Wollt ihr den totalen Konsum?

von Heino Bosselmann

Ich komme aus einem Land, das grau war. Heißt es.

Wir haben das nicht so gese­hen, denn wir sahen nichts ande­res. Wer sich aus dem Wes­ten her­ein­trau­te, fürch­te­te die har­schen Kon­trol­len der Grenz­trup­pen, und, oje!, die­ses furcht­ba­re Grau, in dem sich all die Trost­lo­sig­keit des frem­den Staa­tes und sei­ner „Gesell­schafts­ord­nung“ auswies.

Die da, mit ihrem Grau und Gilb, woll­ten für die Mensch­heits­be­frei­ung ste­hen? Da brauch­te es weder die revo­lu­tio­nä­re Theo­rie noch das son­ni­ge Kon­trast­pro­gramm FKK an der volks­ei­ge­nen Ost­see, um dar­über hin­weg­zu­täu­schen, daß so kein Land der Sie­ger der Geschich­te aus­se­hen konn­te. Jede West­tan­te war da bun­ter, schon im Gesicht!

Das Grau stand für Depres­si­on, Sta­gna­ti­on, Ver­fall. Man weiß ja, wie es in Chem­nitz, nein Karl-Marx-Stadt, Leip­zig und Greifs­wald aus­sah. In den Außen­be­zir­ken die sach­li­chen Plat­ten­bau­ten, die Arbei­ter­schließ­fä­cher und „Fick­zel­len“ (Hei­ner Mül­ler), die Innen­städ­te am Zusam­men­bre­chen, maro­de alles, die Fas­sa­den potem­ki­ni­sch davor­ge­blen­det, wenn Dele­ga­tio­nen vor­bei­ka­men und Ver­bun­den­heit ausdrückten.

Farb­tup­fer nur die roten Trans­pa­ren­te da und dort, Pro­pa­gan­da, ideo­lo­gi­sche Staf­fa­ge, wie zum Hohn an Rui­nen auf­ge­hängt, aus denen doch auf­er­stan­den wer­den sollte.

Seit der Wen­de gibt es kein Grau mehr, nicht mal im Novem­ber. Die Häu­ser intakt, die Fas­sa­den sowie­so, wo doch das gan­ze Leben Fas­sa­de gewor­den ist – wär­me­iso­liert und ste­ril. Bren­nen­de Asch­ton­nen – unvor­stell­bar! Gar kei­ne Asche mehr. Far­be, Lebens­freu­de! Enjoy!

Geflaggt wird immer noch, aller­dings nur von Fir­men. Und gegen die neu­en Wer­be­ta­feln wür­den sich die Pla­ka­te und Losun­gen sozia­lis­ti­scher Agi­ta­ti­on lächer­lich win­zig ausnehmen.

Die Ankün­di­gung eines Sonn­tags-Shop­pings im „Markt­platz-Cen­ter“ über­strahlt eine gro­ße Kreu­zung vor Neu­bran­den­burg. Das über­di­men­sio­na­le Gesicht einer blon­den, som­mer­spros­si­gen Frau, auf­dring­lich früh­lings­frisch, offen­siv lächelnd, die Zäh­ne dabei wei­ßer als weiß, das Haar im März­wind über die Strah­le­au­gen geweht. Der Text: ICH MAG MEIN LEBEN. UND ICH ZEIG ES IHM AUCH. Was mit Sicher­heit eine gute Nach­richt ist und weni­ger abs­trakt, weni­ger lebens­fremd, weni­ger ver­lo­gen als etwa MEIN ARBEITSPLATZ – MEIN KAMPFPLATZ FÜR DEN FRIEDEN! oder VORWÄRTS ZUR ERFÜLLUNG DER BESCHLÜSSE DES IX. PARTEITAGS! Hier wird, scheint es, end­lich Lebens­wirk­lich­keit aus­ge­drückt. So wie, in säku­la­rer Wand­lung des Neu­en Tes­ta­ments, das Ein­kau­fen­kön­nen schlecht­hin zur „Fro­hen Bot­schaft“ avan­cier­te. Nicht nur zu Weih­nach­ten! Im Zen­trum des post­so­zia­lis­tisch sprö­den Neu­bran­den­burg ist das „Markt­platz-Cen­ter“ das domi­nie­ren­de Gebäu­de und Treff­punkt der gan­zen Stadt. Ein Kon­sum­tem­pel als das neue urba­ne Herz.

„Grau, teu­rer Freund, ist alle Theo­rie. Und grün des Lebens gold­ner Baum.“ So belehrt Mephis­to einen all­zu aka­de­misch ambi­tio­nier­ten Schü­ler. Das Logo des zwei­ten Neu­bran­den­bur­ger Ein­kaufs­pa­ra­die­ses zeigt einen sol­chen grü­nen Baum, obwohl es auf dem Gewer­be­ge­biet gar kei­ne rich­ti­gen Bäu­me mehr gibt.

Wer bereit ist, über die­sen Wan­del nach­zu­sin­nen, lernt die eigent­li­che „Wen­de“ jen­seits der Geschichts­bü­cher als eine ein­fa­che Erfolgs­ge­schich­te begrei­fen – prag­ma­tisch wie alle Poli­tik. Aus den ein­ge­zäun­ten zement­grau­en Gesell­schaf­ten des Ost­blocks waren alle befreit zum gren­zen­lo­sen Kon­sum, der für mög­lichst gren­zen­lo­ses Wachs­tum sorgt. Dar­auf redu­zier­ten sich die Begrif­fe der neu­en Bür­ger­lich­keit. Man mag es sich anders gewünscht haben, aber der Gar­ten vorm Palais Lob­ko­witz unterm Gen­scher-Bal­kon war der Ein­gang in einen gigan­ti­schen Super­markt, auf des­sen Öff­nung die DDR-Bür­ger war­te­ten. Als er end­lich öff­ne­te, begann der Run. Und die voll­bär­ti­gen intel­lek­tu­el­len Bür­ger­be­weg­ten erkann­ten die Macht des Fak­ti­schen und wur­den wie­der melan­cho­lisch. Kri­tisch auch, aber das inter­es­sier­te nie­man­den mehr.

