Als Präsident war er maßgeblich am Aufbau der Behörde beteiligt. In seine Amtszeit fiel allerdings auch das Untertauchen der drei Jenaer Rechtsextremisten Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe, die Jahre später als sogenannte Zwickauer Terrorzelle für Schlagzeilen sorgen sollten.
Seit dem Bekanntwerden der mutmaßlichen Terrorgruppe »Nationalsozialistischer Untergrund« (NSU) im November 2011 ist auch Roewer in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Ihm und seiner Behörde wird angelastet, durch unzureichende Weitergabe von Informationen das Untertauchen des Trios begünstigt und die spätere Fahndung behindert zu haben. Doch Roewer weist die Vorwürfe zurück. In seinen im Ares-Verlag erschienenen Erinnerungen stellt er klar: Sein Amt beschaffte 1998 die Information, daß Böhnhardt und Mundlos mit Sprengstoff hantierten, und setzte die Polizei davon auch in Kenntnis.
Doch diese versäumte es ihrerseits, die beiden festzunehmen. Roewers Angaben decken sich mit den Erkenntnissen der Ermittlungsbehörden und Untersuchungsausschüsse, die sich mit der Aufklärung des Falls beschäftigten. Danach war es damals in der Tat der Thüringer Verfassungsschutz, der auf die Aktivitäten des Trios aufmerksam wurde und die Polizei darüber informierte. ‑Warum diese aber die mutmaßlichen Bombenbastler entkommen ließ, ist bis heute nicht vollständig geklärt.
Roewer führt die Panne auf eine »falsche Weichenstellung« zurück, denn die Polizei sei nur mit einem Durchsuchungsbeschluß, nicht aber mit einem Haftbefehl ausgestattet gewesen. Als dann bei der Razzia der Sprengstoff gefunden wurde, sei den Beamten nicht bewußt geworden, daß sich die Rechtslage damit änderte und sie Böhnhardt wegen einer aktuellen Straftat hätten sofort festnehmen können.
Auch wenn Roewer in seinem Buch nichts wirklich Neues zum NSU beiträgt, lohnt dessen Lektüre allemal. Denn der ehemalige Panzeroffizier bietet nicht nur einen Einblick in eine Behörde, bei der Verschwiegenheit oberste Priorität hat, sondern er offenbart auch, wie mehrfach versucht wurde, diese für parteipolitische Zwecke einzuspannen – zum Beispiel im Kommunalwahlkampf gegen Herausforderer der regierenden CDU. Das alles schildert Roewer in durchweg launigem Ton, angereichert mit zahlreichen Anekdoten, die viele der damals politisch Agierenden in einem wenig vorteilhaften Bild erscheinen lassen. Ihnen dürfte durchaus daran gelegen sein, daß diverse Medien heute versuchen, die Glaubwürdigkeit des ehemaligen Verfassungsschutzchefs anzukratzen.
Helmut Roewer: Nur für den Dienstgebrauch. Als Verfassungsschutz-Chef im Osten Deutschlands, Graz: Ares 2012. 270 S., 24.90 €