Vielfalt in Uniformität

von Heino Bosselmann

Je direkter das Ökonomische dank Effizienz von Produktion und Dienstleistungen einerseits...

und die damit immer per­fek­tio­nier­te­re Befrie­di­gung aller Kon­sum­be­dürf­nis­se ande­rer­seits durch­re­giert, um so höher gestimmt wird in der Poli­tik ein ver­meint­lich huma­ni­tä­rer Anspruch, in der bes­ten aller mög­li­chen Wel­ten zu leben oder die­se zumin­dest dekre­tie­ren bzw. sug­ge­rie­ren zu können.

Um sogleich Miß­ver­ständ­nis­se zu ver­mei­den: Es geht hier mal nicht gegen das Öko­no­mi­sche oder „die Wirt­schaft“. – Die Wirt­schaft ist, wie sie ist; man braucht sie eben­so­we­nig zu erfin­den wie den Kapi­ta­lis­mus; und frei­lich regelt der Markt viel, zumal in einem Zeit­al­ter, das Zah­len von Pro­duk­ti­on und Ver­brauch als sei­ne zen­tra­len, ja bei­na­he allei­ni­gen Koor­di­na­ten ansieht und mitt­ler­wei­le alles in der Geschwin­dig­keit eines Maus­klicks erle­digt – Her­stel­lung von Waren eben­so wie die Befrie­di­gung durch Waren.

Es geht auch nicht dar­um, daß etwas neu gere­gelt wür­de. Das meis­te regelt sich offen­bar ganz sys­te­misch tat­säch­lich selbst. Zudem phä­no­me­nal, daß eine „Volks­wirt­schaft“ in ihren glo­ba­li­sier­ten Bezie­hungs­ge­flech­ten immer weni­ger Spe­zia­lis­ten und sogar immer weni­ger Arbeits­kräf­te bedarf und den­noch – auf Kos­ten von Umwelt und Mit­ge­schöpf – eine Ver­sor­gung zu gewähr­leis­ten ver­steht, die so umfas­send ist, daß ein Groß­teil der Bür­ger mit sekun­dä­ren Wohl­stand­er­kran­kun­gen den Ver­wer­tungs­in­ter­es­sen bzw. Repro­duk­ti­ons­kreis­läu­fen des medi­zi­nisch-phar­ma­zeu­ti­schen Kom­ple­xes zur Ver­fü­gung steht und der Kran­ke die Logik des Sys­tems viel eher erfüllt als der Gesunde.

Wobei sich auch das Poli­ti­sche, vor allem die Grund­struk­tu­ren des Öffent­li­chen (Regio­nal­ver­wal­tun­gen, Land­krei­se, Kom­mu­nen, Kul­tur vor Ort), der gna­den­lo­sen Effi­zi­enz­prü­fung durch die Con­trol­ler und Zah­len­wir­te zu stel­len hat. Mag sein, daß ist zwangs­läu­fig so und funk­tio­niert ganz alter­na­tiv­los; aber um so mehr könn­te, ja soll­te kla­re Rede dar­über sein. Ist es aber nicht.

Wäh­rend an der Basis die Effi­zi­enz regiert, mit dem Ergeb­nis hoher Gewin­ne auf der einen und Exklu­si­ons­vor­gän­gen auf der ande­ren Sei­te – alles über­wölbt vom Zah­len­him­mel der Trans­fer­ge­sell­schaft – , ent­stand im Über­bau eine eigen­wil­li­ge Sprech­bla­sen-Kul­tur von soge­nann­ten Grund­ver­ein­ba­run­gen, die offen­bar eine Art Kor­rek­tiv zur küh­len Öko­no­mik der nume­risch zu hand­ha­ben­den Sach­ver­hal­te her­vor­brin­gen will. – War denn je soviel von Chan­cen­gleich­heit, von Gerech­tig­keit, von Teil­ha­be, von Inklu­si­on, Gleich­be­rech­ti­gung, Gleich­stel­lung, Anti­dis­kri­mi­nie­rung, Bil­dungs­ga­ran­tien, För­de­rungs­maß­nah­men und gro­ßer Gemein­schaft im Sin­ne von tota­ler Inte­gra­ti­on die Rede? Beglei­tet von all den Bestim­mun­gen zur Gesund­erhal­tung und zum Schutz des Men­schen vor sich selbst?

Wäh­rend es im Wirt­schaft­li­chen immer genorm­ter zugeht und die Digi­ta­li­sie­rung von Objek­ten und Ver­läu­fen eine tech­nisch opti­ma­le Uni­for­mi­tät schein­ba­rer Fül­le gewähr­leis­tet, also die Wie­der­kehr des immer Glei­chen mit neu­em Eti­kett, ist in der Gesell­schaft gera­de­zu neu­ro­tisch ein­dring­lich von Viel­falt die Rede. Oder genau­er: Von einer Viel­falt des irgend­wie Glei­chen! Hete­ro­se­xu­el­le und Homo­se­xu­el­le, Mann und Frau, Begab­te und Lern­be­hin­der­te, Mus­lim und Christ, über­haupt alle Ras­sen (sic!) und Kul­tu­ren bit­te zu einem über­grei­fen­den Get-tog­e­ther in einem Gro­ßen Frie­den glo­ba­li­sier­ter Gerech­tig­keit ver­eint – etwa so wie all die Waren im Super-Markt kun­ter­bunt bei­ein­an­der, ver­schie­den aus­se­hend, aber inwen­dig doch völ­lig gleich! Bit­te kei­ne Unter­schie­de! Nor­mung! Von der Men­schen­wür­de bis zum Schokoriegel.

Und die Demo­kra­tie aller­or­ten so prä­sent wie frü­her nur Coca-Cola, das Gesöff der Frei­heit, die­ses demo­go­gischs­ten aller Begrif­fe. Man sin­ne über sol­che Bezie­hun­gen nach: Über die allen Segen ver­hei­ßen­de Ganz­tags­schu­le als Glück­se­lig­keits­re­fu­gi­um mit einer Bann­mei­le gegen die böse Welt da drau­ßen, all die auf­dring­li­chen Fes­ti­vi­tä­ten von Viel­falt und Demo­kra­tie, die Pro­jek­te zu Gewalt­prä­ven­ti­on und Kom­mu­ni­ka­ti­ons­trai­ning einer­seits – und über die Herr­schaft des Strich­codes und der Stan­dar­di­sie­run­gen andererseits.

(Bild­quel­le: Michail Potapowich/pixelio.de)

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Kommentare (52)

Erwalf

6. August 2013 10:44

So wie der Schokoriegel Raider zu Twix wurde, wird Mann und Frau zum Selben, Freiheit zum Rauchverbot, Familie zur vorübergehenden Zusammenlebgemeinschaft, Gleichheit zum totalitären Dogma usw. - Wieder kommt Epikur in den Sinn: Lebe im Verborgenen mit Freunden im eigenen Garten. Aber ich weiß: Das ist auch keine Lösung. Wir müssen uns Sisyphos also immer wieder als glücklichen Menschen vorstellen, so schwer es fällt.

Inselbauer

6. August 2013 11:40

Ich nehme diese Verirrungen gar nicht mehr wahr, so lächerlich das auch immer klingen mag. Die Verschleißwirtschaft und ihre Ideologie werden untergehen, und bis dahin muss ich persönlich wie ein Verrückter rackern, um den Verschleiß zu finanzieren. Es ist mir egal, meine Vorfahren wurden in Kriegen verheizt oder sind am Schnaps und der Demütigung zugrunde gegangen, was soll ich für mich an Unglück in Anspruch nehmen.
Ich habe, angestoßen durch eine Bemerkung von Céline, in letzter Zeit ein paar Standardwerke zur Spätzeit von Byzanz angesehen. Etwa um 1350 war man dort auf unserem Niveau: Es entbrannten bösartige Streitereien um das Geschlecht, das man den Engeln zuschreiben sollte; entsprechende Sprachregelungen wurden für Priester zur Überlebensvoraussetzung. Der Kaiser weigerte sich, zu regieren, und er knüpfte Freundschaften mit denen, die die Stadt Konstantinopel überfielen, ja sich zum Gegenkaiser aufschwangen. Fiktive Herrschaftsräume wurden auf dem Papier entworfen, durch Bestechung und Erpressung wurden große Händler dazu gebracht, byzantinisches "Geld" zu verwenden.
Besonders aufgefallen ist mir eine Mordserie, deren erfundene Vorläufer bereits von dem römischen Diplomaten Luitprand um 900 belächelt worden waren: Angeblich habe, so die offizielle Version in Byzanz um 1350, "früher" ein katholischer Abgesandter dutzende Funktionäre des Reichs und deren unschuldige Kinder nächtens abgeschlachtet, sei unentdeckt geblieben und dabei so "vertiert", dass er eine böse Frau, die in Wirklichkeit ein Schakal war, geheiratet habe.
Wer das nicht schluckte, so die Berichte, galt als Staatsfeind---

Dietmar

6. August 2013 14:08

Mir scheint, auch die Vielfalt wird im digitalen Zeitalter binär: Man ist entweder Null oder Eins, soll heißen, man gehört zur reichen Oberschicht oder zum Rest, innerhalb dessen es noch gewisse Schattierungen gibt.

Dafür sorgt die stete Umverteilung der Vermögen von unten nach oben, sei es durch Renten-Nullrunden oder durch die Niedrigzinspolitik, sei es durch prekäre Arbeitsverhältnisse mittels Lohndumping und Aufstocker-Dasein oder durch 'alternativlose' Rettungsausgaben für überschuldete Länder, (zu denen man irrwitzigerweise aber inzwischen selber gehört).

So verkommen Begriffe wie Demokratie, Solidarität, Gerechtigkeit und Selbstbestimmung in Freiheit zu leeren Worthülsen. Und deshalb sollte die Frage erlaubt sein, was die Wirtschaft als 'das Ökonomische' noch wert ist, wenn sie durch ein korruptes Finanzsystem eben nicht mehr frei, den eigenen Gesetzen gehorchend agieren, sondern nur noch im Schatten des global marodierenden Kapitals fremdgesteuert durch Börse und Hedgefonds, durch die Jagd nach dem schnelleren Profit überleben kann.

Wenn solcherart alle Werte unseres Daseins in gleicher Weise reduziert werden auf das Binäre - den Produzenten und den Konsumenten und das Bindeglied zwischen beiden - das Geld, über dessen Wert oder Unwert aber ganz woanders entschieden wird, dann wird der Freiheitsgrad für die eigene Lebensgestaltung zur Zwangsjacke für Sisyphos.

Dietmar

6. August 2013 14:09

Doch doch, ich bin's noch!

