der konnte sich dies vom Bundesdichter Durs Grünbein in der FAZ vom 28. März 2019 erklären lassen.
Vordergründig geht es dabei um den Mißbrauch von Sprache in der Rhetorik der Diktaturen, aber ein historischer Abriß zum deutschen Verhängnis wird mitgeliefert (weil er so bezeichnend ist, nun ausgiebig):
Von den nationalen Bewegungen ging es zum Nationalstaat, zur Gründung des Deutschen Reiches. Von da war es ein Sprung nur zum Chauvinismus und hinein in den Weltkrieg, das brutale Völkermorden. Und vom Katzenjammer des verlorenen Weltkriegs zur ersten deutschen Republik, der ungeliebten, der Weimarer, in der die Spaltung des Volkes in linke und rechte Bewegungen von allen Seiten vorangetrieben wurde.
Den Bürgerkrieg hat der Faschismus kassiert, und der Faschismus musste, wie die Klügeren von Anfang an wussten, abermals zum Krieg führen – nicht zu irgendeinem, sondern zum ‚Hitlerkrieg‘, den die Geschichtsschreibung bald neutralisierte zum Zweiten Weltkrieg (der eine Mitschuld aller Teilnehmer suggeriert), und in Wahrheit war es ein deutscher Angriffskrieg gegen die Nachbarvölker, aus scheinbarer Not, die schließlich nichts als Eroberungswille war, basierend auf dem Mythos vom ‚Volk ohne Raum‘, Missachtung der Völkerrechte, arrogantes Herrenmenschentum, das an den europaweiten Massenmord an den Juden gipfelte.
Dem folgte die Niederlage, die zur Spaltung Deutschlands führte (noch einmal Bürgerkrieg, aber diesmal ein kalter, zum Glück) und zuletzt, in einem Moment einseitiger Abdankung, zur ‚Wiedervereinigung‘ der von den Siegern aufgeteilten Landesteile. Zu den Jahren des Wechsels 1989 – 1991, da der Rest der Welt sich die Augen rieb und sich fragte: Wie wird es weitergehen mit Deutschland.
(…)
Der Krieg, den sie angezettelt hatten, schien nicht ihr Krieg gewesen zu sein. Sie hatten ihn über die Nachbarvölker gebracht und bis ans Nordkap, an die Wolga und nach Nordafrika getragen, aber als er zu ihnen zurückkehrte und ihre schönen Heimatstädte verwüstete, sind sie vor Schreck verstummt. Seither versuchen sie, mal besser, mal schlechter, herauszufinden aus dem Labyrinth ihrer Unheilsgeschichte.
Durs Grünbein ist bereits vielfach geehrt worden.
Aber mit seiner hier vermittelten kurzen Geschichte für jedermann dürfte er es nach Auffassung der linken Wohlmeinenden jetzt gar zum jüngsten „Praeceptor Germaniae“ bringen, indem er das geschichtliche Unheil Deutschlands quasi genetisch begründet und den Hort des Bösen im nationalen Selbstverständnis zu erkennen meint, von dem ausgehend kausal zwangsläufig nur Katastrophen für die Welt zu erwarten waren.
Dies bedeutet schlechterdings, daß jeder, der – als „Ewiggestriger“ – vom nationalen Erbe und dessen Sprache seinen Ausgang zu nehmen trachtet, unbelehrbar einen Virus weiterträgt, der zum wiederholten Mal zur Gefahr für die Welt werden kann, in deutscher Sprache und im Sinne Paul Celans: „Der Tod ist ein Meister aus Deutschland“.
Über das, was Durs Grünbein in seinem Beitrag problematisiert (die Manipulierbarkeit von Sprache und mittels Sprache in Diktaturen), muß man sich Gedanken machen, zumal Sprache gerade innerhalb der gegenwärtigen Demokratie vielfältig manipulativ und zunehmend ideologisch genutzt wird.
Nur liegt eine Hauptgefahr vielmehr in der Simplifizierung sehr komplexer, übergreifender und komplizierte Interferenzen erzeugender Zusammenhänge, die man historisch eben nicht so flott überblicken und auf KIKA-Niveau schrumpfen kann, wie der Dichter es exerziert.
Im schriftlichen Geschichtsabitur dürfte Durs Grünbein mit einer Maximalnote rechnen, da er seine Lektion politisch-historischer Bildung ganz im Sinne der Erklär- und Auslegungsbehörden gelernt hat und somit den Ausgangspunkt deutscher Schuld im vermeintlichen Frevel nationaler Selbstbesinnung und Selbstbestimmung erkennt. Mit solcher Haltung steht der Einladung zum nächsten Gartenfest beim Bundespräsidenten nichts im Wege.
Nur sind es gerade die Vereinfachungen, nicht zuletzt mittels Sprache, die in der deutschen Geschichte politisches Unheil heraufbeschworen. Wirft man sich schon zum Seher und Mahner auf, sollte man gerade auf Verkürzungen achten, die erhellend scheinen, aber verdunkelnd wirken.
Übertroffen wird dies nur noch von der Unsinnigkeit, daß Bekenntnisse zu Nation und Heimat unweigerlich zum Weltenbrand führen sollen, wohingegen die manische Beschwörung von „EU-Europa“ und „Weltbürgertum“ den großen Frieden eines eschatologisch ersehnten Endzustandes der Glückseligkeit verheiße.
Der_Juergen
Wenn Herr Durs Grünbein ein deutsches Verhängnis sehen will, soll er in den Spiegel gucken.