Die Welt der Konvertiten

pdf der Druckfassung aus  Sezession 40 / Februar 2011

von Undine Rathenow

Wer als mündiger Bürger die Absicht hat, zum Christentum überzutreten, wird – zusätzlich zu bürokratischen Notwendigkeiten –...

im Fall der evan­ge­li­schen Kir­che min­des­tens ein Tauf­ge­spräch füh­ren. Bei der katho­li­schen wie der ortho­do­xen Kir­che ist eine län­ge­re Zeit des Katechu­me­nats vor­ge­se­hen: Die Auf­nah­me des Kon­ver­ti­ten oder Täuf­lings erfolgt durch sakra­men­ta­le Hand­lung vor der Gemein­de. Das Juden­tum, grund­sätz­lich kei­ne Mis­si­on vor­se­hend, macht es Kon­ver­si­ons­wil­li­gen schwe­rer. War­te­zei­ten und Prü­fun­gen über Jah­re sind kei­ne Sel­ten­heit, man­cher wird trotz ein­dring­lich bekun­de­ter Ver­bun­den­heit mit dem Volk Isra­els und der mosai­schen Reli­gi­on vom Rab­bi abgewiesen.

Die Kon­ver­si­on zum Islam hin­ge­gen ist in jeder Hin­sicht ein­fach. Wer Unter­stüt­zung benö­tigt, fin­det sie auf der grel­len, im Stil einer Media-Markt-Wer­bung deko­rier­ten Sei­te des deutsch-isla­mi­schen Fun­da­men­ta­lis­ten Pierre Vogel, www.pierrevogel.co: »Sie brau­chen bloß fol­gen­de Wor­te mit der Absicht aus­spre­chen, den Islam anneh­men zu wol­len: Asch­ha­du en lah illa­ha il-Allah Wa Asch­ha­du anna Muham­ma­dan Rasu­lu Allah.« Heißt: «Ich bezeu­ge, daß kein Gott da ist außer Allah! Und ich bezeu­ge, daß Muham­mad sein Pro­phet ist.« Per Han­dy ist Pierre oder jemand aus sei­nem »Team« lau­fend erreich­bar. Dem Kon­ver­si­ons­wil­li­gen kann dann bei der Aus­spra­che der ara­bi­schen Wor­te gehol­fen wer­den. Der Über­tritt wird auf einem sei­ten­in­ter­nen Video­ka­nal doku­men­tiert (25.1.2011): »Maria nimmt den Islam an!« wur­de bin­nen zwei­er Tage rund 3000 Mal angeklickt.

Das Bei­spiel des ehe­ma­li­gen Meis­ter­bo­xers Vogel, der vor 10 Jah­ren neben dem Islam auch den Slang der Kanakspraak ange­nom­men hat und Kon­tak­te zur ter­ro­ris­ti­scher Umtrie­be ver­däch­tig­ten »Sau­er­land­grup­pe« hat­te, läßt vie­le Außen­ste­hen­de glau­ben, daß bei deut­schen Islam­kon­ver­ti­ten die Sehn­sucht nach einer männ­lich-stren­gen, kämp­fe­ri­schen Welt­an­schau­ung und einer »geleb­ten Ord­nung« im Vor­der­grund stehe.

Der cha­ris­ma­ti­sche 32jährige Markt­platz-Mis­sio­nar Vogel und vie­le isla­mi­sche Netz­sei­ten wer­ben dage­gen mit dem Argu­ment der Mas­se: Kom­men auch Sie zur am schnells­ten wach­sen­den Reli­gi­on der Welt! Die »Alter­na­vi­te Nachrichten«-Seite (Recht­schrei­bung wie bei Vogel im Ori­gi­nal) www.souleye.de.tl. ver­kün­det: »Schon sehr vie­le Men­schen haben erkannt, daß der Islam die Wahr­heit ist. Jedes Jahr Kon­ver­tie­ren 40 000 Deut­sche zum Islam, Ten­denz stei­gend.« Belast­ba­re Sta­tis­ti­ken zu Über­trit­ten zum Islam gibt es aber nicht, seriö­se Schät­zun­gen (etwa des 1927 gegrün­de­ten Zen­tral­in­sti­tut Islam-Archiv in Soest) gehen aller­dings davon aus, daß die Zahl der Kon­ver­sio­nen inner­halb Deutsch­lands seit eini­gen Jah­ren ansteigt. Bis etwa 2004 sei­en es jähr­lich weni­ger als 1000 gewe­sen, heu­te über 10 000. Nach einer Befra­gung von 2005 hat­ten rund eine Mil­li­on Mus­li­me den deut­schem Paß, nur 15 000 waren deutsch­stäm­mig. Der häu­figs­te Grund für eine Kon­ver­si­on ist die Hei­rat mit einem Mos­lem oder einer Muslima.

Ob Über­trit­te zum Islam aus dem Chris­ten­tum oder einer zuvor bestehen­den reli­giö­sen Indif­fe­renz her­aus statt­fin­den, läßt sich schwer fest­stel­len. Für die Kon­ver­ti­tin Kris­tia­ne Back­er, die ab 1989 zum »deut­schen Gesicht« des Musik­sen­ders MTV avan­cier­te, spä­ter Bra­vo TV mode­rier­te und 1995 zum Islam über­trat – mitt­ler­wei­le ist sie von ihrem marok­ka­ni­schen Ehe­mann geschie­den – spricht der Islam deut­lich »die Spra­che des Chris­ten­tums«, ergän­ze sie aber (Der Islam als Weg des Her­zens: War­um ich Mus­li­ma bin, Mün­chen: Ull­stein 2010. 432 S., 9.95 €). Back­er, die ihr »Kopf­tuch nur vor dem Her­zen« trägt, sagt, Klar­heit und Logik des Islam sowie die Ästhe­tik der isla­mi­schen Kul­tur hät­ten sie über­zeugt. Sie betont frei­heit­li­che Aspek­te des Koran mit ent­waff­nen­der Nai­vi­tät: Der Islam habe als ein­zi­ge Reli­gi­on für die Abschaf­fung der Skla­ve­rei plä­diert und den Frau­en bereits im 7. Jahr­hun­dert die Gleich­be­rech­ti­gung gebracht, anders als im Chris­ten­tum wer­de Sexua­li­tät zwi­schen Gat­ten auch ohne Zeu­gungs­ab­sich­ten als segens­reich ange­se­hen. Wie alle Kon­ver­ti­ten beharrt Back­er dar­auf, daß Unter­drü­ckung und Ter­ro­ris­mus kein Ele­ment des isla­mi­schen Glau­bens sei­en, son­dern auf kul­tu­rel­len Bedingt­hei­ten gründeten.

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