Unke

6. August 2013 14:40

Inselbauer, sie sprechen mir aus der Seele

bis dahin muss ich persönlich wie ein Verrückter rackern, um den Verschleiß zu finanzieren [...], meine Vorfahren wurden in Kriegen verheizt oder sind am Schnaps und der Demütigung zugrunde gegangen

So sieht's aus. Ich sage immer, Leute wie ich hätten früher allenfalls als Schlagetot Verwendung gefunden. Da bliebt nur der Weg sich als Landsknecht in Söldnerarmeen zu verdingen.
Nun, der Bedarf an Totschlägern oder -neudeutsch- "Special Forces" ist heutzutage begrenzt. Ob die Rolle der weißen einheimischen Unterschicht aber eine bessere ist? Ihr kommt -im dystopischen Gesellschaftsmodell à la Julian Huxley- der Platz der Arbeitsdrohne zu: arbeiten bis zum Umfallen, um den aufgeblähten Staat (Staatsquote nominell 50%, tatsächlich >70%) zu finanzieren: die guten und angenehmen Jobs für die Weibsen (öD!), schwierige und unangenehme Jobs für die Männer, Vermehrung und leistungslose Transfers für die Migranten.
Sozialismus und Deutschenfeindlichkeit als Staatsraison = Internationalsozialismus = NWO.
Was ich mich seit Jahrzehnten frage: wie kann ich mich als Einzelner in dieser Gemengelage einrichten? Wie sich dem Maelstrohm, dieser Dampfwalze, entziehen?

KW

6. August 2013 17:00

Wie kann ich mich als Einzelner in dieser Gemengelage einrichten? Wie sich dem Maelstrohm, dieser Dampfwalze, entziehen?

Indem man nicht mitmacht an diesem tödlichen globalen Spiel.

Couperinist

6. August 2013 18:07

Fast alle, mit denen ich spreche, vertreten Bosselmanns Kulturpessimismus, mit dem Unterschied, dass sie sich nicht so ausdrücken können. Das sind alles keine Leute, die man als besonders rechtskonservativ bezeichnen würde.

Wo schlägt sich das politisch nieder? Mit Migrantengewalt, Salafismus, Asylbetrug, Euro-Rettungen, NSA-Skandalen ist die Kette an "Halsbandaffären" nicht eben kurz. Also, wieso ist von irgendeiner Reaktion aus der Masse der Unzufriedenen, die um die Angriffe auf ihre Volkssouveränität als Deutsche wissen, nichts zu sehen?

Heino Bosselmann

6. August 2013 19:01

@Couperinist: Vielen Dank! Aber ich ringe auch nur ums Wort. Oft unschlüssig und um so mehr dankbar für Impulse. Zu Ihrem zweiten Absatz: Ich sehe derzeit tatsächlich nirgendwo einen echten politischen Niederschlag. Ebensowenig wie Sie. Eher konsolidiert sich bisher das eingefahrene politische Gebaren. In sich. Tatsächlich als "selbstsreferentielles", "autopoietisches" (Luhmann) System. Insbesondere die Sprache – die Verlautbarungsrhetorik ohne echte Debatten, die Stereotype des Verweises auf "rechts" als einzige politische Polemik, die Erstarrung in rhetorischen Ritualen jenseits der Lebendigkeit einer echten „res publica“ – erscheint mir Ausdruck dessen zu sein. – Was ich mir vorstellen möchte, ist eine Art "kultureller Wende" – so wie sie die Achtundsechziger – anders - von links besorgten. Dazu fehlt u. a. offenbar der Anlaß. Vielleicht fehlt auch einfach die Zahl wacher junger Leute ... Was mir teilweise als Destruktivität übelgenommen wurde: Ich hoffte auf einen Anstoß durch die Krise und sehe die ökonomisch-finanzielle Verwerfung auch als Folge einer ideellen Krise an. Die wiederum spiegelt sich insbesondere in der Bildung. Wer heutzutage bewußt Urteilskraft entwickelt und sich skeptisch, aber offensiv mit den Umständen auseinandersetzt, der ist m. E. schon subversiv bis revolutionär. Im Gegensatz zu vielen anderen läge mir an einer Vitalisierung des Impetus’ der Aufklärung, weniger am Ausweichen in bspw. metaphysisches Erwägungen.

Couperinist

6. August 2013 19:45

@Heino Bosselmann

Ja, ideelle Krise, Krise der Ideen, ist wohl das Schlüsselwort. Auch die AfD kratzt, jedenfalls noch, mit ihrem monothematischen Anti-Euro-Programm eigentlich nur an der Oberfläche. Beim Geld hört der "Spaß" auf, aber fängt er da auch an? Sind es wirklich bloß Windräder, die uns neben dem lieben Geld noch beschäftigen? Ich glaube nicht, denn Metaphysik, also Sinnstiftung, auch Transzendenz, gleich ob religiöser oder profaner Natur, ist m.E. ein menschliches Grundbedürfnis.

Sie haben wohl recht, die "Kulturrevolution" kommt vor der politischen. Der Französischen Revolution ging die Aufklärung, die bürgerliche Emanzipation voran.
Die Jugend (ich bin ja selbst fast noch Jungmann, 28), hungert ganz von selbst nach Transzendenz und Idealismus. Nach meinem Dafürhalten kann für dessen Austrocknung nur die Schule oder die Popkultur verantwortlich sein. Mglw. auch der fehlende "youth bulge".

Belsøe

6. August 2013 20:27

Also, wieso ist von irgendeiner Reaktion aus der Masse der Unzufriedenen, die um die Angriffe auf ihre Volkssouveränität als Deutsche wissen, nichts zu sehen?

Weil man ihnen das verlockende Angebot gemacht hat, den Rüssel ins Füllhorn zu tunken. Während sie das dankbar annahmen, hat man ihnen hinterrücks auch noch die Werkzeuge für ihr angestammtes Leben weggenommen, hier vor allem die echte Bildung (egal, ob man nun als Arbeiter 7 oder als Studierter an die 20 Jahre davon genossen hatte) und die stolze Bescheidenheit zur rechten Zeit.

Die traurige Wahrheit ist: Egal was gelabert wird, den meisten ist ihr Auto praktisch näher als ihre Kultur; man hat sich nur zu gern beherrschen und teilen lassen und ist unfähig zum nötigen Verzicht um einer höheren Sache willen. Für die wenigen Ausnahmen greift Isolierung, Existenzstressung und die Schweigespirale.

Wenn ich dennoch Veränderung wittere, dann deshalb weil man in Südeuropa sehen kann, dass dem System aus stupider Gier heraus langsam die Bestechungsgelder ausgehen. Die nächste Generation Perspektivloser wird eine wieder lesende und klarsichtige Auslese hervorbringen, die dritte wird sich ganz materialistisch ihren Anteil holen. Nur: Schön wird das nicht, man kann allenfalls im Aufzug möglichst nachhaltige Akzente setzen. Der bestmögliche Ausgang wäre wohl eine gleichziehende Entwicklung von Strafparagraphen für all die makroökonomisch wirksamen Verbrechen, die heute gar nicht ahndbar, weil perfekt legal sind.

Rumpelstilzchen

7. August 2013 08:58

Und da ist noch dieser junge deutsche Philosoph, der so aussieht wie einer von uns, und der so frisch daherkommt, dass es Botho Strauß und Peter Schlotterteig nur so davonweht.
Und dieser so offen und sympathisch aussehende junge Denker darf jetzt jeden Sonntag in der Frankfurter Allgemeinen bis zur BTW eine Kolumne schreiben "Worum es wirklich geht".
Und das fängt schon gut an.
Das sollte man lesen. So schreibt Markus Gabriel am 4.8.13 in der FAS:

"...eine Demokratie ist wesentlich eine Gemeinschaft potentieller Dissidenten. Der Dissident gehört hier dazu....
...eine Spähaffäre und der Dichter und Denker Botho Strauß, der den Wert des Idioten hervorhebt ( der sich angeblich raushalten möchte) beschäftigen die Geister....
....man muss die Chance haben, auch mit gefährlichen Gedanken zu spielen. Denn sonst werden die Werte Dissens und Opposition gefährdet...."

Wunderbar, wir sollten uns nicht abspalten, sondern reinhängen !
Sezession = Opposition

Stevanovic

7. August 2013 09:45

Beim Lesen kommen mir ein paar Gedanken:

Die liberale Wirtschaftsform bedingt einige Konsequenzen: Globalisierung, dadurch Modernisierungsschübe und Einwanderung, dadurch immer wieder Brüche in der gesellschaftlichen Statik. Die 68er waren keine Revolution, sie waren eine Deklination (nicht von deren Selbstbild täuschen lassen). Wollen wir Wohlstand, dann müssen wir international Wettbewerbsfähig sein, dann muss die Gesellschaft offen sein, um die Modernisierung umsetzen zu können, etc… Kurz Liberalismus und Wohlstand ohne Einwanderung und Kulturverlust wird nicht gehen. Die wettbewerbsfähige Kuh mit kulturkonservativem Bewusstsein fliegt nicht. Kulturpessimismus oder Konservativismus und Liberalismus haben sich im beide bedrohendem Antikommunismus versöhnt. Diese Klammer ist nicht mehr, die kläglichen Versuche aus dem Islam eine solche zu machen, kann man auf PI lesen. Soll der Kulturpessimismus nicht einfach das Gejammer eines Bodo Strauß sein, muss er sich mit dem Liberalismus auseinandersetzen und das wird Wohlstand kosten. Markt erfordert Dinge, die der Kulturpessimist nicht will. Deswegen lese ich gerne Herr Bosselmann, der stellt sich gegenüber diesen Zusammenhängen nicht blind. Ein marktorientierter Konservativer ist entweder nicht marktorientiert oder nicht konservativ.

„Während es im Wirtschaftlichen immer genormter zugeht und die Digitalisierung von Objekten und Verläufen eine technisch optimale Uniformität scheinbarer Fülle gewährleistet, also die Wiederkehr des immer Gleichen mit neuem Etikett, ist in der Gesellschaft geradezu neurotisch eindringlich von Vielfalt die Rede. Oder genauer: Von einer Vielfalt des irgendwie Gleichen!“ – Kein Zufall.

Nehmen wir am Füllhorn der Globalisierung nicht teil, müssen wir haushalten, das ist das Ende der Einwanderungsgesellschaft, auch des Wohlstandes. Spielen andere Werte als das Materielle eine Rolle, ist die Gesellschaft nicht mehr offen. Das will wieder die deutsche Linke nicht sehen. Offenheit, Wohlstandswachstum und Internationalismus vertragen sich nicht mit Sozialismus und Kulturpflege. Gescheiterte Gedankenpaare sind bedingungsloses Grundeinkommen und Einwanderung. Eine sozialistische Kuh mit offener Gesellschaft ist ebenfalls fluguntauglich.

Die zwei einzigen Ideen, die ich für momentan für durchdacht halte, sind der Linksliberalismus und tja, was? Selbst einem Linksliberalen wie mir fällt auf, dass alles getan wird, selbst einen Begriff für ein Gegenmodell nicht entstehen zu lassen. Gegenmodelle werden moralisch entwertet und dämonisiert. Nationalbolschewismus oder Querfront sind Begriffe einer anderen Zeit, dienen mehr der Dämonisierung. Unangenehmes wird mit Neusprech kaschiert, das ist absolut richtig.

"Insbesondere die Sprache – die Verlautbarungsrhetorik ohne echte Debatten, die Stereotype des Verweises auf „rechts“ als einzige politische Polemik, die Erstarrung in rhetorischen Ritualen jenseits der Lebendigkeit einer echten „res publica“ - Das ist der Punkt, an dem mein Linksliberalismus zu einem Ikea-Faschismus geworden ist.

