der Bundeswehr und des soldatischen Dienens seit einiger Zeit bedeutend mitbestimmt. Es ging um deutsche Soldaten, die traumatisiert aus ihren Einsätzen zurückkehren und medizinischer Behandlung sowie finanzieller Unterstützung bedürften.
Stellvertretend für die direkt Betroffenen war der als Buchautor nicht unbekannte Robert Sedlatzek-Müller anwesend. Daneben: der Bundesverteidigungsminister nebst Gattin, ein Oberstleutnant der Reserve, ein Weltkriegsveteran und für die Linke Luc Jochimsen. Besonders kontrovers verlief die Diskussion erwartungsgemäß nicht. In den Minuten, in denen tatsächlich über das Thema gesprochen wurde, waren sich schnell alle einig: Das Schicksal der Traumatisierten ist bedauernswert, die Versorgung hat sich schon verbessert, muß aber noch weiter verbessert werden.
Außerdem solle, so der Tenor, dem sich nur Luc Jochimsen entzog, „die Gesellschaft“ die Leistung der Soldaten besser würdigen und ihr mehr Anerkennung zollen. Diese Forderung ist so berechtigt wie wirkungslos; darüber hinaus birgt sie aber unter Umständen auch das Potential, Bild und Selbstbild der Streitkräfte mit einem weiteren, nachhaltig zersetzenden Element anzureichern.
Die gönnerhaft vor die Kameras geworfene Bemerkung Jochimsens, sie empfinde ja durchaus „Mitleid“ mit dem an Leib und Seele versehrten Veteranen der Fallschirmjägertruppe, kann als exemplarisch für die Art von Anerkennung gelten, die den Soldaten zum Opfer (am besten noch seiner selbst) degradiert und die daher als völlig deplatziert zurückgewiesen werden muß. Es handelt sich bei dieser Art von „Anerkennung“ um das durchaus gut gemeinte Angebot einer wirklichen Zivil-Gesellschaft, die mit der Idee des Soldatentums vollkommen überfordert ist – ethisch wie intellektuell. Denn egal, welche große oder kleine Legitimationserzählung man seinem waffenbewehrten Einsatz schlußendlich auch zugrunde legt, liegt der Sinn des Soldaten immer in zwei Leistungen begründet, die er allen anderen abnehmen soll: Töten und Sterben.
Wo das nicht Auftrag des Soldaten ist, bleibt es sein Potential. Es sind eben diese zwei existentiellen und exklusiven letzten Konsequenzen, die die Gestalt des Soldaten der Zivil-Gesellschaft weiter entfremden als den Polizisten, den Rettungssanitäter oder den Feuerwehrmann; der Soldat ist sehr weit weg von Luc Jochimsen.
Nun ist es nicht nur so, daß es genau diese Wesensferne von Soldat und Zivil-Gesellschaft ist, die vielen jungen Männern den Soldatenberuf überhaupt erst attraktiv erscheinen läßt, sondern es ist auch so, daß, wer die Notwendigkeit dieser Distanz nicht sehen kann, auch für Robert Sedlatzek-Müller nur die Anerkennung aussprechen kann, die eine ideell nahezu vollständig desintegrierte Zivil-Gesellschaft eben im Arsenal hat. Indem man dem Veteranenstand mitleidig begegnet, gönnt man ihm hier und da einen Aufenthalt in dem Raum, in dem auch die anderen Spielkarten des Parteipokers aufbewahrt werden: Im Raum der bemitleidenswerten Minderheiten. Nur als solche, nämlich nur als Opfer, darf der deutsche Soldat öffentliche Anerkennung verlangen.
Durch diese Perversion der soldatischen Idee und des Dienstgedankens stellt man den Veteranen neben den Behinderten, „unterdrückten“ Schwulen, migrantisch oder sonstig Diskriminierten ab und bemitleidet ihn in einer sentimentalen Stunde, im Wahlkampf oder bei Jauchs Primetimeshow, um im Publikum die interesseabhängigen Sympathieknöpfchen zu drücken. Das ist die entwürdigende Adelung, mit der die Mediengesellschaft teure Aufmerksamkeit zur Verfügung stellt.
Es kann nicht im Interesse der versehrten oder nicht versehrten Veteranen sein, in diesem Mitleidsmalstrom mitzutanzen. Die Anerkennung, die die deutschen Soldaten im und nach dem Einsatz verdienen, gilt nicht ihrem Leid, sondern ihrer Leistung. Dankbarkeit verdient ein Soldat wie Robert Sedlatzek-Müller nicht, weil er verwundet worden ist, sondern für die Opferbereitschaft, die sein Opfer beweist. Wer versehrt ist, braucht kein Mitleid, sondern Hilfe und Fürsorge.
Daß dafür wiederum der vermutlich eher unangenehme Umweg über die Öffentlichkeit tatsächlich nötig ist, muß eher als Akt der Notwehr gegen eine teils blinde, teils hilflose Armeeführung angesehen werden, die negative Presse mehr fürchtet als jeden Feind. Mit der neuerdings vielfach geforderten Anerkennung des soldatischen Dienstes hat das wenig zu tun. Dazu bedürfte es der ehrlich empfundenen Achtung vor der außergewöhnlichen Leistung derer, die – vereidigt auf das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes – auftragsgemäß töten und sterben müssen, der Achtung vor dem Dienst des Kämpfers. Mitleid ist das Gegenteil davon.
Ein Fremder aus Elea
Das Mitleid der Parteiführung braucht aber auch der Schwule und sogar der Behinderte nicht.
Wer läßt sich schon gerne instrumentalisieren?
Wen entwürdigt es nicht?