie berechtigt auch immer – verschlangen nämlich eine Menge Geld. Diese Kosten könnten im Erfolgsfalle theoretisch ausgeglichen werden, ja sogar dem Verein nützen, da Ulfkotte, wie im Fall des verurteilten Bloggers angekündigt, das Geld (einen fünfstelligen Betrag) für die islamkritische Aufklärungsarbeit spenden wollte. Davor steht allerdings der Instanzenweg bis zu einem rechtskräftigen Urteil und die Ungewißheit, ob der dann (eventuell) Verurteilte überhaupt zahlen kann.
Letzter Stand der Dinge ist, daß zumindest zwischen den Kontrahenten Ulfkotte und Schwend das Kriegsbeil begraben wurde. Man rede wieder miteinander und bedauere die gegenseitigen Verletzungen. Im Zuge dieser Entspannungsphase hat Udo Ulfkotte offenbar zugesichert, im Anhang seines Bestsellers weiterhin Werbung und Spendenaufruf für »Pax Europa « abdrucken zu lassen.