Die Digitalisierung klopft an die Tür. Wäre Zeit sich in den Schützengräben der Bonner Republik von Lebenslügen zu verabschieden.

Biobrother

7. August 2013 09:59

Das Problem des (speziell angelsächsischen) Kapitalismus ist m.E. nicht so sehr, dass es reiche und arme Leute gibt, sondern, dass dort die positiven Leitbilder der Marktwirtschaft, der ehrliche Kaufmann, der fleißige Handwerker, der Wissenschaftler und kreative Erfinder, zunehmend zugunsten von Heuschrecken und reinen Finanzjongleuren an den Rand gedrängt werden; aufgrund der Dimensionen, in denen letztere agieren, geraten dann ganz nebenbei noch Banken, die Staatsschulden und die Weltwirtschaft an den Rand des Abgrunds.

Der neueste Trend aus den USA, befördert durch die derzeitige Niedrigzinspolitik der Fed, besteht wohl darin, dass große Finanzinvestoren in Form von Private-Equity-Gesellschaften sich praktisch zinslos Geld leihen, damit Firmen aufkaufen und diese dann zwingen, ihrerseits große Geldmengen aufzunehmen und als Dividende an die Investoren auszuschütten. Die aufgekauften und derart ausgeschlachteten Firmen geraten damit an den Rand des Ruins, was in Kauf genommen wird. Nach mir die Sintflut.

https://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/finanzinvestoren-buerden-firmen-rekordschulden-auf-a-914978.html

Biobrother

7. August 2013 10:08

Nachsatz:

Wobei die Niedrigzinspolitik einerseits derart absurde Finanzmanöver begünstigt, andererseits aber private Kleinanleger verarmen lässt und die Altersrücklagen über mangelnde Zuwächse und Inflation aufzehrt, was wohl mindestens ebenso problematisch ist.

eulenfurz

7. August 2013 10:26

Je nivellierter die traditionellen Unterschiede der Bevölkerung,
desto aufdringlicher die Subkulturen, Gleichberechtigungsquoten und Gleichschaltungsinklusionen.

Je sinnbefreiter das eigene Dasein in einer spezialisierten Jobtätigkeit,
desto multipler die ökonomisch eingebetteten Unterhaltungsangebote.

Je kasernierter und strukturierter die Wohn- und Lebensverhältnisse,
desto vielfältiger die Urlaubs- und Pauschalreiseangebote.

Das ließe sich endlos fortsetzen, aber auch auf eine Formel subsumieren:

Je trostloser das Dasein der Objekte unter den herrschenden Zuständen,
desto aufdringlicher die Propaganda von Vielfalt und Pluralismus.

Heino Bosselmann

7. August 2013 16:24

Nachtrag: Las heute im Vorbeifahren die Werbung des "Marktplatzcenters" in Neubrandenburg, eines dieser "Shopping-Center", in dem die immer gleichen Einheitsgeschäfte der immer gleichen Ketten versammelt sind, während die Innenstädte veröden. Auf dem Plakat bezeichnet eine Photoshop-Damengesicht genau dieses "Center" als die "Vielfalt", die sie sich wünscht. Eben blickte ich auf die Website: Dort wird mit Inidividualität gepunktet: https://www.marktplatz-center.de/: "Früher war ich wie alle. Heute bin ich wie ich." Dazu ein Konsumentinnengesicht – so glatt, daß man es sich wenigstens in bezug auf individuellen Ausdruck nicht merken wird. Diese eigenwillige Beziehung meine ich: Markttaugliche Uniformität als Individualität zu propagieren.

Stevanovic

7. August 2013 17:33

Das ist der unauflösbare Dadaismus der Marktwirtschaft und ihr Herzstück: Individuelle Ansprache für standardisierte Produkte.

Das ist kein kultureller Auswuchs, das ist die natürliche Konsequenz.

Ohne das geht es nicht. Wer A sagt, muss mit B leben.

Das Beispiel ist aber auch besonders schlechtes Werbehandwerk.

Heino Bosselmann

7. August 2013 17:53

Wohl wahr! – Interessant ist dabei aber auch, daß sich diese "Wirkungsästhetik" immer deckungsgleicher auf das Politische überträgt. Aufschlußreich der geschichtliche Vergleich von Werbeplakaten: Wurden einst ganze Bleiwüsten an Text oder veritable Kunst geboten, reichen heute Ellipsen: KLUG AUS DER KRISE. In Hamburg tat es ja mal die Farbe Orange mit OLE. Aber zurück zum Thema: Menge braucht Normung, und Normung nivelliert. Wie die Ware, so den Menschen. Kultureller Widerstand, sich darin Eigenständigkeit zu behaupten.

Biobrother

7. August 2013 18:00

Bei der oben geschilderten Art der Werbung orientiert man sich offenbar bewusst oder unbewusst an einer gesellschaftlichen Gruppe von Leuten, die man als "Bobos" (bourgeoise Bohemiens) bezeichnet, und die als werbewirksame Ikonen eine Art schicke und (pseudo(?)-)individualistische städtische Elite verkörpern sollen. Einerseits kapitalistisch, gut ausgebildet, erfolgsorientiert und konsumfreudig, andererseits aber auch kreativ, entspannt und natürlich mit kritischem Bewusstsein für die Schlechtigkeit unserer schnöden Welt. Die Latte-Macchiato-Bohème. ;-)

https://de.wikipedia.org/wiki/Bobo_%28Gesellschaft%29

Belsøe

8. August 2013 10:08

Das Problem des (speziell angelsächsischen) Kapitalismus ist m.E. nicht so sehr, dass es reiche und arme Leute gibt, sondern, dass dort die positiven Leitbilder der Marktwirtschaft, der ehrliche Kaufmann, der fleißige Handwerker, der Wissenschaftler und kreative Erfinder

Wo haben Sie das denn her? Die Genannten sind nie Leitbilder einer Marktwirtschaft gewesen, sondern gehören einer Zeit an, in der Protektionismus, Stände und Gilden und eine aristokratisch regierte, gerade nicht "den Markt" hofierende, sondern ihn steuernde Gesellschaft die Wirtschaft umrahmte - und zwar offensichtlich mit einigem Vorteil für diese Leute. Dass es sie in der BRD noch gab, war eine reine Konzession, um den Ostblock moralisch in Schach zu halten.

Die ökonomische Freiheit und Produktivität des Volkes beginnt mit Sicherheit; das, was Marktgläubige aber wollen, ist existenzieller Dauerstress und das Recht des Zahlungskräftigen. Die reine Marktwirtschaft ist eine Ideologie aus Amerika, gemacht von und für die dortigen Eliten. Die Widersprüche, in die sich die USA verstrickt haben, als die ursprüngliche Chancengleichheit der Siedler sich nach Generationen gewalttätig in eine (wenn auch lockere) Klassengesellschaft sortiert hatte, werden von den Eliten dort bis heute durch brüllenden Ökonomismus übertüncht. Und darum ist es dort auch sehr wohl ein Problem, dass es Arm und Reich gibt, besser gesagt: WIE man dort arm oder reich wird, bleibt und ist.

Biobrother

8. August 2013 11:00

@ Belsøe

Eine interessante Antwort; ich muss gestehen, dass Sie damit vermutlich nicht ganz Unrecht haben und ich das Obige anders formulieren sollte: Der produktive Unternehmer, Erfinder und Ingenieur wird (aus verständlichen Gründen) eher als Werbeikone für den Kapitalismus bemüht als der letztlich "unproduktive" oder zumindest in undurchsichtige Geschäfte verwickelte Spekulant oder Geldverleiher, was vermutlich nicht alleine religiösen oder "antisemitischen" Affekten im Bezug auf das "schaffende bzw. raffende Kapital" geschuldet ist. Selbst die jüdische Kapitalismus-Ikone Ayn Rand bemühte in ihren Werken eher erstere Gruppe als Helden und Sympathieträger. Dennoch bildet die erstere Gruppe natürlich auch im rüdesten Finanzkapitalismus eine unverzichtbare Säule; wo nichts produziert oder erbaut wird, wäre auch letztere Gruppe arbeitslos.

Schopi

8. August 2013 11:47

"...Kurz Liberalismus und Wohlstand ohne Einwanderung und Kulturverlust wird nicht gehen..."

Na dann ist doch alles in Ordnung, und wir leben in den besten aller Welten. Wozu noch Kritik?
Fragt sich nur, wie Japan mit seiner fast zu 100% homogenen Bevölkerung es schafft, im world-ranking vor den europäischen Staaten zu liegen?

Belsøe

8. August 2013 11:53

Das ist völlig richtig. Kurz gesagt: produktive Realwirtschaft dient nur noch als bürgendes Vehikel für leistungslose Vermögensschöpfung. Auch nach außen hin, denn natürlich sieht ein tatkräftiger Unternehmer besser aus als Erben und Zahlenjongleure.

Die derzeitige Krise dürfte nichts anderes sein als das endgültige Überziehen dieses Lügenspagats: Man kommt nicht mehr hinterher, die leeren Zahlenvorgaben im gewünschten Tempo mit Leben zu füllen. Wir alle arbeiten den Renditevorschüssen einer kleinen Gruppe hinterher.

Schlecht übergehbare Akteure denen z.B. Boden, Produktionsbetriebe usw. also die Realwerte eines Landes gehören, erhalten Vorteile, Subventionen, billiges Geld und überblähte Preisen - natürlich zahlen dieses Schweigegeld die relativ Besitzlosen. Bei einer echten Systemveränderung hätten wir zum Beispiel die meisten Landwirte sofort zum Todfeind.

Ich glaube schon lange nicht mehr daran, dass es Hartzer oder Frührentner sind, die mich teuer zu stehen kommen.

Stevanovic

8. August 2013 12:34

Na dann ist doch alles in Ordnung, und wir leben in den besten aller Welten. Wozu noch Kritik?

Genau das sollte nicht meine Pointe sein.

Fragt sich nur, wie Japan mit seiner fast zu 100% homogenen Bevölkerung es schafft, im world-ranking vor den europäischen Staaten zu liegen?

Japan schrumpft seit zwei Jahrzehnten und hat sich auf das Schrumpfen eingestellt. Wirtschaftlich, politisch, strukturell, vor allem wirtschaftlich. Viel wurde über Kredit gelöst, die Verschuldung liegt bei 200%, jenseits aller griechischen Verhältnisse, das macht Japan gerade zu einem spannenden Model. Ob Japan Zukunft hat, sehen wir noch. Übrigens Süd-Korea, ebenfalls sehr homogen, sucht händeringend Einwanderer, die keine Chinesen sind. Lustigerweise auch in Deutschland. Gerade weil sie nicht an das japanische Modell glauben.

