von Mirko Bendler
Eigentlich gehe ich nicht gerne demonstrieren. Das möchte ich vorangestellt wissen, damit nicht der falsche Eindruck entstehen kann, ich wäre Demonstrationstourist, Erlebnisorientierter oder Ähnliches. Der Terror des IS im Orient und die gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Salafisten und Kurden auf deutschen Straßen haben mich aber aufgeschreckt. Es reicht wohl nicht mehr, im Bekanntenkreis auf die barbarischen Islamisten hinzuweisen. Bei einem Glas Wein wird die Stirn gerunzelt über diese Gotteskrieger, aber nach wenigen Minuten geht es doch wieder um den neuen Leasingvertrag beim Auto oder die „erschreckende“ Dominanz der Bayern in der Bundesliga.
Auch muss ich hinzufügen, dass ich als bewusster Konservativer gewisse Abneigungen gegen Straßen-Events verspüre, die sich noch steigern, wenn Fußballrowdys und Skinheads hinzustoßen könnten. Daher kostete es mich einige Überwindung nach Köln zu fahren. Nicht, weil mir 40 Minuten S‑Bahn am einzigen freien Tag der Woche zu viel wären. Nein, weil ich es mir nicht leisten kann, auf Fotos aufzutauchen, bei denen ich neben grölenden Schränken stehe oder anrüchige Plakatparolen sichtbar sind. Aber diesmal entschloss ich mich doch, an der Versammlung der „HoGeSa“ teilzunehmen. „Hooligans gegen Salafisten“ klingt martialisch, klingt abschreckend, klingt abstoßend. Doch mit Gebetskreisen und Eine-Welt-Romantik kann man irren Fundamentalisten nicht beikommen. Ein Dilemma.
Nun also „Demo“. Ich schloß mich mehr oder weniger einer Reisegruppe meines Wohnortes an, denen ich ansah, dass sie auf dieselbe Veranstaltung wollten. Ca. 60 junge Männer, darunter einige Mädchen, ausgelassen und teilweise mit Bier in der Hand. In Sprechchören, die irgendwo zwischen Auswärtsspiel und politischem Statement verliefen, machten sie aus ihrer Abneigung gegen bärtige Extremisten und Antifa-Radikale keinen Hehl. Erster Kritikpunkt also: Kann man seine Fußballverhaltensweisen nicht zu Hause lassen? Andererseits: Hier reisen eben Fußballfans zu einem Treffen, keine Bänker oder Kleinunternehmer zu einem Geschäftsessen.
In Köln angelangt waren es (nach einiger Wartezeit, bei der ich das Teilnehmerfeld durchwanderte) gut und gerne 5000 Menschen, die sich versammelten. Ich muss gestehen, dass ich Gänsehaut bekam, als ich auf meiner ersten Demo so viele Deutschlandfahnen und gut gelaunte Menschen sah. Vereinzelte „Böller“-Würfe konnte ich aus wenigen hundert Metern Abstand vernehmen, nicht aber nachvollziehen. Den Auftritt einer als rechtsradikal geltenden Musikgruppe habe ich verpaßt. Als positives Zeichen empfand ich jedoch eine Gruppe Deutscher, die mit der türkischen Staatsfahne im Schlepptau erschienen, auf denen die große türkisch-laizistische Legende Kemal Pascha „Atatürk“ abgebildet war. Das bewies mir, es handele sich nicht um stumpfe Ausländerfeinde, sondern um Anti-Salafisten. Auf der anderen Seite kam es aber auch zu Parolenrufen, die ich nicht gutheißen wollte und mich deshalb räumlich separierte. Das funktionierte problemlos bei 5000 Teilnehmern.
