Martin van Creveld: Wir Weicheier. Warum wir uns nicht mehr wehren können und was dagegen zu tun ist, Graz: Ares 2017. 230 S., 19.90 €
Das westliche Lebensmodell befindet sich in einer Krise, überall zeigen sich Zerfallserscheinungen. Beispiele dafür sind unter anderem die negative Demographie, Bildungsverfall, steigende Kriminalitätsraten, die Ausbildung von Parallelgesellschaften und wachsende Terrorgefahr.
Das hier anzuzeigende Buch des renommierten israelischen Militärhistorikers Martin van Creveld analysiert schonungslos die aktuelle Lage und zählt die Gründe dafür auf, warum die modernen Staaten von den USAüber Westeuropa/EU bis hin zu Israel sich seiner Meinung nach auf einer abschüssigen Bahn befinden. Besonderes Augenmerk richtet der Autor auf den Zustand der Streitkräfte, wobei ihm seine intimen Kenntnisse über die israelische und die US-Armee zugute kommen. In fünf Kapiteln erläutert er die wichtigsten Ursachen für die prekäre Situation.
Zum einen nennt er die »gebändigte Jugend«. Wir lassen junge Menschen nicht erwachsen werden. »Zuerst schafft man den Begriff ›Jugend‹, dann zwingt man jene, die das Jugendalter erreicht haben, mit allen nur möglichen Mitteln, möglichst lange in diesem Stadium zu verbleiben.«Zweitens werde die Armee zum »Papiertiger«, das Militär zunehmend »entmilitarisiert«. Nach Abschaffung der Wehrpflicht hätten alle Armeen Probleme bei der Nachwuchsgewinnung. Aber anstatt junge Menschen mit »militärischen Geist«anzusprechen, lege man Wert auf Soft skills.
Die Bundeswehr etwa wirbt mit Einzelstuben, Flachbildschirmen und Kühlschränken, ohne sich zu fragen, welche Klientel sich davon anlocken läßt. Creveld urteilt: »Hätten die modernen westlichen Staaten mit Absicht ein Ausbildungssystem erfinden wollen, das die jungen Männer in Weicheier verwandelt, die an jedem Kriegsschauplatz der Dritten Welt unweigerlich besiegt werden, so hätten sie kaum erfolgreicher sein können.«Ein dritter Punkt ist die »Verweiblichung der Streitkräfte«. Die körperlichen Unterschiede von Mann und Frau führten im Kampfeinsatz bei gemischtgeschlechtlichen Einheiten zu mangelnder Kampfkraft. Bei Übungen verletzten sich Frauen häufiger und fallen aus.
Auch die Kampfmoral leide, denn Frauen genössen in den Armeen viele Privilegien, werden bevorzugt befördert und unterliegen – Gender norming sei Dank – weniger strengen Anforderungen als ihre männlichen Kameraden. Kapitel vier befaßt sich mit der Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) und ihrer explosionsartigen Zunahme im 20. Jahrhundert. Creveld fragt, ob daran nicht die fixe Idee der heutigen Gesellschaft Schuld sei, daß der Krieg an sich schlecht für die Psyche der Kriegsteilnehmer sein müsse. Auch ermögliche die Diagnose PTBSes jedem Soldaten, als krank abgelöst, versetzt oder mit Abfindung entlassen zu werden.
Diesen »Belohnungen«stehen Verleumdungen und Verächtlichmachen derjenigen gegenüber, die tapfer ihren Dienst getan haben, ohne erkrankt zu sein. Des weiteren nennt der Autor die »Delegitimierung des Krieges«. Krieg gilt als das absolute Böse. Wer möchte als Soldat schon dem Bösen dienen? Wer nicht überzeugt ist, das Richtige zu tun und für die gute Sache zu kämpfen, kann nicht siegen. Was zu tun ist: die Überbehütung der Kinder abstellen, Pflichten wieder vor Rechten rangieren lassen, die Bevorzugung der Frauen unterlassen und die Ehre und Würde der Soldaten nicht angreifen. Dann könnte der Untergang des Abendlandes noch abgewendet werden.
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