Darauf wollte ich hinaus: Es ist wohlfeil, über Einwanderung zu klagen, wenn man nicht den Gedanken zu Ende bringt. Die Rolle Deutschlands, seine Wirtschaft, sein politisches Gewicht, seine Struktur müssten angepasst werden. Dazu sind die deutschen Entscheider (damit meine ich nicht Claudia Roth) nicht bereit. Nicht nur diese, ganze Lebensmodelle, die Altersvorsorge, Kapazitäten. Dem stellt sich hier keiner. Deswegen gibt es die Multikulti-Dröhnung. Nicht damit Deutschland bunt wird, sondern damit der Markt erhalten bleibt. Damit Deutschlands Struktur bleibt, wie sie ist. Ist Ihnen außer Japan ein weiteres Industrieland bekannt, das diesen Weg nicht geht? Eben, die haben alle keine Antwort darauf, was zu tun ist, wenn der Markt schrumpft und der Kuchen kleiner wird. Japan bezahlt das mit 200% Verschuldung. Deswegen wird migriert, was das Zeug hält.

Hat Sie denn niemand gefragt, ob Sie das so wollen?

Biobrother

8. August 2013 12:42

@ Belsøe:
Ich bin kein Ökonom, vermute aber, dass die Sache doch etwas komplexer ist. Dass sich Firmen am Markt über die Ausgabe von Aktien oder über Bankkredite mit Investitionskapital versorgen können, ist zunächst mal ja nichts Schlechtes, ebenso, dass der Investmentmarkt aussichtsreiche neue Entwicklungen unterstützt; es sind wohl eher windige Investitionsgeschäfte und Investmentblasen nach dem Prinzip "den Letzten beißen die Hunde", die hier problematisch sind. Oder auch das gezielte Ausnutzen von Schwachstellen der allgemeinen gesetzlichen Lage. (Dass die Zinsen derzeit so niedrig sind, soll den überschuldeten Staaten wohl auch dabei helfen, sich über Niedrigzins und Inflation auf Kosten privater Rücklagen der Sparer selbst zu entschulden, auf das obige Modell, nicht mehr über hohe Zinsen das Kapital zu mehren, sondern ersatzweise Firmen bis zur Halskrause zu beleihen und dann notfalls pleite gehen zu lassen, musste man dagegen erst mal kommen.)
@ Schopi:
Dass Japan im Vergleich zu Europa so gut dasteht, hat wohl mehrere Gründe: Ostasiatische Begabung und Arbeitsdisziplin, hohe Bindung an die Firmen, "Arbeitsdrill", im Vergleich zu Westeuropa geringere Arbeitnehmerrechte, die Spezialisierung auf bestimmte Branchen wie Mikroelektronik und Mikrobiologie, allgemeine Technikbegeisterung, ein Staat, der Unmengen an geliehenem Geld in die Wirtschaft pumpt (dadurch aber auch horrende Verschuldung des japanischen Staates) etc.

Die relative Homogenität der japanischen Bevölkerung und Kultur ist sicher hübsch anzuschauen, zumal die japanische Kultur auf Außenstehende ja durchaus sehr filigran und ansprechend wirkt, die Gründe für den Erfolg Japans liegen aber m.E. eher woanders. Und die starke Überalterung der dortigen Gesellschaft ist vermutlich auch in Japan ein echtes Problem.

Hier noch ein Link für diejenigen, die japanische Mikrobiologie interessant finden:

https://www.welt.de/wissenschaft/article5933655/Schleimpilz-organisiert-sich-wie-Tokios-Bahnnetz.html

Rumpelstilzchen

8. August 2013 13:28

@ Stevanivic

Danke für Ihre wirklich anregenden Beiträge, die es so ziemlich auf den Punkt bringen.
Und es bleibt die dumme Frage, die wohl niemand beantworten kann:
Warum darf der Markt nicht schrumpfen? Warum muß die Wirtschaft wachsen?
Wir leben doch schon im Paradies. Toller kann es für den Einzelnen doch gar nicht werden.
Und kann das Paradies erhalten bleiben, wenn auch die Armutsmigranten da hineinwollen?
Oder müssen wir die Vorstellung vom Paradies ändern?
Wir haben das Geschichtsziel, von dem die Altvorderen träumten, doch fast erreicht. Nur, es hapert mit der Gerechtigkeit.
Der Papst hat in Lampedusa auch keine Antwort gegeben.
Gibt es das Paradies nur mit einer großen Mauer drumherum ?

Stevanovic

8. August 2013 14:27

@Rumpelstilzchen

Ganz ehrlich: Keine Ahnung.

Ich traue mir leidlich zu, eine Wenn-dann-Kombination zu erkennen: Auf bestimmtes A folgt logisch ein bestimmtes B. Welches A ich wählen muss, um auf ein bestimmtes B zu kommen… da scheitern Klügere.

Das mit dem Paradies ist so eine Sache: Dass wir auf dem Weg in das Paradies sein sollen, ist mir so nicht aufgefallen. Ich kann mich an Emanzipation und Selbstbestimmung erinnern, ziemlich anstrengende Sachen; dass wir aber Paradiese ansteuern wollen, war mir so nicht bewusst. Auch dass der liebe Gott Adam und Eva aus dem Paradies vertrieben hat, war mir auch nicht so ganz klar.

Wie sie sehen, bin ich zur Zeit ratlos. Wie alle Ratlosen kritisiere ich nur. Es auf den Punkt zu bringen, das reicht eben nicht.

ene

8. August 2013 15:58

@ Stevanovic

Ich finde Ihre Ausführungen spannend und bemühe mich darum, als Total-Laie zu folgen. Sie sagten: Die ganze "Bereicherung" usw. wird uns nahegebracht, damit sich nichts zu ändern braucht an den grundsätzlichen Strukturen unseres Gemeinwesens, an Ansprüchen usw. Habe ich das richtig verstanden?
Also: Man propagiert Veränderung, "Weitoffenheit", "Multikulti" usw. - um Veränderung zu vermeiden?
Dies kann aber logischerweise nur eine gewisse Zeitlang so gehen - bis die hergebrachten "Lebensmodelle", die man erhalten will, ihrerseits ins Schlingern kommen. Wie lange kann man "Strukturen" erhalten durch Einwirkungen, die eine ganze Gesellchaft verändern müssen?
Sie werden mir vielleicht antworten, Sie seien kein Orakel -?

Unke

8. August 2013 18:00

@Belsøe
Ja,ja, das ist alles nicht ganz unbekannt; früher unterschied 'man' zwischen "raffendem und schaffendem Kapital".
Nicht ganz zu Unrecht, finde ich.
Und wenn tausendmal die Antifa-Keule geschwungen wird, die Deutungen auf (alt)marxistischer ("hoch übersetzte Finanzmärkte"), libertärer ("Financialisation", d.h. heillose Schuldenschwemme durch aus dem Nichts geschaffenes Zentralbank- = Schein- bzw. Falschgeld), oder etablierter Seite (Frage des Interviewers an Peer Steinbrück, BuFinaMi 2009 "was sind die Ursachen der Finanzkrise?" -"das angloamerikanische Finanzwesen") lassen keinen anderen Schluss zu, als dass damals eine Einsicht auf den Punkt gebracht wurde.

Mit vielen anderen Einlassungen hier kann ich mich nicht anfreunden, aber das sind letztlich Details - die zu diskutieren sprengt mein Zeitbudget.
Beispielsweise Japan: Das mit der Arbeitsdisziplin etc. ist ja eine nettes Narrativ; tatsächlich dürfte es so sein, dass auch der Japaner als solcher den lieben Gott/Buddha einen guten Mann sein lässt, nach Möglichkeit. Wie sonst ließe sich der Griff in die Staatsschatullen (immer wieder mit Zentralbankgeld aufgefüllt) erklären? Das sind leistungslose Transfereinkommen, die vor allem in einheimischen Dienstleistungssektor und der Bürokratie erzielt werden!
Produziert wird weitgehend in der "ostasiatischen Wohlstandssphäre" (Indonesien etc... OK, gehe mir den Mund ausspülen ;-) und im Lande rödeln sich ein paar wenige Hansel mit enormer Produktivität ab. Das sind die Arbeitsbienen.
Tolles Geschäftsmodell! Um die japanische Industrie nach 2 Jahrzehnten Stagnation wieder anzukurbeln, druckt die BoJ viele JPY als gäbe es kein Morgen (-> Abenomics). Macht den Yen im Vergleich zu EUR, USD etc. billiger und pusht die Exportindustrie. Na denn.

Gold Eagle

8. August 2013 18:00

Die Globalisierung wir je weiter sie voranschreitet die Notwendigkeit der Arbeitsmigration eher verringern. Das hört sich paradox dan. Es ist aber einfach effektiver, die Fabriken zu den Leuten zu bringen als umgekehrt. Wenn ich eine Fabrik in Asien baue, dann kann ich die Arbeitnehmer zu sehr geringen Löhnen beschäftigen. Sobald ich die Arbeitnehmer nach Deutschland bringe, fallen sie unter das deutsche Arbeits- und Tarifrecht und kosten bald genauso viel wie deutsche Arbeitnehmer. Darum war ja die Einwanderung nur für sehr kurze Zeit ökonomisch effektiv. Dann haben die deutschen Unternehmen angefangen auszulagern, und die Gastarbeiter haben sie dem Sozialstaat überlassen. Alles, was danach kam, war keine Einwanderung aus ökonomischen Gründen, sondern Asylrecht und Familienzusammenführung.

Die klassischen Tätigkeiten der Gastarbeiter werden immer weniger gebraucht. Nicht umsonst ist Japan führend im Bereich der Roboter-Forschung. Was ich brauche, das sind Menschen, die Produktionsprozesses überwachen und Maschinen steuern können, und das kann man bald von überall aus. Nicht einmal mehr die Soldaten müssen in Zukunft vor Ort sein, um Krieg zu führen. Die bedienen einen Joystick in Kalifornien und steuern eine Drohne in Pakistan. Das kann man auch schon mit Panzern machen, und an Robotern, die Infanteristen ersetzte, wird schon gearbeitet. Wie beim Internet wird sich das dann bald auch im zivilen Bereich durchsetzen. In den USA gibt es die erste Drohne, die Pizza ausliefert.

Gerade im Online-Zeitalter ist es gar nicht mehr notwendig, unbedingt vor Ort zu sein. Man bekommt seinen Auftrag online, arbeitet das Projekt aus, schickt es online zurück und bekommt dann sein Geld überwiesen. Ich muss die indischen Software-Experten nicht nach Deutschland holen, sie können ihre Arbeit auch gut in Kalkutta oder wer weiß wo machen. Dort aber zu wesentlich niedrigeren Mieten und bei ihren Familien. Das ist gar keine Utopie: Ich kenne Unternehmer, die genau so arbeiten.

Globalisierung kann auch heißen: Ich kann mein ganzes Leben in einem Gebäude verbringen, ohne es je verlassen zu müssen. Man kann von einem Haus auf der Schwäbischen Alb die technischen Prozesse in einem Kraftwerk in Südafrika überwachen. Vielleicht muss man alle zwei Wochen einmal zum internationalen Meeting fliegen. Aber auch Verhandeln und Absprachen führen kann man inzwischen schon per Video-Konferenz. Auf diese Weise wird sich im Übrigen auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf von selbst erledigen.

