Benjamin Hasselhorn: Das Ende des Luthertums?

Peter Birkenbach laß für uns Benjamin Hasselhorn: Das Ende des Luthertums?, Leipzig: Evangelische Verlagsanstalt 2017. 212 S., 19 €

Ben­ja­min Has­sel­horn tritt apo­lo­ge­tisch, ange­sichts des heu­ti­gen Zustan­des der EKD pro­vo­zie­rend, für das Luther­tum ein. Man könn­te sagen: Er argu­men­tiert luthe­risch-ortho­dox. Wie konn­te die Kir­che der Refor­ma­ti­on, vom theo­lo­gi­schen Erbe Luthers aus betrach­tet, auf das aktu­el­le Niveau des zeit­ge­nös­si­schen Pro­tes­tan­tis­mus, prak­tisch begrün­det in einem reli­giö­sen Rela­ti­vis­mus, ja einem Nihi­lis­mus, sin­ken? Has­sel­horn, sowohl in Theo­lo­gie als auch in Geschichts­wis­sen­schaf­ten pro­mo­viert, prä­sen­tiert uns einen Gang durch die evan­ge­li­sche Theo­lo­gie­ge­schich­te mit den ent­spre­chen­den his­to­ri­schen Wei­chen­stel­lun­gen, die all­mäh­lich zur Aus­höh­lung, schließ­lich zur tota­len Ver­drän­gung des Luther­tums aus den Lan­des­kir­chen führ­te. Eine Fra­ge, die auch für Luthe­ra­ner im Raum steht, wird aus­ge­spro­chen: Liegt es nicht auch an Luthers Theo­lo­gie selbst, daß es so weit gekom­men ist? Hat Luther die ein­zel­nen Gläu­bi­gen geist­lich nicht immer wie­der über­for­dert? Wer sich nach einer sta­tisch orga­ni­sier­ten Kir­che mit ein­deu­tig insti­tu­tio­nel­ler Auf­sicht und Betreu­ung sehnt, wie sie der Jesu­it bevor­zugt, wird die letz­ten Fra­gen mit »Ja« beant­wor­ten können.

Has­sel­horn ver­an­schau­licht an Ina Sei­dels Roman Len­na­cker, in dem der Wer­de­gang eines luthe­ri­schen Pas­to­ren­ge­schlechts von der spä­ten Refor­ma­ti­ons­zeit bis zum Ers­ten Welt­krieg erzählt wird, wie Luthers Erbe mit der Per­sön­lich­keit sei­ner Trä­ger steht und fällt: »Die­se lite­ra­ri­sche Schil­de­rung der Geschich­te des luthe­ri­schen Pfarr­hau­ses hilft dabei, sich über den Kern des Luther­tums klar zu wer­den: Luther­tum lässt sich zunächst, ganz unab­hän­gig von kon­kre­ten Inhal­ten, cha­rak­te­ri­sie­ren als ein indi­vi­du­el­les Bekennt­nis; als die Bereit­schaft, mit der gan­zen per­sön­li­chen Exis­tenz für die eige­ne Glau­bens­über­zeu­gung ein­zu­ste­hen, sich nicht ver­tre­ten zu las­sen von reli­giö­sen Fach­leu­ten oder einer reli­giö­sen Obrig­keit, und die­se eige­ne Glau­bens­über­zeu­gung auch nicht abge­schie­den vom Rest der Welt ver­steckt zu prak­ti­zie­ren, son­dern aus ihr her­aus den All­tag mit sei­nen Auf­ga­ben und Pro­ble­men zu bewäl­ti­gen.« Das libe­ra­le Miß­ver­ständ­nis etwa seit der Auf­klä­rung, daß ein güti­ger Gott eine bil­lig zu erlan­gen­de Gna­de ermög­li­che und daß letzt­lich das per­sön­li­che Gewis­sen zur Aus­re­de wird, sich vor Ver­pflich­tun­gen zu drü­cken, muß­te all­mäh­lich sei­ne Aus­wir­kung zei­ti­gen. »Nur solan­ge man sol­chen Miß­ver­ständ­nis­sen etwas ent­ge­gen­setz­te, war es mög­lich, auch Kri­sen luthe­risch zu bewäl­ti­gen. Wenn man sie aber zur eigent­li­chen luthe­ri­schen Wahr­heit erklärt, ist das Schick­sal des Luther­tums besie­gelt.« Das mag pes­si­mis­tisch klin­gen, doch der Autor plä­diert kei­nes­falls für Resi­gna­ti­on. Man darf die­se Schrift getrost als den Weck­ruf im Luther­jahr lesen.

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Ben­ja­min Has­sel­horns Das Ende des Luther­tums kann man hier bestel­len.

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