Öffentliche Selbstkritik: “Ich habe Volker Weiß angepöbelt”

Kubitschek: Was war das für eine Pöbelei am vergangenen Freitag in der Alten Handelsbörse in Leipzig? Geht es auch mal ein Jahr ohne?

Götz Kubitschek

Götz Kubitschek leitet den Verlag Antaios

Götz: War das eine Pöbe­lei? Ja, gut, das war eine Pöbe­lei. Ich habe den Jungle-World-Autor Vol­ker Weiß ange­pö­belt? Er hat­te aus sei­nem Buch Die tota­li­tä­re Revol­te vor­ge­tra­gen und eine gan­ze Stun­de lang die Fra­gen einer MDR-Mode­ra­to­rin beant­wor­tet. Als er dann am Signier­tisch saß, muß­te ich ihn anpöbeln.

Kubit­schek: Das ist niveau­los. War Ihre Frau nicht dabei? Die paßt doch sonst immer auf.

Götz: Ers­tens paßt mei­ne Frau nicht immer auf – sie ist ab und an das retar­die­ren­de Moment, dies­mal eben nicht. Außer­dem hat sie die Rake­te gezün­det. Sie ist zu Vol­ker Weiß und hat ihm das Buch zum Signie­ren gege­ben. Ich war noch oben im Saal, und als ich run­ter­kam, war die Stim­mung bereits etwas ange­spannt. Es ging gera­de um Edgar Juli­us Jung.

Kubit­schek: Oh! Ein Streit unter Gebildeten!

Götz: Exakt, so wirk­te es. Der Weiß tat schon wäh­rend sei­ner Plau­der­stun­de so, als käme er vor lau­ter Namen, die er nen­nen müß­te, ganz durch­ein­an­der. Dabei ist das bloß eine Stra­te­gie, kennt man von Leu­ten, deren Publi­ka­tio­nen ein ein­zi­ges Ver­ne­beln der eige­nen Unkennt­nis sind: Man reiht Quel­le an Quel­le, Namen an Namen und hofft, daß man die Leu­te damit beein­druckt oder vom Fra­gen abhält. Moh­ler dixit, Nietz­sche dixit, Weiß­mann dixit – nie­mand will ja zuge­ben, daß er mit den vie­len Namen gar nichts anfan­gen könne.

Kubit­schek: Und Ihre Frau hat dem Weiß genau das vorgeworfen?

Götz: In etwa, aber natür­lich viel knap­per. Sie müs­sen das ver­ste­hen. Man sitzt da brav in sei­ner Stuhl­rei­he und hört sich an, was die­ser zum War­ner auf­ge­pump­te Töl­pel von sich gibt, eine gan­ze Stun­de lang, und es tau­chen Fra­gen auf: War­um darf der das? War­um sitzt der da vorn und nicht wir? War­um nicht er UND wir? Hat er auf dem Schul­hof immer Dre­sche bezo­gen? Und wäh­rend man so nach­denkt, fällt immer mal wie­der der eige­ne Name oder der Ellen Kositz­as oder der eines Autors, und wie­der denkt man an den Schul­hof und sol­che Sachen.

Kubit­schek: Ihre Frau war also mit dem Buch am Signier­tisch, und Sie stie­ßen pöbelnd dazu.

Götz: Ja, pöbelnd, lei­der. Ich stell­te mich da hin, grab­bel­te an einem Buch her­um und sag­te, daß es schon toll wäre, wenn mal ein rich­ti­ger Geg­ner, ein ech­ter Kopf einen fer­tig­ma­chen wür­de, einer, der dicke Bret­ter boh­ren kön­ne, wo man hin­ter­her sei­ne Hirn­re­gio­nen ein­sam­meln und sich ver­krü­meln muß. Aber nein, der Herr Weiß: Sperr­holz, Bal­sa­holz, das Zeug von frü­her, als man Segel­flie­ger mit dem Küchen­mes­ser aus den Brett­chen schnitt, denen nach dem zwei­ten Schub­ser das Heck­ru­der abbrach. Das habe ich zu ihm gesagt: daß er ein Dünn­brett­boh­rer sei.

