Wie vieles, das als kollektive Massenpsychose erscheint, beruhen die Linke und das linksliberale Establishment auf der Ebene des einzelnen zu großen Teilen auf Rationalität. Wenn ich erwarten kann, in eine Spirale des Virtue signaling zu geraten – und auch noch wenn es wieder einmal gegen rechts geht –, dann möchte ich doch nicht derjenige sein, der sich für Mäßigung ausspricht und anmahnt, die Stichhaltigkeit der eigenen Narrative zu überprüfen.
Überhaupt wollen die wenigsten als diejenigen gelten, die die geteilte Moral der Gruppe nicht eilfertig genug befolgen. Das ist eine ganz menschliche Eigenschaft, ohne die, dies vergesse man nicht, kein Zusammenleben möglich wäre. Man füge dem ein Weltbild hinzu, das größte Teile der Wirklichkeit a priori ausschließt. Nun, das ist der Stoff, aus dem (unter anderem) die chinesische Kulturrevolution gemacht war.
Das kann das Rezept für soziale Lawinen sein, die alles mit sich fortreißen. Im Kampf um die Köpfe ist die Mischung aus Verbohrtheit und sozialem Druck immer schon hocheffektiv gewesen – vor allem, weil Verbohrtheit die Hemmungen abbaut, andere unter Druck zu setzen, der Verbohrte hält sich unter anderem nämlich auch für unfehlbar. Dies ist eine der größten Stärken der Linken. Doch genauso ihre größte Schwäche. In ihrer Hypermoral gefangen und gewohnt, andere damit erpressen zu können, schneiden sie sich immer wieder ins eigene Fleisch.
Drei auf den ersten Blick sehr unterschiedliche Ereignisse der letzten Monate seien hier herausgegriffen. Über den Sieferle-Skandal muß an diesem Ort wohl kein Wort mehr verloren werden. Bis auf eines: Diejenigen, die sich hier als unfreiwillige Werbeträger hergaben, waren keine AStA-Mitglieder, sondern doch das, was sich die Bundesrepublik als intellektuelle Elite hält. Einzeln hätte wohl jeder von denen gewußt, daß dieser Zirkus nur die Verkaufszahlen steigern wird. Doch hier ging es um Gruppendynamik und Statusspielchen. Beides wirkt auf den Klügsten wie auf den Dümmsten.
Etwas ganz ähnliches trieb auch die G20-Krawalle in Hamburg. Jeder linksradikale Stratege hätte sich denken können, daß es für das Establishment, vor allem aber für die breite Öffentlichkeit einen Unterschied macht, ob man eine rechte Demonstration blockiert, sich am 1. Mai ein bißchen mit der Polizei prügelt, oder ob man anläßlich höchsten Staatsbesuches ein Stadtviertel in Schutt legt.
Diese Ausschreitungen haben mehr bewirkt als alle Schwarzbücher über Linksextremismus in Deutschland zusammen. Inzwischen kommen aus der Union sogar Forderungen an die SPD, der geschätzte Koalitionspartner möge doch aus Gegen-rechts-Bündnissen, in denen Linksextreme vertreten sind, aussteigen und sich angemessen distanzieren. Wahlkampfgetöse, ja, aber so vor wenigen Monaten noch undenkbar.
Der groteskeste Fall wird uns aber gerade frisch aus den Vereinigten Staaten geliefert. Die Ereignisse um die AltRight-Demonstration in Charlottesville zeigen das Establishment eines ganzen Landes auf Autopilot und vor allem vollkommen lernunfähig. Da kommen die Stadthäupter von Charlottesville auf die Idee: Wenn wir diese Veranstaltung schon von Gerichts wegen dulden müssen, dann sollen die mal sehen, was sie davon haben! Der übliche linke Mob wird angekarrt, und als das Erwartbare passiert, erklärt die Polizei die Veranstaltung für aufgelöst und treibt beim Räumen des Platzes die AltRighter in die Menge der Antifa hinein.
Zugegeben, vor noch gar nicht so langer Zeit hätte das wunderbar funktioniert. Nur, für alle, die es noch nicht mitbekommen haben: Wir leben im Zeitalter des Internets und des Smartphones mit Kamera. Allen Selbstschmeicheleien betreffs der eigenen Fortschrittlichkeit zum Trotz haben die Linken das immer noch nicht begriffen. Das alte linke Verfahren, Gewalt anzuzetteln und sich hinterher als Opfer zu präsentieren, funktioniert heute viel schlechter als noch vor 15 Jahren. Damals war die Informationshoheit der Mainstreampresse noch ungebrochen. Das Internet war noch in den Kinderschuhen. Es gab praktisch keine anderen Informationsquellen, die der Masse zugänglich gewesen wären. Aufklärung über Presseschwindel fand über Bücher statt, die allenfalls von einigen Tausend gekauft wurden.