Zu Japan:
Japan stagniert nicht deshalb, weil es keine Einwanderung hatte. Japan hatte in den achtziger Jahren durch eine Politik des billigen Geldes eine riesige Kreditblase aufgebaut. Es gibt drei Möglichkeiten, wie man damit umgehen kann. 1. Man nimmt einen Crash in Kauf. 2. Man riskiert eine Hyperinflation. 3. Man lässt die Luft langsam aus der Blase, was bedeutet, die Krise ist zwar nicht so drastisch, dauert aber sehr, sehr lange. Weil die japanische Gesellschaft sehr stabilitätsorientiert ist, haben sie sich für die dritte Variante entschieden.

Was die hohe Verschuldung angeht: Deutschland ist genauso hoch verschuldet wie Japan. In Japan ist die Altersvorsorge durch Staatsanleihen abgesichert, wodurch sie in die Schuldenstatistik eingeht und in Deutschland durch Ansprüche an die Rentenkasse, was in der offiziellen Statistik nicht auftaucht.

Langfristig sehe ich Japan trotz der finanzpolitischen Dummheiten, die sie derzeit machen, vor Deutschland. Man sollte sich einfach einmal die unterschiedliche Reaktion auf Fukushima ansehen.

Stevanovic

8. August 2013 18:23

@ ene

Also: Man propagiert Veränderung, „Weitoffenheit“, „Multikulti“ usw. – um Veränderung zu vermeiden?

Sie können es in jeder Rede über Einwanderung hören: Wir brauchen Zuwanderung, um unseren Wohlstand zu erhalten. Demographische Kurve, Facharbeitermangel, Pflegenotstand, die Bedeutung Deutschlands in der Welt… glauben Sie den Zeitungen, da steht alles drin. Es dreht sich nur um ein Thema: Wie erhalten wir die Strukturen. In Offenbach sind über 50% der Bewohner Migranten. Wenn die nicht da wären, wäre die Stadt ein Dorf. Stuttgart ein Altersheim. Keine moderne Gesellschaft hat das demographische Problem gelöst, auch Verweise auf einzelne Länder sind irreführend; es sind die Migranten, die die Zahlen hoch halten. Auch in Frankreich. Rechnen Sie die raus, sind die Unterschiede marginal. Das ist keine Panikmache, das ist Tatsache. Die ganze Migration dreht sich nur darum, Strukturen zu erhalten: Krankenhäuser, Produktionsanteile, Immobilienwerte. Es gibt dazu richtig gute Studien von Bertelsmann und anderen unternehmensnahen Think Tanks. Die Rechnung ist immer die gleiche: die deutsche Bevölkerung verliert jedes Jahr die Stadt Aachen. Was machen Sie, wenn Sie zwei Häuser im Alter vermieten wollen? Und keiner ist da, der mieten kann.
Nun ist es so, dass sobald z. B. muslimische Migranten in Deutschland integriert sind, diese selbst so wenige Kinder wie die Deutschen bekommen. Das Bild der dauerwerfenden Türkenmama stimmt vielleicht am Anfang (Ausnahmen finden Sie auf PI). Dann brauchen wir natürlich neue. Der Spaß hört also niemals auf. Es ist in keinem westlichen Land anders. Für sentimentalen Ballast wie Kultur bleibt da wenig Zeit. Sie kennen den Spruch: Damit Dinge bleiben, müssen Sie sich ändern. Die Entscheider haben entschieden: Von den deutschen Strukturen ändert sich das „deutschen“ damit Strukturen bleiben kann.

Deswegen ist für mich der Protest gegen Einwanderung, solange er sich auf Ärger wegen schlecht integrierter Moslems beschränkt, gar eine Islamisierung fabuliert, das Bohren des dünnsten Brettes. Türkische Intensivtäter mag keiner. Islam ist offensichtlich anders. Auch die Erklärung, die Grünen dürften Multikulti-Amok laufen, wegen der deutschen Vergangenheit und suchen sich ein willfähriges Volk – das ist alles Stuss. Mag sein, dass einzelnes zutrifft. Ist aber alles nicht der eigentlicher Grund. Deswegen wir es auch nichts bringen, wenn DIE integriert sind, weil wir Morgen neue brauchen. Na, auf den Stress vorbereitet?

Heute bin ich sehr geschwätzig. Wie immer: Hören Sie eine Gegenmeinung.

Schopi

8. August 2013 19:49

Also sterben wir aus und die Strukturen überleben?

Das glaube ich nicht - die Einwanderung ist staatlich gelenkt und finanziell gefördert. Wenn aber beide Eltern Vollzeit schuften müssen, um einen 3 Personen Haushalt abzusichern, so ist das auch staatlich gelenkt (Niedriglohnsektor, Steuerabgaben etc)

Es ist noch nicht lange her, da reichte ein Einkommen, auch eines Arbeiters, um eine Familie mit 3-4 Kindern zu ernähren. Nein, aber heute braucht man Steuergelder um die dümmsten der Dummen ins Land zu lassen, zu alimentieren und um sich fortzupflanzen? Und bitte jetzt nicht die paar Ärzte aus dem Ausland hochjubeln. Schätzungsweise 2/3 aller hier Eingewanderten sind hier überflüssig, auch wenn sie arbeiten, meist doch auch in ihrem subkulturellen Umfeld, oder brauchen sie jetzt unbedingt die 1 Millionste Pizza- oder Dönerbude, auf solche "Strukturen" kann man verzichten.

Unke

8. August 2013 19:53

@Stevanovic
Sie haben vollkommen recht; mein Reden schon seit langem.
Das ändert aber nichts daran, dass die Einwanderung ein volkswirtschaftliches Verlustgeschäft ist. Der Systemerhalt hat eben nicht nur mit dem Verschuldungsgrad zu tun (dann hätten wir 15 Mio MiHiGrus weniger), sondern, wie sie sehr richtig formulieren, mit dem Aufrechtererhalten des potemkinschen Dorfes status quo. 80 Mio "Deutsche" hört sich nun mal besser an als 65 Mio. 65 Mio selbstverantwortliche Mittelschichtler brauchen nur ein Bruchteil der staatlichen Betreuungsindustrie Infrastruktur, die bei 15 Mio+ Hochbedürftigen bereitgestellt wird!

Stevanovic

9. August 2013 08:48

Dank an das Forum und die Leser für die Geduld. Etwas muss ich abschließend noch loswerden, dann seit ihr mich wieder los:

Ich habe das Buch „Warum Konservative immer verlieren“ noch nicht gelesen. Mir fällt aber auf, dass Konservative Fragen schlicht nicht beantworten. Die Frage, die jeden Geschäftsführer, Bürgermeister, Verbandspräsidenten, Klinikdirektor, Vertriebsleiter, selbst Pfarrer oder, abgekürzt, das konservative Rückgrat der Gesellschaft, beschäftigt, ist die Frage der Strukturanpassung. Schaut euch die Themen der Think Tanks an. Aus eigener Erfahrung: Meine Freunde von der Jungen Union fragten mich in den Achtzigern immer, ob ich wieder nach Hause will (kürzlich wurde an Kohls putzige Pläne von 1983 erinnert – seit dem war klar, dass die Gastarbeiter nicht gehen werden). Bis 1992/93 war ich Gastarbeiterkind. Und plötzlich wurde ich Migrant. Was ist da passiert? Nach der Wiedervereinigung wurde ein Trend sichtbar: Demographie. Im Osten brach die Geburtenrate ein, im Westen sank sie weiter. Die Russlanddeutschen konnten die Lücke nicht ewig füllen. Meine Freunde von der Jungen Union begriffen, dass, wenn das so weitergeht, Herr Papa seine Apotheke schließen kann und auch das Mehrfamilienhaus wohl an Wert verliert, wenn niemand drin wohnt. Linker Zeitgeist? Ich lach mich krank! Das waren harte, unromantische Fakten. Jetzt schaut euch die Probleme heute an, 20 Jahre später. Die Prognosen hatten Recht: Ohne Migranten gäbe es hier Millionen Menschen weniger. Habt ihr kürzlich mal versucht, eine Lehrstelle mit einem Biodeutschen zu besetzen? Googelt nach der Studie des Bayrischen Zukunftsrates von 2011. Da geht es nicht um Migration, es geht um ländliche Förderung. Da bekommt ihr aber einen Eindruck, was Entscheider so umtreibt: Knapper werdende Ressourcen und Aufteilung des kleineren Kuchens. Interessant auch der Shit Storm aus der Provinz: Dabei geht es da um Buslinien und Umgehungsstraßen. DAS bewegt das konservative Rückgrat der Republik.

Wenn jemand einen glaubhaften, relevanten, konservativen Standpunkt entwickeln will, dann muss er zuerst die Frage des Wachstums und der Struktur beantworten. Soll die Antwort glaubhaft sein, muss sie Schrumpfung, Strukturanpassung und Bedeutungsverlust beinhalten. Die Idee, ohne Migranten bleibt alles wie es ist, der stolze Adler breitet seine Flügel aus und erhebt sich in die Lüfte, glaubt seit 1992 nicht mal mehr die Stahlhelmfraktion der Jungen Union. Fragt sie, warum sie Ausländer nicht mögen und trotzdem für Einwanderung sind, lasst euch nicht mit deutscher Vergangenheit und Grünenterror abspeisen! Da liegt das Baumaterial für ein ehrliches Fundament, auf dem man dann glaubhaft Positionen zu Einwanderung, Wirtschaft und Kultur formulieren kann. Das infantile Überraschungseiprinzip: Spiel, Spannung UND Schokolade! sollte man getrost der PI-Fraktion überlassen. Deren Kommentar zu der Identitären Aktion in Lüneburg spricht Bände. Die Aktion war nicht großes Kino, sie zeigt aber, dass da jemand mitdenkt und versucht Fragen zu beantworten.

Ehrlich gesagt, komme ich mir vor wie Buffalo Bill, der nach seinem Sieg dem Bau der schmutzigen Eisenbahn zuschaut und wehmütig in der Prärie nach seinen verschwundenen Indianern Ausschau hält. Die letzten von ihnen haben das Kriegerleben aufgegeben und den Stamm der Idiotes mit Botho Strauß als Schamanen gegründet. Leute, so geht es nicht weiter.

ene

9. August 2013 11:12

@ stevanovic

"abschließend" - bitte nicht ! Schauen Sie recht oft hier vorbei!
Ich finde Ihr Beiträge sehr bedenkenswert.

Rumpelstilzchen

9. August 2013 12:51

@Stevanovic

Ehrlich gesagt, komme ich mir vor wie Buffalo Bill, der nach seinem Sieg dem Bau der schmutzigen Eisenbahn zuschaut und wehmütig in der Prärie nach seinen verschwundenen Indianern Ausschau hält.

Den gleichen Gedanken entfaltet 1926 Romano Guardini seinen Briefen vom Comer See. Dort beklagt er den Sieg der nordischen Technik über die südliche Natur.
Verwundert war ich über folgende Passage:
"Der Mensch ist nicht mehr so hineingegeben in den Bereich von Wind und Wasser, wie Vogel und Fisch. Ich habe einmal gelesen, wie bei einem Fischervolk der Südsee die Menschen sich, auf einem bloßen Brett reitend, in die Brandung werfen, zum Spiel, zur Lust! Welch unendlicher Rausch der Naturverbundenheit muß über einen solchen Menschen kommen."(Guardini)
1926 gab es weder Surfbretter noch Südseeurlaube für Europäer.

