Sonntagsheld (89) – Nachts steht Hunger

Freiheit für Billy Six!

Seit dem 17. Novem­ber, also seit weit über einem Monat, befin­det sich der deut­sche Repor­ter Bil­ly Six in vene­zo­la­ni­scher Gefan­gen­schaft. Ver­mut­lich unter dem Ver­wurf der Spio­na­ge, der Rebel­li­on und der Ver­let­zung einer Sicher­heits­zo­ne sitzt er der­zeit im Gefäng­nis des Geheim­diens­tes, “El Heli­co­ide” genannt, in der Haupt­stadt Caracas. 

Sixt befand sich bereits seit unge­fähr einem Jahr in Vene­zue­la, um über die ört­li­che Wirt­schafts­kri­se und die gro­ßen Migra­ti­ons­be­we­gun­gen in Süd­ame­ri­ka zu recher­chie­ren. Auf sei­nem You­Tube-Kanal gibt eine Doku­men­ta­ti­on Ein­bli­cke in sei­ne Arbeit.

Mit­te Novem­ber dann wur­de sein Hotel­zim­mer in den Mor­gen­stun­den von Sol­da­ten gestürmt und Six, der zu dem Zeit­punkt am Den­gue-Fie­ber litt, fest­ge­nom­men. Sei­ne Medi­ka­men­te muss­te er zurück­las­sen, unklar ist, ob er inzwi­schen medi­zi­nisch ver­sorgt wor­den ist.

Eigent­lich bit­ter: Wäh­rend die deut­sche Medi­en­land­schaft nach dem Relo­ti­us-Knacks einen bizar­ren Veits­tanz um die Lügen des Spie­gel­re­por­ters tanzt, sitzt 8500 Kilo­me­ter ent­fernt in einer fra­gi­len Bana­nen­re­pu­blik­ein rich­ti­ger Jour­na­list im Knast eines Geheim­diens­tes– und kei­nen interessiert’s.

Dabei ist Six, den Ein­druck hat­te ich seit der JF-Doku­men­ta­ti­on “Die Flücht­lings­lü­ge” von 2015, die damals punkt­ge­nau am Puls der Zeit recher­chiert war, auch einer, in dem das wild­ro­man­ti­sche Bild des ech­ten Inves­ti­ga­tiv-Jour­na­lis­ten noch rich­tig lebt: Ein Eigen­bröt­ler, von dem sein Kol­le­ge Peter Hel­mes sagt er sei “zu allem fähig”, ein Typ mit einem Cha­rak­ter­ge­sicht, das man sich nicht in einem Anzug mit Pulit­zer-Preis, wohl aber mit staub­ver­schmier­tem Gesicht und einem She­mag um den Hals in irgend­ei­nem Drecks­loch vor­stel­len kann.

Kein Wun­der also, dass sich Six bereits neun Tage im Hun­ger­streik befand, den er erst ges­tern aus­setz­te. Zuvor hat­te er eini­ge Nach­rich­ten aus dem Gefäng­nis schmug­geln kön­nen, infol­ge­des­sen wand­te sich unter ande­rem der CDU-Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­te Hans-Jür­gen Irm­er mit einem Hil­fe­ge­such an Außen­mi­nis­ter Maas.

Was seit­dem gesche­hen ist, ist nicht ein­deu­tig nach­zu­voll­zie­hen: Anschei­nend wur­de Six, der als Repor­ter eigent­lich Zivi­list ist, bereits einem Mili­tär­ge­richt vor­ge­führt, angeb­lich dro­hen ihm bis zu 28 Jah­re Haft. Die Deut­sche Bot­schaft in Vene­zue­la scheint bereits ihre Arbeit auf­ge­nom­men zu haben, Erfol­ge sind bis­her aller­dings kei­ne vor­zu­wei­sen: Six sitzt immer noch hin­ter Git­tern und hat kei­nen Zugang zu einem Anwalt, Außen­mi­nis­ter Maas und Ange­la Mer­kel ver­wei­sen auch auf Bit­ten der Eltern ans Aus­wär­ti­ge Amt.