Kubit­schek: Kann man ja mal sagen.

Götz: Schon. Aber ich stand, er saß, ich war laut, er war cool, klar, war ja sein Abend. So ein jun­ger Typ mit Gera­de-geduscht-Rin­gel­lo­cken ernann­te sich dann noch rasch selbst zum Social Media Team von Herrn Weiß und kri­ti­sier­te mei­ne Laut­stär­ke. Ich habe – glau­be ich – noch »Hob­bit« gesagt und bin dann abge­zo­gen. (Mir wur­de mitt­ler­wei­le zuge­tra­gen, dies sei Tom Kraus­haar gewe­sen, einer der Ver­lags­lei­ter von Klett-Cot­ta. Wird schwie­rig mit mei­nem nächs­ten Buch dort.)

Kubit­schek: Und Ihre Frau?

Götz: Kositza kam gleich hin­ter­her mit dem signier­ten Buch und sag­te, daß es klar sei, daß jemand mit einem so ein­deu­ti­gen Namen (Volk, weiß), den furcht­ba­ren Schul­ho­f­erfah­run­gen und die­ser ver­lis­pel­ten Klug­schei­ße­rei ein sol­ches Buch schrei­ben müs­se. Sie äff­te das nach, das ist ein unfei­ner Spleen von ihr, wor­auf ich ihr den Mund ver­bot, aber sie mach­te immer wei­ter. Manch­mal macht sie auch mich nach, auf schwä­bisch. Jeden­falls kri­ti­ser­te ich sie, und die Retour­kut­sche war, daß sie mich kri­ti­sier­te, und zwar ziem­lich ausführlich.

Sie hat ja recht, und sie muß es immer aus­hal­ten mit mir in der Öffent­lich­keit. Aber ich fand mei­ne Reak­ti­on auch wie­der­um rich­tig gesund. Da hat die­ser Weiß eine geschla­ge­ne Stun­de lang nur Blöd­sinn erzählt, und man sitzt da und hört sich das an. Ein Bei­spiel: Er hat es ver­kauft wie einen archäo­lo­gi­schen Fund, daß wir Carl Schmitt lesen. CARL SCHMITT! WIR! LESEN! Es gibt zwar kei­nen Staats­recht­ler welt­weit, über den mehr Sekun­där­li­te­ra­tur erscheint als über Schmitt, bis heu­te ist das so, aber der Weiß: Der hat tief gegra­ben und das noch­mal ent­deckt. Was für eine Granate!

Kubit­schek: Klingt schon wie­der nicht beson­ders cool …

Götz: Sind Sie jetzt mein Social Media Team, oder was? Daß wir Ernst Jün­ger lesen hat der Weiß auch ent­deckt, übri­gens. Fin­det er krass. Dabei ist sein eige­nes Buch bei Klett-Cot­ta erschie­nen, und die brin­gen seit Jah­ren alles, wirk­lich alles von und über Jün­ger her­aus, in immer neu­en Aus­ga­ben und Preis­stu­fen. Nur die Bier­de­ckel-Fak­si­mi­le aus Wilf­lin­gen feh­len noch.

Kubit­schek: Gut, bit­te, was könn­te denn nun bes­ten­falls pas­sie­ren? Den Herrn Weiß wer­den Sie nicht von Ihren Posi­tio­nen über­zeu­gen kön­nen und der Schul­hof – das ist lan­ge her.

Götz: Will ich auch gar nicht zurück, dort­hin. Also, was bes­ten­falls pas­sie­ren könn­te: Klett-Cot­ta geht in sich, hört die Signa­le Vol­kers und stößt die Rech­te an Jün­ger ab. Ich und Mar­tin Schulz wür­den mitbieten.

Kubit­schek: Sie bereu­en das nicht, ich seh schon.

