Die Deutsche Rechte steht kurz vor der Machtergreifung.
Schon nähen behinderte transbinäre Kindspersonen in Kambodscha an den Uniformen der kommenden Schutzstaffeln, schon erwerben von russischen Ölmagnaten unterstützte ostdeutsche Großgrundbesitzer Immobilien in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern, um dort geheime Folterkeller einzurichten, in welchen nach der Reconquista alle Journalisten, die mal was böses über die AfD gesagt haben, mit Gottfried-Benn-Gedichten gequält werden sollen.
Wohlwollend begleitet wird das Ganze von einer kleinen gefälligen Clique von Steibügelhaltern der Faschokalypse, die in den großen Verlagshäusern von FAZ, WELT und natürlich – ultimum malum – beim SPIEGEL sitzen, seit der Kindheit von ihren NSDAP-Opas mit Wehrmachtsgeschichten und Nazispielzeug indoktriniert wurden und im Aufschwung der Neuen Rechten nun endlich die völkische Nestwärme wiederfinden, um die sie ihr halbes Leben lang betrogen wurden.
Glauben Sie nicht? Okay. Gute Satire ist heutzutage selten geworden. Zu ernst die Situation, zu tief die Gräben, als daß man noch Zeit und Muße hätte, die eigene Seit mal mit einem Augenzwinkernunter Beschuß zu nehmen.
Umso charmanter daher der aufrechte Versuch von Maxim Biller über den “Linksrechtsdeutschen” in der aktuellen WELT, in welchem er mit nostalgischem Gespür jenem humanistisch-totalitären Antifaschismus der frühen Zweitausenderjahre nachfühlt, dessen Vokabular wir lange vergessen glaubten.
Wir erinnern uns: Es war die Zeit von Irakkrieg und Rot-Grün, die Nazi-Keule ging von Hand zu Hand und jeder durfte mal draufhauen, weil alle wußten, was passiert, wenn die Rechten irgendwann Anschluß an die gesellschaftliche Mitte finden.
Der brillante Schachzug des Literaten: Er überträgt in seinem Essay den Antifa-Sprech aus der Zeit, in welcher der Anfang vom Ende vom Ende der Geschichte liegt, ins chaotische Heute. Dabei läßt Biller keine rhetorische Feinheit aus; behutsam und mit Witz sorgt er dafür, daß Sätze wie dieser klingen wie wiedererwachte Zeitzeugen aus den Jahren vor Sarrazin.
“Und da gibt wiederum der erste den neuen Nazis den sehnsüchtigen Ratschlag, wie sie es, so wie einmal die Grünen, schaffen könnten, die Mitte zu erobern: „Eine rechte Gesellschaftskritik, die bei einer Fortschrittsmüdigkeit ansetzt, die überall in der westlichen Welt herrscht, und diese mit dem Glauben an eine starke Identität verbindet, könnte für viele gesellschaftliche Lager anschlußfähig werden.“ Denn: „Die Demokratie in diesem Land hat schon immer eine große Integrationskraft gehabt.“ Komisch, daß hier das Wort Demokratie genauso klingt wie das Wort Diktatur. Und das Wort Identität wie das Schnalzen einer Reiter-SS-Gerte.
Wer mit den Rechten reden will und kann, das lernt man heutzutage also beim Lesen des „Spiegels“, der gleichzeitig keine MeToo- und Klimawandelgeschichte ausläßt und in seiner Fälscher-Affäre auf vorbildlich frühsowjetische Art Selbstkritik übt, ist offenbar ein besonders wendiger und vorausschauender Linksrechtsdeutscher. Der will nicht nur Adolf Hitler und der Generation HJ verzeihen, sondern auch denen die Hand ausstrecken, die möglicherweise bald genug demokratische Macht haben werden, um die Demokratie abzuschaffen.”
