Ich schrieb Pfarrer Lothar Mack eine E‑Mail, weil mich jemand darauf hingewiesen hatte: „Mit dem ham’ses genauso gemacht wie mit dir.“ Daraus entwickelte sich ein intensives Gespräch mit persönlichen Treffen in Leipzig und in Oybin, das anhält und immer wieder in der Frage mündet, was wir in der Verantwortung vor Gott zu tun haben. Lothar Mack ist 56 Jahre alt, stammt aus Oberfranken und lebt seit langem in der Schweiz. Seit dem vergangenen Jahr bereitet er sich an der katholischen Theologischen Fakultät der Universität Fribourg auf eine Dissertation über Eugen Rosenstock-Huessy vor.
Wawerka: Herr Mack, wen haben Sie vor den Kopf gestoßen und womit?
Mack: Um jemanden vor den Kopf zu stoßen, braucht es manchmal gar nicht viel. Angegriffen fühlten sich mein Pfarrkollege und unser Chef, der Präsident des örtlichen Kirchenvorstandes. Es ging ums unvermeidliche Thema Islam, und zwar bei verschiedenen Gelegenheiten innerhalb weniger Wochen.
Nach einer regionalen Vortragsreihe über Religionen hatte ich kritisiert, daß sie recht einseitig durchgeführt worden war. Die verschiedenen Vertreter haben ihre Schönwetter-Versionen abgeliefert, zum Teil mit rituellen Zeremonien im Altarraum einer gastgebenden Kirche. Ich fand das theologisch wie seelsorgerisch unverantwortlich und habe das auch deutlich gemacht. Damit habe ich eine bestimmte Art von Religionsfrieden gestört. Einige der Kollegen zeigten sich empört und entsetzt.
Ein anderes Mal hatte ich auf die historisch-kritische Forschung zum Islam hingewiesen, und zwar sowohl den Kollegen als auch Gemeindeglieder, die sich teils beruflich, teils privat mit dieser Art von Religion beschäftigen mußten – einfach als Beitrag zu einem mündigen Christsein. Einige Gemeindeglieder waren durchaus interessiert, aber dem Kollegen war es ein massiver Affront; als ob ich mit bestimmten Forschungsergebnissen jeden Moslem persönlich beleidigen würde, und er müsse sie vor mir beschützen …
Wawerka: Moment – Sie reden von der historisch-kritischen Forschung, deren Anwendung in der Theologie schon seit 200 Jahren eine Selbstverständlichkeit ist?
Mack: Genau. In der Islamwissenschaft scheint das recht neu zu sein. Namen dazu wären Gerhard Lüling, Karlheinz Ohlig, Norbert Pressburg, Andreas Götze, Kurt Bangert, Robert Spencer. Wenn „Mohammed“ tatsächlich nur eine Konstruktion aus dem 9. Jahrhundert ist und die Urform des Koran ein Liturgiebuch der altsyrischen Kirche, dann hat das ziemliche Auswirkungen.
Indirekt habe ich sie an meinem Kollegen wahrgenommen, der diese ganze Forschung am liebsten leugnen möchte. An einer Sitzung des Kirchenvorstands hatte aber schon ein Heft übers Gebet für die islamische Welt ausgereicht, das ich dort ausgelegt hatte. Damit war er vollends vor den Kopf gestoßen und mehr.
Am Tag darauf hat er mich in Gegenwart unseres Kirchgemeinde-Präsidenten auf eine Stufe mit den Taliban gestellt, denn auch die würden ja Mord und Totschlag provozieren. Seine Logik erschließt sich mir bis heute nicht. Jedenfalls mußte ich seinen Nerv getroffen haben – und den der „liberalen“ Landeskirche.
Was will man da noch sagen? Man ist mir also mit einem Entlassungsschreiben gekommen. Dagegen hab ich zwar erfolgreich Rekurs eingelegt, so daß der Kirchenrat das Verhalten und die Vorgehensweise des Kirchenvorstands deutlich rügen mußte. Aber die Sache war zerrüttet. Am Schluß meinte der Kirchenrat, ich habe mit einer Stellungnahme gegen die gängige Flüchtlingspolitik einige Wochen später meine Loyalität mit der Kirche aufgekündigt, denn die setze sich ja „für die Armen“ ein.
Wawerka: Sind Sie mit Ihren Gedanken nur auf negative Resonanz gestoßen, oder gab es auch Leute, die Ihnen zugehört und Sie unterstützt haben?