Was die Sehnsucht nach den verschwundenen Indianern betrifft, auch diese Sehnsucht wird von der "globalen Wirtschaft" bedient, etwa durch Surfbretter. Aber auch die Tatsache, dass 25 Prozent der unter dreißigjährigen Deutschen tätowiert oder gepierct sind, ist durchaus der Flucht in den Naturzustand geschuldet. Und ein Geschäft.
Und auch das Geschäft mit Buddhafiguren floriert. Gefühlt jeder zweite deutsche Haushalt hat einen. Das Geschäft entgeht der katholischen Devotionalienhandlung.
Wo das Eigene selbst zum Geschäftszweig verkommt, sind wir wirklich ein Stamm von Idioten.
P.S: Heute mal eine spannende Diskussion. Danke und weiter so.

Konservativer

9. August 2013 20:55

Sind wir ein Einwanderungsland ?

Einwanderung ohne Bedingungen, d.h. überwiegend eine Einwanderung in die Sozialsysteme.
Kosten: bislang erheblich über 1 Billion Euronen !

Frage: wann kommt der wirkliche Nutzen für die geplagten Steuer- und Abgabenzahler ?

Philosophisches Quartett: Einwanderung ins dt. Sozialsystem:

https://www.youtube.com/watch?v=jAkLHYNRUkI

Einerseits wird gesagt, wir brauchen Menschen, andererseits werden Jahr für Jahr um die 100.000 ungeborene Menschen getötet, oftmals erheblich mehr. Die wenigsten Abtreibungen erfolgen aufgrund medizinischer, kriminologischer und eugenischer Indikationen.

https://www.pro-leben.de/abtr/abtreibung_daten.php

Potentiell eigene Nachkommen wurden bzw. werden (zumeist rechtlich abgesegnet) abgetrieben, dieser Verlust soll durch Einwanderer ausgeglichen werden.

Die Weichen wurden seinerzeit falsch gestellt (auf Entkriminalisierung), die Toten werden nicht mehr lebendig, insofern ist Robert Hepp zuzustimmen: "Hätte der Hund nicht geschissen,hätte er den Hasen gehabt" (in "Zuerst!", Juli 2013).

Andrenio

10. August 2013 00:02

Da sich erfreulicher Weise eine Diskussion auch um Wirtschaftsmodelle entwickelt, möchte ich allen Beteiligten die Lektüre der "Österreichischen Schule" anraten. Gerade die Lektüre "Bürokratie" von Ludwig von Mises beendet: Herausragend (wenn man die Devotionalien an seine neuen Machthaber 1944 wegstreicht).
Jeder sollte eine genaue Vorstellung des Begriffes "Grenzproduktivität" haben, bevor er Tränen über Niedriglohngruppen vergießt.
Ohne Fleiss keinen Preis: In meiner Umgebung kenne ich keinen einzigen der Boatpeople, die als Flüchtlingskontingent übernommen wurden, die nicht studienmäßig und wirtschaftlich erfolgreich wären.
Anfrage: Wer wäre bereit all sein Hab und Gut zu verkaufen, um irgendwo im sich leerenden Mecklenburg oder anderswo eine kleine Republik Andersdenkender zu gründen? Meine früheren Nachbarn von Nebenan schafften das mit € 100.000: €40.000 für Haus und 30 ar, € 60.000 Renovierung in Eigenregie, also keine Wahnsinnssumme. Eine Eliteschule wäre dann vielleicht auch drin, Herr Bosselmann?
In Zeiten des Internets könnten viele Dienstleistungen angeboten werden, ohne gleich als Selbstversorger vor Ort leben zu müssen.
Ausgezeichnete Pädagogen wie Herr Weißmann könnten auch per Videokonferenz unterrichten. Überhaupt: Was spräche dagegen gleich auf die modernsten Technologien einzusteigen?
Eine erstklassige ärztliche Versorgung könnte auch für die älter werdende rechte Elite als Rahmen eines Altersruhesitzes attraktiv sein.
Es braucht nicht einmal ein abgeschiedenes Tal frei nach Ayn Rand sein, wo sich die Elite der Aussteiger trifft.
Eine Dönerbude für die sicher immer wieder auftauchende Antifa könnte für das Gesamtprojekt durchaus profitabel sein.

Rumpelstilzchen

10. August 2013 08:57

Göttingen. - Ureinwohner, die öffentlich für die Menschenrechte ihrer Gemeinschaften eintreten, sind in vielen Ländern der Welt in großer Gefahr. Darauf macht die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) anlässlich des Internationalen Tages der indigenen Völker am 9. August aufmerksam.

"Indigene Menschenrechtsverteidiger sind doppelt bedroht: Sie werden nicht nur wegen ihres Engagements von Polizei, Behörden, Großgrundbesitzern und Wirtschaftskonzernen bedroht, willkürlich verhaftet, verfolgt oder sogar ermordet. Da die Ureinwohner keine einflussreiche Lobby im eigenen Land haben, gehen ihre Verfolger auch besonders rücksichtslos gegen sie vor und werden für ihre Verbrechen häufig nicht bestraft", berichtete die Menschenrechtsorganisation.

Ein Schelm , wer Böses dabei denkt.

Die Kommunisten wollten die klassenlose Gesellschaft.
Die Kapitalisten wollen die rassenlose Gesellschaft.

Stevanovic

11. August 2013 11:38

So ganz lassen kann ich es nicht:

@Konservativer

Vielen Dank für den Link!
https://www.youtube.com/watch?v=jAkLHYNRUkI

In der Gesprächsrunde wurden zwei Zahlen genannt, die wichtig sind, um die ganze Migrationsgeschichte zu verstehen:Eine Billion Kosten und 95% ohne Bildung. Es gibt bestimmt andere Zahlen, niedrigere und höhere, aber nehmen wir die Werte als gegeben. Migranten leben von der Hand in den Mund, nehmen wir auch das als gegeben.

Was machen wir jetzt mit dieser Information? Sie sehen, dass selbst die größten Denker der Republik aus diesen Zahlen nichts machen, außer sich zu fragen, warum Deutschland so moralisch ist. Da sollten einem doch die Alarmleuchten angehen. Lieber Konservativer, so lange man Migration so auffasst, werden man sie nicht verstehen und auch nichts bewirken, weil man sich mit den Symptomen beschäftigen, wie ich etwas naseweis sagen muss.

Eine Billion wurde ausgegeben. Viel Geld! Wo ist es? Die Migranten horten es nicht, sie leben ja von der Hand in den Mund. Dieses Geld ging in Konsum, Wohnung und Gesundheit. Profitiert haben die, die Strukturen betreiben: Aldi, Wohnbaugesellschaft, Krankenhaus, Rechtsanwälte, Shopping-Center, Mobilfunkunternehmen. Wer sind die größten Betreiber von Qualifizierungs-Maßnahmen für den Arbeitsmarkt, dieser ganzen Industrie? Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften. Die roten Khmer des deutschen Neoliberalismus, die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft, ist eine Gründung des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall, der sich über Qualifizierungsmaßnahmen finanziert. Die Ayatollahs der Marktwirtschaft leben von Steuergeldern, die sie für die Qualifizierung von Migranten bekommen. Keine Verschwörung (die glauben, was sie sagen), aber ein gewisser Surrealismus. Wissen Sie, wie groß der Anteil an Immobilien in Ihrer Lebensversicherung ist und wer in diesen Immobilien wohnt? Fragen Sie die Allianz-Versicherung nach derem Standpunkt zur Migration. Sie merken, worauf ich hinauswill: Diese Billion ist in ihrer gesellschaftlichen Funktion eine Struktursubvention.

Ich versuche nicht, Ihnen Einwanderung schmackhaft zu machen. Ich möchte Sie nur auffordern, Sie nicht als kulturelles Phänomen zu sehen. Sie hat für viele Deutsche handfeste, wirtschaftliche Gründe.
Wenn Sie die Grenzen zu machen, werden Ihnen Strukturen im Ausmaß der DDR oder Griechenlands zusammenbrechen. Wir reden von einer Billion! Sie können natürlich volkswirtschaftlich argumentieren und sogar Recht haben. Es wird Sie nur nicht weiterbringen. Volkswirtschaft sind alle und somit keiner. Konkret ist irgend jemand in diesem Land eine Billion reicher geworden. Hausbesitzer, Supermärkte, Zahnärzte, Versicherungen. Grenzen dicht machen ist der einfachste Teil. Sie ahnen, warum das die Betreiber der Strukturen nicht wollen. Das Schließen der Grenzen wäre ein revolutionärer Akt, der die gesellschaftliche Struktur ins Rutschen bringt. Der deutschen Gesellschaft! Deswegen bekommen Sie, so sehr Sie volkswirtschaftlich, kulturell und gesellschaftlich Recht haben, in diesem Land dafür keine Mehrheit zusammen. Ich muss abwechselnd weinen und lachen, wenn ich das Geschimpfe über die reformunfähigen Griechen und die Südländer, die kulturell zu Reformen nicht fähig sind, höre.

95% ohne Bildung. Was sagt uns diese Zahl? Das schlichtweg nicht genug qualifizierte Migranten zur Verfügung stehen. Wer von kanadischen Modellen (die dort genauso wenig funktionieren und deswegen von Kanada nicht konsequent angewendet werden) träumt, der muss sagen, wo die herkommen sollen. Deutschland hat mehr Einwohner als EU-Osteuropa. Um die streiten sich alle westlichen Nationen. Frankreich und Deutschland haben mittlerweile so viele Einwohner wie Russland. Was uns zu der Erkenntnis führt: Mit qualifizierter Einwanderung werden Sie den Bedarf nicht decken. Teile Europas sind schon heute Raum ohne Volk. Wenn Sie die Bevölkerungszahl im Westen konstant halten wollen, landen Sie schneller im Maghreb, Kleinasien oder der Levante als Sie Leitkultur sagen können. Ganz Ex-Jugoslawien zusammen hat so viele Einwohner wie Istanbul. Schauen Sie sich die Bevölkerungszahlen an. Es gibt schlicht nicht genug Kandidaten für eine Migration, wie sie in Sonntagsreden beruhigend skizziert wird. Bis zum Ural sind die Geburtenraten unter der Reproduktionslinie. Wikipedia und Taschenrechner!

An der Stelle möchte ich mal Äpfel mit Mangos vergleichen: ALLE, die es mit Banken zu tun hatten, wussten 2006, dass der Crash kommen wird. Niemand hat etwas unternommen, weil jeder ein konkretes Interesse hatte, seinen Job tat. Diese Krise wurde vorhergesagt, und niemand wollte der erste sein, der verzichtet. Nichts anderes bei der Migration. Solange Altersvorsorge an einen Immobilienfond gebunden ist, werden die Kunden ihren Finanzdienstleister nach der Rendite beurteilen (nicht zum Spaß, die brauchen das Geld ja), dieser wird für Bevölkerungserhalt plädieren, damit er die Rendite erwirtschaften kann. Wie bei der Finanzkrise wird jeder tun, was er tun muss.