Götz: Doch. Da schreibt einer ein gan­zes Buch, gibt sich viel Mühe und macht sub­jek­tiv alles rich­tig. Und was machen die Objek­te sei­ner Arbeit? Kön­nen nicht mal eine Stun­de lang die Klap­pe hal­ten, müs­sen sich in den Vor­der­grund drän­gen und haben über­haupt kei­nen Respekt vor dem flei­ßi­gen Vol­ker. Wie frü­her auf dem Schul­hof: Das gan­ze Heft vol­ler Fleiß­bi­en­chen – und nichts hat’s geholfen.

Götz Kubitschek

Götz Kubitschek leitet den Verlag Antaios

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Kommentare (24)

Monika L.

28. März 2017 08:44

Dann doch lieber Volker BRAUN:

https://jungefreiheit.de/service/archiv?artikel=archiv15/201510022741.htm

Theobald

28. März 2017 09:30

Der Dialog war gerade meine Morgenlektüre. Ich mag es, wenn der Tag so beginnt! Das wirkt wie die Kombination (sehe gerade da steckt das Wort NATION drin - hihihi) aus einer Tasse Kaffee und einer erfrischenden Dusche. Bekomme das Grinsen gar nicht mehr aus dem Gesicht. Diese Art von Selbstironie und Humor finde ich klasse, weil sie von Haltung und Größe zeugt. Schönen Tag noch!

Abdiel

28. März 2017 10:32

Selten so gelacht. Herr Kubitschek sollte sich öfter einen Temperamentsausbruch gönnen! Neudeutsch: You made my day!

Ein gebürtiger Hesse

28. März 2017 11:17

Da ist sie wieder - die Unbekümmertheit des raschen Vorstoßes, in all its glory. Daß es eine Pöbelei war, gehört unbedingt mit dazu - sie ist die kleine Schwester der Provokation. Hoffentlich haben viele im Saal ihren Weißwein verschüttet.

sophia_

28. März 2017 11:35

Herrlich - Danke! Humor und Bildung sind eindeutig rechts.

Grüsse nach Schnellroda!

Cacatum non est pictum

28. März 2017 11:38

Köstlich. Ich wäre gern Zuschauer gewesen. Aber sich diesen einstündigen Vortrag persönlich anzuhören, hat schon etwas von Selbstkasteiung. Danach hätte ich wahrscheinlich auch nicht mehr nett sein können.

H. M. Richter

28. März 2017 11:46

Vor der Abfahrt zur Leipziger Bucmesse fragte mich meine Frau vor wenigen Tagen wieder einmal, welche Kataloge sie mir mitbringen solle, obwohl sie meine Antwort eigentlich kennen müßte, denn diese heißt stets: "Die üblichen". Darunter befindet sich auch der Katalog des Klett-Cotta-Verlages. Bei Sonnenschein blätterte ich ich diesen am Samstagnachmittag im Garten dann durch und erfreute mich zwischenzeitlich immer wieder der frühlingserwachenden Natur.

Als ich auf die Verlagsankündigung des Weiß'schen Buches gestoßen war, traute ich meinen Augen nicht, war doch dort zu lesen: "Dabei beschreibt er das vielfältige Spektrum der neuen rechten Bewegungen und untersucht die Herkunft und Vernetzung ihrer Kader. [...] Ein aufklärerisches Buch, das die Dürftftigkeit der neuen Bewegungen schonungslos entlarvt und zum Kampf gegen deren autoritäre Zumutungen aufruft."

Der erste Satz - ich kenne mich da etwas aus ... -, ist lupenreines Stasi-Deutsch. Auch damals sprach man in Analysen und Berichten selbstredend von Vernetzungen statt von Freundschaften. Seinerzeit ebenfalls äußerst beliebt: schonungslos, entlarven, untersuchen, Kampf usw. Natürlich blieb ich auch an der Wortfolge Dürftigkeit der neuen Bewegungen hängen.

"Dürftigkeit"?