Mack: Die gab es durchaus. Aber ich war noch nicht lange genug in der Gemeinde, als daß sich eine Gegenmeinung hätte formieren können. Es lief auch zu vieles hinten herum, so daß gar nicht klar war, wogegen genau die Leute hätten Stellung beziehen sollen. Außerdem war das Datum mit dem Anfang der Sommerferien geschickt gewählt …
Ich war mit zwei Zielen angetreten: Gemeinschaft zu fördern und Orientierungen zu vermitteln. Das hatte ich auch mehrfach so gesagt. Über Nachgespräche nach der Predigt wollte ich das beispielsweise umsetzen. Ein Dutzend Leute nahm daran teil, darunter auch einige neue. Sie schätzten es sehr, daß man sich auch als „Laie“ einbringen konnte und der Pfarrer das eigenständige Denken und Glauben unterstützen wollte. Ja, da hätte manches werden können.
Wawerka: Schaut man von Deutschland auf die Schweiz, so scheint das politische Leben dort viel liberaler zu sein – liberal im guten, im freiheitlichen Sinn. Ist das wirklich so? Wie erklären Sie sich Ihre Entlassung?
Mack: Im Grunde genommen stimmt dieser Eindruck. Diskussionen sind hierzulande weniger hitzig, weniger stark ideologisiert. Das hat sicher auch damit zu tun, daß die Politiker weniger schnoddrig mit dem „Wahlvolk“ umgehen. Es ist ja immerhin ihr Wahlvolk, und das „volkt ihnen“ nicht bei jeder Abstimmung. Insofern empfinde ich die politische Kultur wohltuender als ich sie von Deutschland mitbekomme. Aber das hat auch hier seine Grenzen. Mit meinen Äußerungen über Religionen und den Islam hatte ich offenbar Tabus berührt, und an den Tabus zeigen sich bekanntlich die Werte einer Gesellschaft.
Das ist in der Kirche nicht anders. Sie mag voller Richtigkeiten stecken, aber wenn die Rangfolge und die Mitte nicht stimmen, geht es trotzdem bachab. Wem nützt es, wenn man vor lauter Mitmenschlichkeit im Einzelnen den Blick fürs Ganze verliert, für übergreifende Entwicklungen, und damit eine Wächterfunktion der Kirche preisgibt?
Während meiner Freistellung hatte ich in einem Wort zum Sonntag in der Lokalzeitung die Kirchen tendenziell als „eingebettete Samariter“ des Staates bezeichnet, ähnlich wie willfährige „eingebettete Journalisten“ in einem Kriegsgebiet. Verstanden worden ist dieser Weckruf – als der er gedacht war – wohl bis heute nicht.
Auch die Liberalen haben ihr Tabu, und das ist das Bekenntnis zur Gleich-Gültigkeit. Daran rüttelt man nicht ungestraft. Irgendwie sind mir die Liberalen sogar die besseren Fundamentalisten, denn sie geben sich nicht einmal mehr die Mühe, ihre Position zu begründen. Man teilt sie, oder man wird geteilt.
Wawerka: Mir fällt auf, dass Ihre Antworten verschiedene Ebenen umfassen: Regierungspolitik, Kirchenpolitik, den christlichen Glauben … Wie halten Sie das auseinander? Auf welcher Ebene sehen Sie Ihren Platz, und wo sehen Sie Grenzen zu anderen Ebenen?
Mack: Sollte ich das denn auseinanderhalten? In gewissem Sinn natürlich, ja. Ich bin Pfarrer und kein Journalist oder Gemeinderat. Aber ich lebe als Pfarrer, wir leben als Gemeinde auch in den kleinen und großen Zusammenhängen des Weltgeschehens. Es kann mir also nicht egal sein, was um mich herum geschieht. Was bleibt von einem Glauben übrig, wenn er sich überall raushalten will? Nicht viel mehr als die alte Innerlichkeit, oder auf neudeutsch: die Pflege von Spiritualität. Ich veredle also ein Stückchen Humanum – und die ganze übrige Existenz sollte mich nicht interessieren?