Die umju­bel­te Demo­kra­tie – was ist sie ande­res als das gro­ße uti­li­ta­ris­ti­sche Rege­lungs­sys­tem des Glücks, als das poli­tisch voll­zo­ge­ne “hedo­nis­ti­sche Kal­kül” Jere­my Bent­hams im Milieu ora­len XXL-Ver­brauchs. Lie­ber King-Size als Klein­pa­ckun­gen! Im Voll­zug des vol­len Kon­sums liegt das Ergeb­nis, ja lag schon das Haupt­mo­tiv der „fried­li­chen Revo­lu­ti­on“: Nicht mehr der por­tio­nier­te Genuß aus dem West­pa­ket, son­dern der tota­le in der Shopping-Mall.

Man kann das gut fin­den; man kann dar­in auch mal wie­der eine anthro­po­lo­gi­sche Kon­stan­te sehen. Aber ist die­se gro­ße Ora­li­tät im Wesen weni­ger tota­li­tär als der teils unge­schick­te, teils hoff­nungs­be­trun­ke­ne, meis­ten­teils ver­bre­che­ri­sche Mensch­heits­be­frei­ungs­ver­such der „Sozia­lis­ten“, den die Leu­te schließ­lich nicht woll­ten. Was woll­ten sie dann? – Maoam?

Auch “Euro­pa” ist weni­ger eine Völ­ker­freund­schaft als viel­mehr EZB-regier­ter “Euro”. Nur daß es sich dies­mal – in ganz ande­ren Zusam­men­hän­gen – als Illu­si­on erweist, daß eine Wäh­rungs­re­form ohne Idee einen Kon­ti­nent “inte­grie­ren” kann. Im Gegen­teil. Von einer Idee ist jen­seits der übli­chen Pro­pa­gand auch nicht mehr die Rede, nur noch von Finan­zen und Saldi.

Nein, das Prin­zip Ver­brauch und Mehr-und-mehr-Ver­brauch von feti­schi­sier­ten Waren ist ein Tota­lis­mus schlecht­hin, und die Metho­den der Wer­bung dafür sind abge­feim­ter und „ästhe­ti­scher“ als Goeb­bels-oder-Sta­lin-Pro­pa­gan­da. Nach wie vor fal­len beim Hobeln auch eine Men­ge Spä­ne, nur eben nicht vor der eige­nen Tür, son­dern “glo­bal” aus­ge­la­gert. Noch.

Selbst der his­to­ri­sche Sozia­lis­mus woll­te, auf sei­ne Wei­se, den tota­len Ver­brauch von Welt, Mensch und Res­sour­cen und ver­glich daher sei­ne wach­sen­den Müll­ber­ge stolz mit den aller­dings immer noch höher auf­ra­gen­den des Wes­tens. – Ist nun also end­lich alles gut – mit der Lebens­freu­de und dem Lebens­sinn, so mit Blick aufs gro­ße Shop­ping? Und: Was ist übrig geblie­ben an Hoff­nun­gen? Gibt es da einen Rest? Oswald Speng­ler ist zuwei­len sehr poi­niert: “Bei Chai­ro­nea und bei Leip­zig wur­de zum letz­ten Mal um eine Idee gekämpft.” Gäbe es der­glei­chen heu­te noch? Kampf um eine Idee, außer­halb des Kri­te­ri­ums ihrer Marktfähigkeit?

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Kommentare (35)

Kurt Schumacher

28. März 2013 08:05

Einspruch, Herr Bosselmann! Oswald Spengler schreibt nicht "zuweilen" sehr pointiert, sondern immer! Das ist einer der Gründe, warum die Historikerzunft ihn seit jeher ablehnt - sein Deutsch ist zu gut. Nietzsche machte man den selben Vorwurf.

Aber ansonsten gebe ich ihnen recht. Als "Wessi" muß ich, vielleicht etwas paradox sagen: Vielleicht hätte die DDR doch überleben sollen. Keine Angst, ich bin kein Kommunist! Was ich meine, ist nur: erst durch das Ende des Ostblocks wurde der American Way of Life global endgültig "alternativlos". Ernst Jünger schrieb (ich glaube, im "Waldgang"): "Die Furcht vor dem Osten schiebt der Dekadenz den letzten Riegel vor." (von mir aus dem Gedächtnis zitiert) - Nun ist seit 1989 der Osten weggefallen, und die Dekadenz breitet sich "alternativlos" aus, "viral", wie man das ja auch mit einer bezeichnenden Metapher nennt.

Belsøe

28. März 2013 10:11

Eine Idee - leider sehe ich genau wie Sie einen so tiefen Widerspruch zwischen Konsummaterialismus und Idee, dass ich derzeit nicht dran glauben kann. Mir gefällt Ihr Begriff von der oralen Gesellschaft. Die Menschen sind infantilisiert, und die wenigen Erwachsenen lassen nur mitspielen, wer das rechte Maß an Zynismus vorweist.

Erst ein wirklich verarmtes Europa wird sich Ideen leisten, und das auch erst nach sehr bedauerlich gestalteten Übergängen.