Nichts weniger als die Abschaffung der Demokratie und die Rehabilitation Adolf Hitlers – spitzfindig spielt Biller mit jenen Archetypen des Antifaschismus der Mitte, nähert sich den linken Realitäten der damaligen Zeit an, nur um an anderer Stelle mit einer großen Absurdität die Lacher wieder auf seine Seite zu holen:
Das Zentralorgan der Linksrechtsdeutschen [in Billers Fiktion die Nazi-Versteher der mit-Rechten-rechten Fraktion] ist das Hamburger Nachrichten- und Ideologiemagazin „Der Spiegel“.
Ein Hochgenuß zeitgenössischen Humors und vor dem Hintergrund der Hilflosigkeit derer, die uns zu entlarven oder zu überführen suchten, natürlich gleich doppelt lustig.
Am Ende spielt unser Sonntagsheld dann noch einmal die ganz großen Akkorde – auch dieser apokalyptische Bombast gehört zum Sprech der von ihm vorgeführten „Aufstand der Anständigen“ – Generation.
„Wo stehen Sie?“ fragt Biller und kommt damit auf die Frage zurück, die er schon am Anfang des Essays an seine Leser stellte:
„Sind Sie auch ein Linksrechtsdeutscher? […]
Also was, ja oder nein? Oder vielleicht irgend etwas dazwischen? Bitte, überlegen Sie sich sehr genau, was Sie auf diese Fragen erwidern wollen. Denn von Ihren Antworten hängt ab, ob das Land, in dem Sie und ich leben, auch morgen noch demokratisch sein wird oder nicht. Und ob solche Artikel wie der, den Sie gerade gelesen haben, dort noch erscheinen können.“
Ein Grande Finale – ein letztes Aufbäumen des aufrichtigen Publizisten, der verzweifelt an seine Mitmenschen und Mitdemokraten appelliert, nicht zum Nazi-Versteher-Versteher zu werden; ein fulminanter Abschluß dieser mit scharfer Feder geschriebenen Karikatur eines zum Glück aussterbenden Typus der klagenden und keifenden Moralisten.
Oder war es ein Schwanengesang?
LotNemez
Und ich dachte, die Welt sei schon etwas weiter als Speigel, Süddeutscher Beobachter und Konsorten. Billers Weltartikel - ein bis zu dem frühen Punkt, an dem ich ihn nicht weiterlaß und vermutlich darüber hinaus, durch und durch ekelhafter Text.
Ekelhaft deshalb, weil er ein ganzes Volk (noch dazu mein Volk, aber egal, mir geht es ums Prinzip) in Sippenhaft nimmt, für die Verbrechen, die eine NS-Führungsclique zu verantworten hatte. Egal ob BDM-Mädel oder überlebende Soldaten, da darf es keine falsche Vermenschlichung geben. Sie hatten schließlich die Wahl ins Kinderheim oder Gefängnis zu gehen. Eine Wahl, die unser vorbildlicher Schreiberling sicher getroffen hätte. Darum ist er ja auch bei Springer, und nicht arbeitslos. Oder wie?
Also meine Oma, deine Oma, alles Nazis, die nicht mindestens eine Widerstandszelle gegründet haben um möglichst viele Nachbarn=Nazis zu töten? Folglich muss man auch dem russischen Volk die Schuld an Stalin und den GULAGs geben.
Sippenhaft ist ein wichtiges Mittel für totalitäre Regime, denn sie können ohne die Angst, die mutige Widerständler um ihre Familie haben, die Rücksicht, die sie auf die Verletzlichkeit ihrer Gefährten nehmen, nicht weiter existieren. "
Hier wird geistig schon auf diesen zivilisatorischen Rückfall ins Mittelalter hingearbeitet. "Wer nicht für uns ist, ist gegen uns. Der braucht auch keine Menschenwürde mehr." So denkt nur der Verblendete, rückhaltlos Hassende und das ekelt mich an.
Ich bin heilfroh und stolz wie Bolle, keine solchen, an ihrer lebendigen Seele bereits verfaulenden Gestalten in unserem Lager zu wissen. Entschuldigen Sie deshalb meinen Mangel an Humor. Ich kann hierfür wirklich keinen aufbringen. Hoffe trotzdem, es gelingt anderen. Wer zuletzt lacht...