Nehmen Sie das Beispiel von den Anschlägen letztes Jahr. War es nach Nizza oder nach Paris? Die Evangelische Allianz in der Schweiz und ähnlich auch in Deutschland hatte daraufhin erklärt, daß wir uns Christen nicht vor Gewalt fürchten müßten; wir hätten ja unseren Glauben, in dem wir uns bergen könnten, und der sei immer stärker. Also frei nach Merkel: „Gehen Sie öfter in die Kirche, und Sie müssen keine Islamisierung fürchten!“ Auch das ist ein Ineinander von Glauben und Regierungspolitik, aber ein blindes. Ich kann darin nichts anderes erkennen als theologischen Biedermeier! Keine Spur mehr von gesellschaftlicher Mitverantwortung, kein Hauch eines prophetischen Raunzens. Wer braucht eine solche Kirche, frage ich mich.
Anders gesagt: Man kann vor lauter Gemeinde auch das Kirchesein vergessen und verleugnen.
Wawerka: Haben die Gedanken, die Sie äußern, einen Gültigkeitsanspruch über den innerkirchlichen Bereich hinaus?
Mack: Einer meiner Lieblingsverse aus dem Alten Testament ist Sprüche 16,30 nach der Schlachter-Übersetzung: „Wer die Augen verschließt, denkt verkehrt.“ Jede Ideologie ist ein Augenverschließen vor dem, was ihr nicht entspricht. Dieses Andere und Ausgeblendete wird dann bekämpft und bildet den „politischen Gegner“. In der Psychologie spricht man konfirmatorischem Denken.
Wenn man sich beispielsweise als liberaler Humanist versteht, dann will man auch am Islam vor allem das latent Liberale wahrnehmen. Der Islam wird dann zu einer „Religion des Friedens“, die nur ihr eigenes Potential noch nicht erkannt, geschweige denn ausgeschöpft habe. So gesehen, steht dann auch nicht die eigene humanistische Grundposition infrage, sondern der Blick und die Wertung derer, die diese Position nicht teilen. – Früher hätte man dazu wohl einfach Dummheit gesagt.
Politiker mögen diesen Mechanismen aufsitzen, denn sie haben etwas zu verteidigen: eine Parteilinie, ein Programm, eine Pfründe. Kirche hat nichts zu verteidigen. Sie kann die Dinge anschauen, wie sie sind, und sie so benennen, wie sie sich darstellen. Folgerungen daraus zu ziehen, das ist dann Sache der Politik, aber der ehrliche Zulieferer von Zusammenhängen und Einschätzungen, das sind verantwortliche Christen, also die Kirche.
Je ehrlicher diese Einschätzungen sind, desto weniger müssen wir damit „Ansprüche auf Gehör“ verbinden. Man wird solche Stimmen von sich aus hören wollen, davon bin ich überzeugt.
Wawerka: Sie haben unter Rückgriff auf Hebräer 13,12 von einer „Ökumene der Ausgrenzung, draußen vor den Toren der Stadt“, gesprochen. Was meinen Sie damit?
Mack: Die klassische Ökumene besteht üblicherweise aus schönen Absichtserklärungen auf Konferenzen und in Gottesdiensten. Man streichelt die jeweilige Andersartigkeit, und das gemeinsame gute Gefühl läuft Gefahr, mit einem „Geist der Ökumene“ verwechselt zu werden.
Damit bewegt man sich innerhalb eines vorgegebenen Rahmens und vertritt eine strukturell gesicherte Form von Kirche. Wer hingegen auf seinen Anfragen beharrt und sich bewußt nicht konsensbereit zeigt (was einem als nicht konsensfähig ausgelegt wird), der findet sich alsbald – im Bild gesprochen – draußen vor dem Tore wieder. Es ist gut, diese Bibelstelle zusammenhängend zu lesen.
Darum hat auch Jesus, damit er das Volk heilige durch sein eigenes Blut, gelitten draußen vor dem Tor. So lasst uns nun zu ihm hinausgehen vor das Lager und seine Schmach tragen. Denn wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir. So lasst uns nun durch ihn Gott allezeit das Lobopfer darbringen, das ist die Frucht der Lippen, die seinen Namen bekennen. (Hebräerbrief, Kap. 13, Verse 12–15, Luther-Übersetzung 2017)
Zentral geht es in der ganzen Diskussion um die Göttlichkeit von Jesus Christus. War er nur ein religiöser Mensch, ein Prophet meinetwegen, oder war in ihm Gott selber gegenwärtig, also der Wahrhaftige im Leibhaftigen? Der Islam sagt zur letzten Frage nein, die liberale Theologie ebenfalls. Darum stehen sie einander ja auch so nahe.