Vor allem aber wurde nicht überall photographiert und gefilmt. Das einzige Bild, das die Öffentlichkeit von einem Ereignis zu sehen bekam, war das, das durch alle Zeitungen ging. Wenn heute angesichts linker Krawalle von rechter Gewalt gesprochen wird, dann sind die photographischen und filmischen Gegenbeweise sofort im Internet. Daran können auch die eifrigsten Säuberungsmaßnahmen der engagierten Zivilgesellschaft nur graduell etwas ändern. Bei weitem nicht jeder sieht sich die Beweise an, aber eben doch viel mehr als früher, und das nagt am Mainstream.
Über den Tod von Heather Heyer sind wir inzwischen vollkommen im Bilde. Längst ist das Video draußen, auf dem zu sehen ist, wie ein Linker mit einer Fahnenstange auf das Auto von James Fields eindrischt, der daraufhin beschleunigt. (Das Video ist etwas verschwommen, Pacific Press Agency hat einige besser Photos, hier weiter unten, zur Zeit die Bilder mit den Nummern 177, 178, 180 und 181. Damit dürfte man den Täter sogar identifizieren können.) Auf anderen Aufnahmen sieht man, wie nach dem Zusammenstoß Linke mit Baseballschlägern und Knüppeln hinter dem Wagen hergerannt kommen und die Scheiben zerschlagen.
Nun kann man bei einer Tötung nicht nicht einfach zur nächsten Schlagzeile übergehen und die nächste Sau durchs Dorf jagen, wenn das eigene Narrativ nicht mehr stimmt. Es wird ein Verfahren gegen Fields geben, und er wird freigesprochen werden. Der Mainstream wird hinterher genauso bescheuert dastehen wie nach der Affäre Trayvon Martin oder der Geschichte in Ferguson. Nach jeder solchen Blamage verlassen ihn mehr und mehr Leute.
Gleichzeitig schafft jede solche Geschichte einer immer gewalttätigeren Linken neue Märtyrer und stachelt sie zu weiteren Eskalationen auf, die den Normalbürger entfremden. Trump wäre ohne “Black Lives Matter” nicht Präsident. Er, der wie kein anderer versteht, welche Knöpfe man bei Journalisten drücken muß, hat mit einer Pressekonferenz auch dafür gesorgt, daß die noch einmal völlig durchdrehen. Besonders einfallsreich ist diese Taktik gar nicht mehr, er macht das ständig, und sie fallen immer noch darauf herein.
Die linke Journaille kann aber gar nicht anders. Auch wenn einzelne das Spiel durchschauen – und es würde mich nicht einmal besonders wundern, wenn diese einzelnen sogar in der Mehrheit wären: Als soziales Kollektiv funktioniert sie so, daß jeder mitziehen muß. Früher war das ihre Stärke. Heute, wo überall irgendwelche Trottel alles und jedes mit ihrem Smartphone aufnehmen und ins Internet stellen, zwingt sie dies, auch Narrative zu stützen, die nicht zu halten sind. Die linke Medienhoheit muß sich dem Deppenszepter beugen.
Herr K.
Wo du Recht hast, hast du recht. Interessanterweise wird letztlich die Information, welche dem linken Narrativ widerspricht com Einzelindividuum ausgeblendet. Man kann das Verbortheit nennen, das halte ich für zu kurz gegriffen.
M.M. nach ist es eher eine Art von Angstbewältigungsstrategie, da das zentrale Selbstverständnis angegriffen wird (Ich gehöre zu den Guten.). Relativierungen, Intellektualisierungen, schlichtes Leugnen etc. sind das resultierende Phänomen und per se nicht links.
Die maßgebliche Frage ist wie man sich das zu Nutze machen kann, denn wer aus Angst handelt wird zwangsläufig manipulierbar. Die Idee, das offensichtliche leugnen zu lassen und das ganze auf die Spitze zu treiben, kann strategisch sinnvoll sein. Aber es gibt auch noch andere Optionen...