Im Übrigen fiel mir schon mit 17 Jahren auf, dass Zuwanderer, selbst sich religiös gerierende, oft eine überaus am materiellen Status orientierte Lebensgestaltung pflegen. Das mag teils in der Natur des Auswanderns und Glückssuchens liegen, indes war mir damals wohl klar geworden, dass meine linksalternativen Freunde in diesen Milieus (die sie so vehement verteidigten) nun zuallerletzt Unterstützung für ihre übrigen gesellschaftspolitischen Vorstellungen fänden.

Belsøe

28. März 2013 10:15

Nachtrag: im Gegensatz zu der offensichtlichen Mehrheit hier empfinde ich folgerichtig auch keineswegs, ich würde in einer links dominierten Gesellschaft leben.

Es ist eine materiell-ökonomisierte, ob sie sich nun rot-grüner Regierungen oder US-republikanischer Hebel bedient.

Albert

28. März 2013 10:27

Herr Bosselmann, Sie haben ja vielleicht recht.

Nur muss ich an meine Kindheit denken, als unsere Eltern uns völlig konsum-unterversorgten Ossi-Kindern die bunten und so herrlich leckeren Süßigkeiten aus den Westpaketen nur in winzig-kleinen Portionen zuteilten, damit sie möglichst lange vorhielten.

Schon damals als Kind dachte ich mir: einmal endlich nicht mehr von Anderen portioniert werden!
Endlich mal alles ganz allein für sich haben!!
Jetzt!
Sofort!
Viel!

JeanJean

28. März 2013 10:55

Nach der Wende arbeitete ich in Berlin Mitte für das Denkmalamt. Da ja wegen des Mangels vieles zwar ramponiert, aber doch stehen geblieben war, waren die alten Häuser Schatzkammern, in denen man Spuren der vergangenen Alltagsultur und vergangenen Lebens fand.

In aller Eile wurden architektonische und innenarchitektonische Elemente vom Stuck bis zur Wandtäfelung, vom Fensterknauf bis zum schön gestalteten Treppengeländer,Stuck, Kassettentüren etc. dokumentiert, Farbmuster der Originalen Wandgestaltung freigelegt usw. Die Eile war geboten, denn mit jeder Nacht verschwanden mehr Messingelemente, ganze Türen und natürlich alle Messingbeschläge aus den mit Vorhängeschlössern gesichterten Häusern.

Was nicht herausgerissen oder herausgesägt werden konnte, wurde zerschlagen. Was fortzuschaffen war landete auf Flohmärkten.

Denkt man darüber nach, was für die wie Gerümpel angebotenen Gegenstände, die ja außerhalb des Gesamtensembles relativ wertlos wurden , eingenommen wurde und wofür dieses Geld ausgegeben wurde, hat man en miniature ein Bild der Wiedervereinigung.

Die Straßenzüge habe ich später gemieden. Alles wurde im Geschmack der Latte macchiato Gesellschaft aufgehübscht.

In dem Moment, in dem ich diesen Teil meiner Heimatstadt neugierig und fast ehrfürchtig entdeckt hatte, verschwand er vor meinen Augen.

Hohenstaufer

28. März 2013 11:39

Im vorhergehenden Beitrag beschreibt Nils Wegner das nunmehr erscheinende Buch von Alex Kurtagic:
https://www.sezession.de/37760/bewaffnete-asthetik-alex-kurtagic-uber-die-fehler-der-konservativen.html

Die Lageeinschätzung von Herrn Bosselmann teile ich aus kulturkonservativer Sicht vollkommen, doch stellt dies aus meiner Sicht einen typischen "Fehler der Konservativen" dar. Anstatt die Konsumorientierung und den Materialismus der westlichen, aber durchaus auch östlichen Gesellschaften im 21. Jahrhundert zu beklagen, muß eine rechte oder nationale Bewegung in den heutigen Zeiten diese Tendenzen aufnehmen und für sich instrumentalisieren. Und im Gegensatz zu bürgerlichen und rechtskonservativen Kräften gelingt dies noch am ehesten im NPD-Umfeld. Auch die Identitären versuchen dies in Ansätzen...

John Haase

28. März 2013 11:51

Ich teile die Kritik an der amerikanischen Konsumkultur und ihrer häßlichen Auswirkungen. Ich bin mir sicher, daß das Deutschland des Jahres 1913 schöner war als das Deutschland heute. Kaum Autos, keine weit ins Umland der Städte reichenden Reihenhaussiedlungen, kein Plastik, kein Realmarkt in jedem Dorf; stattdessen Eisenbahn, jahrhundertealte Innenstädte, Leder und Messing und Kolonialwarenläden.

Jedoch kann man die Augen vor den Leistungen des "american way of life" nicht verschließen. Es ist eine Tatsache, daß die moderne Gesellschaftsordnung den Massen Zugang zu Konsummöglichkeiten gebracht hat, den einst nur die Begüterten hatten: Autos und Fernreisen sind heute für jedermann erschwinglich.

Es ist weder wünschenswert noch machbar das wieder zu ändern. Insofern werden wir mit dem Massenkonsum leben müssen. Ich halte es für einen echten blinden Fleck der rechtskonservativen Szene, daß wir ökonomisch ehrlich gesagt nicht viel anzubieten haben außer ein vages weiter so im FDP-Stil (bißchen weniger Steuern + weniger Kündigungsschutz = noch mehr Konsum) oder in schweren Fällen Phantastereien wie den Libertarismus, in dem der Markt alles regelt.
Die Frage ist: wie integriert man den "american way of life" in die "deutsche Lebensweise"?