Hinzu kommt, daß alle Kirchen, die ich kenne, sich dem neuen Flüchtlingspathos verschrieben haben. Die propagierte Bedürftigkeit der Ankommenden sorgt dafür, daß man sich individuell wohl und kollektiv wichtig fühlt. Weitergehende Fragen werden schlicht nicht gestellt oder aktiv-naiv unterdrückt.
Kritik daran gilt mit dem Vorwurf einer „Fremdenfeindlichkeit“ als erledigt; die Kritiker ebenfalls. Von christlicher Mitverantwortung für sein Land und für das Zusammenleben ist keine Rede mehr. Im Gegenteil: Genauso bunt wie die angestrebte Gesellschaft ist auch der Gott dieser liberalen Mehrheit; jede Religion würde nur einen Aspekt von ihm wiedergeben. Ich kann dazu nur sagen: Ludwig Feuerbach reloaded. Der hat schon vor zweihundert Jahren festgestellt, daß die Menschen sich Gott nach ihrem eigenen Bilde schaffen. – So viel Ignoranz und Unglauben kann einem den Auszug durch das Tor auch leichter machen.
Das ist die eine Seite. Die andere ist die einer neuen Gemeinschaft, die „dort draußen“ möglich wird. Neben der ähnlichen menschlichen Erfahrung verbindet einen ja auch „der Ernst, der die Wahrheit will“, wie Romano Guardini im «Ende der Neuzeit» schreibt. Das ist dann Ökumene von unten und für heute. Man diskutiert nicht mehr intern, sondern leidet, lebt und feiert extern. Und wer wirklich drin und wer draußen ist, das beurteilt später ohnehin ein Anderer.
Wawerka: Was würden Sie Christen raten, die ähnlich unzufrieden sind mit der offiziellen Politik der Volkskirchen wie Sie? Raten Sie zum Kirchenaustritt, zum Ertragen des Unerträglichen, zum „inneren Exil“?
Mack: Man wundert sich ja, daß das Wort Volkskirche überhaupt noch existiert und es noch nicht in bestem Merkel-Sprech „Die-hier-Lebenden-Kirche“ heißt. Aber Spaß beiseite: Was daran ist denn überhaupt Volkskirche? Wo ist das „Kirchenvolk“? Ich würde ohnehin eher von Staatskirchen sprechen, denn das waren die evangelischen Landeskirchen wohl schon immer.
Nur fiel das nicht weiter auf, solange der Staat näher am Volk war. Wenn sich Ersterer aber gegen das Volk zu stellen beginnt, dann sind die Kirchen, vor allem die Kirchenleitungen, zu einem Offenbarungseid gezwungen. Den leisten sie derzeit, zum Beispiel durch einen Bischof, der aus lauter Liebenswürdigkeit vor Moslems sein Kreuz abnimmt. – Ja: Kann oder muß man solche Dinge ertragen?
Ich würde dazu zwei Fragen stellen: Mit welchem Schritt gebe ich das stärkere Zeugnis ab – mit dem Bleiben oder mit dem Gehen? Und: Wenn ich bliebe, würden dann mein Glauben, Denken und Reden unerträglich eingeschränkt? Wenn ja, geht es dann bald nicht mehr um Treue, sondern um Wahrhaftigkeit und Selbsterhaltung. Jemand hat einmal gesagt: „Gehen müßten eigentlich die anderen.“ Gut, aber wenn die das nicht machen?
Ein weiteres Kriterium ist sicher das Maß des eigenen Leidens. Verärgerung ist noch kein Argument, Leiden aber schon. Auch Frust ist kein „Scheidungsgrund“, aber ein „heiliger Zorn“ nach Apostelgeschichte 17,16 will ernstgenommen sein. Der Weg ins innere Exil ist immer schlecht, weil das Einsamkeit bedeutet und erstickte Sprache.
Kurz gesagt, wir haben nichts zu rechtfertigen und nichts zu verlieren. Wir haben etwas zu gewinnen – und sei es Neuland.
Wawerka: Und was würden Sie den Kollegen raten, die wie wir denken? Die sehen ja an unserem Beispiel, was passieren kann, wenn man sich zu weit aus dem Fenster lehnt, und werden sich genau überlegen, wann und wo sie den Mund aufmachen.
