In den Extremen ist die Frage leicht zu beantworten: In der Planwirtschaft des vormals real existierenden Sozialismus gab der Staat der Wirtschaft vor, was zu tun ist. Folge: Die Kräfte der Wirtschaft konnten sich nicht frei genug entfalten, um jene Eigendynamik zu entwickeln, die Unternehmen zu ihrem Überleben brauchen. Am Ende stand der ökonomische und in seinem Gefolge der staatliche Kollaps. In der radikal freien Marktwirtschaft hingegen sind die Kräfte der Wirtschaft komplett entfesselt. Der Staat hält sich raus, beschränkt sich im Wesentlichen auf äußere Sicherheit und innere Ordnung.
Folge: Weil die Wirtschaft ungehindert ihren Eigeninteressen folgen kann, bleiben die Schwachen (Alte, Kranke, Familien mit kleinen Kindern, gering oder gar nicht Qualifizierte) auf der Strecke, die Fürsorge bleibt privater Initiative, der sogenannten Philanthropie, überlassen. Versagt auch diese, stehen am Ende unausweichlich soziale Unruhen mit der Tendenz zum Flächenbrand. Im Bereich dazwischen gibt es vielfältige Wechselwirkungen zwischen dem Politischen und der Wirtschaft.
In Westeuropa und insbesondere in Deutschland sieht es heute so aus: Die Politik macht der Wirtschaft zahlreiche Vorgaben. Es herrscht ein nahezu undurchschaubares Geflecht von Sozial- und Umweltauflagen, über deren steten Ausbau und Einhaltung eine monströse Bürokratie wacht. Hierzu zählen auch die fiskalischen Bestimmungen einschließlich der seltener werdenden Möglichkeiten, im kontrollierten Rahmen auf Steueroasen auszuweichen. Hinzu kommen die zunehmenden ideologischen Gängelungen der Wirtschaft, von der inzwischen auch die Einhaltung von Vorgaben im Bereich Diversität und Gender erwartet und bald auch verlangt werden wird.
Das alles sind unmittelbare Einflußnahmen der Politik. Mittelbar nimmt die Politik Einfluß auf die Geschicke der Wirtschaft durch den Ausbau oder Nichtausbau der Infrastruktur, durch eine gute oder schlechte Bildungspolitik sowie natürlich durch hohe oder niedrige Steuern und Abgaben der abhängig Beschäftigten. Ist deren Abgabenlast hoch, bleibt weniger für den Konsum.
Umgekehrt nimmt aber auch die Wirtschaft Einfluß auf das Politische. Dabei muss man nicht nur an die Auswüchse des Lobbyismus (guter Film zum Thema: Die Erfindung der Wahrheit, 2017) denken, an Schmiergeldzahlungen für korrupte Politiker und Funktionäre oder Zuwendungen an parteinahe Stiftungen und die politischen Parteien selbst. Es geht auch anders: Droht die Wirtschaft, Arbeitsplätze ins Ausland zu verlagern, kann die Politik schon in Zugzwang kommen, Vorgaben im Sozial- oder Umweltbereich lockern oder doch Ausnahmen zulassen zu müssen.
Oder weigert sich die Wirtschaft, bestimmte Produkte im erwünschten Umfang anzubieten, kann die Politik womöglich manche Versprechungen ans Wahlvolk nicht einhalten. Umgekehrt gibt es auch von der Wirtschaft vorangetriebene Innovationen – heute vor allem im Bereich der Künstlichen Intelligenz – für deren Umsetzung im Alltag es nicht einmal ansatzweise politische und rechtliche Rahmenbedingungen gibt. Dann wieder gibt es den engen Schulterschluß, wenn Wirtschaftsunternehmen aus dem Hochtechnologiesektor für den Staat Innovationen im Bereich der Überwachungs- und Militärtechnologie entwickeln. Aber was heißt denn gerade in diesem Bereich noch: Staat? Haben wir es nicht mit einer längst entkernten Hülle zu tun?
Der Schulterschluß zwischen Politik und Wirtschaft findet auf einer umfassenderen Ebene statt. Als der Pentagon-Stratege Thomas P. Barnett vor einigen Jahren die Grundzüge der Welt des 21. Jahrhunderts entwarf, war das sehr lehrreich. Erstmals wurde explizit ausgesprochen, worum es eigentlich geht: Um den ungehinderten Fluß von Kapital, Rohstoffen, Technologien und Einwanderern – ungehindert durch nationale Grenzen, ethnische oder kulturelle Besonderheiten oder Sprachbarrieren. Hier verschwindet der Staat – letztlich vor allem durch Legitimationsverlust.
