In Kommunen kann man hierzulande genügend vernünftige Politiker treffen, die sich ehrenamtlich für ihre Heimat einsetzen.
Sie haben das Herz auf dem rechten Fleck und fallen überregional gewöhnlich nicht auf, es sei denn, es geschieht etwas Außergewöhnliches. Hans Püschel ist jetzt der Kragen geplatzt.
Anfang November besuchte Püschel den NPD-Bundesparteitag in Hohenmölsen. Aus Interesse, was für Leute denn da so zusammenkommen. In einem von der Mitteldeutschen Zeitung verworfenen Leserbrief schrieb er dann:
Ich war fast etwas enttäuscht: Beinahe wie auf einem SPD-Parteitag! Keine Springerstiefel, keine Schlägertypen. Und in den folgenden rund eineinhalb Stunden hab ich in den (allerdings manchmal zu lauten) Redebeiträgen kaum einen Satz gefunden, den ich nicht selbst hätte unterschreiben können! Diese Leute suchen offensichtlich auch nur nach Wegen, um Deutschland aus seiner kranken Situation heraus zu führen.
Püschel veröffentlichte diesen Brief auf eigene Faust in SPD-Foren im Internet. Rechtsaußen löste er damit Jubel aus. Die eigene Partei hingegen distanzierte sich von ihm. Normalerweise wäre nun eine mediale Kampagne gegen den SPD-Bürgermeister zu erwarten, die es schafft, den Abtrünnigen zur Ordnung zu rufen. Bei Püschel funktioniert diese Strategie bisher nicht und so hat er dieser Tage seine Kritik noch einmal gehörig verschärft.
Gegenüber BlaueNarzisse.de wagte er es sogar, waghalsige historische Analogien zu ziehen: „Die Diskriminierung der NPD-Sympathisanten erinnert an Zeiten der deutschen Geschichte, als Andersdenkende an die Wand gestellt wurden.“ Er selbst sei „nicht im geringsten nationalsozialistisch orientiert“, betonte Püschel in diesem Gespräch. Zu seinem Nationalstolz steht er jedoch und macht sich angesichts der demographischen Lage Sorgen um den Fortbestand Deutschlands.
Vor Sarrazin hätten diese Äußerungen Medienberichte hervorgerufen, in denen von einem geisteskranken SPD-Politiker die Rede gewesen wäre. Doch die Kontroverse um den ehemaligen Bundesbanker hat anscheinend Spuren hinterlassen. Spiegel Online zeichnet nun zumindest ein relativ faires Bild von Püschel. Dieser sei
ein umtriebiger Bürgermeister. Er streitet regelmäßig mit der Landesregierung, wenn es gegen die Interessen seiner Gemeinde geht. Wenn ein Jubiläum im Ort begangen wird, trägt er gerne Selbstgedichtetes vor. Und Püschel scheint sich seit Jahren um „unser Volk“ zu sorgen. Mal schrieb er einen Leserbrief, in dem er das Singen der Nationalhymne bei einer Abiturfeier forderte. In einem anderen beklagte Püschel die Verhunzung der deutschen Sprache.
Hans Püschel verliert demnächst sein Amt, weil seine Gemeinde durch eine Gebietsreform einer größeren Kommune angeschlossen wird. Der scheidende Bürgermeister will dies nutzen, um endlich Klartext zu sprechen. Endlich müsse er niemandem mehr hinten reinkriechen.
Eins bleibt also auch nach Sarrazin: Macht, Ämter und Pöstchen vertragen sich nicht mit klaren Worten.