Loki

28. März 2013 11:53

Da muß ich nun an ein einprägsames Bild des zuweilen recht geschmacksgrenzwertigen Herrn Smagon denken -

https://www.art-smagon.com/mau_g.jpg

jak

28. März 2013 11:54

Das ganze erinnert mich an einen sehenswerten Dokumentarfilm der vor ein paar Jahren auf arte lief:
https://www.youtube.com/watch?v=bXmuWecIQos
Leider bin ich skeptisch was anarcho-primitivistische Phantasien (à la kommender Aufstand) anbelangt und die Menschheit geläutert aus der Sache herauskommt und zu einem Lebenswandel findet der dann irgendwie simple and fulfilling ist. Sloterdijk hat kürzlich in einem Interview ganz zutreffend analysiert (frei aus dem Gedächtnis zitiert) , dass auch was sich in der arabischen Welt derzeit abspielt frustrierte konsumistische Hoffnungen sind die über Massenmedien geweckt werden aber nicht erfüllt werden können. Und folglich wird dann Rabatz gemacht.
Die Tragödie scheint kulturübergreifend zu sein und ob Kulturkritik hilft weiß ich nicht. Meine Prognose wäre, dass die Müllberge weiter wachsen und die Sause erst aus ist, wenn das billige Öl knapp wird...

Steffen

28. März 2013 13:12

Ich kenne persönlich einen jungen Mann, der gerade 18 Jahre alt geworden ist. Er bekam zum Geburtstag einen neuen BMW 1er Modell um im kommenden Studium mobil sein zu können - er geht übrigens direkt von der Schulbank ins Studium, ohne im bisherigen Leben einmal gearbeitet zu haben. Seine Freizeitaktivitäten beschränken sich auf etwas Sport und ein wenig Soziales. Seine Leidenschaft findet er allerdings im Rauchen teurer Zigarren und dem Lernen von Wein- und Whiskeysorten, sowie deren geschmackliche Ausprägungen je nach Jahrgang inklusive ausgiebiger Verkostung.
Ich habe mich von ihm abgewandt, nachdem ich ihm anscheinend zu oft seine Existenz als fleischgewordene Dekadenz vorgehalten habe, vor allem , da ihm die Probleme dieses Landes und seiner Bürger bekannt sind.
Für was streiten, hoffen oder beten, ja wieso überhaupt denken in einer solchen Situation?
Ich begegne ihm nur noch selten - seine Orte des Konsums sind mir gänzlich unbekannt geblieben.

Albrecht

28. März 2013 14:00

Ich stimme der Diagnose des konsumistischen Totalitarismus zu. Der Konsumismus wirkt total individualisierend und damit zersetzend auf jede konkrete politische Ordnung.

Die Westdeutschen haben 1989/90 die Chance auf politische Unabhängigkeit Deutschlands, die als Anspruch - "Wir sind das Volk!" - bereits im Raum stand, verpaßt.

Oder vereitelt?

Belsøe

28. März 2013 14:05

Steffen, wissen Sie was mir zu Ihrem Beispiel einfällt? Ich bin nun ein kleines bisschen in Europa herumgekommen und habe dabei bemerkt, dass in wenigen Ländern so wenig Schüler nebenbei arbeiten gehen wie in Deutschland, bei gleichzeitig so hohem Jugendkonsum. Für Ostdeutschland vermag ich es nicht sicher zu sagen, aber mein Eindruck ist dass in Deutschland eine Grenze zu verlaufen scheint zwischen Jugendlichen die bekommen, einfach so - und denen die nicht bekommen und dann aber eben auch keinen Führerschein, Sprachreise o.ä. haben können, sondern allenfalls ein kleines Taschengeld verdienen das für grössere Anschaffungen nicht reicht. In manchen Ländern nivelliert sich dieser Unterschied durch (mehr) selbst verdientes Geld ein Stück weit, auch wenn es selbstredend nicht für einen Neuwagen reichen kann. Leider wird der früh geschenkte Status und die damit erworbene Selbstsicherheit im weiteren Lebensweg durchaus belohnt.

Was ich damit sagen will? Es ist wohl mehr eine Beobachtung. Anspruchshaltung oder Aufgabe, und beides sehr tief verwurzelt in den Seelen.

Es mutet heute fast ketzerisch an: gerade mancher Deklassierte, Konsumabgeschnittene hat doch im Zwangsdienst mitunter zum ersten mal erlebt, dass er etwas leisten und darstellen kann. Mein eigener Cousin, desolates Elternhaus, sagt heute dass es rückblickend ein Wendepunkt in seinem Leben war, als sein Spiess ihm ganz von sich aus, mit echtem Wohlwollen sagte, er könne ihn sich gut als Unteroffizier vorstellen. Auch dieses Korrektiv gönnt man ja nur noch dem der es aktiv aufsucht, und dem besser gestellten ist es nicht zuzumuten.

bernardo

28. März 2013 14:31

@Kurt Schumacher "Oswald Spengler schreibt nicht „zuweilen“ sehr pointiert, sondern immer! Das ist einer der Gründe, warum die Historikerzunft ihn seit jeher ablehnt – sein Deutsch ist zu gut."

Mit Verlaub: Spengler wird von Historikern abgelehnt, weil er zwar ein interessanter Essayist war, aber abgesehen von brillanten Formulierungen sehr oft wenig Ahnung hatte, wovon er schrieb. Ein typischer "Intellektueller", kein Wissenschaftler oder Historiker.

