finden oder in geologischer Ruhe verharren – wissend, daß das alles als Sediment nur ein paar Milimeter zu Stein verpreßter Schleim sein wird, eines sehr fernen Tages? Ich weiß es nicht.
1. Auf der Fahrt nach Merseburg im Deutschlandradio Kultur in einem Beitrag über die Schaolin-Mönche so etwas wie der Mount Everest des Euphemismus: Die Mönche hätten während der Kulturrevolution in China eine schwere Zeit gehabt, weil die Studenten dort “alles auf den Kopf stellten”.
2. Nur ein paar Minuten später auf demselben Sender eines der dümmlichsten Gender-Lieder, das ich je hören mußte: Der Verantwortliche für dieses lyrische Grauen heißt “Trommelfloh” und spielt auf allerlei öffentlich gesponserten Kinderbespaßungen. Es ging um “Glitzerpiraten” und “Fußballprinzessinnen” und darum, daß jede® sexuell so sein soll, wie er sich fühlt. Im Netz habe ich das Lied zum Glück auf die Schnelle nicht gefunden.
3. In der FAZ sieht es Stephan Schlak wie wir in der Sezession: Daß Jörg Magenaus Buch über die Gebrüder Jünger (Brüder unterm Sternenzelt, Klett-Cotta 2012) das virulent Gefährliche, Mobilisierende und Explosive im Werk der beiden Denker und Schriftsteller abmildere, auflöse, herunterdimme: Somit seien die Jüngers nun endlich in der Bürgerlichkeit (will sagen: beim bloß konsumierenden Leser) angekommen.
4. Wenige Stunden nach der Rücktrittsankündigung des Papstes dann ein Interview mit einem jener “Wir sind Kirche”-Männer, denen man das Mysterium unter keinen, wirklich gar keinen Umständen anvertrauen möchte – ein Kaputtreder und Kuschelchrist der schlimmsten Sorte, der den ganzen Tag vor seinem Laptop sitzt und sich freut, wenn irgendein Würdiger hinter seinem Amt als “Mensch” aufblitzt.
5. Immerhin aber gibt es einen Martin Mosebach, der in der FAZ gegenhält – im Tenor seines wiederum in der Sezession rezensierten Buch Der Ultramontane (Augsburg 2012). Er betont die Demut Benedikts XVI., die sich bereits in der Wahl des Namens mit einer hohen Vorgängerzahl ausgedrückt habe: kein Neuerungswahn, keine Egozentrik, sondern Rückführung der Kirche in ein zweitausendjähriges Kontinuum der Überlieferung, des Gebets und des Glaubenskerns. Versöhnlicher Lektüreabschluß also gestern Abend, den ich mit einem Blick in Schmitts Römischen Katholizismus abschloß: Dort ist das Wesentliche ausgeführt.
6. Aber dann heute morgen: Links eines fleißigen Weggefährten zu einem Beitrag über ein Foltergefängnis, das die Engländer in Bad Nenndorf bis 1946 betrieben, und ein zweiter zu einem schon vor Jahren publizierten Fall besonders intensiver Selbstjustiz nach dem Krieg. Was macht man jetzt daraus, jetzt um 10.55 Uhr?
Werde nachher die Korrekturen am 34. kaplaken abschließen, die Übersetzung eines Essays von Richard Millet durchgehen und die Planung der 53. Sezession abschließen. Man kann einen Tag aber zurecht auch weniger sinnvoll verbringen …
Kapitän Glitzerpirat
Der Liedtext:
https://www.trommelfloh.de/texte/_langeweile_ade/Glitzerpiraten.pdf
Der Radiobeitrag müsste dieser sein:
https://www.kakadu-magazin.de/inhalt/6890/audio