Sie könnten es so einfach haben, mäßigten sie sich nur ein wenig” – alle paar Tage überkommt mich der Drang diesen Satz – der übrigens für uns Rechte nicht gilt – unseren linken Gegenparts ins Stammbuch zu schreiben.
Man ist ja nicht nur Aktivist, oder Publizist, sondern auch Mensch, oder? Und wenn man einander über Jahre hinweg immer wieder abklopft, sei es im Netz, oder auf der Straße, dann wird auch das schwärzeste Herz irgendwann einmal von Mitgefühl gepackt; zum Beispiel dann, wenn eine linke Opferkampagne mal so richtig vor die Wand fährt.
Eigentlich läßt sich ein ganz simpler Vergleich aufmachen: Man stelle sich vor, die Netzgemeinschaft (, denn nur die bekommt den ganzen Unsinn überhaupt mit) hätte ein eigenes Empörungsorgan, dessen vielfältige erogene Zonen nur darauf warten mit dem neuesten Skandälchen lustvoll traktiert zu werden.
Für den stetigen Nachschub an Stimulationen ist weitestgehend gesorgt, denn auf dem Weg zu wahlweise befreiten oder offenen Gesellschaft (besonders herzig ist es, wenn diese Konzepte auf Tuchfühlung miteinander gehen, etwa in der Leipziger Linkenabsteige “Conne Island”) harren noch viele “marginalisierte Menschengruppen” der freiheitsbringenden Tastaturfinger der Netzaktivisten.
Und genau da fängt das Problem ja schon an: Wo keine Hierarchie sein darf, müssen alle Minderheiten auf einmal “befreit” und “empowered” werden, zumal ja auch immer wieder neue dazukommen. Das sorgt natürlich für ein unangenehmes Trommelfeuer auf die Empörungsepidermis und für eine zunehmende Überforderung des zweifelsohne immer noch großen Sympathisantenstammes, der nicht versteht, warum jetzt auf einmal transbinäre POCs auf dem Tableau stehen, wo doch die Arbeiteremanzipation noch gar nicht abgeschlossen ist?
Die Folgen sind bekannt: Densensibilisierung, Abstumpfung und letztendlich Erschlaffung. Genau diese letzte Phase trat ein, als man sich mit dem Saft-Hersteller “true fruits” eine Firma mit einer raffinierten PR-Abteilung vornahm, welche bereits Stammgast im Fadenkreuz der Dauerempörten war.
Ich erspare meinen Lesern den vollen Umfang der antifaschistischen Auslassungen und beschränke mich auf Einzelzitate. Wer am Ende nicht geschmunzelt hat, der bekommt von mir bei der nächsten Sommerakademie einen “true fruits”-Smoothie ausgegeben.
“Im folgenden finden Sie eine Auswahl der Texte, die true fruits auf ihre Flaschen druckt und die in den genannten Unternehmen erhältlich waren oder sind. Teilweise waren/sind besagte Slogans nicht auf die Flaschen selbst gedruckt, wurden aber als Werbeslogans von true fruits veröffentlicht. Die Diskriminierungen ergeben sich demnach nicht rein aus den vertriebenen Produkten, sondern entstehen teilweise erst im Kontext der Vermarktung.
“autistische Liebe zum Detail” (Ableismus/ Behindertenfeindlichkeit)
“Abgefüllt und abgeschleppt.” (Verherrlichung und Verharmlosung von sexueller Gewalt)
“Du Mango.” (Ableismus/ Behindertenfeindlichkeit, da Bezug zur Beleidigung „Mongo“)
“Schafft es selten über die Grenze.” (Werbeslogan zu einer schwarzen Flasche/ Rassismus)
“Quotenschwarzer” (Werbeslogan zu einer schwarzen Flasche/Rassismus)
Schwarze Flaschen beworben mit dem Spruch “Unser Quotenschwarzer” sind nicht etwa Humor oder Sarkasmus, wie true fruits behauptet. Es ist Rassismus. Obwohl das Vorhandensein von rassistischen Machtstrukturen wissenschaftlich belegt ist, behauptet true fruits auf Kritik hin, daß “dieser nur in Köpfen der Kritiker_innen existieren würde”.”
Ist schon lustig, oder? Nicht? Oder doch? Wie auch immer, so richtig gut, wird die Geschichte erst, wenn man sich die Reaktion des Getränke-Herstellers durchliest, der ein umfassende Stellungnahme unter der Überschrift “Ja, wir sind diskriminierend.” veröffentlichte.
Auch hier erlaube ich mir eine partielle Zitation, der volle Text findet sich hier inklusive dem obligatorischen Toleranzablaß (“Wir finden Rassismus genauso zum Kotzen, wie alle Formen der Diskriminierung”):
“Und wenn nun genau diese Gruppe von dummen Menschen (ganz egal ob weiß, schwarz, weiblich, männlich, hetero- oder homosexuell, mit Holzbein oder Sprachfehler) meint ohne mal kurz nachzudenken mit brennender Mistgabel auf die digitalen Barrikaden gehen zu müssen und wie ein pöbelnder Mob Hetze gegen uns zu betreiben, ja dann senden wir ihnen eben ein kräftiges „Fuck you!“. Was sollen wir auch anderes tun, denn Intelligenz läßt sich nun mal schwer versenden!
Grundsätzlich möchten wir Euch aber darauf hinweisen, daß wir auch zukünftig Werbung betreiben werden, die ein gewisses Maß an Intelligenz und Humor voraussetzen wird. Ihr werdet bei uns also immer wieder auf dieser Art der Kommunikation stoßen, die dumme Menschen falsch verstehen könnten.
Aber wir wollen nicht nur spalten, sondern haben uns konstruktiv mit der Kritik auseinandergesetzt. Daher haben wir uns entschieden, zukünftig jegliche Kommunikation, die wir betreiben, zum Schutz einer vermeintlichen Minderheit (den Dummen), mit dem Warnhinweis „Achtung, diese Werbung könnte von dummen Menschen mißverstanden werden!“ zu versehen.
Wir hoffen damit unserer Fürsorgepflicht als guter Saftladen gerecht zu werden und versuchen dadurch diese Art der Diskriminierung zu entschärfen.”
Bevor jetzt einer kräht: Ja, true fruits sind kein rechtes Unternehmen. Richtig, die Firma hat in einer Kampagne die Einwanderungspolitik der österreichischen ÖVP-FPÖ-Regierung kritisiert, aber das ist ja das Schöne am Rechtssein: Wir können über soetwas hinwegsehen, wenn es darum geht zum Sonntagabend etwas zum Lachen zu haben.
Wir wissen: Rechts sein, das heißt nichts anderes, als gruppenbezogen menschenfreundlich zu sein. Und genau das können sie nicht ertragen.
Niekisch
"true fruits"....wahre Früchte, da fällt mir zum Werben was anderes ein:-)