Und dann:

„Bei Chaironea und bei Leipzig wurde zum letzten Mal um eine Idee gekämpft.“

Vom sicheren Schreibtisch den Toten von Sedan oder Langemarck nachzurufen, sie hätten nicht für eine Idee gekämpft, das ist nicht nur falsch, sondern Ehrabschneidend und schlichtweg zum Kotzen.

Citizen Kane

28. März 2013 16:33

Kam nach kurz nach der Wende nach Ostdeutschland, mein Vater wurde durch seinen Konzern zur Umstellung eines großen VEB auf Marktwirtschaft reaktiviert.

Angeschliffene Schmiermesser ( wahrscheinlich aus dem praktischen Talent der Mangel bewirtschafteten entstandenes Multifunktionalgerät), mit denen ich mir beim Brötchenaufschneiden die Handflächen blutig schnitt, tränende Augen durch rauchende Braunkohleöfen, ungepflasterte Bürgersteige, gelbes Wasser aus den Duschen, die mein Vater als erst Maßnahme einbauen ließ, nächtlicher Fluglärm der abziehenden Besatzungstruppen, keine Straßenbeleuchtung, Schlaglöcher, rot umränderte Augen der Kellnerinnen ; Vater: "hier gibt es keine hübschen Frauen"
Das Gefühl als neuer Besatzer angesehen zu werden.
Ich war erschüttert. So schlimm hatte ich es mir nicht vorgestellt
Obwohl ich die Ostdeutschen, aufgrund ihrer merkwürdigen Sprache, die man z.B. in Interviews von Sportlern hörte, und TV-Sendungen, die man in Auszügen mitbekam, Karl-Eduard von Schnitzler, ihrer komischen Autos, der Aufmärsche vor der behuteten Alt-Männerriege, - diesen Aliens vom Planeten Wandlitz- und vielem anderen, schon für Menschen von einem anderen Stern hielt.
Meine Kindheits- und Jugendeindrücke waren da prägend, und ich hatte nicht viel erwartet - es war eine andere Welt.
Schnell begriff ich aber, dass vieles, was Deutschland ausmachte, dort konserviert war. Manch Schlechtes aber mehr Gutes, Konservatives, Wertiges, Heimatverbundenes, was mich zu der Hoffnung verleitete, die Einverleibung der "DDR" könnte den 68er Wahnsinn bei uns zu mindest ein wenig verdrängen, es könnte wieder etwas Eigenständiges werden aus unserer Kolonie der Amerikanoiden.
Diese Hoffnung habe ich mit Angela Merkel verbunden. Was daraus geworden ich, brauche ich, hier zumindest, nicht weiter auszuführen.

Ein Gespräch mit einem ehemaligen Großfunktionär der Produktion in seiner verfallenden Villa mitten in einem riesigen Wald, der in den Westen gefahren war, dort Höfe fegte um einen gebrauchten 3er BWM kaufen zu können, diesen dann aber sofort im Osten weiterverkaufte und - Gewinn machte.
Die Initialzündung! Ab da war er kein Produktionsgenossenschaftsfunktionär mehr sondern Autohändler, der nun zügeweise Gebrauchtwagen aus dem Westen beschaffte und auf einem seiner mit Girlandenflitter aufgehübschten Schotter-Verkaufsplätze ein Autohaus planen wollte. Deshalb war ich an diesen Ort gekommen, wo zufällig auch mein Vater tätig war.

Ja, es gibt noch eine Idee! Diese ist schon 65 Jahre alt.
Die soziale Marktwirtschaft, und zwar maßhaltig von beiden Polen menschlicher Gesellschaften, ob man diese Pole nun seit der ersten französischen Nationalversammlung als links und rechts bezeichnet aber eben als anthropologische Konstante hinzunehmen hat.
Die soziale Marktwirtschaft kann die Pole austarieren, wenn eine Politik imstande wäre, sie nur stringent durchzusetzen gegen die Heuschrecken wie die Sozialstaatsmafia.
Sie hat ein Alleinstellungsmerkmal in der Welt, wie vieles Gute und in Deutschland Erdachte. Sie befriedigt das Streben nach Glück sowie den Anspruch auf Fürsorge, den Egoismus und die Empathie.

Warten wir's ab! Was wir derzeit erleben, ist bereits die Spät-Postmoderne, das letzte Aufbäumen der 68er und deren eigennützigen, heuchlerischen Nachgeburt aus dem Rotweingürtel und der Toskana.
Wie ich hier in einem anderen Strang schon sagte, 'fällt der Euro, fällt das System!' Danach können wir ordnen und neu beginnen.

Theosebeios

28. März 2013 18:32

"... ist diese große Oralität im Wesen weniger totalitär als der teils ungeschickte, teils hoffnungsbetrunkene, meistenteils verbrecherische Menschheitsbefreiungsversuch der „Sozialisten“ ..."

Sie ist "weniger totalitär", Herr Bosselmann. Sie können sich ihr entziehen, sie reduzieren, bis zur Verrücktheit steigern und sie als Intellektueller plump bis scharfsinnig kritisieren, ohne dass man Sie dafür vor den Kadi zieht.

Nicht so verbissen gegen den Konsumismus, Leute. Wer (und was immer) konsumieren will, der sollte es tun können, wenn das große Ganze nicht leidet.

"... das Prinzip Verbrauch und Mehr-und-mehr-Verbrauch von fetischisierten Waren ist ein Totalitarismus schlechthin ..."