Eine neue Moral zu fordern ist zu einfach. Solange wir bestimmte Strukturen haben, solange werden die bestimmte Ergebnisse produzieren, ob das volkswirtschaftlichen Sinn macht oder nicht. Migration ist nur ein Symptom. Um es offen zu gestehen, ich weiß nicht, was zu tun ist. Die alten Herren des Philosophischen Quartetts beschreiben nur das, was jeder schon lange sieht. Außer Backen aufblasen fällt denen auch nichts ein. Das versöhnt mich etwas mit meiner Ratlosigkeit.

Wir sollten eine Strafkasse einführen: Jeder der ein Problem richtig beschreibt, aber keine Handlung daraus ableitet, muss 5€ in eine Kasse für Roma-Kinder in der Bukowina spenden. Ich fang an.

Bundschuh

11. August 2013 20:32

Volkswirtschaftlich gesehen bringt die von meinem Vorredner richtig skizzierte Einwanderung entgegen seiner Ansicht nichts. "Die-Volk-ohne-Raum-These" steht und fällt mit eine Proportionalität der Wertschöpfung mit Einwohnern pro Bodeneinheit. Diese ist in der Postmoderne nicht mehr gegeben. In Wahrheit war sie auch immer schon eine Milchmädchen-Rechnung, der selbst heute noch viele auf den Leim gehen. Beispiel: Gegeben sei Land X mit 100E fruchtbarem Boden und 100E sonstigen Ressourcen, Wasser, Bodenschätzt etc. Je mehr Leute in X wohnen, desto schneller werden Ressourcen verbraucht. Wohnen dort 100 Leute steht jedem die 1E zu, wohnen dort mehr weniger. Noch einfacher ist es, wenn man sich einen Kuchen vorstellt, der geteilt wird, oder einen Reisbauern in Indonesien, der seinen Grund unter die 7 Söhne teilt, damit die ihn später ernähren, aber jeweils auch 7 Kinder haben aber begrenzte Fläche auf ihrer Insel. Wer mir den Sinn von Einwanderung erklären will, muss mir zuerst erklären, wie ich dadurch reicher werde, dass ich teile.
Man mag sagen, dass eine gewisse Bevölkerungszahl für eine funktionale arbeitsteilige Gesellschaft vorhanden sein muss. Diese liegt aber um den Faktor 10 oder mehr unter der jetzigen in Deutschland. Das etwa gleich große Finnland hat 5 Millionen Einwohner, wenige Einwanderer und scheint nicht wirklich schlechter dazustehen als Deutschland. Südkorea, Taiwan und Japan sind ethnisch homogen und haben kaum Einwanderung bei einer starken Vergreisung der Gesellschaft. Diese Länder haben auch wirtschaftliche Probleme, allerdings wirken sie weniger prekär als in Europa. Im Inselfall Japan dürfte klar sein, dass eine Gesundschrumpfung unumgänglich ist. Die Versorgung einer solchen Gesellschaft ist nur über wirtschaftliche Umlagen möglich. Die Grundversorgung kann mir wenigen Arbeitern sicher gestellt werden. Ein Mähdrescher macht die Arbeit hunderter Landarbeiter, eine Papierfabrik versorgt mit 100 Arbeitern ein ganzes Land. Nur eine Umlage auf die Gesamtwirtschaft kann helfen, das Immobilen an Wert verlieren ist für das derzeitige Sicherungssystem unschön, wird aber abgelöst werden müssen. Es gibt auch einen volkswirtschaftlichen einen Unterschied zwischen (ungedecktem) Bedarf und Nachfrage (wertgedektem Bedarf). Für zahlungsunfähige zu produzieren oder zu bauen und zu vermieten ist ungefähr so sinnvoll wie die Güter gleich zu verbrennen. Es sei denn, man hat eine Brandschutzversicherung bzw. den Grundsicherung für alle zahlenden Staat, der aber bald pleite sein wird.

ene

12. August 2013 13:26

@ Stevanovic

Sie schreiben von einer (einmal angenommenen ) Billion, welche von den Migranten direkt in den Konsum geleitet wird. Es gibt in unserem Land einen großen Anteil der Bevölkerung - nennen wir ihn "das untere Drittel" (Wirtschaft ist nicht mein Gebiet) -, der ebenfalls von der Hand in den Mund lebt; da geht auch alles direkt in den Konsum.
Leute, die mit ihrem Verdienst, Honorar, ihrer Rente gerade so über die Runden kommen. Und denen jede "Gebührenerhöhung" usw. andere Möglichkeiten abzwackt. Und die sich über lukrative Formen der Geldanlage längst keine Sorgen mehr zu machen brauchen. (Es gibt ja nicht nur gutbetuchte Staatsdiener, erfolgreiche Freiberufler und boatpeople, die Karriere gemacht haben -.
Auch diese Gruppe der Bevölkerung würde gerne mehr Geld zu Aldi, zu Zahnärzten und Rechtsanwälten tragen oder sich mal ein neue Waschmaschine kaufen - wenn sie nur könnten!
Wie soll man denen erklären, daß Deutschland Konsumenten importieren muß, damit die Apotheke nicht dichtzumachen braucht?

Was den Leerstand in Immobilien betrifft: Mir berichtete mal ein Mitarbeiter in einem hiesigen Wohnungsamt (Berlin), daß in bestimmten Stadtvierteln (Neukölln) sowieso 80% der Bewohner ihre Miete nicht selbst zahlen, denn die zahlt bereits seit Jahrzehnten "das Amt".
Das mag dem Hausbesitzer (dessen Sohn vielleicht, wie Sie sagen, in der "Jungen Union" ist und sich Sorgen um die Rendite macht) im Prinzip egal sein, scheint mir aber auch kein gesunder Zustand zu sein...

Stevanovic

12. August 2013 15:20

@ene
scheint mir aber auch kein gesunder Zustand zu sein
Mir auch nicht.

sowieso 80% der Bewohner ihre Miete nicht selbst zahlen, denn die zahlt bereits seit Jahrzehnten „das Amt“.

Die Vermieter günstiger Wohnungen vermieten lieber an Amtsabhängige als an Niedriglöhner. Das Amt überweist direkt an den Vermieter, der dadurch kein Risiko trägt. Der Niedriglöhner kann schnell in Verzug geraten, da die meisten keine festen oder leicht kündbare Verträge haben. Über das Amt wird die Sache dann geregelt, für die Vermieter großer Wohneinheiten ist das zu viel geraffel. Geraffel ist ein Kostenfaktor. Deswegen haben sich viele Vermietungsgesellschaften auf diese Klientel spezialisiert. So kommen oft diese „Ballungen“ zustande. Mit einem ehrlichen Arbeitsethos beeindrucken Sie als Niedriglöhner niemanden, ganz im Gegenteil, Ihnen fehlen der standardisierte Prozess und die Garantie des Amtes. Natürlich können Sie sich an dem Erfolg dieses Models über Immobilienfonds beteiligen...
D.h. Arbeitslos und Spaß dabei schlägt den ehrlichen Malocher. Deutschland 2013.

Wie soll man denen erklären, daß Deutschland Konsumenten importieren muß, damit die Apotheke nicht dichtzumachen braucht?

Da sind wir bei der Moral: Bunt ist gut. Deswegen (auch) der Moralismus in der Argumentation: Bunt ist Humanismus, und wer will schon inhuman sein. Schachmatt.

Stevanovic

12. August 2013 16:03

@Bundschuh

Was ich da beschreibe, ist nicht meine Meinung, das ist herrschende Lehre. Wenn Sie den moralischen Zuckerguss des multikulturellen Konzeptes ablutschen, wird es bitter: Dem Konzept liegt eben nicht eine humanistische Idee zugrunde, die ist nur für Grüne und den Kirchentag, und für Rechte zum dran reiben. Dem Konzept liegen wirtschaftliche Partikularinteressen zugrunde. Das ist kein arkanes Wissen, das ist alles frei verfügbar. Der treibende Motor sind nicht die Grünen, es sind entscheidende Teile der deutschen Wirtschaft. Das meine ich nicht im Sinne eines Klassenkampfes, mich treibt die simple Frage: Wer hat was davon?

Mich nervt an der rechten Migrationskritik, dass sie sich an der Argumentation der Linken orientiert. Als ob es um verschiedene moralische Ideale und nicht ums Geld gehen würde. So kommen wir auch schlüssig zu „Vielfalt in Uniformität“. Es geht eben nicht um Vielfalt (linke Moral), es geht um Konsumenten, je uniformer, je leichter zu bewirtschaften.


Nur eine Umlage auf die Gesamtwirtschaft kann helfen, das Immobilen an Wert verlieren ist für das derzeitige Sicherungssystem unschön, wird aber abgelöst werden müssen.

Diese Gedankengänge fehlen mir in der rechten Migrationskritik, weswegen sie auch nicht ernstgenommen wird. Einfach Türken nicht zu mögen und Angst vor dem Islam haben, ist zu unpolitisch. Ist Ihnen schon aufgefallen, das rechte Position leicht als neurotisch abgetan werden können? Meine Theorie (lasse mich gerne belehren): Weil sie auf die positive Gefühlsduselei der Linken mit negativer Gefühlsduselei von rechts antworten.

"Warum Deutschland nicht vom Euro profitiert" - habe es gelesen und siehe da, es geht auch anders.

Stevanovic

12. August 2013 17:16

Wer mein Geschwurbel verstehen will, sollte auf die Provinz schauen:

https://www.welt.de/politik/deutschland/article118928649/Niedergang-vieler-deutscher-Regionen-nicht-zu-stoppen.html

Die Forscher monieren, dass der demografische Wandel im diesjährigen Wahlkampf überhaupt keine Rolle spiele, obwohl die Folgen dieser Entwicklung Deutschland mehr verändern würden als alles andere. Zwar habe die Bundesregierung im vergangenen Jahr eine Demografiestrategie vorgelegt. Doch sei diese nicht nur völlig unzureichend, sondern basiere zudem auf Wachstumsprognosen, die angesichts der Alterung und Schrumpfung der hiesigen Arbeitsbevölkerung unrealistisch seien.

Darum geht es. Regionalpolitik/Demographie/Migration. Wer jetzt errät, wie der Plan B der Politik aussieht, gewinnt ein Blech Baklava. Wer auch noch errät, wie das gesellschaftliche Zusammenleben aussehen soll, was uns dann noch verbindet, gewinnt eine iPhone Gebrauchsanweisung und einen Ikea-Katalog. Und ich verabschiede mich für heute, weil ich zynisch werde.