Von Dezem­ber 2012 bis März 2013 war Six bereits in Syri­en inhaf­tiert, damals kam er durch die Ver­mitt­lun­gen rus­si­scher Diplo­ma­ten frei und nor­ma­ler­wei­se wür­de ich an das Ende eines sol­chen Arti­kels auch einen Auf­ruf zur Soli­da­ri­tät, zu Spen­den, oder zum Unter­schrei­ben einer Peti­ti­on stellen.

Um ehr­lich zu sein, bin ich in die­ser Situa­ti­on aller­dings etwas rat­los und tei­le daher den Auf­ruf der Eltern des inhaf­tier­ten Journalisten:

Das kann jeder tun, der gegen Unrecht kämp­fen will:

1) Berich­tet, redet, dis­ku­tiert über­all von der will­kür­li­chen Ver­haf­tung des Deut­schen Jour­na­lis­ten Bil­ly Six durch die Vene­zo­la­ni­sche Regierung
2) Unter­stützt die Peti­ti­on an den Deut­schen Bun­des­tag sich aktiv für die Frei­las­sung von Bil­ly Six ein­zu­set­zen https://www.openpetition.de/…/der-deutsche-bundestag-moege-…
3) Lest sei­ne Publi­ka­tio­nen und macht euch selbst ein Bild von Bil­lys Recher­chen in der Ukrai­ne, in Syri­en, in Ägyp­ten, in Liby­en, in Vene­zue­la und an den vie­len ande­ren Brenn­punk­ten unse­rer Zeit http://billys-reisen.de/?page_id=114 und https://www.youtube.com/ch…/UCBwzo_QHMYp5F2LHVez0dgg/videos…
4) Besucht unse­re Face­book-Sei­te @FreeBillySix https://www.facebook.com/freebillysix/ . Wir pos­ten dort alle Infor­ma­tio­nen aktu­ell und ver­öf­fent­li­chen die neu­es­ten Ent­wick­lun­gen zur Haft von Bil­ly Six. Helft Bil­ly und unter­stützt den Kampf um sei­ne Frei­las­sung mit einem „Like”

Vie­len Dank für Eure Hilfe
Ute und Edward Six
(Eltern von Bil­ly Six)

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Kommentare (8)

H. M. Richter

23. Dezember 2018 08:00

Ich danke Ihnen sehr für diese Sätze, Herr Wessels !

Wenn ein Weihnachts-Gedicht Kleppers mit den Worten beginnt "Mein Gott, dein hohes Fest des Lichtes hat stets die Leidenden gemeint", dann ist damit gegenwärtig ganz konkret auch Billy Six gemeint.
_____________________________________

Solidarität mit, Freiheit für Billy Six !

t.gygax

23. Dezember 2018 09:40

Als ob Angela Merkel oder ein Herr Maaß auch nur einen Finger krumm machen würden für einen Reporter, der für die falschen Leute ( in der Mainstream-Öffentlichkeit ist die JF genauso verbrannt wie sezession, IB, AFD etc..) schreibt...
Wäre das einer der Schreiberlinge von taz oder SPIEGEL, der wäre schon längst wieder umjubelt von der politischen Klasse im Triumph heimgekehrt.
Man kann den Eltern und Herrn Six nur wünschen, dass ein Wunder geschieht, was es ab und an ja auch geben soll.

Laurenz

23. Dezember 2018 11:03

Herr Six ist eben kein Deutscher mit venezolanischen Wurzeln. Wäre das der Fall, hätte unser Springer'sches Märchenwunder Spiegel/Bild schon die Kanzlerin dazu angehalten, sich zu äußern und den venezolanischen Botschafter einzubestellen.
Andererseits ist dieser Internationalismus, dieser schnelle Fluß von Informationen vielleicht auch unmenschlich und überfordert uns. Jahrtausende lang brauchten wichtige Infos Monate. Der Marathon-Lauf ist ein beredter historischer Beweis dafür. Die Zustände in Venezuela sind in erster Linie eine Angelegenheit des venezolanischen Volkes. Wer dort hinfährt, um lokale Informationen weiter zu verkaufen, lebt eben gefährlich.

