Es beinhaltet zugleich Ruhe und Bewegung, Ausgreifen und Rückbindung in sich. Alles dreht sich um den unveränderbaren Ausgangspunkt, ist mit dem Ursprung verbunden. Aus diesem aber wächst dynamisch das sich in Rotationsbewegung drehende Kreuz.
Kurz nach dem damaligen Museumsbesuch las ich die beiden aktuellen Untersuchungen zur Geschichte des Hakenkreuzes, die 2006 von gleich zwei renommierten deutschen Publizisten zeitgleich veröffentlicht worden waren. Lorenz Jäger und Karlheinz Weißmann gingen darin auf die Ursprünge des Swastika-Symbols in frühgeschichtlichen Hochkulturen und der Antike ein, auf sein Vorkommen bei unterschiedlichsten Völkern auf verschiedenen Kontinenten, auf seine westliche Wiederentdeckung im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert.
Das Hakenkreuz wurde ja noch vor hundert Jahren in ganz unterschiedlichen Zusammenhängen verwendet – auf britischen Briefmarken, auf amerikanischen Glückwunschkarten, als Spendenabzeichen, als Symbol einer kanadischen Eishockeymannschaft, auf Bieretiketten und in zahlreichen kleinen spirituellen und altvölkischen Zirkeln der Jahrhundertwende.
Der Swastika wohnte damals noch eine Unschuld inne. Diese hat sie seit ihrem Gebrauch durch den aufkommenden Nationalsozialismus ab 1920 verloren. Und seit dessen Ende ist das öffentliches Zeigen des Symbols in der Bundesrepublik verboten. 2000 etwa mußten zahlreiche Lärchen-Bäume in der Uckermark sterben, weil ihre Anordnung aus der Luft die Form eines Hakenkreuzes bildete. 2008 wurde durch Luftaufnahmen entdeckt, dass ein Altenheim im US-Bundesstaat Wisconsin Swastika-Form hatte, was zur Beschwerde eines jüdischen Bürgerrechtlers führte. Umgehend wurde die Unabsichtlichkeit dieses Lufteindrucks beteuert und ein baldiger Umbau versprochen. Und auch der Kleiderdiscounter KIK musste sich unlängst nach Verwendung hakenkreuzförmiger Kleiderständer „massive Nazi-Vorwürfe“ (was auch sonst?) gefallen lassen. Zwar dürften die Kleiderständer natürlich einfach nur aus praktischen Gesichtspunkten so gewählt worden sein, was jeder Normaldenkende erahnt, doch so etwas interessiert symbolpolitisch fixierte Sittenwächter selten.
Hierzulande jedenfalls darf seit der Inflationierung von „Antifa“-Gedankengut in den 1980er Jahren die Swastika allenfalls als Symbol dubioser Aggressionsabfuhr herhalten. Strichmännchen dürfen es zertreten oder in den Müll schmeißen oder durchstreichen oder was auch immer. Das alles gibt es als Aufkleber oder Aufnäher oder Button zu kaufen und verschafft damit scheinbar irgendwelchen Zeitgenossen seelische Befriedigung.
Umso erstaunlicher und irgendwie befreiender ist es, dass es angesichts dieser langweilig-eingefahrenen Situation immer wieder Menschen gibt, die an die friedfertige, die spirituelle Bedeutung dieses alten Glückssymbols, seine Herkunft auch aus dem hinduistisch-buddhistischen Kontext, erinnern. Friedensreich Hundertwasser etwa hat das Symbol in seinem um die Kirche St. Barbara in Bärnbach (Steiermark) gelegenen Park religiöser Zeichen ganz selbstverständlich verwendet.
Der wohl eindeutigste Fürsprecher jener sanften Interpretation des Hakenkreuzes in der westlichen Welt dürfte der 1939 geborene kanadische Künstler Manwoman sein. Gerne präsentiert er seine zahlreichen Tatoos, erläutert deren ethnokulturellen und spirituellen Hintergründe. Aber auch hierzulande gibt es Fundstücke. Dieser Tage erreichte mich die Meldung, dass ein „Swastika-Freakshop“ vom Bodensee im Februar gedenkt, seine Pforten zu schließen. Der Tatoo- und Artwork-Laden erläutert auf seiner Webseite einiges zur Geschichte des Symbols und bekennt sich positiv zu diesem:
„fight against racism – the hate of stupid idiots. But not against a sign – because it´s innocent. Little swastika…“