Ich ging nach oben, setzte mich nicht an den Schreibtisch, um an Michael Klett zu schreiben, um ihm von der Dürftigkeit seiner Lektoren zu berichten, sondern griff zur Erstausgabe der Gedichte von Johann Christian Günther, dem wunderbaren deutschen Dichter, der exakt vor 300 Jahren als Student nach Leipzig gekommen war. Mit nur siebenundzwanzig Jahren starb er an Tuberkulose.

Seine bereits 1714 verfaßte, wahrlich nicht nur von Ernst Jünger geliebte Trost-Aria gehört mit zum Schönsten, was jemals in deutscher Sprache gedichtet wurde: Ich hatte mich nicht getäuscht, in Günthers Bändchen war ebenfalls von Dürftigkeit die Rede, doch in ganz anderem Zusammenhang:

"Vielmehr verstoß ich oft mein scheinbar Heil mit Fleiß.
Mit Fleiß? Im Ernst. Warum? Dieweil ich seh und weis,
Ich sey viel ehr geschickt, die Dürftigkeit zu tragen,
Als durch den falschen Fuchs [= Lug und Trug; HMR] den Freunden nachzujagen.
Die Weißheit ist zwar nicht die Weißheit unsrer Welt:
Vor dem galt deutsche Treu, jezt gilt nur List und Geld
Und künstlicher Betrug und vortheilhafte Tücke.
Wer neue Moden liebt, der machet so sein Glücke.
Ich bin zu grob darzu und bleibe, wer ich bin,
Und lebe, wie ich kan; man nennt es Eigensinn."

Als ich diese Zeilen las, saß ich schon wieder im Garten und erfreute mich nebenbei erneut der Fülle des Frühlings.

Martin Lichtmesz

28. März 2017 11:56

Ich kenne niemanden, der die "Herrschaft der Minderwertigen" zuende gelesen hat. Edgar Julius Jung in Ehren, aber seine Relevanz für die NR von heute geht gegen Null. Das ist nur für die KR-Spezis mit historischem Interesse. Wobei der knackige Titel heute ja wieder hochaktuell ist...

Hartwig aus LG8

28. März 2017 12:00

Leipziger Buchmesse ... nehme ich mal an.

Halten sie von mir, was Sie wollen, aber ich war in meinem Leben einmal auf einer Buchmesse, und werde es nicht wieder tun. Nichts, was mich dahin zieht; und viel, was mich fernhält. Inklusive der Lesungen.

Ich kann meine Klappe nicht halten. Meine Frau bereite ich beflissentlich auf so etwas vor. Zwei Tage nach der Trump-Wahl waren wir im Theater - ihr zuliebe. Ich sagte "Wenn irgendeiner da vorn von den Brettern ein Trump-Statement ablässt, gehe ich sofort, nicht ohne noch etwas in den Saal zu rufen." Zu meinem Erstaunen hielten die Schauspielbrüder ihre Klappen. War auch gut so, denn 'Suchen' tue ich solche Situationen keineswegs. Mein letzter Gottesdienst liegt Monate zurück und führte mich in eine Freikirchgemeinde. Ein Heiligabendgottesdienst mit Krippenspiel und Flüchtlingsgeschichte halte ich nicht mehr durch.

Maiordomus

28. März 2017 12:10

Lieber Götz Kubitschek,

Ja, das ist es, fast fürchte ich, das intellektuelle Niveau in Deutschland sei in den letzten 250 Jahren bei den sogenannten Eliten noch nie so niedrig gewesen wie heute. Wie kann man nur Brecht lesen, der zwar selbst noch in seinen stalinistischen Verirrungen und der einstimmigen Befürwortung von Ketzerhinrichtungen einschliesslich der Stimme des Opfers selber, der aber selbst in seinen fürchterlichsten Elaboraten lesenwert bleibt und andererseits jemandem vorwerfen, dass er Jünger lese. Ein unglaubliches Bergwerk von Erkenntnissen und Beobachtungen, so wie andererseits Carl Schmitt, der mit Karl Marx allerdings die zeitweilige Befürwortung von Massenmorden gemeinsam ha. Soll man deswegen Marx und Schmitt nicht mehr lesen, oder den Hexenhammer, welcher durchaus eine Ausgeburt akademischen Denkens war ? Noch unbedingt empfehlen würde ich übrigens die verdeutschte Filmfassung von Orwells 1984 aus dem Jahre 1956, weil in keinem anderen Film auch die geistige Situation dieser unserer gegenwärtigen Zeit besser aufgezeigt wird. Man findet den Streifen auf youtube.