Jetzt haben Sie also doch den Adorno verschlungen. (Da wirkt ein Konsumismus / eine Oralität anderer Art ...)
Wir sollten den großen und kleinen Kindern ihre Playstations und die Myriaden von Computerspielen lassen (und auch nicht dagegen agitieren). Das treibt die technische Entwicklung voran. Sie und ich, Herr Bosselmann, wären vermutlich kaum (über das Internet) in Kontakt gekommen, hätten nicht Tüftler und Geschäftemacher jene Allianzen bilden können, wie sie bislang nur der "freie Westen" hervorgebracht hat. Für meine Person kann ich sagen, dass ich davon profitiere. Hätte es ihn nicht gegeben, weil "konservative" Bedenkenträger dem Konsumrausch keine solch wahnsinnige Freistatt wie das Internet eröffnen wollten, täte mir was fehlen, auch wenn ich, wie meine Söhne behaupten, selber in gewisser Weise ein "Konsumverweigerer" bin.

Thomas Drescher

28. März 2013 18:34

"Wollt ihr den totalen KONSUM?" ... Manchmal reicht die unterschiedliche Betonung von Silben aus, um das differente Wesen ganzer "Gesellschaftsordnungen" erfassen zu können.

John Haase

28. März 2013 19:04

@ Citizen Kane
"Wie ich hier in einem anderen Strang schon sagte, ‚fällt der Euro, fällt das System!‘ Danach können wir ordnen und neu beginnen."

Glaube ich nicht. Das System "westlich-liberale Demokratie" beruht ja nicht auf einer Währung sondern auf einer Ideologie. Der Euro ist eine Manifestation dieser Ideologie, aber nicht ihre Grundlage. Wenn der Euro fällt kommt eben die Mark wieder und das wars.

Und selbst wenn nicht: warum sollte man ausgerechnet uns um die Organisation eines dann fälligen Neubeginns bitten? Es ist doch so: das Volk würde in Volksabstimmungen zu den Themen Einwanderung, Euro, BW-Auslandseinsätzen etc. wohl so wählen wie wir, aber daraus kann man nicht schließen, daß wir beliebt sind. Es gibt einen großen Resonanzboden für unsere Ideen, aber ganz bestimmt keine Massen die bei einem eventuellen Zusammenbruch dann ausgerechnet vor uns auf die Knie fallen. Und das ist auch kein Wunder.

Heino Bosselmann

28. März 2013 19:35

@Theosebeios: Vielen Dank! Ähnliches ging mir heute im stillen auch durch den Sinn: Die Freiheit, Konsumwahn in großen Teilen nicht mitmachen zu müssen, stellt tatsächlich einen markanten Unterschied zum ideologischen Totaliarismus dar, in dem pflichtgemäß politisch mitzumachen war. Und tatsächlich bin ich durchaus ein Bewunderer des faszinierenden technischen Fortschritts. Gerade die Informatik hält geniale Werkzeuge bereit, wenn man sie benutzt und nicht nur fetischisiert. Abends war ich dann jedoch wieder im SUPERMARKT. Bedrückende Materialschlacht.

Grau

28. März 2013 20:06

Ich komme auch aus Grauland und musste weder dort alles pflichtgemäß mitmachen noch muss ich in Buntland konsumieren über das Nötige hinaus.
Nur Mut, es geht und man muss nicht einmal klagen, auch nicht auf höherem intellektuellen Niveau.

Schopi

28. März 2013 22:12

Theosebeios
...Das treibt die technische Entwicklung voran. Sie und ich, Herr Bosselmann, wären vermutlich kaum (über das Internet) in Kontakt gekommen, hätten nicht Tüftler und Geschäftemacher jene Allianzen bilden können, wie sie bislang nur der „freie Westen“ hervorgebracht hat.....

...sich übers Netz "kennen zu lernen" und über "Kirchweye" zu diskutieren wäre drüben nicht nötig gewesen, im rein deutschen Staat, von ein paar im Ghetto lebenden Fremdarbeitern einmal abgesehen, gut, man mußte über holprige Gehwege, wurde in Strassenbahnen durchgeschüttelt wurde dort aber nicht mit dem Messser bearbeitet oder totgetreten.

ohne jetzt die Kämpferfaust heben zu wollen, aber diesen Zusammenhang zwischen Konsum, Kapitalismus und Masseneinwanderung mit seinen negativen Folgen gab es dort nicht.

Citizen Kane

28. März 2013 22:12

@ John Haase
Sie wollen uns weiß machen , dass der Euro Europa vor einem Aufbrechen der alten Feindschaften schützt. Das Gegenteil ist der Fall, wie wir jetzt sehen.
Als wäre die Lage in Europa noch mit 1913 zu vergleichen.
Damals liefen die Bruchlinien von Weltreichen durch Europa, an denen sich das Feuer entzündete.
Entweder wir zahlen, oder wir sind wieder die Bad Guys .Sie werden uns verteufeln wenn die Krise erst zu den sozialen Spannungen führen wird, die offensichtlich zu erwarten sind, so oder so.
Auch Frankreich hält sich da nur noch mühsam zurück.
Das EU Konstrukt, das keineswegs Europa darstellt, diese Demokratur des Brüsseler Beamten- und Technokratenadels wird nur noch durch den Euro zusammengehalten.
Daher verteidigen sie ihn gegen jede Vernunft.
Denke, so sieht es auch die AfD und enthält sich vorläufig der anderen Themen.

Loki

28. März 2013 22:23

Auch wenn er mit seinem Stoff zum Teil recht freizügig umgegangen ist - natürlich hatte Spengler "eine Ahnung, wovon er schrieb". Daran ändert sich nichts, nur weil ein paar Langweilerzwerge vom Fach an seinem großen Wurf herumgemäkelt haben, zum Teil aus Neid, daß Klio offenbar lieber hinter seiner Schulter stand, als ihrer. Ähnliches gilt für Egon Friedell. Die genialen Dillettanten sind niemals "überholt", die Beckmesser sind es schon morgen.

rjaeck

29. März 2013 00:40

@ Citizen Kane

Die soziale Marktwirtschaft kann die Pole austarieren, wenn eine Politik imstande wäre, sie nur stringent durchzusetzen gegen die Heuschrecken wie die Sozialstaatsmafia.

