dauerpräsent gewesen sein dürfte, geht es dabei eingeschränkt um den Euro – etwas, das besser nicht wäre – und damit um all die Kassenstände und Prozentsätze. Das ist notwendig, weil sich mit der Einnivellierung und Gleichschaltung der Volkswirtschaften von oben und dem anschließenden Mehrfachbruch des schon in sich problematischen Maastricht-Vertrages folgerichtig eine Krise ergeben hat.
Sie könnte eventuell Südeuropa und vielleicht gar Frankreich politisch kippen. Ein Blick auf den allgemeinen Frust und die konkrete Statistik der Jugendarbeitslosigkeit offenbart, daß dort keine „Demokraten“ heranwachsen werden, auch keine „Europäer“.
Nur: Wenn immerfort Zahlen verglichen werden und die dem Süden wie apokalyptische Reiter erscheinende Troika um den Preis weiteren Pumps Kassenstürze vornimmt, ist damit noch nichts bewegt. Die große Illusion besteht gerade darin, daß sich mit anderen Saldi der Kontinent verändern würde. Er verändert sich aber nicht, weil er gerade durch EU und Euro ein so langweiliges und steriles Abstraktum geworden ist, wie es die Euroscheine in ihrer faden und langweiligen Ästhetik schon vermuten ließen.
Bei der Gründung der großen Reiche des Mittelalters ging es selbstverständlich um Macht, Einfluß und Reichtum – im Karolingerreich ebenso wie in Byzanz und im Arabischen Kalifat. Aber vor allem folgten diese Neuordnungen nach einer Phase der Unsicherheit großen und komplexen Ideen, die ganze Völkerschaften beseelten und deren Identität herausbildeten. Otto der Große kämpfte auf dem Lechfeld nicht allein gegen die damals räuberischen Ungarn, sondern vor allem für die Einheit im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation. Weder im Investiturstreit noch in der späteren Reformation stritt man allein um den Reibach. Die Humanisten der Renaissance leiteten ein europäisches Selbstverständnis noch marktfrei aus dem unermeßlichen, mittlerweile bald vergessenen Quellen des Geistigen und Sprachlichen her. Die Religionskriege wurden nicht aus Kassenlagen heraus geführt, ebensowenig wie sich der Absolutismus nur merkantilistisch erklären ließe. Hegel, Hölderlin und Schelling, damals als blutjunge leidenschaftliche Liberale unterm gemeinsamen Dach des Tübinger Stifts, hatten am 14. Juli 1793 auf einer Wiese vor der Stadt ihren Freiheitsbaum nicht errichtet, weil sie sich vom revolutionären Frankreich etwa Drittmittel erwarteten; und als Johann Gottlieb Fichte ab 1807 seine Reden an die deutsche Nation hielt, ging es ihm nicht um den Zaster, den Preußen gar nicht hatte, sondern um die Ausbildung einer Haltung der Nation, die ohne neues Selbstverständnis nicht zur Befreiung befähigt wäre.
Selbst das neunzehnte Jahrhundert des Kapitalismus in reiner Gestalt offenbart sich als Ära der Ideengeschichte und damit der großen Nationen. Bis in den Imperialismus hinein, der fatale Folgen hatte, aber ebenso unvorstellbare Kräfte mobilisierte. Auch gegen sich! Ist doch etwa die Arbeiterbewegung viel mehr gewesen als das würdelose Gefeilsche moderner Gewerkschaften um Urlaubs- und Weihnachtsgelder.
Noch die Nachkriegszeit kennt die Dynamik identitärer Bewegungen. Es mag im Wirtschaftswunder West nach langer Entbehrung um das große Fressen gegangen sein, um den VW-Käfer, Italienreisen und Rock’n’Roll. Vor allem aber um den Aufbau Deutschlands. Selbst die DDR nannte ihr Auferstehen aus Ruinen „Nationales Aufbauwerk“. Das war ganz im Zeitgeist eher patriotisch als demagogisch gemeint.
Mittlerweile gibt es viele seit den Achtzigern Geborene, die nie jemanden kennenlernten, der sie zu Ideen inspirierte. Außer vielleicht Steve Jobs. Und die als Kinder des Marktes und der Indoor-Spielplätze meinen, alles hinge an Kontoauszug und Kaufkraft.