Leider, Herr Kubitschek, sind auch mir ähnliche Zornausbrüche wie Ihnen, gegenüber ignoranten intellektuellen Plapperern, nicht unbekannt, wobei es noch gut ist, dass man sich zur Verschonung der eigenen Partnerin gelegentlich zurückhält. Mir fällt auf, dass zumal auf dem Gebiet der Geisteswissenschaften und der Geschichte fast bei niemandem mehr eine wirklich breite  Allgemeinbildung vorausgesetzt werden kann.

Abdiel

28. März 2017 12:36

@H.M. Richter: Zu Günther gibt es eine  lesenswerte Erzählung der österr. katholischen Schriftstellerin Enrica von Handel-Mazzetti Johann Christian Günther von 1928. Normalerweise würde man diese Art von Literatur eher meiden, aber dies ist, bei aller Fremdheiterfahrung, die die Lektüre auslösen kann,  einen Versuch wert.

@Lichtmesz: Nein, auch ich kenne niemanden und muß mich gleich einschließen. Schön, daß das mal jemand ausspricht..

Starhemberg

28. März 2017 12:42

Hahahaha, sehr gelungen! Lachen und sich nicht immer so ernst nehmen ist rechts, gequirlte Sch.... reden und sich dabei unglaublich intelligent vorkommen ist links. Nirgends lässt sich das besser beobachten, als hier auf dieser von mir in kürzester Zeit so liebgewonnenen Seite.

Der Gehenkte

28. März 2017 13:30

Bei aller Komik der Situation, sie hat auch ihre tragische Seite. Mir scheint, Langmut gehört zu den weit verbreiteten Tugenden in der konservativen Welt. Sagt ja das Wort schon und letztlich sind es die Konservativen, die seit je an den Veränderungen und Verschlimmbesserungen leiden – und trotzdem ruhig bleiben und erst wenn der Kairos erscheint, entschieden handeln sollten. Gelassenheit wurde ihnen seit Jesus über Meister Eckhart bis hin zu Heidegger immer wieder eingeimpft.

Von daher kann ich verstehen, daß man sich ärgert, wenn man einmal die Contenance verliert. Ist mir im Leben zwei, drei Mal passiert und hatte immer negative Folgen. Im Falle Weiß gibt sie dem Kontrahenten und den Zuschauern gratis ein Überlegenheitsgefühl, das in der Sache – wenn Ihre Beschreibung stimmt – nicht gerechtfertigt ist. Aber so lange keine Fäuste fliegen, muß man nichts dramatisieren, sollte man es höchstens als körpereigenes Angebot verstehen, in sich zu gehen und sich zu fragen, wo die eigene Siedegrenze liegt und eventuell an ihrer Senkung arbeiten.

Der eigentliche Skandal ist doch, daß mit den Invektiven Leseverbote ausgesprochen werden sollen und wenn man die bereits auf Schmitt und Jünger ausdehnt, dann sollten die Alarmglocken schrillen. Nichts, aber auch gar nichts, darf verboten und alles, aber auch wirklich alles, sollte gelesen werden – allein die Qualität hat hier zu entscheiden.

Der Gehenkte

28. März 2017 14:16

Um sich ein Bild zu machen:

https://www.youtube.com/watch?v=Z9Lqm5wL2Cg

https://www.youtube.com/watch?v=GngluJkMGgY

Klingt eigentlich recht reflektiert. Dazu auch eine vielsagende Besprechung auf Amazon (HappyX):

https://www.amazon.de/product-reviews/3608949070/ref=cm_cr_dp_hist_one?ie=UTF8&filterByStar=one_star&reviewerType=all_reviews&showViewpoints=0

Sollte man vielleicht ernst nehmen. Ist das Balsa?