"Wäre", ist der springende Punkt. Leider ist sie mit beiden Polen derart eng verbandelt, unabhängige Politik gab's wohl noch nie. Wer kann sie schaffen? Das Volk, von unten? Ist zu träge, braucht wohl erst den Währungszusammenbruch oder sonstigen Knall.

Totaler Konsum? Sapere Aude!

John Haase

29. März 2013 10:16

@ Citizen Kane
Mit dem Euro hat man das Kunststück fertiggebracht, daß sich am Ende jeder von den anderen bestohlen fühlt und in gewisser Weise sogar jeder recht hat. Ich halte es auch für möglich, daß das Projekt EU schweren Schaden erleiden wird wenn der Euro fällt nur: unsere Probleme kommen bloß zu einem geringen Teil von der EU, die allermeisten sind hausgemacht. Diese Probleme werden den Euro überleben.

Carabus violaceus

29. März 2013 12:00

@ Schopi

Sie haben recht, es hat auch nie wirklich eine "Willkommenskultur" für Fremde aus aller Herren Länder gegeben. Fremde haben als Gastarbeiter vor allem in Gastarbeiterheimen gewohnt, wurden aber von der Mehrheitsbevölkerung geachtet und respektiert.

Ich verweise mal auf die Startseite von Deutscheopfer.de.
Die meisten Vorfälle krimineller Ausländer sind ja in den "westlichen" Bundesländern registriert. In den "östlichen" hingegen, vor allem MV aber auch BB und Sachsen - nur wenige Straftaten!

Die Vorbehalte gegenüber der multikulturellen Gesellschaft sind teilweise sehr stark, auch bei Leuten die sich ansonsten wenig für Politik und die kulturelle Degeneration interessieren. Das bedeutet nicht, hier wäre jeder ein "Ausländerhasser". Es ist einfach ein Gefühl des Unbehagens vorhanden und das zurecht!

Sascha

29. März 2013 12:06

Ich kann Klagen über den totalen Konsum zwar verstehen, das ist aber auch schon alles. Schließlich ist es jedem möglich, auf diesen "totalen Konsum" einfach zu pfeifen. Und lediglich das zu konsumieren, worauf man selbst Wert legt - wie beispielsweise Scholien von Gomez Davila, die ich zu DDR-Zeiten nie hätte konsumieren können, nicht mal über ein Westpaket.

Ja sicher, der Mensch ist ein Herdentier, und möchte gerne dem folgen, was auch seine Umgebung tut. Aber dies ist doch nur für die Mehrheit ein Problem. Der geistigen Elite sollte dies eigentlich egal sein. Sie sollte fähig sein zur Sezession von den dem Konsum hinterherhechelnden Massen.

Was ich zum Leben brauche, findet sich im Supermarkt, und dies ohne anzustehen. Die Reklame kann ich genauso ignorieren wie die Friedenslosungen seinerzeit. Aber lesen kann ich, was ich will, publizieren auch, und Gleichgesinnte finden, auch wenn es nur wenige sind. Kein Staat kann mich heute mehr daran hindern. Er kann es höchstens noch versuchen - aber nur noch mit untauglichen Mitteln. Gehe ich halt ins Onionnetz, na und.

Ein totaler Staat ist was anderes. Konsum ist lächerlich und irrelevant für einen innerlich freien Menschen.

Citizen Kane

29. März 2013 14:42

@John Haase
Nur noch eine kurze Anmerkung, da es sich sonst zu weit von Herrn Bosselmanns vorgegebenen Thema entfernt:
Sicher ist vieles hausgemacht.
Bedenken Sie aber , dass das EU-Konstrukt ein Instrument zur Unterlaufung demokratischer Entscheidungsprozesse "zu Hause" ist, da man möglicherweise zurecht, der Meinung ist, dass die europäische Integration auf demokratischem Wege, jedenfalls in dem Zeitrahmen, den man sich gesteckt hat, nicht erreichbar ist.

Axel Wahlder

29. März 2013 21:24

@
Kurt Schumacher

Was ich meine, ist nur: erst durch das Ende des Ostblocks wurde der American Way of Life global endgültig „alternativlos“. :

Es gibt in DE keinen "American Way of Life".

Denn Sie dürfen nicht so billig tanken, wie die Amerikaner, nicht eine Pistole frei führen, damit Ihnen anders, als dem Daniel Siefert oder Dominik Brunner vorkommt, geschweige denn stolz aud Ihr Land sein.

Wenn das Kino eine Gesellschaft samt dessen Werte widerspiegelt, dann ist 1974, als ich zur Welt kam, in den USA mit "Death Wish" markiert worden und bei uns: "Faustrecht der Freiheit".

suum cuique, klar.

Die Lage wurde seit dem nur verschlechtert.

OG d.R.

30. März 2013 11:19

@propos Reiselust konsumsüchtiger Massen / John Haase: 99% aller Fernreisen dürften auf Dekadenz und proletarische Vergnügungslust, vor der auch Akademiker nicht gefeit sind, zurückgehen.

Abgesehen von den ganzen Umweltschäden werden dadurch Milliarden Euro aus der deutschen Volkswirtschaft ins Ausland transferiert.

