… Auftrieb erhalten infolge eines mittlerweile „Climategate“ genannten Hackerangriffs auf die einflußeiche Klimaabteilung der Universität East Anglia im britischen Norwich . Er förderte dort über einen russischen Server (!) unseriöse Arbeitsmethoden zutage – zeitlich punktgenau vor der Klimakonferenz in Kopenhagen.
Anläßlich der Klimakonferenz konnten sich auch „Konservative“ nicht zurückhalten, ihre Stellungnahmen abzugeben. Stellungnahmen mit der Tendenz, der ganzen Klimathematik jede Dringlichkeit abzusprechen und statt dessen ausführlich wissenschaftlichen Außenseitermeinungen das Wort zu erteilen, nach denen allein die ferne Sonne für die klimatischen Veränderungen auf der Erde verantwortlich sei.
Die „Deutschen Konservativen“ etwa titelten soeben in ihrer Anzeige zu einer neuen Broschüre: „Endlich Kontra gegen Öko-Spinner“ und versprachen darin „die Wahrheit über alle Öko-Lügen“ zu verkünden. Im Newsletter einer „Zivilen Koalition“ wurde getitelt: „Menschlicher Einfluß aufs Klima erheblich überschätzt.“ Die „Junge Freiheit“ titelte auf der Startseite der Ausgabe vom 4. Dezember 2009 „Der große Klima-Bluff“ und darunter „Wie Wissenschaftler Ängste schüren und Bürger verunsichern“. Ganz so, als wäre die Verunsicherung der Bürger etwas Negatives, und als ob man dies bei anderen Themen nicht selber gerne praktiziere.
Nun ist der Streit zwischen den Verfechtern einer CO2-Urheberschaft und jenen der Sonneneinstrahlung ein wissenschaftlicher und nur im akademischen Diskurs letztlich zu verifizieren. Auch „konservative“ Publizisten können nicht ernsthaft für sich in Anspruch nehmen, diese oder jene Urheberschaft durch eigene Forschungen nachweisen zu können. Den weltpolitischen Wirtschaftskampf dahinter durchschauen sie ohnehin nicht. Bei solchen publizistischen Gefechten interessieren deshalb auch viel mehr die psychischen und politisch-ökonomischen Motive hinter den Argumenten.
Zum einen mag natürlich die lange Polit-Abstinenz des rechtsgerichteten politischen Spektrums in der Bundesrepublik eine Rolle spielen. Gewohnt, immer ausgegrenzt und in der Minderheitenposition zu sein, hat man sich in seine Rolle gefügt und wendet sich aus Prinzip „trotzig“ gegen jeden offiziell verkündeten „Mainstream-Trend“. Zum anderen spielt ein Ressentiment gegen Ökologie, die man fälschlich nur noch mit den „Grünen“ identifiziert, eine starke Rolle. Ein infantiles Spiel.
Hinzu kommt das Verschwörungsszenario. Über einem Aufsatz des ehemaligen Wirtschaftsredakteurs Klaus Peter Krause in der „Jungen Freiheit“ vom 4. Dezember 2009 mit der Überschrift: „Kopenhagen darf kein Erfolg werden“ (Warum eigentlich nicht?, fragt man sich) macht dieser katastrophengierige Medien, steuergeldgeile „ökobewegte Umweltschützer“, geldgierige Klimaforscher und prämienfixierte Versicherungsunternehmen negativ verantwortlich. Auch Windrad- und Photovoltaik-Hersteller wollten sich Beschäftigung sichern, empört er sich, als ob das bei der „traditionell“ arbeitenden Energiewirtschaft anders wäre.
Ein riesiges Verschwörungsszenario also? Nur, gegen wen eigentlich? Gegen die Petrochemie? Gegen die mächtigen Öl‑, Kohle- und Gaslieferanten? Und welche ökonomischen Interessen bedienen eigentlich die sogenannten „Klimaskeptiker“? Hierzu hat Lorenz Jäger in der FAZ vom 11. Dezember 2009 interessante Einblicke gewährt.
Ein Hauptwiderspruch in ihrer Argumentation ist den „konservativen“ Klimaskeptikern zudem gar nicht bewußt. Einerseits sorgen sie sich mittlerweile um jedes neu gebaute Minarett in Europa, andererseits huldigen sie einer Verbrennungskultur, die riesige Gelder gerade an jene islamischen Öllieferanten transferiert, die hierzulande damit den Moscheebau fördern.
„Jedes noch so kleine Kartoffelchen hat mit dir zu tun. Jede einzelne Teetasse betrifft dich selbst“, äußerte schon der Zen-Meister Kodo Sawaki. Daß alles Tun auf Erden auch eine Reaktion nach sich zieht, gehört zu den Grundlagen jeder Erkenntnis. Der absurde Gedanke etwa, daß man seit Jahrmillionen fest unter der Erde liegende Stoffe an die Erdoberfläche transportiert, um diese dann Jahrzehnte lang zu verbrennen und in die Luft zu blasen, ohne daß dieses Tun irgendeine Folge für unseren Lebensraum haben könnte, kann heute wohl nur noch einem „Konservativen“ kommen.
Doch selbst gesetzt den (für den gemeinen Publizisten nicht verifizierbaren) Fall, es könnte wirklich so sein: Was soll uns also die These von der Alleinschuld der Sonne für eine Botschaft übermitteln? Die Botschaft, der Mensch kann ohnehin nichts machen? Die Botschaft, statt sich Gedanken zu einer ökologischen Energiewirtschaft zu machen, solle man lieber mit den Händen in der Cordhose herumstehen oder sich beruhigt einen 16-Liter-Van zulegen? Die Botschaft, ein weiteres Autobahnteilstück oder Gewerbegebiet oder Kohlekraftwerk zu realisieren? Die Botschaft, „Wachstum“ ist folgenlos? Oder „Alles weiter so“? Ist das die Botschaft neuen „Konservatismus“ – alles soll und kann so weiterlaufen wie bisher in der alten BRD?
Das erinnert ein wenig an die alten „Republikaner“, die – wenn man´s ehrlich nimmt – eigentlich nur alles so lassen wollten, wie es war. Nur etwas weniger Kopftuch-Ausländer sollten durch die Fußgängerzone laufen. Das aber war programmatisch zu wenig, und das haben dann auch die Bürger irgendwann gemerkt. Und auch der heutige „Konservative“ wird erst wieder aufheulen, wenn infolge von Klimaveränderungen irgendwelche Afrikaner aus der verdorrten Sahel-Zone bei ihm an die Haustür klopfen. Und auch dann wird er natürlich bestreiten, daß dies irgendetwas mit seiner eigenen Lebensweise zu tun hat.
Eigentlich sollten Konservative an der gegenwärtigen Diskussion über das Weltklima brennend interessiert sein, wird dabei doch an urkonservative Werte appelliert: an Bescheidenheit und Verzicht, an ein bewußteres Leben, an den pfleglichen Umgang mit der Heimat und Umwelt, an das Sparen von Ressourcen, an eine autarkere Energiepolitik, die uns national unabhängig von ausländischen Lieferungen macht, an die Zukunftssicherung des Energiebedarfs für unsere Enkel.
Deswegen ist nicht überall, wo „konservativ“ draufsteht, auch konservativ drin. Leute, die wie beschrieben argumentieren, sind keine echten Konservativen. Sie betreiben Etikettenschwindel. Sie sind nur noch eine weitere Spielart des Modernismus, die Spielart mit dem Lodenmantel und der Hochwasserhose eben.
Leser
Absolute Zustimmung!