Giasinger Löwe

28. März 2017 14:32

Kubitschek also doch der Wolf im Schafspelz, vor dem mich sämtliche Experten in den Medien und Politik  immer gewarnt haben. Und Ich feiger Mitläufer habe dieses kryptofaschistische Monster seit 2008 mit einem Abo unterstützt...  VERZEIHT MIR!!!!

marodeur

28. März 2017 15:30

Kubitchek und Götz - das teuflisch dürftige Duo schonungslos entlarvt. Aber mal im Ernst: Der etwas verruchte Charme unserer kleinen Bewegung ist doch das Salz in der Suppe. Wer von Euch will schon freiwillig zu sogenannten Mitte gehören. Klar, der Kult um den Popanz Neue Rechte treibt sonderbare Blüten. Aber da ist noch deutlich Luft nach oben vorhanden. In der DDR galt schon der öffentliche Konsum einer Dose Coca Cola als subversiv. Das Lesen von Mickey-Maus-Heften wurde als Beleg für eine reaktionäre Gesinnung gewertet. Darum war damals Mickey Maus Pflicht - heute natürlich Tabu für Rechte. Das sage ich während ich stolz mit meiner Hand über mein reaktionäres Bücherregal streiche, voll mit "Naziliteratur" ala Jünger co.

Der Feinsinnige

28. März 2017 18:49

Sehr geehrter Herr Kubitschek,

bei der Leipziger Veranstaltung mit Volker Weiß war ich selbst anwesend und kann Ihre Reaktion sehr gut verstehen, zumal (aus meiner Sicht überraschenderweise) im Anschluß an die Veranstaltung noch nicht einmal die ursprünglich in der Druckausgabe von „Leipzig liest“ (Seite 80/81) angekündigte Podiumsdiskussion stattfand, auch nicht die ansonsten auf der Buchmesse durchaus übliche Gelegenheit zu Nachfragen gegeben wurde – ein intellektuelles Armutszeugnis für den Veranstalter, den MDR.

Ich möchte eine vorsichtige Anregung geben, wohl wissend um die Mühen, Kosten und Risiken, die damit verbunden wären:

Nach langer Pause sollte Ihr Verlag wieder einmal an der nächsten Buchmesse teilnehmen und zudem versuchen, eine oder mehrere Veranstaltungen durchzuführen – trotz oder gerade wegen der vorhersehbaren Reaktionen einschlägig politisch korrekt ausgerichteter Personen oder Organisationen. Die Zeit wäre einfach reif! Eine Neuveröffentlichung des Verlages Antaios könnte die Grundlage für eine öffentliche Darstellung und Diskussion über die intellektuelle Rechte bzw. die wachsende Opposition von rechts gegen die Etablierten bieten und damit auf die linksignoranten Darstellungen von Volker Weiß und vielen anderen antworten – kompetente Autoren, Redner bzw. Diskussionsteilnehmer stünden Ihnen doch in großer Zahl zur Verfügung.

Es grüßt Der Feinsinnige.

Schildmaid

28. März 2017 20:13

@Hartwig aus LG8

Ich bin ganz bei Ihnen. Ich meide mittlerweile Orte an denen die Möchtegern-Meinungshanseln ohne Kritik oder öffentlichen Protest ihren Sermon verbreiten dürfen. Zum Einen sind derartige Veranstaltungen wahnsinnig langweilig weil ja eh offiziell jeder  einer Meinung sind. Zum Anderen tun diese Veranstaltungen mir nicht gut. Ich kann ebenso wie Sie meine Klappe nicht halten. Muss es aber (als sächsische Beamtin in der Öffentlichkeit hab ich mich zurückzunehmen).

