David Engels: Auf dem Weg ins Imperium.

Eine Rezension von Kai Hammermeister 

David Engels: Auf dem Weg ins Impe­ri­um. Die Kri­se der Euro­päi­schen Uni­on und der Unter­gang der römischen Repu­blik. His­to­ri­sche Par­al­le­len, Ber­lin: Euro­pa Ver­lag 2014. 544 S., 29.99 €

Der bel­gi­sche Alt­his­to­ri­ker David Engels, Jahr­gang 1979, hat ein auf Kon­tro­ver­se abzie­len­des Buch über unse­re kul­tu­rel­le Sinn­kri­se vorgelegt.

Engels ent­wirft zwei Alter­na­ti­ven für das gegen­wär­ti­ge Eu-ropa, das sich im Pro­zeß sei­ner Selb­st­ab­schaf­fung vor­fin­det. Die ers­te ist die ana­chro­nis­ti­sche Rück­kehr zum Natio­nal­staat, die schnell zur Schwä­chung aller euro­päi­schen Län­der füh­ren wür­de. Die ande­re, die er zwar als uner­freu­lich, aber letzt­lich unver­meid­lich vor­stellt, ist die einer »auto­ri­tä­ren, ple­bis­zi­tä­ren und kon­ser­va­ti­ven Reform«, die zu einem »auto­ri­tä­ren Zivi­li­sa­ti­ons­staat« in der Gestalt eines geein­ten Euro­pas unter der Füh­rung eines ein­zel­nen, der etwa ein star­ker Prä­si­dent, ein Dik­ta­tor im Stil der 1920er Jah­re oder ein Gene­ral sein könn­te, führt.

Um Euro­pa vor dem völ­li­gen Ver­fall zu ret­ten, sei nur der Weg in den auto­ri­tär gelenk­ten euro­päi­schen Staat (idea­li­ter mit Ein­be­zug Ruß­lands) denk­bar, der die Ein­schrän­kung des hem­mungs­lo­sen Indi­vi­dua­lis­mus mit sich bringt, die stren­ge Kon­trol­le der Ein­wan­de­rung, eine gesetz­li­che Benach­tei­li­gung von Kin­der­lo­sig­keit, die staat­li­chen För­de­rung des christ­li­chen Kul­tus, einen neu­en ästhe­ti­schen Klas­si­zis­mus, eine Ver­ein­fa­chung poli­ti­scher Ent­schei­dun­gen mit­tels der Schwä­chung der Par­la­men­te und die Abwer­tung indi­vi­du­el­ler Frei­heits­rech­te zuguns­ten glei­chen Schut­zes inner­halb eines kul­tu­rell und mili­tä­risch selbst­be­wuß­ten euro­päi­schen Reiches.

Engels schil­dert die­se Ver­si­on der euro­päi­schen Erneue­rung nach dem Leit­bild der Refor­men des Augus­tus, der dem Zer­fall der römi­schen Repu­blik im ers­ten vor­christ­li­chen Jahr­hun­dert mit sei­nem kon­ser­va­ti­ven Prin­zi­pat ent­ge­gen­wirk­te. Das gegen­wär­ti­ge Eu-ropa aller­dings gleicht, so Engels, fun­da­men­tal der End­zeit der anti­ken Repu­blik. Bei­de geben ihre Iden­ti­tät zuguns­ten uni­ver­sa­lis­ti­scher Wer­te auf, wer­den von zuneh­men­der inne­rer Gewalt zer­setzt, schwä­chen ihre Demo­kra­tie durch Tech­no­kra­ten­herr­schaft, lei­den unter Gebur­ten­rück­gang, stel­len Selbst­ent­fal­tung vor Gemein­schaft­lich­keit und ver­zich­ten auf die Bewah­rung ihrer Religion.

Bele­ge hier­für ent­nimmt Engels einer­seits den Umfra­gen durch Euro­stat, ande­rer­seits den anti­ken Autoren. Weil die Par­al­le­len zwi­schen die­sen bei­den his­to­ri­schen Situa­tio­nen so unab­weis­bar stark sind, so muß für Engels auch der­sel­be Aus­weg genom­men wer­den. Geschichts­phi­lo­so­phisch bleibt die­se Argu­men­ta­ti­on unter­be­grün­det, denn nir­gends ver­sucht sich Engels an einem prin­zi­pi­el­len Modell his­to­ri­scher Abläu­fe. Der Cäsa­ris­mus, den Speng­ler vor­her­sag­te, war ungleich bes­ser phi­lo­so­phisch abge­si­chert. Daß heut­zu­ta­ge ein Alt­his­to­ri­ker offen die Dik­ta­tur als die zwin­gen­de Staats­form des kom­men­den ver­ein­ten Euro­pa dar­stellt, die ein­zig den Unter­gang unse­rer Kul­tur auf­hal­ten kann, dürf­te hin­sicht­lich sei­ner Kar­rie­re­aus­sich­ten zumin­dest ein Wag­nis sein. Ob ihm eine Leser­schaft jen­seits der Uni­ver­si­tä­ten sei­nen Wage­mut dan­ken wird, zumin­dest indem sie sei­ne The­se rezi­piert, ist augen­blick­lich eine offe­ne Frage.

Auf dem Weg ins Impe­ri­um. Die Kri­se der Euro­päi­schen Uni­on und der Unter­gang der römischen Repu­blik von David Engels kann man hier bestel­len.

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