Konservativer

12. August 2013 22:45

Um von der finanziellen Ebene aus den Bogen weiter zu schlagen, hier ein Vortrag von Prof. Dr. Paul Gottfried -
"How the Left Conquered the Right":
https://www.youtube.com/watch?v=vYdmwh-XTcg

Konservativer

13. August 2013 09:22

Als Ergänzung ein Auszug aus einem Gespräch mit Prof. Dr. Paul Gottfried:

"Dann geht alles zugrunde"

“…

Aber glauben Sie nicht, daß die Noch-Mehrheitsbevölkerung in den westlichen Nationen bald selbst eine Minderheit ist? Und wenn die jetzigen Minderheiten in der Mehrheit sind, wer hat dann noch ein Interesse daran, die Situation zu ändern?

Gottfried: Aber daran müssen doch die Streitigkeiten entbrennen. Ich hoffe, daß die weiße Mehrheit zu einem gewissen Punkt diesem ganzen Unterfangen den Garaus machen wird. Und daß man darauf dringen wird, die Minoritäten baldigst abzuschieben, die ohne Recht gekommen sind. Das muß auch in den Vereinigten Staaten passieren. Die beiden großen Parteien tragen Sorge, sich mit diesen heiklen Problemen nicht zu befassen, aber sie müssen es tun. Bei uns ist das jetzt die dringende Streitfrage in der amerikanischen Politik. Ich hoffe, in absehbarer Zukunft werden die Illegalen, die Verbrechen begehen oder schwarzarbeiten, rigoros abgeschoben werden. Und anschließend auch die anderen Illegalen. Letztendlich gilt es, aus der Immigration herauszukommen.

Was passiert, wenn das doch nicht geschieht?

Gottfried: Dann geht alles zugrunde. Und das kann passieren! Ich versuche, Ihnen ein optimistisches Bild zu geben. Aber ich befürchte, daß man die Weichen nicht rechtzeitig umstellen wird. Offenbar bin ich dem Pessimismus mehr zugeneigt. Das hängt mit meiner deutsch-jüdischen Natur zusammen.

…”
(aus Sezession 14, Juli 2006: www.sezession.de/5175/dann-geht-alles-zugrunde.html )

Gustav Grambauer

14. August 2013 00:22

Fragen Sie jemand auf der Straße, ob er ein Kulturmensch sei: jeder wird es von sich behaupten.

Die Haltung zu dem hier in Rede stehenden Dilemma ist der Lackmustest. Welchen Preis bist Du bereit, für dein Kulturmenschentum und für deine Kultur zu bezahlen.

Dazu zählen heute persönliche materielle Altersabsicherung und auf kollektiver Ebene Retardierung, Schrumpfung, Bedeutungsverlust, orbitante Kapital- und Renditeabschreibungen und natürlich Rückbau all der entsetzlichen Vollkasko-Infrastruklturen. Politisch gesprochen Bruch mit dem verbrämten oder offenen Imperialismus, kulturtheoretisch gesprochen Aufgabe der Fortschrittsgläubigkeit, ästhetisch gesprochen Abkehr von der immanenten totalitären Gesamtkunstwerk-Romantik von Moderne und Postmoderne.

All das steht uns sowieso früher oder später bevor (genau wie all die längst im Umlauf befindlichen Bürgerkriegsszenarien, mit deren Vermeidung mir deswegen auch niemand argumentieren möge).

Diejenigen, die in ihrer Lebenshaltung ihre Kultur an den infrastrukturellen Status Quo verraten, mögen noch so geschliffene Manieren pflegen und noch so gestochen daherreden - aber sie sind in ihrem Kern Barbaren, und zwar ganz im Gegensatz zu so mancher rülpsenden "Glatze" mit Bierdose in der Hand.

Bis jetzt habe ich in dieser Haltung nur Anmaßung, intellektuelle Feigheit, Starrsinn und Dummheit gesehen. Herr Stojanovic, danke für Ihren Hinweis auf das "Geschimpfe über Reformunfähigkeit" - verschrobene Selbstwahrnehmung kommt also noch hinzu, sowie eine delikate Freud`sche Fehlleistung.

Ich kitzle seit jeher gern unbemerkt genau dieses Moment bei einer Begegnung mit einem anderen Menschen heraus, denn es handelt sich um mein ganz persönliches Spezial-Kriterium für Wertschätzung oder abgrundtiefe (natürlich insgeheime) Verachtung.

Ein anderer Lackmustest dieser Art ist übrigens das Reizwort "Mittelalter". Manch einer wird sich die Augen reiben, wenn der Begriff "Demographie" in seiner Stoßrichtung einmal völlig im Gegensatz zum Mainstream zur Verwendung kommt:

"Das Ideal des Reaktionärs ist keine paradiesische Gesellschaft. Es ist die Gesellschaft der Friedenszeiten in Alteuropa, - vor der demographischen, industriellen und demokratischen Katastrophe." (- Dávila, Aphorismen, Reclam, 1. Auflage, Seite 138)

- G. G.

Gustav Grambauer

14. August 2013 00:29

Oh, Verzeihung, bitte - natürlich:

... Herr Stevanovic ...

- G. G.

Hubschrauberpilot

14. August 2013 15:45

Grambauer & Stefanovitsch:

Was bitte ist ein Kulturmensch? Dávila & Co, alles recht und schön, edel, hilfreich und gut, aber eben Marmorklippen, Jüngerscher Stuck. Damals wie heute ist das der Verzicht auf den Versuch, politisch noch irgendwie einzugreifen.
Stefanovic stellt die richtigen Fragen: Ich glaube trotz allem angeborenen Pessimismus nicht an den apokalyptischen Umschlag, an die Möglichkeit, nach dem Niedergang noch einmal völlig neu anfangen zu können. Oder an die Möglichkeit, sich irgendwo zurückziehen und sich entziehen zu können. An so etwas zu glauben, das ist politische Romantik. Jetzt ist noch restdeutsche Substanz da, und die wird genau nach dem Strukturerhaltungsgesetz, das Stefanovic skizziert hat, aufgebraucht. Man könnte auch sagen: Entropie. Daher zeugen seine Aussagen von einem klaren Blick auf die Lage - darauf müssen Antworten gefunden werden.

Gustav Grambauer

15. August 2013 01:15

In der Tat bin ich Apokalyptiker, allerdings von der heiteren Sorte. (Insofern ist mir Ihr Satz "Ich glaube trotz ..." nicht ganz einleuchtend.)

Was meinen Sie mit "politischem Eingreifen"? Einmal allein von der nackten Seite des Erfolgs her und jenseits aller grundsätzlicher Fragen angeschaut: bei der Gründungsversammlung der AfD war der US-Botschafter zugegen, und nicht einmal das (und was somit dahinter steht) wird für den Einzug in den "Bundestag" genügen, evtl. nicht mal für einzelne "Landtage" usw. Reden wir nicht über die Identitären. Mir wäre bereits meine Lebenszeit zu kostbar, um sie auf dieser Ebene im Endeffekt sinnlos zu verschleißen. Ein Freund von mir war bis vor einigen Wochen Bürgermeister für die Freien Wähler, auf die ihm eigene anspruchsvolle Art. Was hat er sich und seiner Familie damit angetan. Vom Mob gehetzt, nur für seine moralische Konsequenz. Aber vor allem: auch er winkt nur noch ab über die Möglichkeiten ...

Ihr Ansinnen ist ehrenwert. Ich sage es wertfrei: an Ihrer Position war ich vor zehn Jahren auch einmal. Heute sehe ich es philosophisch genau umgekehrt: "... politisch noch irgendwie einzugreifen" - das ist für mich eben politische Romantik.

Herr Stevanovic sagt es selbst: es stand und steht alles in der Zeitung. Ergo hat eine erdrückende Mehrheit von Tante Lieschen über MLPD über BüSo und DGB über Blockparteien und PI und zurück zu Tante Lieschen mit allen vibrierenden Fasern ihres Daseins beschlossen und beschließt es auch heute noch tagtäglich, daß die apokalyptischen Reiter ihr "Strukturerhaltungs"-Werk tun sollen, zur Selbstversicherung sozusagen mit "Demokratie"-Verve noch einmal zusätzlich abgesichert. Wer auf Mehrheiten nichts hält, dem sei gesagt: auch eine genügende kritische Masse als Gegengewicht ist weit und breit nicht in Sicht, und schon gar nicht in Gestalt der neuerlichen Wutbürger-Gezüchte oder all der kleinen und großen Sarrazins jetzt allüberall. Leute wie wir werden unmißverständlich "demokratisch" "ausgegrenzt" um einmal diese selbstentlarvende Phrase heranzuziehen. Man kann in einem solchen asymmetrischen Krieg z. B. das geistige Schwert führen wie z. B. Herr Lichtmesz und insbesondere die ganze kollektive Heuchelei offenlegen, aber es gilt der Grundsatz, daß sich ein Gentleman niemandem aufdrängt, also auch nicht im Sinne von "politischem Eingreifen" wie Sie es offenbar anregen wollen. Die "Zivilcouragierten" möchten "im friedlichen Miteinander" unter sich bleiben, mit wehenden Fahnen in den Untergang.

Ich bin schon lange so weit: sollen sie doch ...

Auch der Zug des Aufklärens in größerem Stil, etwa über die hier erörterten Hintergründe und Zusammenhänge, ist längst abgefahren, solche ist nur noch in kleinen Nischen wie Sezession möglich. DIE (!!!) wollen ihrerseits ja die ganze Welt bis in den hintersten Winkel mit ihren Popanz-Programmen "aufklären", wobei die Masse der Umerziehungsopfer ihre Lektion längst "internalisiert" hat und selbst mit Freunden jeder Gelegenheit entgegensieht, um selbst umerzieherisch tätig zu werden. Kleinste Anlässe im Alltag genügen mittlerweile.

Wir sind nicht zuletzt beim Thema "Rückbau" - wenn Sie "Verzicht" sagen, so ist dies mein Stichwort. Manchmal ist es ratsam, - um noch einmal Dávila zu bemühen -, mit Würde Schiffbruch zu erleiden. Stellen wir uns dem.

Das ist mein Blick auf die Lage. Er ist sicher nicht weniger klar.

Natürlich bleiben Möglichkeit und Notwendigkeit, Kultur-Inseln zu schaffen (und bitte zum Schutz vor systematischer Neutralisierung strategisch vorerst möglichst recht klein dimensioniert).

(Wenn Ihnen die Andeutung des Begriffs "Kulturmensch" übrigens nicht genügt ...)

Sezession ist in dieser Hinsicht bereits das Beispiel der Wahl. Übrigens ist es auch schon eine große Tat, auch nur ein paar wenige Seelen - und nicht zuletzt die eigene oder die der eigenen Kinder - einigermaßen unbeschadet aus dem Strudel des z. B. von Herrn Bosselmann immer wieder so treffend beschriebenen Wahnsinns herauszuholen oder sie einigermaßen davor zu bewahren.

Als Hubschrauberpilot oder "Hubschrauberpilot" mögen sie vielleicht vonvornherein anders "ticken". Mir jedenfalls mag es entgegenkommen, daß ich ein einfacher Mann bin und zum - öfter erlebten - blanken Entsetzen der mehr oder weniger hysterischen "Stakeholders des Weltenlaufs" auch gedenke, es zu bleiben.

- G. G.

Heino Bosselmann

15. August 2013 06:51

Ich denke, das war's. Und bedanke mich für die anregende Diskussion. Wir schließen sie.

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