Das ist zunächst nicht schlecht. Schlimmer wären drei neue „MenschInnen“-Zeitschriften. Was verraten nun die neuen Magazine über das aktuelle Männerbild? Ein Blick hinein offenbart eine große Unsicherheit im Selbstverständnis des Mannes.
„Unser Heft richtet sich an eine moderne und aufgeklärte Männergeneration, die das Leben mit einer natürlichen Form der Selbstverständlichkeit genießt“, behauptet GALAMEN-Chefredakteur Peter Lewandowski. Jedoch wird den Lesern keinerlei selbstverständliche Männlichkeit vermittelt. Vielmehr stehen modebewußte Alleskönner im Mittelpunkt, die ihren Frauen das Windelnwechseln abnehmen, aber beruflich trotzdem höchst erfolgreich sind. Die Titelgeschichte dreht sich um Brad Pitt, der die Inkarnation dieses Typs sein soll.
Die konservative Flanke deckt eine Reportage von Marcus Luft über den ZDF-Moderator Steffen Seibert ab. Der 49-jährige konvertierte Katholik lebt mit seiner Frau und drei Kindern in Wiesbaden. „Werte wie Familie, Geborgenheit, Treue“ seien ihm sehr wichtig, aber er genießt auch gerne mal das Leben und „tanzt bis morgens um fünf“. „Man kann sein Glück ruhig in der kitschigen Privatheit finden – die eigene Lässigkeit muss dadurch aber noch lange nicht verloren gehen“, faßt Luft Seiberts Lebensphilosophie zusammen.
Neben allerhand typischen Klischees findet man in dem Magazin dann noch ein Interview über Penisverlängerungen mit dem Dermatologen Berthold Rzany – selbstverständlich inklusive „Messlatte“, an der jeder Mann überprüfen kann, ob er genug in der Hose hat. Diese Überprüfung der eigenen Männlichkeit sei insbesondere Rechten empfohlen. Denn der französische Skandalautor Michel Houellebecq hat in seinem Roman Elementarteilchen anschaulich gemacht, daß kleine Geschlechtsteile ein häufiger Grund für Rassismus sind. Nachdem der Protagonist Bruno erschreckt feststellt, wie klein sein Glied ist, verfaßt er ein rassistisches Manifest gegen die „Neger“. Wehret also den Anfängen! Prüfen Sie deshalb mal selbstkritisch, ob Ihr abstruses Weltbild nicht das Resultat körperlicher Mängel ist. GALAMEN hilft Ihnen auf jeden Fall.
Wesentlich aufschlußreicher als GALAMEN und das Männer-Kochmagazin BEEF! ist jedoch Business Punk. Dieses mit einer Auflage von 100.000 gestartete Magazin mit dem Motto „Work hard. Play hard.“ ist vorrangig an Männer zwischen 25 und 39 adressiert, die anders sein und trotzdem jede Menge Kohle verdienen wollen. Business Punks würden sich mit Erfolg gegen Traditionen auflehnen, durch Extravaganz und Unkonventionalität Aufmerksamkeit auf sich ziehen und diese dann in Geld umwandeln, erklärt man uns in mehreren Artikeln. Richard Branson, der Gründer des Virgin-Imperiums, sei der Prototyp dieser Spezies. Das „Entfant terrible der britischen Wirtschaft“, dem unter anderem Fluglinien, Raumschiffe und TV-Anbieter gehören, habe „mit so viel unverschämter Lust Erfolg“, daß dies jeder aufstrebende junge Mann nachahmen müsse.
Diese Strategie wird in dem Heft fast durchweg als himmlisch einfach angepriesen. Nur an einer Stelle darf Media Markt-Gründer Walter Gunz aus der Reihe tanzen und mit „Gärtner-Konservatismus“ die heile Welt der Business Punks eintrüben: „Jeder Querdenker muss sein Handwerk kennen, immer wieder an sich arbeiten. Es ist wie mit einem Garten, der nur schön ist, wenn man ihn ständig pflegt.“
Während die Mehrzahl der Texte in Business Punk Geld, Sex und Aufmerksamkeit als wichtigste Werte abfeiern, gelingt es Tomo Mirko Pavlovic mit einem Portrait über US-Präsident Barack Obama an den Kern der problematischen Züge des heutigen Männerbildes vorzudringen. „Barack Obamas Männlichkeit und Reife wirken befreit von allen testosterongesteuerten Egoattacken, federnd leicht und unangreifbar schwebt er von Termin zu Konferenz, in sich ruhend, fast unmenschlich beherrscht“, stellt Pavlovic zunächst fest. Außerdem wirke der erste schwarze US-Präsident selbstkritisch, lernfähig, intellektuell, „lasziv wie distanziert, stets lässig und streng zugleich“.
Obamas Popularität führt Pavlovic auf dessen „Dissimulation“ zurück. Diesen Begriff verwendet er in Anlehnung an den Philosophen Jean Baudrillard, der darunter das ständige Leugnen und Verstecken eigentlich vorhandener Qualitäten verstand. Die meisten Politiker und Unternehmer würden männliche Macht und Dauerpotenz simulieren. Obama hingegen verberge seine Mächtigkeit hinter einer unschuldigen Maske, die ihn verhältnismäßig schmächtig erscheinen läßt. Folgt man der Argumentation von Pavlovic, dann ist die Zurücknahme von Männlichkeit das Erfolgsrezept für das hervorragende Image des Friedensnobelpreisträgers 2009.
Das Problematische am heutigen Männerbild ist damit enttarnt: Gesellschaft und Öffentlichkeit wünschen sich heute Dissimulanten, die ihre wahren Qualitäten und Stärken verstecken. Männer sind gefragt, die alles können, aber dies ja nicht zu sehr betonen. „Obama deutet seine heimlich gezüchteten Muskeln nur an“, beschreibt Pavlovic die Maskerade des US-Präsidenten.
Normale Männer sollten sich daran kein Beispiel nehmen. Nur indem man(n) so ist, wie man eben ist, strahlt man echte Authentizität aus und verkörpert etwas Unverwechselbares.