Dekadentes Reisen sollte entsprechend hoch besteuert werden, so daß nur tatsächlich wichtige Reisen etwa aus geschäftlichen oder diplomatischen Gründen billig sind.

MartinP

1. April 2013 10:01

Man merkt, dass Nationalsozialismus eine Menge mit Sozialismus zu tun hat.

Ich kann an diesem Jammerartikel nichts Gehaltvolles oder gar Positives entdecken.
Was ist denn die Aussage? Will Herr Bosselmann "die alten Zeiten" mit Miss- und Mangelwirtschaft, mit Rationierung (hüben (1940) wie drüben (danach)) zurück?
Einen "totalen Konsum" kann es eh nicht geben, dafür reicht das Geld nicht - selbst wenn man sich verschuldet.

Dankbar bin ich, dass wir volle Regale haben, dass ich, wenn ich etwas benötige, dieses ohne Schlange stehen zu müssen, im Internet oder im Geschäft kaufen kann!
Ein Hoch auf die Marktwirtschaft!!!

Martin

1. April 2013 17:08

Ich verstehe dieses ewige Ost/-West Spiel nicht ... was soll das bringen?

Es erinnert mich an den alten Witz, wo es folgende Konversation zwischen einem deutschen und einem US-Amerikaner gibt:

D:
"Wir hatten die ersten Düsenjäger"
Ami:
"Wir haben den Krieg gewonnen"
D
"Wir haben die ersten Autobahnen gebaut und Vollbeschäftigung gehabt"
Ami:
"Wir haben den Krieg gewonnen"
und so geht das Gespräch noch einen ganze Weile hin und her und am Schluss sagt der deutsche:
"Gut, ihr habt den Krieg gewonnen, aber unsere Uniformen waren schöner"

Und so ähnlich ist das auch jetzt bei den Ost/Westthemen:

Mitteldeutschland als Archivkammer für "das deutsche", die "Ossis", die zwar schön die Parteische... gefressen haben, aber innerlich sich die "bessere Moral" bewahrt haben wollen, etc.

Das sind doch alles Lebenslügen. Im Westen muss man nicht mitmachen, jeder weis aber, was es für Konsequenzen hat wenn man mitmacht und wenn man nicht mit macht und man kann zumindest am Leben bleiben. Oder man wandert aus.

Genau diese grundsätzliche Wahlmöglichkeiten gab es eben im Osten nicht bzw. nicht ohne riesige staatliche Gängelung und das ist der Unterschied - Punkt.

Es hilft uns daher nicht weiter, darauf herum zureiten. Fremde Völker nehmen mit Unterstützung unserer Regierenden unser Land in Besitz, schlagen unsere Kinder tot und die deutschen streiten sich, ob Club Cola im Plattenbau besser war als Coca Cola im Reihenhaus mit Thuia-Hecke ... keiner will zugeben, dass im Grunde genommen beides nur suboptimal war und das uns nur noch hilft, nach vorne zu schauen und die Herausforderungen unserer Zeit anzunehmen. Tut man dies, schafft man automatisch andere Prioritäten als Konsum etc.

Also, guten Mutes voran, sonst wird das nichts ...

Sara Tempel

1. April 2013 17:34

@MartinP
Sie haben recht, alle wollen den totalen Konsum, denn alle sind durch Werbung durch und durch manipuliert! Eine Alternative ist undenkbar! - Aber wie lange wird das noch, wie gewohnt, weitergehen? Die grenzenlose Globalisierung wird in ein totalitäres System führen. - Ein Hoch auf die soziale Marktwirtschaft meiner Kindheit, aber leider ist diese ebenso perdu wie deren konservativ traditionellen Werte.

Meine Meinung: Konsum und Medien sind das Morphium für den modernen Menschen!

Biobrother

2. April 2013 10:52

Natürlich ist der Konsum ein Stück weit Ersatzbefriedigung. Das wurde ja schon im "Fight Club" klar gestellt ("machen Jobs, die sie hassen, kaufen Scheiße, die sie nicht brauchen, ..."), aber er ist eben auch Belohnung und Anreizsystem, für die, die sich wert-schöpfend schinden. Im übrigen ist es natürlich absurd, anderen Leuten ihre Urlaubsziele vorschreiben zu wollen. Ich lasse mich ja auch sonst nicht dazu zwingen, nur deutsche Produkte zu kaufen. Da kann man ja gleich die Mauer wieder hochziehen.

ceterum censeo

3. April 2013 12:11

Die Zustände hierzulande werden immer unerträglicher, das stimmt. Aber man vergisst auch als alter Zonendödel wie ich, immer wieder, wie beschissen alles war. Ruinen sind vielleicht romantisch, wenn man sie im Urlaub aus dem Sternehotelfenster betrachtet, und nach´ner ollen Gurke steht in der Welt von jungen wohlgenährten Intellektuellensöhnen wahrscheinlich die Mutti stundenlang an. Spaß beiseite, wer hin und wieder vergeßlich wird, sehe sich den Film "Der Turm" an! Genau so war´s: zum KOTZEN! Und daß nicht alles schlecht war, wie zum Beispiel besseres Benehmen und Allgemeinbildung der Jugend, lag nicht am Kommunismus, sondern an der Zeit.

Gottfried

3. April 2013 17:46

Vielem, was hier angeführt wurde, stimme ich ja zu.

Aaaaber: Warum wird sinnlicher Ekel gleich immer sofort wegrationalisiert? Es ist eine absolut gesunde und richtige Reaktion, wenn man z.B. schlechte Nahrung sieht oder wenn einem den ganzen Tag Schinken vor die Nase gehalten wird, daß das nun einmal schwere Übelkeit auslösen kann.

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