Andreas Walter

23. Dezember 2018 13:50

"Von Dezember 2012 bis März 2013 war Six bereits in Syrien inhaftiert, damals kam er durch die Vermittlungen russischer Diplomaten frei ..."

Über diesen Draht würde ich es auch jetzt noch mal versuchen. Russland unterhält derzeit freundschaftliche Beziehungen zu Venezuela:

https://www.dw.com/en/russia-sends-nuclear-capable-bombers-to-venezuela/a-46709071

(Gut möglich, dass der "IS" auch hier destabilisiert hat, um sich später die Kontrolle über das Land, sprich, das Erdöl dort zu sichern. Wie es aber scheint ist auch das Projekt wohl vorerst gescheitert)

Venator

23. Dezember 2018 14:50

@t.gygax
Wenn man ehrlich ist, ist auch der MSM Deniz ( dem ich jeden Tag, in seinem türkischen Knast gegönnt habe) nicht gerade zügig freigelassen worden, obwohl so ein riesen tamtam um seine Verhaftung gemacht wurde.
Hier wird zwar weniger Interesse vorliegen, um ihn überhaupt frei zu bekommen, aber es zeigt vor allem, die reale, globale Macht der BananenRD, mit der jeder Kafferstaat (zurecht) glaubt umspringen zu können, wie es ihm passt. Sogar von einem failed state wie Venezuela müßen wir uns inzwischen alles gefallen lassen. Es ist also nicht nur die 5.türkische Kolonne hierzulande, auf die man Rücksicht nehmen muß, wie es einem noch bei yücel verkauft wurde.

MartinHimstedt

23. Dezember 2018 16:34

Weshalb sollten sich Herr Maas, Angela Merkel und Co. für einen ihrer (zugegeben kleineren) Widersacher stark machen? Die sind froh, wenn er weg ist. Außerdem hat Herr Six keinen Migrationshintergrund mit welchem man sich als Retter schmücken könnte. Die Ausgangslage bei Deniz Yücel war da schon eine deutlich bessere. Und ganz ehrlich? Ich würde Anetta Kahane, Philipp Ruch und anderen Menschenfeinden auch nicht helfen wollen.

Billi Six hat keine politische Agenda: Alle seine Reportagen, die ich auf YouTube sah, waren ungeschminkt direkt am Geschehen. Ich wünsche mir, dass er freikommt.

Martin sollte den Fall in einem seiner Videos thematisieren.

Alex Schleyer

27. Dezember 2018 18:39

Das Ganze erinnert mich an "Defend Europe", wo die C-Star in keinen Hafen reinkam, ich als Schiffsoffizier eines Tages die deutsche Botschaft eingeschaltet habe, da jeder Hafen rechtlich verpflichtet ist, einen abgemustertern Seemann inkl. Passagiere, sprich Aktivisten, von Bord gehen zu lassen.
Die zuständige Dame im Konsulat in Malta sagte wörtlich, daß sie nach Rücksprache mit dem Auswärtigen Amt in Berlin nicht intervenieren dürfe. Das Schiff sei "umstritten", Berlin könne und wolle sich damit nicht solidarisieren und ich sei eben zur falschen Zeit auf dem falschen Dampfer.
Dieser Staat ist eine immer offener auftretende Gesinnungsdiktatur mit abscheulichsten Repressionsmitteln.

t.gygax

28. Dezember 2018 09:57

@alex schleyer
Danke für Ihre klaren Worte am Schluss. Exakt das ist die Wirklichkeit.

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