Ein starker Gerechtigkeitssin, offene Augen und Ohren, Zivilcourage ( Fall Arnsdorf) müssen in diesen Zeiten homöopathisch eingesetzt werden. Ich neige auch zur Überdosierung. Die Gegenseite ist zu mächtig.

Unser letzter Kirchenbesuch verlief dergestalt, dass ich meinen Mann zurückhalten musste, auf die Kanzel zu stürmen um den Treiben Einhalt zu gebieten. Unsere Tochter war in ein Bühnenstück involviert. Kurzum es ging um die verschiedenen (bunten) Länder (der Welt? Europas?). Alle aufgeteilt durch "schreckliche Grenzen" und die "grausamen Grenzwächter". Sinn und Ziel der Bewohner war es nur, diese Grenzen zu überschreiten um sich zu vermischen. Blau mit Gelb, Grün mit Rot etc. Die strengen Grenzwächter drängten sie jedoch wirkungsvoll zurück. In DDR-Zeiten wäre dies ein fuliminantes Stück gewesen. Aber jetzt? Nee.

Die Besucher dieses Gottesdienstes setzten alle ihr seliges, selbstzufriedenes Gesicht auf. Waren eins mit sich und der Wahrnehmung ( nur welcher?). Und schienen SEHR zufrieden. Nur mein Mann und hatten einen sehr hohen Blutdruck. Wir warteten das Ende des Auftrittes ab und verließen schnurstracks die Kirche. Seither (2015) waren nicht mehr dort. Und sie fehlt mir nicht.

Zu:"Ich sagte "Wenn irgendeiner da vorn von den Brettern ein Trump-Statement ablässt, gehe ich sofort, nicht ohne noch etwas in den Saal zu rufen." Yepp. Ich bin derzeit quasi kulturell und gesellschaftlich unbrauchbar. Überall lauern diese Fallstricke. Der auf Ruhe und Frieden bedachte aber dennoch kritische Deutsche ist dieser Tage sehr, nun ja, angespannt. Auch  musikalisch wird man auf die Probe gestellt. Mußte ich zum einen schon das letzte Konzert absagen steh ich nun vor der Entscheidung all meine Toten-Hosen-CDs auszusondern? Oder? Weil: "Wer mit 20 Jahren nicht Sozialist ist, der hat kein Herz, wer es mit 40 Jahren noch ist, hat kein Hirn." - Georges Clemenceau

( Zum gestrigen Auftritt bei "nope" in Dresden.)

Wenn ich mich weiter derart reduziere bin ich bald eine ganz brauchbare Essenz. Bis dahin muss ich aber noch köcheln und nicht akut hochkochen (wie bei der Buchmesse etc.)

Beste Grüße

Schildmaid

Sven Jacobsen

28. März 2017 21:16

Herr Kubitschek, Sie hätten Volker Weiß an Chantal Mouffe verweisen sollen, wenn es ihn aufregt, dass Carl Schmitt gelesen wird. Und da wir gerade von unliebsamen Büchern reden: Ich muss da immer an den fanatischen Hass auf das Lachen des Jorge von Burgos in dem postmodernen Roman „Der Name der Rose“ von Umberto Eco denken. Ist es nicht eine herrliche Metapher von Umberto Eco, einen Blinden zum mörderischen Hüter eines Buches zu machen, nur damit andere es am besten gar nicht erst sehen? Zur gefälligen postfaktischen Selbstbetrachtung.

Neander vom Thal

28. März 2017 22:42

Bin ganz der Meinung des Freisinnigen. Ein Auftritt von antaios bei der Buchmesse wäre der Hammer. Leider würde das Mediengeschrei nach kurzer Zeit verpuffen. Aber schön wäre es dennoch. Was für ein herrlicher Auftritt von antaios, wenn Kubitschek ein paar verschollene Briefe von Marx, Trotzki oder was weiß ich von wem zur Messe publizieren könnte. Das wäre schon Humor mit spezieller Würze. Natürlich ist mein Vorschlag nicht wrnst gemeint, aber er hat was.