Mack: Naja, was ist uns denn passiert? Man hat uns zu Wegen genötigt, die uns besser entsprechen als die bisherigen. Aber es muß nicht immer erst zu solchen Nötigungen kommen, das ist richtig. Viele Kollegen verspüren weiterhin eine Berufung in ihrer angestammten Kirche. Sie möchten ihre alte Heimat nicht vorzeitig verlassen. Ich sage: Ein nach-zeitiges Verlassen ist die unschönere Variante.
Die Grundfrage ist doch, wem wir wo dienen wollen. Auf wen hin schlägt mein Herz? Von dort her ist dann auch der Segen zu erwarten.
Wer seinen Weg weiterhin in der Landeskirche sieht, der sollte das an drei Punkten festmachen können: an seinem dicken Fell, das manche Schrägheiten einer Kirchenleitung aushält, an einem Ehepartner, der ganz hinter einem steht, und an einer Gemeinschaft, die einen trägt. Wenn eines davon nicht gegeben ist und man macht trotzdem weiter, dann hat man wiederum drei Möglichkeiten: die liberale Unfruchtbarkeit, die schleichende Versüßlichung und den Herzinfarkt.
Jedenfalls steht niemand in der Pflicht, auf einen Rausschmiß zu warten, wenn die eigene Sicht ohnehin schon weiter und größer ist, aber man sie nicht oder nicht mehr einbringen darf.
Wawerka: Von Leidensgenosse zu Leidensgenosse: Was sind wir – Ketzer, Reformer oder einfach nur Idioten, die in die Mühlen eines Systems geraten sind?
Mack: Ketzer zu sein wäre nicht das schlimmste Kompliment. An den Unlehren von heute hat sich schon öfter der Glaube von morgen und übermorgen festgemacht.
Mir selber haben einige Bücher von Eugen Rosenstock-Huessy geholfen, meinen Weg zu gehen. Dort steht zum Beispiel, „jedem von uns wird heute abverlangt, daß er Freude an der Rechtgläubigkeit und Mut zum Ketzertum hat“. Ohnehin habe jede neue Einsicht ihre „notwendige unterirdische Phase“, während der sie nicht verstanden wird, sondern nur bezeugt werden kann. Deshalb die Aufforderung: „Ergib dich dem Ruf deiner Bestimmung, wenn es in der Tat bequemer wäre, es nicht zu tun.“
Einfach gefragt: Was ist das Gegenteil von Unfreiheit? – Eben.
Caroline Sommerfeld
Ich bin beeindruckt. Sprachlich, geistig, inhaltlich .
Wenn Sie schreiben "das gemeinsame gute Gefühl läuft Gefahr, mit einem „Geist der Ökumene“ verwechselt zu werden", dann denke ich an ein Gespräch, um das ich einen 80-jährigen Pater bat, nachdem ich in der Predigt von ihm hörte, der "falsche Ökumenismus mit dem Islam" müsse endlich aufhören.
Er sprach dann unter vier Augen gar davon, daß der "Islam des Teufels" sei. Auf die Frage, warum er dies nicht auch laut sage, verwies er darauf, von der Kanzel nicht politisieren zu sollen. Ich hatte vernommen.
Nach eingehender Lektüre der Autoren Ley, Nagel, Schlapp und vor allem Kleine-Hartlage (unübertroffen!) ist mein wissenschaftlich gestütztes Islambild kongruent geworden mit dem, das ich vorher nur intuitiv hatte. Besonders Michael Ley bezieht sich auf die von Ihnen erwähnte These von der späten Erfindung Mohammeds und des Korans. Die kulturelle Blüte des spanischen Islams in „Al-Andalus“ im 8. Jahrhundert ist ein Mythos – es gab dort eine arabische Herrscherdynastie, nur waren dies keine Muslime, sondern syrisch-aramäische Christen. Ihre heilige Schrift hieß zwar schon „Koran“, war aber eine Evangeliensammlung.
"Genauso bunt wie die angestrebte Gesellschaft ist auch der Gott dieser liberalen Mehrheit."
And the people bowed and prayed /to the neon God they made ...
Lichtershow und irgendeine Banalität ("Liebe ist Frieden" oder dergleichen random choice) in allen Sprachen am Boden des Stephansdoms reflektiert, und inmitten ein grinsender Dompfarrer ohne geistige Botschaft. "Lange Nacht der Kirchen" 2017.