Dominique Venner: Für eine positive Kritik. Das Ende der alten Rechten

Sebastian Pella rezensiert Dominique Venner: Für eine positive Kritik. Das Ende der alten Rechten, Dresden: Jungeuropa 2017. 88 S., 12 €

»Frank­reich und Euro­pa brau­chen eine ech­te natio­na­lis­ti­sche Revo­lu­ti­on, um über­le­ben zu kön­nen. Ober­fläch­li­che Ände­run­gen wer­den das Schlech­te nicht besei­ti­gen. Nichts wird gut, bis nicht die Pflänz­lein des Regimes bis zur letz­ten Wur­zel aus­ge­ris­sen sind. Dazu müs­sen sei­ne poli­ti­sche Orga­ni­sa­ti­on zer­stört, sei­ne Ido­le und Dog­men gestürzt und sei­ne offi­zi­el­len und heim­li­chen Meis­ter aus­ge­tauscht werden.«

Sät­ze wie in Stein gemei­ßelt – das ist Domi­ni­que Ven­ners Für eine posi­ti­ve Kri­tik. Der begna­de­te Geschichts­den­ker, der die­se Schrift im Jahr 1962 unter dem Ein­druck der geschei­ter­ten Revo­lu­ti­ons­ver­su­che von rechts in Frank­reich ver­öf­fent­lich­te, sah das Feh­len einer welt­an­schau­li­chen Durch­drin­gung der »Natio­na­len« als Knack­punkt der eige­nen Schwä­che. Viel­mehr bedür­fe es einer Dok­trin, »die über­zeu­gend die Ursa­chen der west­li­chen Deka­denz« erklä­re und so »den Akti­vis­mus in über­leg­te Bah­nen« len­ken kön­ne. Doch Ven­ner geht es nicht nur um »die Not­wen­dig­keit von Ideen im poli­ti­schen Kampf«, son­dern wesent­lich um Orga­ni­sa­ti­ons­fä­hig­keit und »For­mie­rung« sowie eine kla­re »Ana­ly­se der Lage«, anhand derer »die eige­nen poli­ti­schen Werk­zeu­ge vor­zu­be­rei­ten« sei­en. Um die Lethar­gie zu been­den, müs­se »eine neue revo­lu­tio­nä­re Theo­rie erar­bei­tet werden«.

Doch zuvor zur Lage: »Poli­tik, Ver­wal­tung und Wirt­schaft […] ver­trau­en voll­kom­men auf einen gigan­ti­schen Regie­rungs­ap­pa­rat, der die Bevöl­ke­rung streng unter Kon­trol­le hält – ins­be­son­de­re durch sozia­le Regeln. Sie hal­ten ein Mono­pol der poli­ti­schen und wirt­schaft­li­chen Macht. Sie kon­trol­lie­ren nahe­zu alle Infor­ma­ti­ons­ka­nä­le und sind damit Her­ren über die Gedan­ken. Die Bür­ger haben sie in füg­sa­me Scha­fe ver­wan­delt. Nur Schein-Oppo­si­ti­on wird tole­riert.« Wohl­ge­merkt: Die­se Sät­ze sind 1962 geschrieben!

Ven­ner stellt »Natio­na­lis­ti­sche Per­spek­ti­ven« auf, denen er fünf Grund­sät­ze zuord­net: In der »Kri­tik des Libe­ra­lis­mus und des Mar­xis­mus« arbei­tet er den gemein­sa­men Cha­rak­ter die­ser bei­den Ideo­lo­gien her­aus, deren Ziel das­sel­be sei: »Die Ver­skla­vung der zuvor durch die demo­kra­ti­schen Mythen getäusch­ten Vol­ker«. Der »rebel­li­sche Geist« wer­de »im Kom­mu­nis­mus zur phy­si­schen und im libe­ra­len Regime zur gesell­schaft­li­chen Ver­nich­tung« zuge­führt. Der »poten­te Huma­nis­mus« ist Ven­ners zwei­ter Grund­satz: Hier­in plä­diert er für eine »Wil­lens­kraft der euro­päi­schen Zivi­li­sa­ti­on«, die sich der her­aus­ra­gen­den Bedeu­tung des euro­päi­schen Men­schen und sei­ner »schöp­fe­ri­schen Kraft« für die welt­wei­te Ent­wick­lung bewußt ist. Zurück­keh­rend auf die natio­na­le Ebe­ne ver­bin­det Ven­ner die Kon­zep­te »leben­di­ge Ord­nung« und »orga­ni­sche Wirt­schafts­ord­nung« zu einem stän­de­staat­li­chen Sys­tem, in dem »die Kraft des Gel­des […] durch die Kraft der Gläu­bi­gen und der Kämp­fer ersetzt« wird. Im fünf­ten und letz­ten Grund­satz »Ein jun­ges Euro­pa« for­dert der fran­zö­si­sche Den­ker die Ver­ei­ni­gung der euro­päi­schen Staa­ten um die »natio­na­len Rea­li­tä­ten« her­um – ein Euro­pa ohne Vor­herr­schaft einer Nati­on, basie­rend auf einem »kon­ti­nen­tal-euro­päi­schen Block«. Die­sem Ide­al ver­pflich­tet, gibt Ven­ner im abschlie­ßen­den Kapi­tel »Orga­ni­sa­ti­on und Akti­on« Hand­lungs­an­lei­tun­gen, die sich wie Hand­rei­chun­gen für iden­ti­tä­re Ver­ei­ni­gun­gen von heu­te lesen. Von Fra­gen der euro­pa­wei­ten Ver­net­zung über die Pro­ble­ma­tik der Kader­aus­bil­dung bis hin zu Fra­gen von inner­or­ga­ni­sa­to­ri­scher Arbeits­tei­lung wird eines deut­lich: »Das Ende der alten Rech­ten«, so der Unter­ti­tel, war bereits in den 1960er Jah­ren ein­ge­läu­tet wor­den, schon damals war es Zeit für eine Neue Rech­te. Und dies war schließ­lich auch die Geburts­stun­de der Nou­vel­le Droi­te, jener Denk­rich­tung, die das rechts­in­tel­lek­tu­el­le (und mitt­ler­wei­le auch akti­vis­ti­sche) Milieu bis heu­te befruchtet.

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Domi­ni­que Ven­ners Für eine posi­ti­ve Kri­tik kann man hier bestel­len.

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