zählte 1939 rund 50.000 Einwohner. Prägend für die Stadt, die heute zu Sachsen-Anhalt gehört, war und ist – gemessen an ihrer Größe – die Kirchenvielfalt und die von Fachwerkhäusern dominierte Innenstadt. 1935 erhielt das bürgerlich-beschauliche Halberstadt an seinem äußersten Stadtrand ein kleineres Zweigwerk der Dessauer Junkers-Flugzeugwerke.
Dieses wurde den Einwohnern zum Verhängnis, da es den westalliierten Bombern wiederholt als Ziel galt. Ein erster Angriff erfolgte im Januar 1944 auf die wenige Monate später um tausende Flüchtlinge auf 65.000 Menschen angeschwollene Stadt. Der Hauptangriff (und zugleich der insgesamt zehnte Angriff auf Halberstadt überhaupt) fand jedoch am 7. und 8. April statt, als die Junkers-Werke rüstungspolitisch keine Rolle mehr spielten.
Wenngleich der Oberbürgermeister Halberstadts eine Verteidigung der Stadt aufgrund ihrer kulturhistorischen Bedeutung ablehnte, schoß am 7. April ein im Bahnhof stehender Flakzug auf die ersten anfliegenden US-Flugzeuge. Diese konzentrierten ihre Angriffe daraufhin auf die Gleise und trafen einen Munitionszug (Seeminen), der explodierte und einen Trichter von einem halben Quadratkilometer riß – ein Vorspiel für den folgenden Sonntag, den 8. April.
Vormittags flogen mehr als 200 Bomber der 8. US-Flotte eine Angriffswelle auf das nun ungeschützte Halberstadt, deren 550 Tonnen Bombenfracht zum Teil auch Zerbst und Staßfurt gelten sollten. Da ein Doppelangriff auf die beiden Städte durch Sichtverhältnisse erschwert wurde, das ursprünglich britische Konzept des “Fächer” genannten Präzisionsbomdardement aber klare Sicht voraussetzte, konzentrierten sich alle Geschwader auf Halberstadt.
Das Resultat: Drei Viertel der Stadt wurden vernichtet, das Gros der Fachwerkhäuser zerstört, und die “Menschenverluste […] liegen zwischen 1.800 und 3.000” (Jörg Friedrich). Drei Tage später, als die Brände allmählich erloschen waren, marschierte die US-Army durch eine Landschaft aus Schutt und Asche, ohne freilich auf Widerstand zu stoßen.
Die Zerstörung Halberstadts hat der Stadt bis heute sichtbare Wunden zugefügt. In der DDR gab es auch ideologisch bedingt kein Interesse an der Sanierung und Wiederherstellung der gesamten Fachwerkpracht und dementsprechend wurde beim zögerlichen Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg auf “sozialistische” Bauweise gesetzt. Bis heute erinnert zudem die Ruine der “Franzosenkirche” als Überbleibsel des 8. April 1945 an die Opfer von Krieg und Zerstörung.
Literaturhinweise:
Günter Zemella: Warum mußten Deutschlands Städte sterben? Eine chronologische Dokumentation des Luftkrieges gegen Deutschland 1940–1945, 648 S., 24.90 € – hier bestellen
Björn Schumacher: Die Zerstörung deutscher Städte im Luftkrieg, 344 S., 24,90 € – hier bestellen
Ein Dokumentarfilm mit O‑Tönen eines Zeitzeugen kann hier eingesehen werden.