Mehrere hundert Gewerkschaftsmitglieder und Linksextreme demonstrierten gleichzeitig gegen das Anliegen der „HoGeSa“ und „gegen Rechts“ – und für Toleranz gegenüber islamischen Mörderbanden? Ich bekam sie allerdings nicht zu Gesicht. Die Demo selbst: Man kann es im Internet nachlesen. Merkwürdiges Polizeiverhalten gegen Ende der Veranstaltung paarte sich mit der Gewaltorientierung einiger Weniger. Und alle Journalisten, bei denen ich oftmals den Eindruck hatte, sie entstammen selbst der linken Gegendemonstration, knipsten und filmten eifrig. Jetzt hatten sie ihre Schlagzeilen, die sie vielleicht bereits am Schreibtisch vor-formuliert hatten. Jedenfalls ist es schon erstaunlich, wie 5000 junge Menschen pauschal als Nazis, Hassprediger und Extremisten gebrandmarkt werden, wie zumindest fragwürdige linke Publizisten selbst in meinem (Noch-)Stammblatt F.A.Z. ungefiltert ihre einseitige Interpretation der Geschehnisse abgeben dürfen.
Ich entfernte mich bei Beginn der Auseinandersetzungen zügig von der Masse, um nach einigen Zick-Zack-Wegen im Hauptbahnhof meinen Zug zu besteigen. Bereits in der S‑Bahn las ich dann Online-News-Ticker, die von rechtsextremistischen Auswüchsen und Nazi-Gewalt berichteten. Die Zahl der verletzten Polizisten schraubte sich bis auf 44. Wenn dem so ist, ist dies mit aller Schärfe zu verurteilen. Es bleibt unbegreiflich, weshalb kleine Gruppen die Auseinandersetzung mit der Staatsmacht bewusst annahmen oder suchten und sogar einen Einsatzwagen umwarfen. Sie leisteten der Islamkritik einen Bärendienst. Mindestens so unbegreiflich aber ist die Reaktion der Medien und der Politik. Die einen fordern Versammlungsrechtsverschärfungen, andere endlich den bedingungslosen „Kampf gegen Rechts“. Und alle, alle stimmen ein, wie schockierend die Allianz aus Hooligans und Neonazis sei. Dabei waren längst nicht alle Teilnehmer eines von beiden. Auch wenn man Menschen nicht in die Köpfe sehen kann: Ich glaube, die meisten der 5000 waren weder noch.
Es ist deprimierend, auch für Polizisten, wenn man nun Strafrechtsreformen oder generell eine härtere Gangart gegen rechte Gewalttäter fordert. Denn das Gros der politisch motivierten Gewalt geht von linker Seite aus. Also pure Heuchelei. Denn die Medien schweigen dies durch die Bank tot, wenn ich von der Jungen Freiheit und anderen konservativen Kleinprojekten absehe. Und wann forderten Politiker nach den alljährlichen 1.Mai-Krawallen härterte Gangart und Versammlungsrechtsbeschneidungen? Wann forderten Politiker den „Kampf gegen Links“ nach linken Brandstiftungen in Berlin und Massenkrawallen in Hamburg? Konnte man dabei rührselige grüne Spitzenpolitiker hören, die im Deutschlandradio ihre Betroffenheit ob jährlich vieler hundert verletzter Polizisten durch Linke und ob gekürzter Etat-Mittel der Bundespolizei darlegen durften? Nur Schweigen ernten die Polizeikräfte, die beinahe wöchentlich von Linksextremisten und ihren Mitläufern drangsaliert und attackiert werden, und das überall in Deutschland. Wollen sie Aufmerksamkeit für ihre schwierige Lage zwischen den Fronten, müssen sie sich von Nazi-Hools einen einzigen Wagen umstoßen lassen. Intensivstation nach linken Exzessen reicht nicht. Soweit sind wir gekommen. Eine Demo kann daran nichts ändern. Eine zweite auch nicht. Und doch: Ich war dabei. Es war eine Befreiung.
Bernhard
Tolle Sache - sehr zu begrüßen und unterstützungswürdig. Nichts für Schwätzer und Weicheier.
In dem Maße, in dem unser Niedergang voranschreitet, wird der Widerstand härter werden müssen.
Alles andere ist Wunschdenken und Realitätsblindheit.
Die Konservativen sind entweder Teil des Widerstandes oder aber sie verabschieden sich aus der Geschichte.