Begründung für einen Freitod

54pdf der Druckfassung aus Sezession 54 / Juni 2013

von Dominique Venner

(übersetzt von Martin Lichtmesz)

Begrün­dung für einen Freitod

Ich bin kör­per­lich und geis­tig gesund und vol­ler Lie­be für mei­ne Frau und mei­ne Kin­der. Ich lie­be das Leben und habe kei­ner­lei Hoff­nun­gen auf ein Jen­seits, allen­falls auf die Fort­dau­er mei­ner Ras­se und mei­nes Geis­tes. Da jedoch am Abend mei­nes Lebens mein fran­zö­si­sches und euro­päi­sches Vater­land in gro­ßer Gefahr schwebt, habe ich mich ent­schlos­sen, zu han­deln, solan­ge es mei­ne Kräf­te noch zulas­sen. Ich hal­te es für not­wen­dig, mich zu opfern, um uns aus der Lethar­gie zu rei­ßen, die uns gefan­gen hält. Ich ver­zich­te auf den Rest Leben, der mir noch bleibt, für einen grund­le­gen­den Akt des Pro­tes­tes. Ich wäh­le einen hoch­sym­bo­li­schen Ort, die Kathe­dra­le von Not­re Dame de Paris, die ich respek­tie­re und bewun­de­re: das Genie mei­ner Vor­fah­ren hat sie auf einer Kult­s­stät­te errich­tet, die viel älter ist und an unse­re weit in die Geschich­te zurück­rei­chen­den Wur­zeln erinnert.

Wäh­rend vie­le Men­schen sich zu den Skla­ven ihres Lebens machen, ver­kör­pert mei­ne Ges­te eine Ethik des Wil­lens. Ich über­ge­be mich dem Tod, um die trä­gen Geis­ter aus ihrem Däm­mer­schlaf zu wecken. Ich erhe­be mich gegen den Fata­lis­mus. Ich erhe­be mich gegen die see­len­zer­stö­ren­den Gif­te und gegen den Angriff indi­vi­du­el­ler Begier­den auf die Anker unse­rer Iden­ti­tät, beson­ders auf die Fami­lie, der inti­men Säu­le unse­rer jahr­tau­sen­de­al­ten Zivi­li­sa­ti­on. Eben­so wie ich für die Iden­ti­tät aller Völ­ker in ihren Hei­mat­län­dern ein­tre­te, erhe­be ich mich des wei­te­ren gegen das vor unse­ren Augen began­ge­ne Ver­bre­chen der Erset­zung unse­rer Völ­ker durch andere.

Der herr­schen­de Dis­kurs kann sei­ne gif­ti­ge Zwie­späl­tig­keit nicht mehr ver­ber­gen. Die Euro­pä­er müs­sen dar­aus Kon­se­quen­zen zie­hen. Da wir kei­ne bin­den­de iden­ti­tä­re Reli­gi­on besit­zen, müs­sen wir auf unse­re gemein­sa­me Erin­ne­rung zurück­grei­fen, die sich bis zu Homer erstreckt, auf die Schatz­kam­mern all der Wer­te, auf denen wir unse­re zukünf­ti­ge Wie­der­ge­burt grün­den müs­sen, nach­dem wir die Meta­phy­sik des Gren­zen­lo­sen über­wun­den haben, jener unheil­vol­len Quel­le aller moder­nen Fehlentwicklungen.

Ich bit­te alle um Ver­zei­hung, die durch mei­nen Tod lei­den wer­den: mei­ne Frau, mei­ne Kin­der und mei­ne Enkel­kin­der, eben­so mei­ne Freun­de und Anhän­ger. Ich zweif­le jedoch nicht, daß sie den Sinn mei­ner Ges­te ver­ste­hen wer­den, sobald der Schock und der Schmerz ver­gan­gen sind, und daß sich ihr Kum­mer dann in Stolz ver­wan­delt. Ich hof­fe, daß sie durch­hal­ten wer­den. Sie fin­den in mei­nen letz­ten Schrif­ten Vor­weg­nah­men und Erläu­te­run­gen mei­ner Geste.

Quel­le: www.ndf.fr

 

Der 26. Mai und Heidegger

Die Demons­tran­ten des 26. Mai sind im vol­len Recht, wenn sie ihre Unge­duld und ihre Wut her­aus­schrei­en. Ein schänd­li­ches Gesetz, ein­mal beschlos­sen, kann auch wie­der auf­ge­ho­ben werden.

