Kinderfreundliches Sachsen-Anhalt

Unser Ministerpräsident, Dr. Reiner Haseloff, hat vor ein paar Tagen eine musikalisch flott untermalte  Videobotschaft ins Netz gestellt.

Ellen Kositza

Ellen Kositza ist Literatur-Redakteurin und Mutter von sieben Kindern.

Auf rasen­des Inter­es­se ist sie bis­lang nicht gesto­ßen, obwohl das MDR-Radio­pro­gramm in sei­nen Nach­rich­ten einen Tag lang wie­der und wie­der dar­auf hin­wies. Seit­dem haben 409 Inter­es­sier­te das Video auf you­tube ange­schaut. Kom­men­tiert hat es dort kei­ner, wie­so auch?

Die Kern­aus­sa­ge: Hasel­offs größ­tes Vor­ha­ben für die nächs­te Zeit sei es, Sach­sen-Anhalt zum kin­der- und fami­li­en­freund­lichs­ten Land zu machen – per Aus­bau der Krip­pen- und Kin­der­gar­ten­plät­ze, wie sonst! Dabei ist unser Land auf die­sem Feld schon ein­sa­me Spit­ze, nir­gend­wo sonst besu­chen mehr Kin­der (sowohl sol­che ab sechs Mona­ten als auch klas­si­sche Kin­der­gar­ten­kin­der) „Ein­rich­tun­gen“.

Abge­se­hen von den weni­gen Groß­städ­ten im Land gibt es kaum War­te­lis­ten. Wo will Hasel­off wohl aus­wei­ten? Bis­lang dür­fen nur berufs­tä­ti­ge Eltern und sol­che in Aus- und Wei­ter­bil­dung den Ganzs­tags­platz (ab 10 Stun­den Betreuung/Tag) in Anspruch neh­men, der erwerbs­lo­se Rest darf das Kind nur fünf Stun­den abge­ben. Hier dürf­te nach­ge­bes­sert wer­den, denk­bar wären frei­lich auch Plät­ze in den Abend-oder Nacht­stun­den oder vor 6 Uhr, das Lan­des­mot­to heißt bekannt­lich „Wir ste­hen frü­her auf“.

Zeit­gleich mit Hasel­offs Bot­schaft („ein Signal für das Kind!“) erreich­te mich ein Brief von Nor­bert Bisch­off, sei­nes Zei­chens sach­sen-anhal­ti­scher Minis­ter (SPD) für Arbeit und Sozia­les. Er hat mir die Ver­län­ge­rungs­mar­ke für mei­nen Fami­li­en­Pass bei­gelegt, den ich seit fünf Jah­ren artig im Geld­beu­tel mit mir füh­re und noch nie ein­ge­setzt habe. Er soll für „Ver­güns­ti­gun­gen im täg­li­chen Leben und bei gemein­sa­men Akti­vi­tä­ten der Fami­lie“ sor­gen. Daß bereits „fast 12.000 Exem­pla­re“ des Fami­li­en­Pas­ses aus­ge­ge­ben wur­den (wenn ich rich­tig rech­ne, sind also 0,5 % der Ein­woh­ner­schaft „im Boot“), zeigt Herr Bisch­off, daß „Fami­li­en­freund­lich­keit punktet“.

Das Kärt­chen soll zudem die „Poli­tik zum Hier­blei­ben und Her­kom­men“ unter­stüt­zen. Herr Bisch­off schreibt mir, daß Fami­li­en­freund­lich­keit ja nicht „von oben ver­ord­net“ wer­den kön­ne, son­dern „vor Ort gelebt“ wer­den müs­se. Das soll der Fami­li­en­Pass bewerk­stel­li­gen. So.

Was nun leis­tet er tat­säch­lich? Ein, zwei bei­trags­freie Jah­re im Kin­der­gar­ten wie in ande­ren Län­dern? Kos­ten­lo­ser Ein­tritt in Muse­en wie in Sach­sen? Ab dem 3. Kind kein zusätz­li­cher Ein­tritt in städtisch/kommunalen Institutionen?

Nein. Mit den ver­güns­tig­ten „gemein­sa­men Akti­vi­tä­ten der Fami­lie“ ist etwas ande­res gemeint, vor­nehm­lich Shop­ping­tou­ren. Mein Fami­li­en­paß ermög­licht mir (wahl­los, doch eini­ger­ma­ßen reprä­sen­ta­tiv aus einem brei­ten Ange­bot herausgegriffen):

3% Ermä­ßi­gung bei Bestel­lung in einem Links­hand­ar­ti­kel-Ver­sand, 1% bei einer „Hei­zung und Sani­tär GmbH“, 10% Nach­laß bei Inan­spruch­nah­me einer Baby­tra­ge­be­ra­tung in der Tra­ge­be­ra­tung Mag­de­burg; die Fran­cke­schen Stif­tun­gen wol­len bei Vor­la­ge des Pas­ses gar ein Aus­mal- und Quiz­heft her­schen­ken, das Baby­land Leiß­ling gewährt 3% , aber nur ab 50 Euro Ein­kauf; ein Hun­de­sa­lon ermä­ßigt das Kom­plett­pa­ket (und nur dies) um 10%; das Muse­um Bri­kett­fa­brik Zeitz gewährt exakt 1 Euro Nach­laß, eben­so das Strand­bad in Höhen­möl­sen, aber nur, wenn man die gro­ße Fami­li­en­kar­te nimmt; diver­se Hotels las­sen Kin­der sogar kos­ten­frei im Dop­pel­bett der Eltern (Anmer­kung: Baby­bett wird nicht auf­ge­stellt!) mit­schla­fen, und eine logo­pä­di­sche Pra­xis in Mag­de­burg ver­schenkt „nach Behand­lung“ tat­säch­lich eine „selbst besungene/bespielte CD“.

Ja, das ist eine wirk­lich coo­le Poli­tik des Hier­blei­bens und Her­kom­mens. Fami­li­en, kommt nach Sach­sen-Anhalt! Wun­der­hübsch, wie hier Wirt­schaft und Poli­tik als star­ke Part­ner in die Vol­len grei­fen. Rund 2,9 Mil­lio­nen Ein­woh­ner hat­te Sach­sen-Anhalt 1990, heu­te sind es knapp 2,3 Mil­lio­nen, Ten­denz: ekla­tant schwin­dend. Wir hier dür­fen uns zum mage­ren „Plus“ zäh­len, lei­der nicht „des­halb“, son­dern „trotz­dem“.

Ellen Kositza

Ellen Kositza ist Literatur-Redakteurin und Mutter von sieben Kindern.

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