Löwenherz

29. März 2017 18:25

Genial! Da soll noch jemand sagen, die Rechten hätten keinen Humor.

Nemo Obligatur

29. März 2017 23:13

Das Hauptproblem in diesem Lande ist: Es gibt nur einen Götz Kubitschek, aber viele hundert Volker Weiß'.

Paracelsus

30. März 2017 00:56

Doch, das Buch ist eine echte Fleißarbeit. Das kann man anerkennen.

Bei der Interpretation der vielfältigen Beobachtungsgegenstände stört jedoch die stark eingefärbte Brille des Autors, so dass er ständig Fehlurteile absetzt. So, wenn er den Pegidainitiatoren mit ihrem Abendlandbegriff "Verbrämung eines neu aufgelegten "Rassenkampfes"" vorwirft. (S. 186) (um nur ein Beispiel zu nennen, da finden sich auf praktisch jeder Seite solche Zuschreibungen, die mehr über den Autor sagen als über die, über die er schreibt.  Es wird auch nicht klar, nach welchen Kriterien er z.B. den Titel "äußerste Rechte" verteilt. Wie weit "rechts außen" kann man als Mensch der Mitte noch ertragen, ohne vor Abscheu sich abzuwenden? - Und dies soll keine "billige Polemik" sein? Dann aber doch "teure Polemik" ! - Die Erkenntnisarbeit überlässt der Autor jedenfalls dem Publikum; er liefert lediglich ein Komglomerat aus Fakten und seinen fragwürdigen Zuschreibungen.

Wundersam erscheint mir auch die Selbstverständlichkeit, mit der Herr Weiß die biographischen Schritte der 68er Maschke, Rabehl, Böckelmann und anderer sortiert. (ca. S. 122f.) ordnet: die Achtung des Bezugsrahmens Nation wird kurzerhand gleichgesetzt mit "rechts". 

Damit denkt der Autor wie selbstverständlich im "mainstream", aber nicht selbst, denn selbst Martin Schulz soll einmal erkannt haben, dass die EU aus Mangel an demokratischer Substanz nicht der EU beitreten könnte. Ergo: das Gerede von der drohenden Re-Nationalisierung usw. blendet völlig aus, dass es schlichtweg keine konkrete politische Erfahrung damit gibt, dass Demokratie über-national existiert. Es ist eine reine Phantasie, die niemanden ernsthaft berechtigt, die Verteidiger der Demokratie zu Feinden derselben zu stempeln, wie es oben genannter Schulz heute tut.

Ein Buch mit dem Titel "Die Autoritäre Revolte" passt überhaupt nicht zum Thema "Neue Rechte"; autoritär agiert heute z.B. die Bundesregierung, die EU, verschiedene Regierungen innerhalb Europas (Frankreich, Polen, Russland) usw.

Autoritär agieren zudem die tonangebenden Gesellschaftsverbesserer, die den Menschen Vorgaben machen, wie sie zu sprechen und damit zu denken haben.

Paracelsus

30. März 2017 10:04

Ich möchte noch etwas ergänzen:

wenn man wie Götz und Kubitschek des Autors Gedanken in einem Kreis von Menschen vorgetragen bekommt, und dabei im Wesentlichen unter interessiert lauschenden Gläubigen sitzt, ist jede emotional aufgewühlte Reaktion nur natürlich.

Im stillen Kämmerlein lesend - so erging es mir jedenfalls - stellte sich nach einer Zeit etwas anderes ein: Mitleid.

Man geht den Gedankengang des Herrn Weiß mit, kommt an einer interessanten Fragestellung vorbei - z.B. wie ist das Verhältnis zwischen Ost- und Westeuropa - und statt dass man dabei verweilt, verschiedene Gesichtspunkte abwägt usw. bringt Weiß den Hammer einer vorgefertigten Interpretationsschablone. Fertig. Weiter. Nächster Hammer.

Das ist doch eine Selbst-Vergewaltigung des Denkens. - Das ruft Trauer, Mitleid für denjenigen hervor, der sich das antut.

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