Ich habe gera­de einem alge­ri­schen Blog­ger zuge­hört, der sag­te: »Auf jeden Fall, in fünf­zehn Jah­ren wer­den die Isla­mis­ten in Frank­reich an der Macht sein und wer­den die­ses Gesetz abschaf­fen.« Natür­lich nicht um uns einen Gefal­len zu tun, son­dern weil es gegen die Scha­ria (isla­mi­sches Recht) verstößt.

Das ist ober­fläch­lich betrach­tet der ein­zi­ge gemein­sa­me Nen­ner zwi­schen der euro­päi­schen Tra­di­ti­on (die die Frau respek­tiert) und dem Islam (der die­se nicht respek­tiert). Aber die kate­go­ri­sche Ankün­di­gung die­ses Alge­ri­ers jagt einem Schau­er über den Rücken. Die Fol­gen wären auf ganz ande­re Wei­se kata­stro­phal als das ver­ach­tens­wer­te Gesetz Taubiras.

Man muß klar erken­nen, daß die Aus­sicht auf ein künf­tig isla­mis­tisch regier­tes Frank­reich in den Bereich des Wahr­schein­li­chen gerückt ist. Seit vier­zig Jah­ren haben die Poli­ti­ker sämt­li­cher Par­tei­en (abge­se­hen vom Front Natio­nal) wie auch die Spit­zen der Kir­che aktiv auf die­se Ent­wick­lung hin­ge­ar­bei­tet, indem sie die afro-maghre­bi­ni­sche Ein­wan­de­rung mit allen denk­ba­ren Mit­teln beschleunigten.

Seit lan­ger Zeit haben nam­haf­te Schrift­stel­ler Alarm geschla­gen, begin­nend mit Jean Ras­pail in sei­nem pro­phe­ti­schen Roman Das Heer­la­ger der Hei­li­gen, des­sen Neu­aus­ga­be Rekord­auf­la­gen erreichte.

Die Demons­tran­ten des 26. Mai kön­nen die­se Rea­li­tät nicht igno­rie­ren. Ihr Kampf darf sich nicht auf eine Ableh­nung der Homo­ehe beschrän­ken. Der »Gro­ße Aus­tausch« der Bevöl­ke­rung Frank­reichs und Euro­pas, den der Schrift­stel­ler Renaud Camus ange­pran­gert hat, ist eine eben­so gro­ße Gefahr für die Zukunft.

Um die­ses Los abzu­wen­den, wer­den ein paar hüb­sche Demons­tra­tio­nen auf der Stra­ße nicht aus­rei­chen. Es bedarf vor allem einer tief­ge­hen­den »intel­lek­tu­el­len und mora­li­schen Reform«, um es mit Ren­an zu sagen. Die­se müß­te zur einer Wie­der­ge­win­nung der ver­ges­se­nen fran­zö­si­schen und euro­päi­schen Iden­ti­tät füh­ren, deren Not­wen­dig­keit immer noch nicht in aller Klar­heit wahr­ge­nom­men wird.

Dazu müs­sen gewiß neue Aus­drucks­for­men gefun­den wer­den, spek­ta­ku­lär und sym­bo­lisch, um die Schlaf­trun­ke­nen wach­zu­rüt­teln, um das betäub­te Bewußt­sein zu erschüt­tern und die Erin­ne­rung an unse­re Wur­zeln zu wecken. Wir wer­den in eine Zeit ein­tre­ten, in der Wor­te durch Taten bekräf­tigt wer­den müssen.

Wir soll­ten uns auch erin­nern, daß, wie es auf genia­le Wei­se Heid­eg­ger in Sein und Zeit for­mu­liert hat, die Essenz des Men­schen in sei­nem Dasein und nicht in einer »ande­ren Welt« liegt. Es ist im Hier und Jetzt, wo sich unser Schick­sal bis zur letz­ten Sekun­de erfüllt. Und die­se aller­letz­te Sekun­de hat genau­so viel Bedeu­tung wie der Rest eines Lebens. Dar­um muß man bis zum letz­ten Augen­blick man selbst blei­ben. Nur indem man selbst ent­schei­det und sein Schick­sal wahr­haf­tig bejaht, besiegt man das Nichts. Ange­sichts die­ser Her­aus­for­de­rung gibt es kei­ne Aus­re­de, da wir nur die­ses eine Leben haben, in wel­chem es von uns abhängt, ob wir ent­we­der ein Nichts oder ganz wir selbst sind.

Quel­le: www.dominiquevenner.fr

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