Innerhalb der deutschen Rechten ist im Verlauf der vergangenen Wochen viel über Gewalt gesprochen worden. Dabei ging es sowohl um die Frage, ob Gewalt legitimer Teil rechter Kampagnenarbeit sein kann, um Gewalt als unhintergehbares Grundrauschen männlichen und menschlichen Zusammenlebens und natürlich auch um das, was uns im Alltag an Lästigkeiten von Seiten linker Erlebnisgruppen, Denunzianten und Schmierfinken an Kasperletheater dargeboten wird.
Normalerweise ist der Umgang mit letzterem immer eine Frage der Verhältnismäßigkeit. Ab wann hat der Gender-studies-Student Jan-Ole, der seit einer Viertelstunde erfolglos an meinem Banner zieht und jetzt versucht hat, mich anzuspucken, eine Ordnungsschelle verdient?
Läßt man sich von jemandem, der nichts in seinem Leben ernst meint und dem ganz ironisch von Tarek, dem Nafri, beim Flüchtlingsfrühstück die Freundin ausgespannt wird, überhaupt zu so etwas provozieren?
Wie weit muß man sich als Aktivist in seinem Privatleben durch Drohungen, aufgebrochene Briefkästen oder angezündete Autos einschränken lassen, und wie weit geht der persönliche Stolz, bevor man sich an die Polizei wendet?
Das alles sind Fragen, die unser Sonntagsheld für sich offenbar beantwortet hatte, bevor er sich am 4. März an einer sogenannten Pro-Trump rally im kalifornischen Berkeley beteiligte und über Nacht zum Held der amerikanischen Rechten avancierte.
Nachdem sich die anarchistisch geprägte amerikanische Linke im Fahrwasser von “Black Lives Matter”, “Occupy” und Anti-Trump-Protesten mehrere Jahre Zeit genommen hatte, um ihre Gewaltbereitschaft auf ein mitteleuropäisches Niveau zu bringen, hat sie sich spätestens durch das Aufkommen der amerikanischen AltRight und die damit verbundenen Veranstaltungen, welche im ganzen Land stattfinden, endgültig radikalisiert.
Menschen werden auf offener Straße angegriffen, weil sie die ikonische „Make America Great Again“-Mütze tragen, Frauen werden mit Pfefferspray eingedeckt, weil sie eine Lesung des britischen Skandaljournalisten Milo besuchen wollen, und zu Donald Trumps Vereidigung zogen Tausende randalierend durch Washington.
So wartete auch in Berkeley das typische Mischmasch aus durchgeknallten Gender-Queer-Aliens, empört kreischenden Studentinnen und gewalttätigen Vermummten auf die Demonstranten. Es dauert nicht lange, bis die Lage eskaliert: Aus dem Schwarzen Block heraus werden Trump-Unterstützer mit Pfefferspray angegriffen, die Lage scheint unübersichtlich, Fäuste fliegen in beide Richtungen.
Da betritt Kyle Chapman – inzwischen bekannt als „Based Stick Man“ oder „The AltKnight“ – die Bühne. Ausgerüstet mit einer Schutzmaske, einem selbstgebauten Schutzschild aus Sperrholz und einem Knüppel, begibt er sich in die erste Reihe, um im entstehenden Getümmel mitzumischen.
Dabei entstehen Videoaufnahmen, die inzwischen in folgendem kinematographischen Meisterstück ansprechend aufgearbeitet wurden (ich höre Lichtmesz bis nach Halle jauchzen):
Kurze Zeit später wird Chapman festgenommen, durch die sozialen Netzwerke geistern zu diesem Zeitpunkt bereits Photomontagen, die ihn an der Seite von William Wallace und Aragorn zeigen, unter dem Hashtag #BasedStickMan ist er längst zur Ikone geworden. Innerhalb weniger Stunden richtet die alternative Projektfinanzierungsplattform WeSearchr.com ein Konto für ihn ein, auf dem inzwischen über 70 000 Dollar gesammelt wurden, von allen Seiten hagelt es Solidaritätsbekundungen.
Kyle Chapman wird über Nacht zum Symbol dafür, daß sich der weiße, heterosexuelle Mann, dieser Maßstab aller Ordnung und Unordnung in der westlichen Welt, sein neu entdecktes Selbstbewußtsein, welches er womöglich sogar der unermüdlichen Propaganda seiner verschworenen Feinde verdankt, nicht mehr von einem Haufen dahergelaufener Pappnasen wegnehmen läßt.
Da sich so viele Leser und Leserinnen um meine unter anglophonen Sprachtrümmern verschütteten, deutsch-identitären Sprachkompetenzen sorgen, ziehe ich daher mit einem mondän-aufgeklärten “Chapeau!” meine Schiebermütze vor dem AltKnight.
Für ihn wie für uns alle gilt die eiserne Regel des politischen Aktivismus: „Setze nie den ersten Schlag, aber sorge dafür, daß dein Schlag der letzte ist.“
PS: All jene Behüteten, denen die Hygienevorschriften der Zivilisation wichtiger sind als die Gesundheit der eigenen Leute, können sich übrigens hier ein umfassendes Bild von den Zusammenstößen des Tages machen und dann selbst entscheiden, ob ein solcher Akt der Selbstverteidigung für einen Konservativen tragbar ist.
Utz
Klar müssen wir verhindern, daß unsere Gewaltfreiheit als Schwäche mißverstanden wird. Denn das provoziert unnötige Angriffe. Bei allem sollten wir aber auch klug vorgehen, denn die Fallen sind offensichtlich. So ist dem Satz: „Setze nie den ersten Schlag, aber sorge dafür, daß dein Schlag der letzte ist.“ anzufügen: "Und sorge dafür, daß der erste Schlag GESEHEN wird", sonst bleiben wir so oder so die Verlierer.