Wer oder was ist der Mann mit dem Kosakenbart, der wirkt wie eine krude Kombination aus Jean Raspail und Martin Sonneborn, stets Fliege trägt und vor wenigen Wochen mit dem verschmitzten Lächeln eines Spitzbuben erzählte, daß Frauen selbstverständlich weniger zu verdienen hätten, weil sie weniger leisteten und einen geringeren Intelligenzquotienten hätten?
Korwin-Mikkes rechtes Rebellentum beginnt früh, bereits in den 1960er Jahren wird er im kommunistischen Polen wegen “antikommunistischer Umtriebe” eingesperrt, auch danach ist er Mitglied in zum Teil illegalen Widerstandsgruppen. Seine Aktivität treibt ihn durch eine ganze Reihe von Parteien, seine jetzige politische Heimat KORWIN kann man getrost als auf ihn ausgerichtetes Ein-Mann-Projekt bezeichnen.
Seinen Weg pflastern dabei Kontroversen; mit seinem Hang zu einem ungesund radikalen Libertarismus (Korwin-Mikke ist zum Beispiel für die Legalisierung rein digital erstellter Kinderpornographie), seiner unverblümt geäußerten Verachtung für den Parlamentarismus und einem erzkonservativen Sittlichkeitsverständnis, aus dem heraus er die Einführung der Todesstrafe und die Abschaffung des Frauenwahlrechts fordert, eckt der polnische Exzentriker bei Konservativen wie bei Liberalen gleichsam an.
Seit 2014 sitzt dieser Querulant also im Europäischen Parlament und produziert mit wachsendem Genuß Skandale: Bei der Diskussion um einen europaweiten Fahrschein zeigte er den Hitlergruß und rief “Ein Volk, ein Reich, ein Ticket!”, die Demokratie bezeichnete er als “dümmste Regierungsform, die je erdacht wurde”, und seine Beiträge im Parlament beendet er schon mal mit seinem persönlichen Ceterum censeo: “Außerdem bin ich der Ansicht, daß die Europäische Union zu zerstören ist.”
Wer sich jetzt voller Grauen von seinem Bildschirm ab- und, in konservativem Furor zitternd, gleichsam entsetzt und enttäuscht seiner Ernst-Jünger-Gesamtausgabe zuwendet, um sich unter der beruhigend beunruhigenden Lektüre des Waldgangs zu fragen, ob man bei Sezession im Netz jetzt full Godenholm gegangen ist, daß man hier solch einen Spinner ehrt, der tut unserem Helden Unrecht.
Janusz Korwin-Mikke ist das exakte Gegenteil von dem was man landläufig als Cuckservative, im deutschsprachigen Raum vielleicht als Jungfreiheitlichen bezeichnet. Er ist ein Tänzer, ein Troll, ein unbelehrbarer Monarchist und vor allem einer, der versucht, auf dem schmierigen Parkett des Europäischen Parlaments die Haltung zu bewahren.
Dabei beweist er Humor und Charakter, gibt nebenbei eine ganze Institution der Lächerlichkeit preis und – das ist das herrlichste daran – treibt die bräsigen Eurokraten zur Weißglut.
Daß er sich dabei über seinen realpolitischen Einfluß keine Illusionen macht, zeigen diverse Interviews, die er zu seiner Rolle im Parlament gegeben hat: Ihm geht es darum, die gute Bezahlung einzustreichen und vor allem mächtig auf die Kacke zu hauen.
Bei den jungen Polen kommt das gut an: Bei der letzten Europawahl wählten ihn 28,5 Prozent der 18- bis 25jährigen. Da kann man schonmal klatschen: Batsch, batsch!
Utz
Tut mir leid, viel heldenhaftes kann ich da nicht sehen. Nichts was echten Mut erfordern würde, nichts was besonders viel Kreativität und Witz hätte und 18- 25-jährige Polen zu erreichen ist in meinen Augen auch keine Heldentat.
Wenn seine Aktionen wenigstens so absurd wären, daß sie einem Respekt abnötigen. Sind sie aber nicht, scheint ja doch bloß immer die Ängstlichkeit der Erzkonservativen (vor Frauen und sonstigen Ärgernissen des Alltags) durch.
"Bräsige Eurokraten" zur Weißglut bringen, OK, dennoch, alles in allem: nicht mein Held.