Der Weg, diesen ungehinderten Fluß rund um den Globus zu erreichen, ist die totale Nivellierung – also die Beseitigung aller Hindernisse einschließlich des Staates. Traditionell ebenfalls an einer Beseitigung von Unterschieden interessiert ist die politische und im Kern staatsverbundene Linke. Diese hat zwar weniger die Interessen der Konzerne im Blick als vielmehr die Gleichbehandlung aller Menschen ungeachtet Herkunft, Hautfarbe, Bildung, Geschlecht und Religion. Doch die sich hier zeigende Übereinstimmung hinsichtlich der Beseitigung von Unterschieden als Voraussetzung für alles Weitere hat erstaunliche Folgen.
So kommt es zu der auf den ersten Blick verwirrenden Tatsache, daß Linksradikale, die die Globalisierung offen zu bekämpfen vorgeben, doch die Zielsetzungen der Globalisierungsbefürworter zur eigenen Agenda machen und sich an der Niederlegung von Grenzen und der Auflösung kultureller Besonderheiten (zumindest sofern es hellhäutige Ethnien und deren Kulturen betrifft) nach Kräften beteiligen. Nur so ist auch zu verstehen, daß von Multimilliardären gegründete Stiftungen linke Projekte mit namhaften Zuwendungen unterstützen.
Die politische Rechte wird vor allem deshalb angefeindet, weil sie diese Zusammenhänge begreift, öffentlich macht und nach Ansätzen sucht, die große Gleichschaltung noch zu verhindern. Die Mittel der Anfeindung sind beispielsweise ungerechtfertigt erhobene Vorwürfe des Rassismus, der Intoleranz und der Menschenfeindlichkeit. Auf diese Weise hofft man, die Kräfte der Rechten in einem Abwehrkampf zu binden und von ihrem eigentlichen Anliegen abzuhalten. Wo Selbstverteidigung als das oberste Gebot erscheint, bleibt keine Energie mehr für den Angriff. So das Kalkül. Doch wie jede allzu beliebig und häufig eingesetzten Waffe ihre Schärfe einzubüßen droht, so verlieren auch diese Mittel nun langsam aber sicher ihre Wirksamkeit. Das Publikum nimmt es zunehmend gelangweilt zur Kenntnis.
Was aber macht die politische Rechte daraus? Bislang viel zu wenig. Es wäre eine ihrer wichtigsten Aufgaben, ökonomisch-politische Konzepte zu entwickeln, die einen Gegenentwurf zur Welt des Thomas P. Barnett erkennen lassen – Konzepte, die auch die soziale Frage entschieden angehen. Sie müssten auch Fragen der Finanzwirtschaft angehen – diese vor allem. Das Politische darf also nicht verschwinden. Im Gegenteil. Es muss die Wirtschaft wieder einfangen – freilich ohne in einen Staatsdirigismus linker Prägung zu verfallen.
Natürlich darf es nicht bei den Konzepten als Ideenkonstrukten bleiben – wichtig wäre die konkrete Gründung, die Umsetzung in die gelebte Praxis. Entscheidend ist die Einsicht, daß wir wirklich etwas tun können. Wir können Gründer werden, können in die Fläche gehen, können uns ausbreiten wie die Pilze oder wie das Unkraut, können Kristallisationspunkte eines neuen Denkens werden. Das geht auf vielfältige Weise.
Was auch immer aus diesem Geist künftig entstehen mag – auf diese Weise könnte nach und nach im ganzen Land ein leistungsstarkes Netzwerk verschiedenartigster Unternehmungen erwachsen, deren Inhaber und Mitarbeiter Vorbilder durch vorgelebtes Leben wären. Dieses Netzwerk würde vor allem auf der Ebene des Zusammenhalts ein potentes Gegengewicht schaffen. Nebenbei entstünde eine selbstbewusste geschäftliche Normalität, die ohne jeden Zweifel ihre Kundschaft finden würde. Unternehmerische Rücksichtnahme auf die Rituale der political correctness wäre nicht mehr erforderlich. Und sollte der finanzielle Ertrag ausreichen, könnten weitere Projekte, die aus diesem Geist geboren werden, unterstützt werden. Worauf also warten wir?
Andreas Walter
Dazu habe ich gerade etwa entdeckt, Herr Meyer. Nein, nicht aus Bolivien, sondern aus Frankreich:
https://www.focus.de/finanzen/news/unternehmen/im-franzoesischen-vittel-nestle-pumpt-wasserquelle-leer-bewohner-sollen-weniger-trinken_id_8904446.html
Gibt aber auch Länder, in denen die "Politiker" selbst die Ressourcen eines Landes ausbeuten, einschließlich der Menschen. Im Marxismus zum Beispiel - oder die Könige im Nahen Osten - oder schwarze Diktatoren in Afrika.
Nein, ich habe keine Aktien von Nestlé, Bertelsmann oder der Deutschen Bank. Auch nicht von Facebook oder Google, der Coca-Cola Company oder Apple.
Viele Begriffe und Systeme daher für den immer gleichen Schmu. Wie ehrlich erscheint mir dagegen doch der Räuber Hotzenplotz:
https://www.youtube.com/watch?v=KHldL-XsZF0
(Doch entdecke ich da gerade etwa versteckten Antisemitismus? Ich bin schockiert!)