Mitnichten! Es reicht nicht, seinen Kleinwagen mit Discounterwaren vollzupacken, um das nächste triste Wochenende in der Eigenheimsiedlung der immobilienverschuldeten Neu-Kleinbürger zu verleben. Es reicht jedenfalls nicht allein! Es braucht ein ideelles Mehr, um überhaupt nur gesund leben zu können, indem man Motiven folgt. Wenn es schon nicht die Sinngebung selbst ist, die man verspürt, dann wenigstens die Lust darauf.
Ja, wir wissen um die Gefährlichkeit des Ideologischen. Aber so wie menschliebe Liebe nun mal mehr ist als bloße zoologische Sexualität, bedarf es zum Bürgerbewußtsein und zum Stolz darauf, Deutscher und Europäer zu sein, mehr als der Rechnerei. Sie ist notwendige, nie jedoch hinreichende Bedingung für das Leben.
Wir verspüren ein Defizit, das die Regierenden und die Bundestagsparteien in der Verengung auf Haushaltsfragen und propagandistische „Europa“-Bekenntnisse weder beheben wollen noch können, nämlich den Mangel an Inspiration über das bloße hedonistische Kalkül hinaus. Diese politische Impotenz ist es, die uns all die tragikomischen Ablenkungen beschert: Inklusion, Schwulen- und Genderproblematik, Bildungsgerechtigkeit durch Niveauverlust, Gruselgeschichten von rechten Gespenstern (bei denen es sich entweder um Projektionen oder einfach um Kriminelle handelt), andererseits Toleranz, ja Selbstaufgabe um jeden Preis gegenüber Gegnern der europäischen Aufklärung und all die nachgereichten wohlfeilen wie pauschalen Schuldbekenntnisse für die Ururgroßväter.
Das nicht allein: Über den „Kampf gegen rechts“ hinaus kann man derzeit kaum ein Selbstverständnis der Bürger erkennen, für etwas voll und ganz einzutreten. Einzig die neue „Wahlalternative für Deutschland“ scheint dergleichen zu wecken. Gerade weil man solchen ehrenwerten Neuansätzen gegenüber schon seit drei Jahrzehnten viel zu skeptisch geworden ist, stellen sich Freude, gar Leidenschaft nur verhalten ein. Um so couragierter jene, die sich endlich aufraffen. Es erinnert an 1989: Nach der großen Lähmung im Angesicht des vermeintlich Übermächtigen und der Perplexität mit Blick auf die eigene Ohnmacht finden und ordnen sich die Kräfte der Kräftigen. Während alle anderen immer noch meinen, es ginge doch nicht anders …
Pit
Als ob es um "Ideen" ginge.
Es geht um "Ethnie".
Aber "Ethnie" ist mit das größte Tabu unserer Zeit, das was keiner auszusprechen wagt, so auch der Autor Bosselmann.
Natürlich kann man dann "Ethnie", oder die "Nation", als eine Idee bezeichnen. Als ob sowas wie Abstammungsgemeinschaft oder Erweitere Familie einer Begründung bedürften, als ob es da verschiedene Möglichkeiten gäbe und man wählt aus irgendeinem Grund nun gerade die eine oder die andere. Natürlich gibt es hier überhaupt keine Frage und es hat sich auch keiner je eine solche Frage gestellt. Man steht für die Familie ein, man steht für die eigenen Kinder ein: und zwar weil man seine Gene befördern will, so simpel ist das, so simpel darwinistisch. Oh wie pös. Und dafür brauche ich keine Ideen und keinen Idealismus und keine Revolutionspamphlete, denn es ist schlicht und einfach der Kampf für das eigene Volk und wenn man sowas im Ernst begründen muß... dann weiß man, daß man´s mit Irren zu tun hat.
Ich habe jedenfalls genug von diesem Tabu, darüber nicht sprechen zu dürfen, das nicht benennen zu dürfen: daß es um Abstammungsgemeinschaft und Volk und Rasse geht, die jeder als seine Zugehörigkeitsgruppe empfindet. Wir werden permanent vergewaltigt in unserem Zugehörigkeitsempfinden und ich habe genug davon.